DEBATTE VIII/003 | Resolution des Bundestages zum Einsatz deutscher Streitkräfte der Bundeswehr in Afghanistan zur Durchführung von Evakuierungsmaßnahmen und weiteren Fragen der militärischen Auseinandersetzung

  • 1099-1920px-deutscher-bundestag-logo-svg-png



    DEBATTE ÜBER DRUCKSACHE VIII/003

    Resolution des Bundestages zum Einsatz deutscher Streitkräfte der Bundeswehr in Afghanistan zur Durchführung von Evakuierungsmaßnahmen und weiteren Fragen der militärischen Auseinandersetzung


    Die Debattendauer beträgt gemäß unserer bisherigen Geschäftsordnung drei Tage.


  • Herr Präsident,

    geschätzte Kollegen,


    es ist mir eine Ehre, als erster Abgeordneter in dieser Legislaturperiode das Wort im Parlament ergreifen zu dürfen. Zum ersten Antrag der neuen Fraktion der Liberal-Konservativen Allianz. Ein überaus wichtiger. Eine Resolution des Bundestages zum Einsatz deutscher Streitkräfte der Bundeswehr in Afghanistan zur Durchführung von Evakuierungsmaßnahmen sowie weiteren Fragen der militärischen Auseinandersetzung. Die Lage in Afghanistan hat sich in den letzten Tagen rapide verschlechtert. Die Taliban haben in absoluter Rekordzeit die Macht ergriffen und infolge des Abzugs der Truppen des Nordatlantikrats die größten Teile des Landes wieder unter die Kontrolle ihres Terrorregimes gebracht. „Der nun von den Taliban drohende Terror gegen alle, die sich nicht selbiger unterordnen, wird grausam ausfallen und nicht selten mit dem Tod enden. Dieser sich anbahnenden Katastrophe muss Einhalt geboten werden", so Bundesarbeitsminister Fürst vor wenigen Tagen in der Neuen Berliner Zeitung. Er hat absolut recht! Seit Anfang dieser Woche befinden sich unsere tapferen Männer und Frauen in Uniform daher wieder im Einsatz am Hindukusch, um deutsche Staatsbürger, Europäer, Verbündete und Ortskräfte sowie deren Familien aus dem Land zu evakuieren. Ich möchte unseren Streitkräften, die ihr eigenes Leben riskieren um andere zu retten, an dieser Stelle und in dieser Debatte meinen Dank aussprechen.


    Verteidigungsminister Heusinger hat unsere Soldaten in Abwesenheit von Bundeskanzler Merz und unserer grünen Außenministerin in dieser katastrophalen Lage aufgrund Gefahr in Verzug ohne entsprechendes Mandat nach Afghanistan entsandt. Auch das Mandat für Resolute Support ist schließlich bereits am 31. März dieses Jahres planmäßig ausgelaufen. Doch die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Entsprechend ist es nun unsere Pflicht als Abgeordnete, schnellstmöglich ein starkes Mandat zu verabschieden, um unseren Soldaten den Rücken zu stärken. Daher stimmen wir der von der Bundesregierung am 16. August 2021 beschlossenen Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte nach Afghanistan zu, und wir rufen sämtliche Fraktionen auf, sich uns anzuschließen. Ohne entsprechendes Mandat und ohne die Zustimmung des Bundestags müsste der laufende Einsatz plötzlich abrupt abgebrochen werden. Das wäre weder für unsere Soldaten noch für unsere Verbündeten sowie alle Menschen, die sich auf die Hilfe der Bundesrepublik verlassen, zumutbar. Wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden. Die Resolution ermächtigt die Bundesregierung daher dazu, unsere Einsatzkräfte und die genannten Fähigkeiten vorerst bis zum 31. Dezember 2021 einzusetzen. Für diesen Einsatz könnten bis zu 1 500 Soldaten mit der entsprechenden Ausrüstung eingesetzt werden. Es gibt jedoch absolut keine Verpflichtung, dieses Kontingent auszuschöpfen.


    Der vorliegende Antrag befähigt die Bundeswehr zur Sicherung, zum Schutz, zur Evakuierung und Bergung militärischer, diplomatischer, konsularischer und ziviler Kräfte. Das Mandat sieht vor, dass unsere Einsatzkräfte die internationale Gemeinschaft bei der Gewährleistung der Sicherheit in Kabul und Umgebung sowie bei der Sicherung des Hamid Karzai International Airport unterstützen. Unsere Soldaten müssen allerdings nicht nur die Befugnis zur Sicherung und zur Evakuierung erhalten, sondern auch zur Unterstützung verbliebener verbündeter Verbände der Afghanischen Nationalarmee, zur Sicherung oder Zerstörung von militärischem Gerät und zur militärischen Aufklärung. Mit dem vorliegenden Entwurf autorisiert der Bundestag unsere Armee dazu, alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt - auf der Grundlage des Völkerrechts - zu ergreifen, um ihren Einsatz durchzusetzen. Gegen die Bedrohungen des Weltfriedens sowie der internationalen Sicherheit durch terroristische Handlungen sind schließlich alle erforderlichen Schritte zu unternehmen. Unsere Streitkräfte tragen mit ihren Fähigkeiten dazu bei. Der Beitrag unserer Soldaten schließt jedoch auch Leistungen zum Zweck humanitärer Hilfe ein. Ebenso müssen auch wir nicht nur eine militärische Antwort auf die vorherrschende Lage liefern, sondern auch eine humanitäre. Die Allianz-Fraktion fordert die Bundesregierung daher dazu auf, Sachgüter, Personal und finanzielle Soforthilfe in Höhe von 300 Millionen Euro für die Unterstützung von Flüchtlingslagern in der Region bereitzustellen. Wir helfen in Form der Evakuierungen, aber auch vor Ort. Alle Entwicklungshilfen für Afghanistan gilt es hingegen vorerst auszusetzen.


    Die Resolution beauftragt die Bundesregierung auch, im Zusammenspiel mit den EU-Mitgliedsstaaten sowie mit den Vertragsstaaten der NATO umfangreiche und umfassende Sanktionen gegen Personen, Unternehmen oder Staaten zu prüfen, welche die Taliban in irgendeiner Art und Weise unterstützen, umfangreiche und umfassende Handelsembargos zu prüfen, und eine gemeinsame Reaktion humanitärer und militärischer Art zu vereinbaren, um die Sicherheit in Afghanistan zu gewährleisten. Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika konnten in den vergangenen 60 Stunden aufgrund des raschen Handelns der neuen Administration, von Präsident Belford und Verteidigungsminister Foxowitz, gemäß Auskunft des Pentagons bereits bedeutende Fortschritte im Kampf gegen die Taliban erzielen, große Teile kritischer Infrastruktur zurückerobern und die Taliban teilweise aus den Städten in offenes Gelände zurückdrängen. Die schnelle Entsendung weiterer tausender Soldaten hat sich, zumindest Stand jetzt, augenscheinlich als wirksam herausgestellt. Angesichts der Medienberichte über die große Verwunderung der Terroristen über ihren eigenen Erfolg und interne Streitigkeiten nicht überraschend, aber äußerst erfreulich, falls die Meldungen des Pentagons sich bestätigen.


    Meine Kollegin Sophie Bloomberg führte schon vor wenigen Tagen in der bereits genannten Neuen Berliner Zeitung aus, dass die Taliban zwar viel modernes Militärgerät erbeutet haben, aber noch nicht in der Lage sind, solch moderne Waffensysteme anzuwenden. Dass wir dieses Zeitfenster nutzen müssten, um diesen Fehler gerade zu bügeln, die Taliban zurückzuschlagen und Afghanistan nicht aufzugeben. Die Vereinigten Staaten haben gemeinsam mit afghanischen Freiheitskämpfern entsprechend gehandelt. Die weitestgehend ungestörte Zulieferung von Hilfsgütern als auch die Evakuierung der sich vor Ort befindenden Staatsbürger sei möglich. Ungeachtet dieser mutmaßlichen Fortschritte muss die Bundesregierung ihr Handeln mit unseren internationalen Verbündeten absprechen. Verteidigungsminister Heusinger hat bereits mit den wichtigsten europäischen Verbündeten gesprochen, die Bundesregierung muss aber alle Partner, die sich in Afghanistan beteiligen, berücksichtigen. Wir müssen Hand in Hand arbeiten, Kräfte bündeln und gemeinsame Ziele verfolgen. Die Bundesrepublik darf beispielsweise Vertreter der Terrororganisation Taliban nicht als vertretungsberechtigte Organe Afghanistans anerkennen, und mit diesen keine Verhandlungen führen. Das muss nationaler und internationaler Konsens sein. Die Bundesrepublik muss jegliche Handlungen anderer Staaten, die darauf abzielen, Vertreter der Terroristen als vertretungsberechtigtes Organ des Staates Afghanistan anzuerkennen, missbilligen.


    Geschätzte Kollegen, die Evakuierung deutscher Staatsbürger, von Ortskräften, deren Familien sowie anderer Personen durch die Bundeswehr läuft. Für diesen Einsatz ist ein Mandat des Bundestags zwingend nötig, was bei Gefahr im Verzug schnellstmöglich im Nachhinein eingeholt werden muss. Mit diesem Antrag statten wir den Einsatz der Bundeswehr mit dem nötigen Mandat durch den Bundestag aus. Ebenfalls ist es unsere Verantwortung, für verbündete Kräfte und die Zivilbevölkerung in Afghanistan Sorge zu tragen. Das Mandat bietet dafür den nötigen Spielraum. Ich bitte vielmals um Zustimmung für diesen Antrag. Vielen Dank!

  • Herr Präsident,

    geschätzte Kolleginnen und Kollegen,


    bevor ich inhaltlich zum Antrag spreche, stellt sich mir die Frage, ob dieser überhaupt in dieser Form zulässig ist. Folgt man den Bestimmungen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, hätte ein solcher Antrag wohl von der Bundesregierung ausgehen müssen.

    Hat die Allianz-Fraktion diesen Umstand bedacht? Weiter scheint der Antrag ja über ein Bundeswehrmandat hinauszugehen, soll auch die Bundesregierung zu gewissen Handlungen aufgefordert werden. Ich persönlich finde dies an dieser Stelle extrem unpassend und denke, dass eine solche Handlungsaufforderung in einem separaten Antrag hätte behandelt werden sollen.

  • Herr Präsident,

    Hohes Haus,


    Evakuierungsmassnahmen deutscher Bürger aus Afghanistan durch die Bundeswehr, so die auf Grund mangelhafter Ausrüstung dazu überhaupt in der Lage ist, selbstredent! Ich sorge mich allerdings eher darob, dass die Maschinen überhaupt in die Luft kommen, da durch unsinnige Sparmassnahmen der bisherigen Verteidungsminister (Einsparungsminister würde es wohl besser treffen) der Wehr-und Verteidiungsauftrag nicht mehr gegeben ist.

    Allerdings sage ich auch nochmal unsere Soldaten dorthinzuschicken( Kampfauftrag ) halte ich für unsinnnig , denn was wir in zehn Jahren nicht schafften, den Taliban mit Stumpf und Stiel auszurotten, schaffen wir heuer erst recht nicht mehr.

    Zir Not müssen wir halt die Franzosen bitten uns die Fremdenlegion auszuleihen, um unsere Bürger zurück zuholen.

    Was nun die mit nahme sogenannter Ortskräfte betrifft ,wenn es sich um hochrangige Geheimnisträger handelt , dann ja, nehmen wir die mit, aber nur die Person. Wir kölnnen uns nicht um jede Sekretärin, Putzfrau, jeden Chauffeur, Kammerdiener oder Dolmetscher kümmern, welche mal für deutsche Stellen tätig waren, das würde eindeutig den Rahmen sprengen.

    Danke für Ihre Aufmerksamkeit Es lebe Deutschland!

    Dr. Christian Theodor Felix Reichsgraf Schenk von Wildungen

    Vizepräsident des Deutschen Bundestages,

    Präsident des bayrischen Landtages a.D.

    Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt a.D.

    Staatssekretär im Staatsministerium der Finanzen und für Heimat des Freistaates Bayern a.D.

    Ministerpräsident des Freistaates Bayern a.D.


    "Wir werden Ambos ,wenn wir nichts tun um Hammer zu sein."

    Fürst Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen (1815-1898)

    7398-verdienstkreuz-ii-jpg0930e48da0.jpg

  • Herr Präsident,

    geschätzte Kollegen,


    ich danke den Abgeordneten für ihre Wortmeldungen und die Beteiligung an dieser Debatte. Dem Kollegen Wexler, dessen Partei ja auch der aktuellen Bundesregierung angehört, danke ich für den frühzeitigen Hinweis auf seine Bedenken. Der Antrag liegt dem Bundestag und der Öffentlichkeit ja erst seit vier Tagen vor, und stand bis zu meinen Ausführungen erst einen vollen Tag zur Debatte. Doch abgesehen vom Zeitpunkt begrüße ich die Anmerkungen sogar.


    Unter Umständen sind die Bedenken des Kollegen Wexlers tatsächlich gerechtfertigt. In Paragraph 3 des Parlamentbeteiligungsgesetzes heißt es schließlich "Die Bundesregierung übersendet dem Bundestag den Antrag auf Zustimmung zum Einsatz der Streitkräfte rechtzeitig vor Beginn des Einsatzes." Und zudem weiter: "Der Bundestag kann dem Antrag zustimmen oder ihn ablehnen. Änderungen des Antrags sind nicht zulässig." Doch anders als bei Zustimmung vor Beginn des Einsatzes ist in Paragraph 5 - im Falle der nachträglichen Zustimmung - weder von der Einbringung durch die Bundesregierung noch von der Unzulässigkeit von Änderungen die Rede. Entsprechend halte ich das gewählte Vorgehen für unproblematisch.


    Ich gehe jedenfalls auch fest davon aus, dass auch das Präsidium die Zulässigkeit des vorliegenden Antrags überprüft hat. Hätte das Präsidium den Antrag für unzulässig befunden, würden wir nun nicht darüber debattieren. Unser Verteidigungsminister Christopher Heusinger ist außerdem ein Teil der Allianz-Fraktion und auch als Antragsteller gelistet. Ich denke, das sollte genügen. Ich bin zudem überzeugt, dass der Antrag auch dem Kabinett vorgelegen haben wird. Hätte der Bundesminister, der den Antrag unterstützt, Ablehnung seitens der weiteren Regierung signalisiert, hätten wir diesen zurückgezogen oder überarbeitet.


    Sollten lediglich die Handlungsaufforderungen an die Bundesregierung ein Problem für den Abgeordneten darstellen, wenngleich nicht nur Innenminister Lewerentz zuletzt gezeigt hat, dass die Bundesregierung sich auch durchaus selbst beauftragen kann, stellt die Änderung und Streichung der entsprechenden Absätze für uns kein Problem dar. Wenn der Abgeordnete aber die Ansicht vertritt, dass - auch bei der nachträglichen Zustimmung - eine Änderung unzulässig wäre, müsste der Verteidigungsminister nochmal einen Antrag mit dem Mandat einreichen.


    Ich habe aber keine Lust auf eine lange Debatte nur über Formalitäten in Bezug auf diese Angelegenheit, die nicht den konkreten Inhalt des vorliegenden Antrags betreffen, während unsere Soldaten Tag und Nacht ohne Mandat ihr Leben riskieren, um andere zu retten. Ich stimme absolut zu, dass wir nicht nur schnell ein Mandat benötigen, sondern auch ein rechtsmäßiges, aber entsprechend meiner Ausführungen denke ich, dass dies hier vorliegt. Um alle Bedenken auszuräumen und eine möglichst breite Unterstützung aus den Reihen des Parlaments zu gewährleisten, würde ich, sofern der Abgeordnete Wexler bei dem Standpunkt bleibt, dem Bundesminister aber raten, noch einmal einen Antrag auf Zustimmung des Bundestags zu dem laufenden Einsatz einzubringen. Ohne die Unterstützung der erneuten Einbringung durch die weitere Allianz-Fraktion. Dann könnten wir, da der Antrag jeglichen Abgeordneten und der Öffentlichkeit ja schon längere Zeit vorlag, hoffentlich zügig zu der Abstimmung über den Einsatz kommen. Zumindest sofern das Verteidigungsministerium trotz der Fortschritte der mittlerweile laufenden US-Mission keine weiteren Anpassungen abseits der Streichung der Handlungsaufforderungen für nötig erachtet.

  • Ruft dazwischen:

    So lange wie Sie brauchen um mit Ihrer Rede zu beginnen brauchen andere ja mit der Rückeroberung von ganz Afghanistan!

  • Herr Präsident,

    werte Kolleginnen und Kollegen,


    man muss der Allianz natürlich zu Gute halten, dass sie mit diesem Antrag einen wichtigen Schritt gemacht hat und versucht den Alleingang des Bundesverteidigungsministers zu legitimieren. Die Situation in Afghanistan ist erschreckend und man kann durchaus dazu neigen, das vorzeitige Abziehen von Truppen als Fehlschlag zu bezeichnen. Dennoch bin ich nicht gewillt dem Antrag in dieser Form meine Zustimmung zu erteilen. Neben den oben angeführten Problemen denke ich, dass die kommende Bundesregierung sich im Rahmen der NATO Gedanken über eine Beteiligung am Afghanistaneinsatz der vUSA macht. Zwar scheint es mir etwas unrealistisch, dass diese die Situation in Afghanistan nach nur drei Tagen wieder unter Kontrolle gebracht haben solle, dennoch sollten wir uns bemühen hier zuerst Kontakt zu unseren Verbündeten aufzunehmen und die Strategie eines neuen Afghanistaneinsatzes erörtern. Bis dahin steht es der Bundesregierung dennoch frei humanitäre Missionen nach Afghanistan zu entsenden und dort Evakuierungen vorzunehmen, dazu benötigt sie nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz nämlich nicht die Zustimmung des Bundestags.


    Vielen Dank.

  • Herr Präsident,

    werter Kollege Wexler,


    ich bin froh, dass wir einer Meinung sind, dass die Situation in Afghanistan zur Zeit erschreckend ist. Sie werden wohl doch hoffentlich nicht abstreiten, dass mein Verhalten, was Sie hier so schön als "Alleingang" bezeichnen dringend notwendig war. Vor meinem Alleingang habe ich das Thema mehrfach innerhalb der Bundesregierung adressiert, jedoch waren der Bundeskanzler und die Bundesaußenministerin verhindert. Daher entschloss ich mich, auch im Zuge meines Amtes als Vizekanzler, mehrere Flugzeuge des Typs A400M nach Afghanistan zu entsenden, um Bundesbürger und unsere Verbündeten aus dieser prekären Situation zu retten. Ich bin noch immer fest überzeugt, dass dies die einzig richtige Entscheidung war und würde diese immer wieder so treffen!


    Sie führen weiter aus, dass ein solcher Antrag von der Bundesregierung aus hätte gestellt werden müssen. Ich bin Teil der Bundesregierung und bin ebenfalls Mitverfasser des hiesigen Antrages. Daher kann ich hier Ihrer Argumentation nicht folgen. Weiterhin wurde der hiesige Antrag innerhalb der Bundesregierung zur Diskussion gestellt. Es gab keine Einwände von den Grünen Mitgliedern der Bundesregierung.


    Weiterhin erwähnen Sie, dass es für einen humanitären Einsatz kein Mandat des Bundestags bedarf. Dies ist korrekt, jedoch ist der Einsatz, den wir hier durchführen sicherlich keiner humanitärer. Unsere Soldaten sind durch aus bewaffnet, um sich selbst, unsere Bundesbürger und unsere Verbündeten im Notfall zu schützen. Sie schlagen doch in etwa nicht vor, dass wir unsere Truppen unbewaffnet entsenden? Dann könnten wir die Evakuierung schließlich auch von der Lufthansa durchführen lassen...


    Zuletzt noch ein Appell: Bitte lassen Sie uns in dieser schweren Stunde zusammenarbeiten. Es gilt Menschenleben zu retten und die Ordnung schnellstmöglich wiederherzustellen. Ich werde mich diesbezüglich auch mit meinem Amerikanischen Amtskollegen unterhalten und die Lage nach der Rückkehr der Amerikanischen Truppen in Afghanistan neu bewerten. Es gilt die Grundlage für diesen befristeten Auslandseinsatz der Bundeswehr zu schaffen. Ich hoffe, dass wir uns hier nicht in ewigen Debatten und irgendwelchen Formalitäten verlieren, wo wir doch unterm Strich alle das selbe Ziel haben: Die Sicherheit unser Bürger und Verbündeten und die Sicherheit in Afghanistan wieder herzustellen.


    Vielen Dank!

  • Herr Präsident,

    Herr Kollege Heusinger,


    erlauben Sie mir noch eine letzte Bemerkung zu Ihrem Beitrag. Sie irren, wenn Sie davon ausgehen eine humanitäre Mission müsse waffenlos ausgeführt werden. Selbstverständlich sieht das Parlamentsbeteiligungsgesetz vor, dass bei einem solchen Einsatz Waffen zur Selbstverteidigung mitgeführt werden. Haben Sie dieses nicht gelesen?


    Vielen Dank.

  • Herr Präsident,

    geschätzte Kollegen,


    ich bin erstaunt, dass sich der Abgeordnete Wexler trotz dieser ziemlich langen Denkpause keine besseren Argumente überlegen konnte. Der Abgeordnete hat natürlich recht, wenn er sagt, dass es kein bewaffneter Einsatz wäre, dem der Bundestag zustimmen müsste, wenn unsere Soldaten bloß humanitäre Hilfe leisten würden. Jedoch sieht es schon wieder anders aus, sofern nicht auszuschließen ist, dass unsere Soldaten Waffengewalt einsetzen müssen, um die Hilfeleistung erbringen zu können, wenn alleine möglich erscheint, dass die Soldaten in bewaffnete Unternehmungen einbezogen werden. So befand auch das Bundesverfassungsgericht mit Hinblick auf Operation Pegasus, dass der Einsatz als bewaffneter Streitkräfteeinsatz einzustufen war. Ausschlaggebend sei dafür nämlich bereits die Möglichkeit beziehungsweise die Erwartung der Einbeziehung in Kampfhandlungen. Das Außenministerium stufte den Einsatz, obwohl auch bewaffnete Kräfte der Bundeswehr an Bord waren, damals nicht als Einsatz bewaffneter Streitkräfte ein.


    Es ist überraschend, dass der Abgeordnete, trotz der entsprechend seiner Ausführungen erschreckenden Situation in Afghanistan mutmaßlich von Beginn an mit einem friedvollen Einsatz rechnete, ohne die Möglichkeit von Kampfhandlungen, und diesen Einsatz trotz Beteiligung bewaffneter Streitkräfte nicht als zustimmungsbedürftig erachtet. Dank der Mission der Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika und der afghanischen Freiheitskämpfer hat sich die Lage zwar wohl inzwischen wieder deutlich verbessert, doch ich halte es für naiv und für äußerst gefährlich, unseren Soldaten das Recht zu verwehren, militärische Gewalt zu ergreifen, um diesen laufenden Einsatz durchzusetzen. Sie brauchen nicht nur das Recht zur Selbstverteidigung, sondern zum Schutz eigener Kräfte, von Partnern im Kampf sowie von Personen, sofern diese Angriffen ausgesetzt sind, die lebensgefährdend sind oder die schwere körperliche Beeinträchtigungen hervorrufen können. Die Wahrnehmung des Rechts auf bewaffnete Nothilfe zugunsten Jedermann ist auch unerlässlich.


    Wenn der Abgeordnete ausführt, dass es sich beim Einsatz um einen gewöhnlichen und ungefährlichen humanitären Hilfsdienst handelt, bestreitet er zudem mutmaßlich auch, dass jemals Gefahr in Verzug war. Einsätze bei Gefahr im Verzug, die keinen Aufschub dulden, bedürfen schließlich nachträglicher Zustimmung. Ich denke, die Rettungseinsätze von deutschen Staatsbürgern im Ausland sind das beste Beispiel für einen Einsatz bei Gefahr im Verzug. Aufgrund dieser doch fragwürdigen Auffassung des Abgeordneten wohl auch diese unterschwellige Kritik am 'Alleingang' des Bundesverteidigungsministers. Falls der Abgeordnete aber mal Außenministerin Wiedmann oder die anderen grünen Bundesminister sehen sollte, könnte er diesen ja mitteilen, dass diese sich auch - wieder - öffentlich blicken lassen könnten, oder mit Blick auf die Ausführungen des Bundesverteidigungsministers zumindest im Kabinett. Dann wären vermutlich auch keine Alleingänge des Vizekanzlers notwendig.


    Nun könnte man natürlich argumentieren, aufgrund des bisherigen Erfolgs der US-Operation ist dieser Evakuierungseinsatz sowieso nicht mehr zwingend nötig, und beendet. Dann könnte gemäß des Bundesverfassungsgerichts auch auf die nachträgliche Zustimmung verzichtet werden. Ich hätte allerdings die Fortführung der Evakuierungen dennoch für ratsam erachtet, zumindest die Rettung von Staatsbürgern, Unionsbürgern, und Bürgern verbündeter NATO-Partner. Ebenso wäre ich für eine unmittelbare Beteiligung an weiteren Maßnahmen zur Unterstützung bei der Gewährleistung der Sicherheit in Kabul und Umgebung, bei der Sicherung des Hamid Karzai International Airport, bei der Unterstützung der verbliebenen verbündeten Verbände der Afghanischen Nationalarmee, bei der Unterstützung unserer NATO-Partner und mehr. Auch unsere internationalen Verbündeten wären sicherlich überrascht und nicht unbedingt erfreut, wenn wir uns direkt direkt zurückziehen, bis irgendwann in einigen Wochen, sofern das bisherige Tempo bei der Regierungsbildung fortgeführt wird, eine neue Bundesregierung steht. Das wäre für alle Menschen, die sich auf die Hilfe der Bundesrepublik verlassen, unzumutbar. Entsprechend ist für mich die Ablehnung durch den Abgeordneten unverständlich. Da ich, trotz veränderter Sicherheitslage, keine Grundlage für eine Bezeichnung des Einsatzes als humanitären Hilfsdienst sehe, für den Einsatz in den vergangenen Tagen ohnehin nicht, und so im Falle der Ablehnung durch das Parlament keine Grundlage für eine Fortführung des Einsatzes der Bundeswehr sehe, spricht sich der Abgeordnete meines Erachtens nach für die Beendigung des Bundeswehr-Einsatzes aus. Ohne das Recht im Zweifelsfall, militärische Gewalt zu ergreifen, ohne starkes Mandat sollten wir unsere Soldaten jedenfalls nicht in Afghanistan lassen. Das wäre unverantwortlich. Ich hoffe, der Verteidigungsminister sieht das genauso, und gehe angesichts der Ausführungen in Bezug auf die Einstufung des Einsatzes als keinen bloßen humanitären Hilfsdienst davon aus.