Sonntagsfrage zur zehnten Bundestagswahl
Grüner Höhenflug und bodenloser blau-roter Absturz?
Berlin - Das Jahresende und die zehnten Wahlen zum Deutschen Bundestag rücken immer näher. Daher scheint dies für uns eine gute Gelegenheit dafür zu sein, wieder einmal auf die Stimmung im Land zu blicken und Analysen im Hinblick auf die nach hinten verschobenen Wahlen zum Deutschen Bundestag, die voraussichtlich und aller Wahrscheinlichkeit nach vom 13. bis zum 16. Januar 2022 stattfinden werden, vorzunehmen. Deutschland und dessen Bewohner blicken auf ein äußerst turbulentes Jahr zurück: Man war mit einer Großen Koalition aus Liberalem Forum und SDP in das Jahr gestartet - nach der fünften Bundestagswahl im Januar des Jahres 2022 versuchte Tom Schneider (SDP), ein zweites Mal Bundeskanzler zu werden: im dritten Wahlgang war dies zwar gelungen, doch die damalige Bundespräsidentin Isabelle Yersin stürzte die Republik nach einer elendig langen Phase der Regierungsbildung in eine schwere Regierungskrise, indem sie Schneiders Ernennung zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland aufgrund von "Bedenken" über das rechtmäßige Zustandekommen der Wahl verweigerte. Kurz danach zog sich Schneider aufgrund gesundheitlicher Probleme aus der Politik zurück - Caroline Kaiser (SDP) übernahm nach einer Legislaturperiode ohne Regierung eines demokratisch durch den Bundestag legitimierten Kanzlers mit einer rot-grünen Koalition. Es folgten nicht viel später große politische Umbrüche: KonP und vor allem das Liberale Forum, zwei zu dem Zeitpunkt dysfunktionale Parteien, sind in die politische Bedeutungslosigkeit abgestürzt - Ryan Davis konnte im Rahmen einer Gründungsbewegung namens "Es geht um unser Land" die Liberal-Konservative Allianz zusammen mit einigen anderen Unterstützer*innen aufbauen, der sich Mitglieder aus Liberalem Forum und KonP anschlossen. Diese Partei konnte bei der achten Bundestagswahl ein überragendes Erstergebnis von über 30 Prozent einfahren, bei der darauffolgenden Bundestagswahl nur unwesentlich weniger. Der Herbst des Jahres 2021 war äußerst von politischer Instabilität geprägt: nachdem die Bildung einer Koalitionsregierung im September scheiterte, wurde eine Minderheitsregierung unter Führung von Alex Regenborn (SDP) gebildet. Nach dessen Rückzug im Nachgang von Flügelkämpfen in der SDP kam es zur Bildung einer Großen Koalition aus SDP und Allianz unter Herbert Müller (SDP), die sowohl SDP-intern und öffentlich einerseits wegen "intransparenten Verhaltens" bei der Regierungsbildung, andererseits wegen der Personalie Frédéric Bourgeois, scharf angegriffen wurde. Müller wagte einen Alleingang und entließ alle Allianz-Minister, ohne an einer diplomatischen Lösungsfindung interessiert zu sein, und war somit eine der prägenden Figuren der folgenschwersten Regierungskrise der Bundesrepublik in der neueren Zeit. Nur Tage später beging er Amtsmissbrauch und missbrauchte seine Befugnisse zum Einsatz gegen die Liberal-Konservative Allianz und trat noch am selben Tag, um einem konstruktiven Misstrauensvotum zu entgehen, von seinem Amt zurück. Sylvie Jachère-Wessler wurde zur geschäftsführenden Bundeskanzlerin ernannt und machte Müllers Handlungen, konkret die Beobachtung der Allianz durch den Verfassungsschutz und das Beanspruchen des Weisungsrechtes über die Polizei im Allianz-regierten Bayern, rückgängig und wurde Tage später zur Bundeskanzlerin einer Konkordanzregierung, an der sich alle im Bundestag vertretenenen Parteien mit Ausnahme des FFD beteiligen, gewählt.
Seitdem wird Deutschland durch eine, sagen wir Notregierung, übergangsweise regiert. Diese Krise hat bereits, wie erste Umfragen zeigen, große Spuren in der Gesellschaft, wie erste Umfragen zeigen, hinterlassen. Dies dürfte für alle Parteien, die gedenken, für die nächste, die zehnte, Wahl zum Deutschen Bundestag anzutreten, von Interesse und Relevanz sein. Konkret zeigte sich dies bereits in kürzlich erhobenen Umfragewerten durch ein Wiedererstarken der Grünen Partei und einem deutlichen Absturz der Sozialdemokratischen Partei und der Liberal-Konservativen Allianz - so auch in der kürzlich erhobenen Umfrage:
51D2556E-7EBE-45C8-9151-5F93AFB581FE.jpeg
Die Sozialdemokratische Partei fällt mittlerweile nicht mehr nur unter die 30-Prozent-Marke, sondern auch sogar unter die 20-Prozent-Marke, und käme, wenn nächsten Sonntag zum Bundestag gewählt würde, auf nur noch 19 Prozent. Ganz bitter käme es für die Allianz: 15 Prozent - so schlecht hat sie bislang noch nie abgeschnitten. Die Grünen kämen auf 30 Prozent und würden deutlich stärkste Kraft werden - das rechtsextreme FFD würde hingegen wieder um 3 Prozentpunkte zulegen und 14 Prozent erreichen. Die Internationale Linke und die CDSU dürften sich freuen - beide würden jeweils das erste Mal die Sperrklausel meistern. Das Forum, Verlierer des Jahres, verbliebe in politischer Bedeutungslosigkeit und käme auf nur 3 Prozentpunkte und die Piraten würden leicht Federn lassen und müssten um den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde zittern. Die sonstigen Listen und Parteien (darunter BSV, Lüd und die Freien Thüringer) kämen zusammen auf 5 Prozentpunkte und verblieben in bundespolitischer Bedeutungslosigkeit. In Sitzen drückte sich dies wie folgt aus:
DAF286CE-E0CA-41C7-8A44-83C3B7AD73E0.jpeg
Die Internationale Linke, die vPiratenpartei und die CDSU kämen jeweils auf einen Sitz - erstere würde einen Sitz hinzugewinnen, letztere beide wären in konstanter Stärke im zehnten Deutschen Bundestag vertreten. Das FFD würde ebenfalls beide Sitze behalten - die SDP würde hingegen 40 Prozent der Mandantszahl, die ihr gemäß Wahlergebnis vom 24. Oktober diesen Jahres zustünden, verlieren - die Allianz würde sogar halbiert und genauso stark sein wie das FFD. Großer Gewinner wären demnach die Grünen: sie könnten um 20 Prozentpunkte im Vergleich zum Ergebnis der zehnten Bundestagswahl zulegen und wären mit fünf Sitzen in der Stärke vertreten, in der die Sozialdemokratische Partei zu Beginn dieser Legislaturperiode vertreten war. Doch wie kämen solche Ergebnisse zustande?
Unsere Redaktion hat alle Wahlumfragen, die im Laufe dieser Legislaturperiode von verschiedenen Demoskopieinstituten erhoben wurden, zusammengetragen (mit Ausnahme der von "Sellner Live!", da ihr keine nachvollziehbare Erhebung zugrunde liegt) - folgendes ergibt sich hieraus:
765DBC1B-603F-4764-8C64-E37149DD4C24.jpeg
Zunächst ist in aller Deutlichkeit festzustellen, dass einer der beiden (ehemals) großen Parteien, die Sozialdemokratische Partei, seit Beginn der Regierungskrise und dem Entlassen aller Allianz-Minister*innen durch den damaligen Bundeskanzler Müller, massiv verloren haben - die Allianz hat fast seit Beginn der Legislatur massiv verloren - die Grünen hingegen haben kontinuierlich gewonnen. Letzteres ist vor allem daran festzumachen, dass die Grüne Partei offenbar für viele politische Neucomer, unter anderen Falko Hajduk, Matthias Linner oder Irina Christ, attraktiv geworden ist - kaum Skandale mit Grünen-Involvierung und die Dringlichkeit von Klimaschutz sowie die beständige Arbeit in den Schwerpunkt Landesverbänden Hamburg, der die am besten bewertete Landesregierung anführt, und Bayern - das scheint zu überzeugen. Das Gesamtauftreten der Partei, dieses Kriterium wird im Übrigen von knapp der Hälfte aller Befragten als wichtig hervorgehoben, scheint also zu stimmen. Nicht zuletzt scheinen die Grünen ihre Kerninhalte gut zu verkaufen - für 62 Prozent der Befragten sind diese von Relevanz - das scheint wohl zu passen. Aber vor allem die jeweilige Parteizugehörigkeit wurde als wichtig herausgestellt: über zwei Drittel der Befragten würden nach Parteizugehörigkeit wählen - also diejenige Partei, deren Mitglied sie sind. Der neuerliche Mitgliederzuwachs um die Grünen herum scheint diese also wohl zu begünstigen.
Dagegen verliert die Allianz, die noch im Oktober bei 31 (!) Prozent stand, im Vergleich hierzu 16,0 Prozentpunkte - im Vergleich zur vorherigen Bundestagswahl ist der Verlust nicht ganz so stark, aber mit 14,7 Prozent immer noch ins Mark schneidend. Die Hälfte der Partei - ein wesentlicher Kern - scheint der Allianz abhanden gegangen zu sein - dies ist nicht die einzige Umfrage, die diesen Trend so bestätigt - es gibt vier seit Beginn der Regierungskrise erhobene Wahlumfragen, die die Allianz konsequent unter einem Wert von 20 Prozentpunkten sehen. Wesentliche Allianzpolitiker sind von Bord gegangen - darunter Kathrin Hirsch oder Felix Schwalbenbach. Doch wie reagiert der Bundesvorstand: Der Parteivorsitzende Davis hält sich - wie immer - bedeckt, Friedrich Augstein, Allianz-Generalsekretär Augstein, zugleich Stellvertreter des Ministerpräsidenten Herzinger in Nordrhein-Westfalen, tut dies als "nicht repräsentative Umfragen" ab. Dabei nimmt die Fehlertoleranz, je mehr gleichlautende Ergebnisse vorhanden sind, ab. Dabei ist die Allianz, einst als Projekt zur Stärkung des konservativ-liberalen Lagers, welches viele Mitglieder der damaligen KonP und des Liberalen Forums geschluckt hat, gestartet, sicherlich gewillt, weiterhin gestalten zu wollen. Parteivorsitzender Davis wurde erneut in unserer Charakterisierungsfrage dafür kritisiert, zu bedeckt zu sein und nicht genügend mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Im Übrigen haben bereits vergangene Umfragen gezeigt, die Allianz grenze sich nach Meinung der Bevölkerung zu wenig von Rechts ab. Mehrfach hat sich aber im öffentlichen Diskurs gezeigt, dass FFD-Generalsekretär Rache mit einigen Vertreter*innen der Allianz auf Kuschelkurs gegangen ist - entsprechende Vorwürfe wurden bereits in der Vergangenheit durch die vBild erhoben. Auch die Tatsache, dass einige Allianzabgeordnete offenbar für einen Kandidaten aus den Reihen des FFD bei der Wahl eines Bundestagsvizepräsidenten gestimmt haben, zeigt, dass keine Brandmauer nach rechts bei der Allianz besteht - sondern teilweise Sympathien für Vertreter des rechtsextremen FFD, welches der Allianz in Teilen Konkurrenz bereitet und in rechtspopulistischen Kampagnen und mit dem Spielen der Ängste der Bürger*innen das Lebenselixier hat, offen gezeigt werden. Zudem stößt, auch wenn es eigentlich Angelegenheit der Allianz und der KonP-Nachfolge CDSU ist, die gemeinsame Fraktionsbildung aus CDSU und Allianz vielen böse auf: nur ein Viertel der Befragten begrüßt diesen Schritt, die Hälfte der Bevölkerung lehnt ihn ab. Wenn die Allianz ihren politischen Einfluss behalten oder gar ausbauen will, sollte sie unbedingt mehr dem Willen der Bevölkerung nach agieren und ein generelles Gespür für die Bevölkerung entwickeln. Sonst wird der Allianz, die mit Ryan Davis eine nach Meinung der Bürger*innen einen sehr "unsympathisch[en]" und "machtgeil[en]" Kandidaten "ohne Rückgrat" aufstellte, früher oder später ein ähnliches Schicksal wie dem liberalem Forum oder der KonP ereilen.
Doch auch die Sozialdemokrat*innen würden massiv verlieren - Sylvie Jachère-Wessler hätte - Stand jetzt - besonders schlechte Chancen auf Wiederwahl - einzig die Grünen hätten nach dieser Umfrage eine realistische Chance auf Schmieden eines stabilen Bündnisses. Das Vertrauen in sie scheint überparteilich nicht uneingeschränkt vorhanden zu sein: 57 Prozent der Bürger*innen sind zwar der Auffassung, dass sie Bundeskanzlerin im Rahmen dieses Übergangsbündnisses bleiben sollte, doch angesichts dessen, dass sie eine Regierung anführt, deren angehörige Parteien von 74 Prozent der Bürger*innen gewählt würden, scheint das Vertrauen nicht uneingeschränkt vorhanden zu sein. Im Zweifel würden 29,7 Prozent der Bürger*innen für sie stimmen - der gleiche Stimmenanteil, den Sebastian Fürst, Grünen-Fraktionsvorsitzender im Bundestag, erreichen würde. Nur Ryan Davis erhielte mit 21,6 Prozent nur weniger Stimmen:
E8FC786D-82E1-4B77-A575-A024DEEAEEC3.jpeg
(fehlende Prozentpunkte bis zu 100 Prozent: keine Meinung)
Der Bundeskanzlerin wurde durch die Befragten zwar guter Humor, Mäßigung, Einfühlungsvermögen und Bedachtheit bezüglich ihres Handelns sowie Integrität attestiert, aber eben teilweise "[S]treitsucht[.]", Unerfahrenheit, "Inkompetenz" und Profillosigkeit. Im Übrigen hält man Ryan Davis (Allianz) für kompetenter und führungsstärker sowie Sebastian Fürst (Grüne) für sympathischer und glaubwürdiger. Zudem erwartet die Mehrheit der Bevölkerung, dass die Regierung wohl keine gute Arbeit leisten würde. Hier sollte die Bundeskanzlerin, wenn sie denn Interesse daran hat, wiedergewählt zu werden, unbedingt nachschärfen und das Land verantwortungsvoll und möglichst zu Gunsten des Volkes durch die Krisenzeiten führen und dabei, wie von vielen gewünscht, vor allem zusammen mit Gesundheitsministerin Siegmann (Grüne) zusammenarbeiten, um gegen die Coronapandemie anzukämpfen, sowie mit Außenminister Oswin DuMont an der Entschärfung des Belaruskonfliktes arbeiten, um ihre Beliebtheitswerte zu steigern. Noch hat sie die Chance hierzu: 13,5 Prozent der befragten Bürger*innen sind unentschlossen - das könnte reichen. Von daher: es bleibt weiter spannend...