XV/004: Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

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    Alterspräsident des Deutschen Bundestages

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    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    ich eröffne hiermit die von der Fraktion der Grünen beantragte Aktuelle Stunde zum Thema "Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus". Die Aktuelle Stunde dauert 72 Stunden.

  • Steht und schweigt.

    Vielleicht paläolibertär, vielleicht paläokonservativ


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    Staatsminister für Heimatschutz, Remigration und Justiz

    Mitglied des Bundestages

    ehem. Mitglied des Bundesrates


  • Sehr geehrte Mitglieder des Bundestags,

    sehr geehrte Gäste,

    sehr geehrte Damen und Herren,


    am heutigen Tag sind wir zusammen gekommen, um den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken. Am 27.01.1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz von der roten Armee befreit. Dieses Datum steht heute stellvertretend für das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus.


    Damit wir klar erkennen, was den Opfern des Nationalsozialismus widerfahren ist, möchte ich auf die Befreiung des KZs durch die rote Armee eingehen. Das Konzentrationslager Auschwitz gliederte sich in drei Teillager auf und zwar in das Stammlager (Auschwitz), das Vernichtungslager (Auschwitz Birkenau) und Arbeitslager (Monowitz).


    Das wohl größte Lager der drei Lager ist das Lager Auschwitz II bzw. Auschwitz Birkenau. Insgesamt 1,1 Millionen Menschen fanden hier den Tod.


    An der bekannten Rampe in Auschwitz wurden die Angelieferten, die bald den Tod finden sollten. Ich verwende hier gezielt den Begriff „Angelieferten“, denn die Nationalsozialisten nahmen die vielen Menschen mit ihren individuellen Schicksalen als eine Ware wahr, die als solche in Viehwagons der deutschen Reichsbahn nach Auschwitz geliefert und abgerechnet wurden. An der besagten Rampe wurde eine Selektion von Ärzten vorgenommen, um zu überprüfen, wer von den Angekommen arbeitsfähig war und wer direkt ins Gas geschickt wurde. Des weiteren trieb sich an jenem Ort auch Josef Mengele herum, um neue „Freiwillige“ für seine Studien zur Zwillingsforschung auszuwählen. Nach dieser ersten Selektion begann der Wahnsinn im Lager.


    Die, die für nicht arbeitsfähig befunden worden waren, wurden relativ schnell in einer der sechs Gaskammern ermordet. Berechnungen von Historikern haben ergeben, dass auf diese Weise unter der einmaligen Verwendung aller Gaskammern am Tag rund 8700 Menschen ermordet wurden. Nachdem man die Gaskammern zweifelsohne mehrmals am Tag verwenden konnte lag die tägliche Kapazität um einiges höher. Doch selbst nach der Ermordung hatten die Toten keine Ruhe. Aus ihnen wurde alles herausgeholt, was noch ging. Auf diese Weise wurde das Zahngold der Toten aus ihren Gebissen von Häftlingen des Arbeitslagers herausgebrochen und eingeschmolzen. Auch die Haare der Toten wurden abgeschnitten, wie es im Übrigen auch beiden Insassen des Arbeitslagers geschah. So fanden die Soldaten der roten Armee rund 7 t Menschenhaar, als sie das Lager befreiten. Aus dem Haar wurde z. B. Industriefilz gewonnen. Auch mit den Habseligkeiten der Ermordeten und der Inhaftierten, welche an der Rampe abgegeben mussten, wurde ein Millionengeschäft gemacht.


    Am meisten von Auschwitz geprägt sind aber diejenigen, die Auschwitz im Arbeitslager überlebten. Sie mussten die harte Arbeit, welche nur ein Ziel hat – nämlich den Tod –, irgendwie überstehen. „Tod durch Arbeit“ lautete die Devise. Dem entsprechend grausam fielen auch die Arbeiten aus, die zu erledigen waren. Da gab es zum einen die Lager internen Aufgaben z. B. In der Küche, in den Krematorien oder in den Lagern, in denen die vielen Gegenstände, die die Mensch alle mitbrachten geordnet, sortiert und zum Verkauf vorbereitet werden mussten. Dann gab es aber auch die Nutzung der Inhaftierten in ortsansässigen Betrieben von Krupp oder den I. G. Farben schwerst arbeiten verrichten mussten. Viele Menschen fielen in den Betrieben einfach tot um, weil sie die Strapazen nicht länger ertragen konnten und am Ende waren.


    Besonders perfide war das Verhalten der Lagerärzte, die Mensch verachtende Experiment an sich erdulden mussten. Es wurde in Auschwitz vor allem von Josef Mengele moralisch fragwürdige Experimente an Zwillingen durchgeführt. Im Rahmen der Zwillingsforschung wurden Bluttransfusionen, Injektion von Krankheitserregern und fragwürdige Operationen betrieben.


    Als im Januar 1945 klar wurde, dass Auschwitz bald von der roten Armee eingenommen werden könnte, wurden die bis dahin verblieben 60.000 Häftlinge in Todesmärschen weiter nach Westen getrieben. Die rote Armee konnte 7.000 Menschen in Auschwitz antreffen. Es waren die, die zurückgelassen wurden. Es waren Alte und Kranke, die man sich selbst überlassen hatte.


    Sehr geehrte Damen und Herren,


    bis jetzt habe ich nur über Auschwitz gesprochen, doch heute Gedanken wir allen Opfern des Nationalsozialismus und nicht nur der in Auschwitz. Im Rassenwahn der Nationalsozialisten fanden insgesamt 6 Millionen Menschen hauptsächlich Juden den Tod in den Vernichtungslagern. Sie wurden auf Grund ihrer Religion verfolgt. Es wurde gezielt Hass und Diskriminierung gegen diese religiöse Minderheit, wie es wohl am besten die Rassengesetze aus dem Jahr 1935 zeigen. Sie übten eine andere Religion aus, als die Anderen. Genau aus diesem Grund wurden sie aus der sog. Volksgemeinschaft ausgeschlossen und für alles Schlechte in der Welt verantwortlich gemacht. Zu diesem Zwecke nutzen die Nationalsozialisten Verschwörungserzählungen, die heute leider aktueller sind denn je. Deshalb empfinde ich es als enorm verstörend, dass in der Ukraine genau mit dieser Begründung wieder Krieg geführt wird.


    Aber auch andere Glaubensgemeinschaften wie die Zeugen Jehova wurden verfolgt und vernichtet. Aber auch politischen Gegner saßen in Konzentrationslagern ein. An dieser Stelle möchte ich auf die vielen Kommunisten und Sozialdemokraten aufmerksam machen, die auch ihren Tod in den Konzentrationslager fanden. Selbiges gilt für die vielen Sinti und Roma, die wegen ihrer Lebensweise in die Hölle von Auschwitz erleben mussten.


    Aber auch den sexuellen Minderheiten muss gedacht werden, die auf Grund von einer „falschen“ Liebe im KZ landeten oder menschenverachtende Konversionstherapie durchmachen mussten. Lange blieb ihnen der Anspruch auf Entschädigung sehr lange verwehrt, da in diesem Fall bis 1969 der gleiche Paragraph galt, der ihre Liebe auch schon in der NS Zeit verboten hatte, sodass sie rechtmäßig im Gefängnis bzw. im KZ saßen.


    Sehr geehrte Damen und Herren,


    viele Menschen sind in der Hölle der Nationalsozialisten gestorben. Sie konnten nichts dafür und hatten keine Schuld auf sich geladen. Eine Schuld wurde für sie durch Verschwörungserzählungen kreiert. Alle die Opfer des Nationalsozialismus, derer wir heute Gedenken sind Opfer einer menschenverachtenden Ideologie geworden. Immer wieder höre ich von den Überlebenden der Konzentrationslager, die es wie durch ein Wunder gibt, dass sie von Auschwitz nicht befreit wurden, denn viele Elemente des grausamen Terrors bewegen sie noch heute und viele leiden nach wie vor unter den belastenden Erlebnisse. Ich habe einen großen Respekt für die Überlebenden des Holocaust, denn sie erinnern uns immer wieder daran, dass so etwas nie wieder passieren darf. Sie ziehen von Schule zu Schule und erzählen den Kindern und Jugendlichen von ihren dramatischen Erlebnissen, um die Erinnerung wach zu halten.


    Sie erinnern uns aber auch daran, dass es jeder Zeit wieder zu solchen Ausbrüchen der rohen Gewalt kommen kann und genau deshalb ist unser heutiges Gedenken so wichtig. Aber nicht nur heute muss die Erinnerung wach gehalten werden, sondern auch morgen und übermorgen. Deshalb bin ich freue ich mich sehr darüber, dass so viele Leute an unserer heutigen Gedenkfeier teilgenommen haben.

  • erhebt sich und senkt den Kopf, während er stumm da steht.

    | Präsident des Deutschen Bundestages a.D. (11. + 15. LP) |

    | Stellvertreter der Bundeskanzlerin a.D. |

    | Bundesminister für Wirtschaft und Energie / Arbeit und Soziales / des Auswärtigen a.D. |

    | Minister für Wirtschaft und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen a.D.|

    | Landtagspräsident Nordrhein-Westfalen a.D. (12.LP)|

  • Erwacht kurze Zeit später aus seiner Haltung.


    Ich danke Ihnen verehrte Kolleginnen und Kollegen für diese Momente der Stille.

    Die Aktuelle Stunde ist hiermit beendet.

    | Präsident des Deutschen Bundestages a.D. (11. + 15. LP) |

    | Stellvertreter der Bundeskanzlerin a.D. |

    | Bundesminister für Wirtschaft und Energie / Arbeit und Soziales / des Auswärtigen a.D. |

    | Minister für Wirtschaft und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen a.D.|

    | Landtagspräsident Nordrhein-Westfalen a.D. (12.LP)|