Durchhaltevermögen

Ein Beitrag von Lucifer Media


Dr. Viktoria Christ-Mazur wurde in der vergangenen Woche als Richterin am Obersten Gericht wiedergewählt. Nachdem sie zuletzt acht Monate lang als geschäftsführende Richterin amtierte, unter den Landesregierungen fand sich nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wiederwahl der ehemaligen Gerichtspräsidentin, sprang der Deutsche Bundestag nun in die Bresche. Zwar verfehlte Christ-Mazur im ersten Wahlgang noch die Mehrheit gegen Dr. Simone Langenfeld und Dr. Hedwig von Hasenstein, doch die beiden Letzteren zogen die Kandidaturen für den zweiten Wahlgang zurück. Möglich, dass es Absprachen zur Problemlösung gegeben hat. Damit war der Weg für die Wahl von Christ-Mazur frei. Nur Langenfelds Kanzleikollege Prof. Dr. mult. Karl-Hugo Rudow ergriff die Chance, ebenfalls zu kandidieren. Er konnte aber bloß vier Stimmen hinter sich vereinen. Damit wurde nun zumindest einer Hängepartie ein Ende bereitet. Dr. Viktoria Christ-Mazur muss sich nicht länger um die Wiederwahl über die Länderkammer bemühen. Ihr beeindruckendes Durchhaltevermögen hat sich ausgezahlt. Die Ernennung und die Vereidigung können bald vorgenommen werden.


Im Bundesrat hatten seit Anfang April besonders Vertreter linker Parteien Christ-Mazurs Wahl mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt, nachdem im Oktober 2022 noch alle Landesregierungen für sie stimmten. „Aus meiner Sicht besteht keine Notwendigkeit für eine Wiederwahl. Nach einer nun einjährigen Amtszeit ist ein personeller Wechsel angebracht und andere Kandidat:innen haben eine Chance verdient“, erklärte beispielsweise Hamburgs damalige Bürgermeisterin Anni Rosenthal (SDP) im Frühling gegenüber Lucifer Media. Kandidaten, die bisher noch nie als Richter am Obersten Gericht amtierten, erhielten mitunter dennoch nicht die Zustimmung des Senats. „Wir werden zustimmen, sobald bei einem Kandidaten oder einer Kandidatin unserer Meinung nach die Eignung für dieses wichtige überparteiliche Amt gegeben ist“, teilte Rosenthal mit. Diese Eignung war ihrer Ansicht nach offensichtlich bei Jan-Lucas Goldhammer gegeben, der wenige Wochen vor seiner Kandidatur noch für die Internationalen im bayerischen Landtag vertreten war und einen demokratischen Sozialismus als Staatsform für Deutschland befürwortet. Zudem stimmte Rosenthal für die Wahl von Dr. Juliane Siebert, die zuvor ebenso wie Christ-Mazur bereits zwei Amtszeiten am Gericht verbracht hatte. Nordrhein-Westfalens Landesregierung unter Führung der Piraten und der Grünen positionierte sich ähnlich wie der Hamburger Senat. „Die Landesregierung verweist darauf, dass Frau Dr. Christ-Mazur schon sehr lange im Amt ist und wir eine Neuausrichtung beziehungsweise einen Generationenwechsel am Obersten Gericht sehr begrüßen würden“, hieß es im Frühjahr unter der Führung von Ministerpräsidentin Dr. Carmen Schmidt (Piraten). Welch ein Glück für den heutigen Gerichtspräsidenten Dr. Helmut Müller, dass er zuletzt stets im Deutschen Bundestag kandidiert hat. Er absolviert immerhin schon seine fünfte Amtszeit als Richter am Obersten Gericht. Letztmals wurde er im August ohne einzige Gegenstimme wiedergewählt - obwohl unter anderem auch Anni Rosenthal als Abgeordnete im Bundestag vertreten war.


Noch nicht gelöst ist durch Christ-Mazurs Wiederwahl die Kandidatenkür im Bundesrat. Dort fand nach bislang neun gescheiterten Anläufen bereits seit einigen Monaten kein weiterer Wahlgang mehr statt. Nachdem sich Lara Lea Friedrich (Allianz) und Rosenthal im Sommer gemeinsam in den Deutschen Bundestag verabschiedeten, wurde der Richterwahl durch die Ministerpräsidenten der Länder weniger Relevanz als zuvor zugeschrieben. Doch es erscheint nicht unrealistisch, dass bereits zeitnah weitere Wahlgänge in die Wege geleitet werden. Nordrhein-Westfalens amtierende Ministerpräsidentin Dr. Samira Yasemin Ashfahdi (CDSU) kündigte schon dergleichen an. Dr. Simone Langenfeld, die seit einigen Wochen auch als Leiterin der Zentralabteilung des Bundespräsidialamts tätig ist, gab bereits bekannt, sich nun über den Bundesrat zu bewerben. Falls Nordrhein-Westfalen standhaft bleibt, zuletzt konnte man sich trotz konservativer Ministerpräsidentin auch bei fast allen Anträgen der blau-schwarzen Bundesregierung nur zur Enthaltung durchringen, bräuchte Langenfeld die Unterstützung aus Bayern, Hamburg und Thüringen. Ebenso wie Christ-Mazur bewirbt sie sich schließlich nun um ihre dritte reguläre Amtszeit. Auch eine Kandidatur von Dr. Hedwig von Hasenstein erscheint realistisch. Kandidaten beim bis dato letzten Wahlgang im Bundesrat waren Prof. Dr. mult. Karl-Hugo Rudow und Christian von Wildungen (CDSU). Unwahrscheinlich erscheint die gemeinsame Wahl von Langenfeld und Rudow ans Oberste Gericht. Zwar ist es zuletzt nicht unüblich gewesen, dass die Richter für Kanzleien tätig waren, doch zwei Vertreter des gleichen Unternehmens wären auch aus ethischen Aspekten fragwürdig. Es braucht schließlich im Zweifelsfall überhaupt nur zwei Richter, um ein rechtskräftiges Urteil zu fällen.


Sollte der Bundesrat der endlosen Richterwahl noch zeitnah ein Ende bereiten, bräuchte es in Zukunft nur noch wieder Arbeit für die Verfassungshüter. Im gesamten laufenden Jahr gab es bloß fünf Anträge, wovon vier erfolglos waren. Der letzte liegt schon ein halbes Jahr zurück. Dabei gäbe es insbesondere auf Landesebene eigentlich genug Vorhaben, gegen die man klagen könnte. Mit guten Erfolgsaussichten! Man müsste nur wieder häufiger den vielzitierten Gang nach Karlsruhe wagen.

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    • Es muss so schmerzhaft sein, keine Liebe zu erfahren.