XVII/011 Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Frauenrechten bei Schwangerschaftsabbrüchen

  • Die Fraktion der SDP stellt folgenden Gesetzentwurf zur Debatte:

    Die Debatte dauert bis zum 21.07.2023 um 01:00 Uhr.


    Das Wort hat die antragstellende Fraktion.

  • Herr Präsident,

    werte Kolleginnen und Kollegen,

    Sehr geehrte Damen und Herren,


    als SDP-Fraktion fordern wir die Reform des §218a StGB und die ersatzlose Abschaffung des §219a StGB. Eine solche Entscheidung ist für uns längt überfällig. Es ist an der Zeit, diesen Missstand zumindest zum Teil zu beseitigen und die Frauenrechte in unserem Land zu stärken.


    Der §218a StGB betrifft das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche und stellt Ärztinnen und Ärzte vor erhebliche Einschränkungen. Dieses Werbeverbot ist nicht nur unverständlich, sondern auch inakzeptabel. In einer modernen Gesellschaft, die auf dem Prinzip der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung basiert, sollte ein solches Verbot nicht existieren. Frauen sollten das Recht haben, umfassende Informationen über ihre medizinischen Möglichkeiten zu erhalten, insbesondere wenn es um die schwerwiegende Entscheidung einer Abtreibung geht. Das Werbeverbot behindert den Zugang zu Informationen und stellt somit eine klare Ungerechtigkeit dar.


    Darüber hinaus möchten wir diesem hohen Haus ebenso auch die ersatzlose Abschaffung des §219a StGB vorschlagen. Dieser Paragraph kriminalisiert Ärztinnen und Ärzte, die sachliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen oder öffentlich darüber sprechen. Diese Kriminalisierung ist unverhältnismäßig und verstößt gegen das Recht der Frauen auf umfassende und nicht stigmatisierte Informationen. Indem wir den §219a StGB abschaffen, senden wir eine klare Botschaft: Frauen haben das Recht auf Informationen, sie haben das Recht auf medizinische Entscheidungen in Bezug auf ihren eigenen Körper und sie haben das Recht auf Unterstützung und keine Stigmatisierung.


    Es ist wichtig zu betonen, dass eine Reform des §218a StGB und die Abschaffung des §219a StGB nicht bedeuten, dass Abtreibungen leichtfertig oder ohne angemessene Beratung durchgeführt werden sollen. Es geht vielmehr darum, Frauen die notwendigen Informationen und Unterstützung bereitzustellen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Die Entscheidung über eine Abtreibung ist eine ganz persönliche und oft schwierige Angelegenheit, und es ist unsere Aufgabe, sicherzustellen, dass Frauen Zugang zu den Ressourcen haben, die sie benötigen, um diese Entscheidung verantwortungsvoll treffen zu können.


    Als Gesetzgeberinnen und Gesetzgeber haben wir die Verantwortung, die Rechte und die Gesundheit von Frauen zu schützen. Indem wir das §218a StGB reformieren und den §219a StGB abschaffen, können wir einen bedeutenden Schritt in Richtung Gleichberechtigung und Selbstbestimmung machen. Es ist an der Zeit, diese überholten Gesetze zu überdenken und sicherzustellen, dass Frauen in unserem Land Zugang zu den Informationen und medizinischen Möglichkeiten haben, die sie benötigen.

    Die aktuelle Rechtslage führt dazu, dass Ärztinnen und Ärzte aus Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen Informationen zurückhalten und Frauen somit in Unsicherheit und Unwissenheit lassen. Das kann schwerwiegende Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit der betroffenen Frauen haben. Indem wir das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche reformieren und den §219a StGB abschaffen, geben wir den Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit, ihren ethischen und medizinischen Verpflichtungen nachzukommen und Frauen eine angemessene Beratung zu bieten.


    Es ist höchste Zeit, dass wir als Gesellschaft einen Paradigmenwechsel vollziehen. Wir müssen aufhören, Frauen zu stigmatisieren und ihre reproduktiven Rechte einzuschränken. Stattdessen sollten wir ihnen die Unterstützung geben, die sie benötigen, um fundierte Entscheidungen über ihren eigenen Körper und ihre Gesundheit zu treffen. Die Reform des §218a StGB und die ersatzlose Abschaffung des §219a StGB sind entscheidende Schritte in diese Richtung.

    Es ist wichtig anzumerken, dass dieser Antrag nicht die Abtreibung als Methode der Familienplanung fördert. Er zielt vielmehr darauf ab, Frauen in schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen und ihnen den Zugang zu Informationen und medizinischer Versorgung zu gewährleisten. Es geht darum, Frauenrechte zu schützen und sicherzustellen, dass sie die Kontrolle über ihren eigenen Körper haben. Denn ihr Körper, ihre Wahl! In anderen Ländern haben ähnliche Reformen bereits stattgefunden und positive Auswirkungen gezeigt. Frauen haben Zugang zu umfassenden Informationen und qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung, und die Zahl unsicherer Abtreibungen ist gesunken. Wir können von diesen Erfahrungen lernen und sie nutzen, um unsere Gesetzgebung zu verbessern und Frauen in Deutschland zu unterstützen.


    Ich bitte Sie daher eindringlich, den Antrag zur Reform des §218a StGB und zur ersatzlosen Abschaffung des §219a StGB zu unterstützen. Lasst uns gemeinsam für eine gerechtere und fortschrittlichere Gesellschaft eintreten, in der Frauen in der Lage sind, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, ohne Diskriminierung oder Stigmatisierung. Lasst uns das Recht der Frauen auf umfassende Informationen und medizinische Versorgung respektieren und schützen.


    Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

  • Gibt den Stenografen diskret den Hinweis, dass der vorliegende Gesetzentwurf ohne vorherige Stellungnahme des Justizministeriums eingebracht wurde. Hört anschließend der Rede der Kollegin zu und nickt bei einigen Ausführungen zustimmend.

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  • Herr Präsident,

    geschätzte Kollegen,


    heute stehen wir hier zusammen, um über die mögliche Reform des §218a StGB und die ersatzlose Abschaffung des §219a StGB zu diskutieren. Als konservative Stimme möchte ich meine Position zu diesem Thema deutlich machen.


    Der §218a StGB wurde geschaffen, um Frauen in schwierigen Situationen wie ungewollten Schwangerschaften eine rechtliche Grundlage zu bieten, um über ihren Körper und ihre Zukunft selbstbestimmt zu entscheiden. Ich glaube, dass diese Regelung das Ergebnis eines langwierigen und ausgewogenen gesellschaftlichen Diskurses ist, der sowohl den Schutz ungeborenen Lebens als auch die individuelle Freiheit der Frauen berücksichtigt. Eine Reformierung dieses Paragraphen würde meiner Ansicht nach den Schutz ungeborenen Lebens beeinträchtigen und die Achtung vor dem Wert des menschlichen Lebens schwächen.


    Des Weiteren sehe ich keinen Grund für die ersatzlose Abschaffung des §219a StGB. Dieser Paragraph regelt die Werbung für den Schwangerschaftsabbruch und verbietet explizite Informationen über Methoden und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Aus meiner Sicht ist dies ein wichtiger Schutzmechanismus, der sicherstellt, dass der Schwangerschaftsabbruch nicht zur bloßen Dienstleistung degradiert wird und Frauen in einer schwierigen Lage vor unethischer und kommerzieller Ausnutzung schützt. Die Abschaffung des §219a StGB würde bedeuten, dass Informationen über Schwangerschaftsabbrüche frei zugänglich wären und leichtfertig verbreitet werden könnten. Dies könnte zu einer Normalisierung des Schwangerschaftsabbruchs führen und Frauen, die sich in einer emotional schwierigen Lage befinden, zusätzlichem Druck aussetzen. Ich denke, es ist wichtig, die Tragweite einer solchen Entscheidung zu bedenken, da ein Schwangerschaftsabbruch eine irreversible Handlung ist und weitreichende physische und psychische Folgen haben kann.


    Als konservativ denkende Person bin ich der Überzeugung, dass der Schutz des ungeborenen Lebens ein grundlegendes Prinzip ist, das es zu bewahren gilt. Jede Schwangerschaft sollte von Anfang an als ein Wert an sich betrachtet werden, unabhängig von den Umständen der Empfängnis. Eine Gesellschaft, die das Leben schützt und fördert, bewahrt ihre moralischen und ethischen Grundlagen.


    Zudem möchte ich betonen, dass meine Ablehnung der Reform des §218a StGB und der Abschaffung des §219a StGB nicht bedeutet, dass ich gegen Frauenrechte bin. Im Gegenteil, ich bin der Meinung, dass Frauen in schwierigen Situationen umfassende Informationen und Unterstützung erhalten sollten, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Ich befürworte alternative Maßnahmen wie verbesserte Sexualaufklärung, einen leichteren Zugang zu Verhütungsmitteln und eine verstärkte finanzielle und soziale Unterstützung für Frauen, die ungewollt schwanger werden.



    Mit erhöhter Stimme



    Abschließend muss ich sagen, dass die vorgeschlagene Reform des §218a StGB und die ersatzlose Abschaffung des §219a StGB einen erschreckenden Mangel an Respekt vor dem Wert des Lebens und der individuellen Freiheit der Frauen zeigen. Es ist bedauerlich zu sehen, wie unsere Gesellschaft an ethischen Grundlagen zu rütteln scheint, nur um einer vermeintlich modernen und aufgeklärten Ideologie zu folgen. Ich kann nicht anders, als meine tiefe Enttäuschung über solch eine Haltung auszudrücken


    Vielen Dank

    Alterpräsidentin des Bayerischen Landtags

    SimOff Richterin

  • Gibt den Stenografen diskret den Hinweis, dass der vorliegende Gesetzentwurf ohne vorherige Stellungnahme des Justizministeriums eingebracht wurde. Hört anschließend der Rede der Kollegin zu und nickt bei einigen Ausführungen zustimmend.

  • Gibt den Stenografen diskret den Hinweis, dass der vorliegende Gesetzentwurf ohne vorherige Stellungnahme des Justizministeriums eingebracht wurde. Hört anschließend der Rede der Kollegin zu und nickt bei einigen Ausführungen zustimmend.

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  • Sehr geehrtes Plenum,


    das die Frauen in Deutschland selbst über ihren Körper entscheiden können,

    war ein jahrhunderte andauernder Kampf und nur den ausdauernden mutigen Kampf der Fauen

    ist es zu verdanken, dass es zu einem Gesetz kam.


    Für uns liberale ist es wichtig, dass man junge Frauen auch mit Werbung auf ihre Möglichkeiten

    aufmerksam machen muss.


    Der Gesetzentwurf ist ein Schritt rückwärts. Daher wird meine Fraktion diesen Antrag nicht unterstützen.


    Herzlichen Dank

  • Fragt sich wie eine komplette Streichung verhindern soll, dass bald Plakate mit „jede dritte Abtreibung umsonst“ in den Straßen hängen.

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  • Herr Präsident,

    Herr Kollege Kamm,


    Ich fürchte Sie haben den Antrag etwas missverstanden. Er soll eben genau dafür sorgen, dass Werbung und die Weitergabe vom Informationen zum Abbruch der Schwangerschaft möglich sind und nicht umgekehrt. Bisher ist nämlich genau das verboten. Wenn es Ihnen also wichtig ist, dass man auf die mögliche der Abtreibung aufmerksam machen kann, dann sollten Sie dem Antrag zustimmen. Denn genau das ist das Ziel.


    Herzlichen Dank.

  • begibt sich zum Rednerpult

    Sehr geehrter Herr Präsident,

    sehr geehrte Damen und Herren,


    die SDP Fraktion hat heute einen notwendigen und lange überfälligen Gesetzentwurf vorgelegt. Er enthält zum einen eine kleine Reform des § 218a StGB und die Abschaffung des Werbeverbots für den Abbruch von Schwangerschaften.


    Vor allem die Abschaffung des Paragraphen 219a ist dringend notwendig. Aktuell befinden wir uns in der unbefriedigenden Situation, dass man als Arzt zwar Schwangerschaftsabbrüche vornehmen darf, aber keinem sagen darf, dass man welche vornimmt. Diese gesetzliche Lage ist schizophren. Woher sollen die Betroffenen wissen, welcher Arzt Schwangerschaftsabbrüche durchführt.


    Wenn man Schwangerschaftsabbrüche unter Auflagen erlaubt, dann sollte auch bekannt sein, wer diese Abbrüche vornimmt und welche Methodiken dabei angewandt werden. Aktuell wird den betroffenen die Karotte vor die Nase gehalten und dann immer wieder weggezogen, denn keiner darf ja sagen, wo Abtreibungen vorgenommen werden. Dieser Missstand muss beendet werden.


    Wie bei jeder Entscheidung, die sie treffen, will man sich zunächst einmal über die Möglichkeiten informieren, die einem zur Verfügung stehen. Wenn man dann die für sich geeignete Behandlungsform gefunden hat, sucht man nun nach einem Arzt, der auf einen einen guten Eindruck hinterlässt. Man will ja nicht von einem Quacksalber behandelt werden. Wenn man das jetzt aber bei einem Schwangerschaftsabbruch machen will, wird das aktuell nicht gelingen, denn Ärzte müssten damit rechnen, dass sie angezeigt uns bestraft werden würden. Aber warum darf man als Arzt sagen, dass man einen Blinddarm operiert und nicht, dass man Schwangerschaftsabbrüche vornimmt. Das ist doch grotesk. Weil der Schwangerschaftsabbruch für die werdende Mutter wahrscheinlich eine der größten und wichtigsten Entscheidungen ihres ganzen Lebens ist, ist es umso wichtiger, dass sich die Betroffen gut informieren können, damit sie genau wissen, welchem Arzt sie vertrauen können und welche Methoden für sie am besten sind.


    Wir gehen ja, wenn wir beispielsweise ein Problem mit unserem Knie haben auch zum Arzt und lassen und erklären, wie das Problem medizinisch gelöst werden kann. Wir würden uns vermutlich keiner Operation unterziehen, wenn wir wüssten, dass es eine Bandasche oder Krankengymnastik auch tun. Wir vertrauen einem Arzt nicht, der uns wegen jeder Kleinigkeit sofort operieren will, sondern wir suchen uns einen Arzt, der kompetent wirkt und uns eine sinnvolle Behandlung vorschlägt. Warum sollte das bei Schwangerschaftsabbrüchen also nicht gehen?


    Die Konservativen in diesem Haus sehen mal wieder den Untergang der westlichen Zivilisation, nur weil die werdenden Mütter Zugang zu für sie wichtigen Informationen enthält. Aber was will man von den Konservativen auch groß erwarten, wie immer wollen sie nicht das Leid verringern, sondern sie wollen es erhöhen.


    Damit die Konservativen das verstehen, mache ich einmal auf die Umstände aufmerksam, in denen es typischerweise zu ungewollten Schwangerschaften kommt. Es sind nicht die Wohlhabenden oder der Mittelstand betroffen, denn dort gibt es in der Regel intakte Familien, die die Ressourcen haben, das ungewollte Kind ihrer Tochter großzuziehen und außerdem ist Verhütung in diesen Schichten ausreichend bekannt, sodass es in erster Instanz überhaupt keine ungewollten Kinder gibt. Es sind also die bildungsfernen Schichten und die sozial schlechter gestellten Schichten, in denen es am häufigsten zu ungewollten Kindern kommt und wo am ehesten eine Abtreibung vorgenommen wird. Für diese Familien ist es ein wahrer Kraftakt oder gar eine Unmöglichkeit ein ungeplantes Kind zu versorgen. Da sieht man mal wieder, wie wenig sich die Konservativen um die unteren Schichten der Gesellschaft kümmern. Sie haben keine Ahnung, was diese Menschen wollen und was sie bewegt und deshalb über gehen sie sie, wo es nur geht.


    Weil sie diese Menschen übergehen wollen, schieben sie Scheinprobleme vor, wie etwa die Angst vor Sonderangeboten oder Plakatwerbung für Schwangerschaftsabbrüche. Ich frage mich, wie oft Sie schon einmal Werbung für eine Blinddarmoperation gesehen haben? Diese Sorge ist also absolut unbegründet.


    Es ist aber trotzdem wichtig, dass wir allen, die sich über Schwangerschaftsabbrüche informieren wollen, einen vollumfänglichen Zugang zu den notwendigen Informationen haben. Das beginnt bei den Methoden und geht dann am Ende bis zur Wahl des beratenden Arztes. Die Abschaffung des Paragraphen 219a ist also unerlässlich.


    Setzt sich zurück auf seinen Platz

  • Findet es interessant, dass Herr Fürst die Tötung von Ungeborenen mit Knieproblemen vergleicht und denkt sich, es spricht Bände über die moralische Verkommenheit der linken Bagage.

    Ich identifiziere mich als Milliardär, Pronomen gimme/money

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    werte Damen und Herren,

    liebe Kollegen,


    wir debattieren hier heute über ein umstrittenes, aber auch ein sensibles Thema, das auf Grund seiner Umstrittenheit bereits mehrmals Gegenstand von Auseinandersetzungen vor dem Verfassungsgericht war. Es geht um Abtreibungen und dem Schutz des ungeborenen Lebens. Schlechterdings wird die SDP-Fraktion, man muss es so sagen, der Sensibilität dieses Themas nicht gerecht, denn Frau Rosenthal, Sie lassen sich zur weitreichendsten Änderung – der von Ihrer Fraktion angedachten Ausweitung der Frist, bis zu der ein Schwangerschaftsabbruch nach § 218 Abs. 1 Nr. 3 StGB straflos ist, von zwölf auf zweiundzwanzig Wochen mit keinem Wort ein, was schlicht bezeichnend ist, da diese Änderung direkt die Frage betrifft, ob eine finale Ausschaltung menschlichen Lebens, als die eine Abtreibung zu bezeichnen ist, straffrei bleibt – oder eben nicht.


    Ebenso ist jene Änderung auch verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Auch das pränatale Leben ist vor dem Hintergrund unseres Grundgesetzes ein schützenswertes Gut, wie das Bundesverfassungsgericht sowohl in Schwangerschaftsabbruch I als auch in Schwangerschaftsabbruch II festgestellt hat. Es ist von Verfassungs wegen geboten, den Schwangerschaftsabbruch im Grundsatz als Unrecht zu betrachten und einer Strafe zu unterziehen. Das geht schon aus der Abwägung zwischen den temporären Auswirkungen einer Schwangerschaft auf eine Frau, die in der Regel einer ihr zurechenbaren Entscheidung im Zuge des Sexualaktes folgt, und der finalen Ausschaltung pränatalen Lebens vor. Ohnehin hat der Staat eine Schutzpflicht gegenüber der Menschenwürde und damit auch eine Schutzpflicht gegenüber jedwedes menschliche, auch das pränatale, Leben, wie aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 GG hervorgeht. Damit hat der Staat der schwangeren Frau grundsätzlich die Rechtspflicht aufzuerlegen, das ungeborene Kind auszutragen. Wie das Bundesverfassungsgericht 1993 in Schwangerschaftsabbruch II herausgearbeitet hat, kann hiervon nur in Ausnahmelagen, wenn die Frau ein nicht mehr tragbares Maß an Aufopferung eigener Lebenswerte zu tragen hat, abgesehen werden; entsprechende Ausnahmetatbestände sind durch den Gesetzgeber zu bestimmen. Daraus ist die Beratungsregelung in Schwangerschaftskonfliktsituationen mit einer Frist von bis zu zwölf Wochen entstanden. Nun möchte die SDP-Fraktion jedoch eine Anhebung auf zweiundzwanzig Wochen. Damit würde jener Beratungsregelung der Ausnahmecharakter zu einem erheblichen Grad genommen. Eine solche Regelung stünde im Konflikt zum verfassungsrechtlichen Gebot der grundsätzlichen Betrachtung von Schwangerschaftsabbrüchen als Unrecht und wäre wohl kaum mehr mit der staatlichen Schutzpflicht für das pränatale Leben zu vereinbaren. In die gleiche Kerbe schlägt indes auch Ihr Vorschlag, Schwangerschaftsabbrüche nur noch mit Geldstrafe zu belegen. Das erscheint angesichts dessen, dass bei einem Schwangerschaftsabbruch menschliches Leben final ausgeschaltet wird, aberwitzig und nicht mehr angemessen.


    Zuletzt noch ein paar Worte zur Debatte über die Aufhebung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche: Auch, wenn die antragstellende SDP-Fraktion zum Zeitpunkt der Einbringung des Entwurfes wohl nicht im Sinne hatte, dass das Werbeverbot bereits aufgehoben wurde, so möchte ich an dieser Stelle trotzdem meine inhaltliche Ablehnung zum Ausdruck bringen. Diese Regelung hat durchaus ihren Sinn, denn es geht vor allem angesichts der staatlichen Schutzpflicht gegenüber das pränatale Leben darum, die Frau dazu zu bringen, sich für das Austragen des Kindes zu entscheiden, zumal es auch Möglichkeiten der Adoption gibt. Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass die Frau sofort den Gang zum nächstbesten Abtreibungsarzt wagt, oder die Sache gar selbst in die Hand nimmt, sondern bewirken, dass sie sich einer angemessenen Beratung unterzieht – insbesondere vor dem Hintergrund der Tragweite einer solchen Entscheidung. Die Norm war wichtig und richtig und eine Wiedereinführung würde ich persönlich befürworten. Keiner Frau wurde hierdurch per Zwang der Zugang zu den notwendigen Informationen verwehrt – vielmehr ging es bei dieser Norm darum, den Prozess in angemessene Bahnen zu lenken. Inwieweit Frauenrechte hierdurch eingeschränkt wurden, bleibt mir ehrlich gesagt schleierhaft.


    Abschließend lässt sich sagen, dass der vorliegende Entwurf wenig überlegt ist, den Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen deutlich überschreitet und für meine Begriffe jenes sensible Thema in der absolut falschen Art und Weise aufgreift, weswegen ich hiermit für eine Ablehnung des Entwurfes werbe.


    Besten Dank!

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    XVIII. Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland

    Parteivorsitzende der Liberal-Konservativen Allianz


    XII. und XIV. Bundesministerin der Finanzen a. D.