[Debatte] BR/060 | Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

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    Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,


    ich eröffne hiermit die Debatte über diesen Antrag auf Drs. BR/060, eingebracht vom Freistaat Thüringen.


    Die Debattendauer beträgt drei Tage.







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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • wartet sehr gespannt auf die Antragsbegründung

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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    Liebe Kolleginnen und Kollegen


    Heute sprechen wir über ein heikles Thema. Bereits vor wenigen Stunden belehrte uns die bayerische Landtagsabgeordnete Hirsch auf Twitter, dass Föderalismus ein "Muss" sei. Dies stellt der Antrag nicht in Frage. Wir sollten uns lieber diese konkrete Änderungen ansehen und schauen: Welches Problem gibt es? Was löst die Änderung und was ist sonst noch zu tun.


    Beginnen wir. Zunächst müssen wir feststellen, dass wir es als Länder nicht geschafft haben, gleichwertige und hohe Standarts in der Bildung im Schulwesen zu schaffen. Es ist ein enorm hoher Bürokratieaufwand mit sehr hohen Kosten. Das ist schwer für alle zu verstehen, die sich nicht stundenlang mit diesem Thema auseinandersetzen.


    -blättert eine Seite im Manuskript-


    Gründe für die Teilung unserer Bildung in die Länder, gibt es in diesem Jahrhundert längst nicht mehr. Nur weil es früher sinnvoll war, heißt es nicht, dass es heutzutage weiter so ist. Wir bitten, auch die anderen Länder, zu erkennen, welche große Chance der Entlastung für uns liegt. Denken Sie nicht an Macht und Einfluss sondern daran, was für unsere Kinder am besten ist! Was ist denn das Beste für unsere Kinder? Wir denken nicht, dass es 16 verschiedene Syssteme mit unterschiedlichen Ansätzen und unvergleichbaren Bedingungen ist, die im Falle eines Umzuges zu noch viel größeren Problemen werden können.


    -trinkt einen Schluck Wasser-


    Gleiches gilt im übrigen für Lehrerinnen und Lehrer. Das Beste für unsere Kinder wäre also doch, wenn es im gesamten Bundesgebiert EIN System gibt, welches die bestmögliche Bildung garantieren kann - und das darf und muss mit Besonderheiten der Länder einhergehen. Beispielsweise gibt es im Saarland Französisch als erste Fremdsprache. Das ist durchaus sinnvoll und kann integriert werden. Wir reden gerade aber zuerst über eine Grundgesetzänderung, die lediglich eine Neugliederung der Bildung ermöglicht. Mit einem Bundesgesetz, welches, sollte diese Änderung angenommen werden, durch das Land Thüringen eingebracht wird, können Bund und Länder eine gemeinsame Übereinkunft finden, wie sie die Bildung für Kinder und Jugendliche zukünftig gestalten möchten. Durch das Land Thüringen ist hier an ein zentrales Verwaltungssystem mit gleichwertigen Löhnen, Bedingungen und erwarteten Leistungen, das zudem für jedes Bundesland regionale beachtet. Wir wissen darum, dass es ein großer Schritt ist, den wir als Landesregierung von Thüringen gehen wollen. Doch er ist richtig und wichtig. Darum bitten wir um ihre Mithilfe!


    Vielen Dank!

    Dr. Dominick Gwinner

    Bundesminister a.D.

    Ministerpräsident des Freistaats Thüringen a.D.

  • Sehr geehrte Frau Präsidentin,

    Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,


    ich danke dem Freistaat Thüringen zunächst für die Einbringung des Antrages. Das Thema Bildungsföderalismus ist ein sehr wichtiges, sehr emotionales Thema, das wohl nicht nur die Parteienlandschaft spaltet, sondern auch die Parteien selbst. Man muss anerkennen, der Bildungsföderalismus in Deutschland hat bis heute das nicht gebracht, was man von ihm erwartet hat und verlangen konnte: wir haben einen Flickenteppich von verschiedenen Systemen und von einer qualitativen Verbesserung der Bildung in Deutschland kann gesamtheitlich betrachtet auch leider keine Rede sein. Digitale Konzepte in den Schulen sind vielerorts Mangelware, stattdessen herrscht eine regelrechte Experimentierwut in den Ländern, sodass am Ende alles nur noch unübersichtlicher, noch komplizierter und vor allem noch weniger vergleichbar wird.


    Dass der Abiturient aus NRW den Job in Hamburg nicht bekommt, die Abiturientin aus Bayern mit gleicher Abi-Note aber schon, das kann viele Grüne haben, einer davon ist aber eben auch jener, dass das Abitur in Bayern wesentlich angesehener ist als jenes aus Nordrhein-Westfalen. Dieser Zustand der Unvergleichbarkeit der Schulabschlüsse aus verschiedenen Bundesländern ist sicher ein ganz wesentlicher Nachteil des Bildungsföderalismus, wie wir ihn heute in Deutschland erleben.


    Andererseits ist die Bildungspolitik auch eine der letzten Kernkompetenzen, die die Länder überhaupt noch haben und man darf in Zweifel stellen, ob sich die Situation wesentlich bessern würde, wenn die Bildungspolitik in die Zuständigkeit des Bundes fiele. Vor allem aus meiner Sicht als bayerischer Ministerpräsident muss man da natürlich auch gewichtige Bedenken äußern, dass die Bildungsqualität im Freistaat an einer solchen Zentralisierung leiden und groben Schaden davontragen könnte. Wenn man sich entscheidet, diesen Schritt zu gehen, dann muss man sich an den bildungsstarken Ländern wie Sachsen, Bayern, Thüringen oder etwa Hamburg orientieren und muss darauf achten, dass die Qualität in diesen Ländern nicht sinkt, sondern nur jene in den anderen verbessert wird. Ob der Bund dieser Aufgabe gewachsen ist, darf zumindest in Zweifel gezogen werden. Für Länder wie Bayern ist es auf jeden Fall ein Spiel mit dem Feuer.


    nimmt einen Schluck Wasser


    Nun möchte ich jedoch auf den Antrag im Konkreten eingehen, da mich jener in dieser Form nicht zufriedenstellt. Er zielt auf die Einführung eines neuen Art. 30a im Grundgesetz, als Ausnahmeregelung zum Art. 30 GG, welcher den Ländern die Ausführungskompetenz für staatliche Befugnisse und die Erfüllungskompetenz staatlicher Aufgaben zuspricht. Diese Regelung des Art. 30 GG ist jedoch praktisch auf die Ausführung von Landesrecht begrenzt, enthält das Grundgesetz doch für Legislative, Exekutive und Judikative speziellere Regelungen, die Anwendungsvorrang genießen.


    Gerade in diesen spezielleren Vorschriften erfolgt dann eine klare Abgrenzung zwischen den Zuständigkeiten des Bundes und der Zuständigkeiten der Länder, im Bereich der Gesetzgebungskompetenz konkret in den Art. 70 ff. Der Punkt dabei ist: Dem Grundgesetz sind sog. Doppelzuständigkeiten grundsätzlich fremd. Das bedeutet konkret, zuständig ist entweder der Bund, oder aber die Länder. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Gesetzgebungskompetenz, wo es schließlich von essentieller Bedeutung ist, dass eindeutig ersichtlich ist, wer die Gesetzgebungskompetenz innehat.


    Insoweit ist der vorliegende Antrag in meinen Augen in dieser Ausführung höchst problematisch. Schauen wir uns doch den Wortlaut des einzuführenden neuen Artikels an: "Von Artikel 30 ausgenommen ist die Bildung, sie wird als gemeinschaftliche und einheitliche Sache zwischen Bund und Ländern gewertet."


    Das erste Problem ergibt sich schon an der fehlenden Spezifität des Begriffs "Bildung". Was genau ist als "Bildung" zu werten? Bildung erlangt man schon im Kindergarten, in den Grund- und weiterführenden Schulen, aber auch an universitären Einrichtungen, durch Ausbildungen, durch außerschulische Kurse etc. Der Begriff der Bildung ist umfassend und für sich genommen vorliegend jedenfalls ungeeignet. Problem Nummer zwei ergibt sich dann bei der "gemeinschaftlichen und einheitlichen Sache". Wie bereits erläutert kennt das Grundgesetz keine Doppelzuständigkeiten, weshalb die Bildung als gemeinschaftliche Sache schon so gar nicht praktikabel ist. Woran soll nunmehr gemessen werden, ob nun in bestimmten die Bildung betreffenden Bereichen der Bund oder aber die Länder zuständig sind ? Es lässt sich schlicht nicht herausfinden und auch deshalb würde der Antrag auf erhebliche rechtliche Ungewissheit stoßen, ebenso wie auf massive Streitigkeiten zwischen Ländern und Bund über die tatsächlichen Kompetenzgrenzen. Was genau der Antragsteller mit dem Begriff "einheitliche Sache" zu bezwecken versucht, möge er erläutern, ich kann mir darauf jedenfalls keinen Reim bilden.


    Der Antrag ist zwar gut gemeint, das steht außer Frage, aber er ist in meinen Augen in dieser Hinsicht nicht praktikabel. Ich zweifle schon erheblich daran, ob er überhaupt von praktischer Relevanz wäre oder ob auch nach dem Einfügen des Artikels der Anwendungsvorrang etwa der Art. 70 ff. einfach unbeachtlich der unspezifischeren Ausnahmeregelung weiter greifen würde. Jedenfalls aber ist der Antrag in seiner Ausgestaltung unzureichend. Es fehlt an klaren Definitionen und Kompetenzabgrenzungen, wofür der Bund nun zuständig sein soll und was noch in den Aufgaben- und Kompetenzbereich der Länder fiele. Bildung als Gemeinschaftsaufgabe ist zwar schön und gut, aber es gibt einfach keine gemeinschaftliche Gesetzgebungskompetenz und es kann diese aus praktischen Gründen auch gar nicht geben. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass für die Kompetenzabgrenzung ein eigenes Gesetz erlassen werden solle, da schon fraglich wäre, ob dieses Gesetz dann überhaupt vom Bund erlassen werden dürfte oder ob es ihm gerade auch dafür an der Gesetzgebungskompetenz fehle. Ich plädiere daher dringend dafür, den Antrag in dieser Form nicht anzunehmen, sondern ihn grundlegend zu überarbeiten, um klare Strukturen, klare Kompetenzabgrenzungen und somit Rechtssicherheit zu schaffen. Diese Anforderungen vermag der vorliegende Antrag jedenfalls nicht zu erfüllen.


    Vielen Dank!

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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • Frau Präsidentin,


    aufgrund der Wichtigkeit der vorliegenden Thematik und um auch die Meinung der Ländern NRW und Niedersachsen hören zu können, beantragt der Freistaat Bayern gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 unserer Geschäftsordnung vorsorglich die Debattenverlängerung.


    Vielen Dank.

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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • wartet auf weitere Reaktionen

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  • Dr. Joachim Holler

    Hat den Titel des Themas von „[Debatte] BR/040 | Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes“ zu „[Debatte] BR/060 | Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes“ geändert.
  • Frau Präsidentin,


    aufgrund der Wichtigkeit der vorliegenden Thematik und um auch die Meinung der Ländern NRW und Niedersachsen hören zu können, beantragt der Freistaat Bayern gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 unserer Geschäftsordnung vorsorglich die Debattenverlängerung.


    Vielen Dank.

    Das Präsidium gibt der Verlängerung statt.

  • Das Präsidium gibt der Verlängerung statt.

    Nicht nötig, der Antrag wurde nach meinem Kenntnisstand zurückgezogen.

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