DEBATTE IV/020 | Entwurf eines Sechzigsten Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbale sexuelle Belästigung

  • 60x60bb.jpg

    DEBATTE ÜBER DRUCKSACHE IV/020

    Wir kommen zur Debatte über folgenden Antrag.

    Sie dauert gemäß Geschäftsordnung drei Tage.

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    geschätzte Kolleginnen und Kollegen,


    Es ist 2020. Verbale sexuelle Belästigung sollte strafbar sein. Nicht jeder Mann macht es, aber jede Frau kennt es. Catcalling, so wird verbale sexuelle Belästigung genannt.

    Catcalls sollten nicht mit Komplimenten verwechselt werden: Ey Blondie“, „Schnecke komm doch mal rüber, Kuss- und Pfeifgeräusche oder anzügliche Gesten sind keine Komplimente.

    Catcalling ist vielmehr das Ausnutzen von Dominanz und Macht. Wieso macht man das überhaupt? Die Antwort ist simpel: weil man es kann. Lassen Sie uns alle gemeinsam dafür sorgen, dass man es nicht mehr kann. Verbale sexuelle Belästigung ist hierzulande kein Straftatbestand. Voraussetzung für sexuelle Belästigung ist sexuell bestimmter Körperkontakt. Das heißt also, sexuelle Belästigung ohne Anfassen ist in Ordnung? Die Lösung für das Problem: Verbale sexuelle Belästigung braucht einen Platz im Gesetz.


    Wir reden regelmäßig von Gleichberechtigung, aber treten vor allem, was die Gesetzgebung angeht, auf der Stelle. Lassen Sie uns Frauen ein legales Werkzeug zur Verfügung stellen, sich gegen bedrängende und respektlose Äußerungen zu wehren. Mit dem von uns eingebrachten sechzigsten Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, nehmen wir unsere als gesetzgebendes Organ gegebene Pflicht zum Schutze der sexuellen Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland wahr.


    Noch viel wichtiger als die geschaffenen strafrechtlichen Konsequenzen jedoch ist das Bewusstsein, das geschaffen wird. Das deutsche Recht sollte ein Wegweiser für Richtig und Falsch sein. Die Schaffung des Straftatbestandes der verbalen sexuellen Belästigung demonstriert, dass verbale sexuelle Belästigung Seitens der Gesetzgebung weder akzeptiert noch geduldet wird.


    Ich werbe ausdrücklich für die Zustimmung des vorliegenden Gesetzentwurfes.

    Vielen Dank.


  • Herr Präsident,

    hohes Haus,


    es gibt viele unnütze Gesetze und Anträge,

    dieser gehört definitiv dazu.

    Das man gegen secuelle Gewalt vorgehen muss, steht ausser Frage, aber verbale sexuelle Gewalt, was soll das sein?

    Nach diesem unsinnen Antrag geht Mann oder Frau für ein "Na Schätzchen" oder Hallo Puppe/Knabe" für, wenn ich es recht las, zwei Jahre ins Zuchthaus? Für nichts , ohne je ein Verbrechen begangen zu haben, ja bitte wo leben wir denn?

    Daher rufe ich Sie auf dieser Vorlage eine Absage zu erteilen.

    Besten Dank für Ihre Aufmerksankeit.

    Dr. Christian Theodor Felix Reichsgraf Schenk von Wildungen

    Vizepräsident des Deutschen Bundestages,

    Präsident des bayrischen Landtages a.D.

    Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt a.D.

    Staatssekretär im Staatsministerium der Finanzen und für Heimat des Freistaates Bayern a.D.

    Ministerpräsident des Freistaates Bayern a.D.


    "Wir werden Ambos ,wenn wir nichts tun um Hammer zu sein."

    Fürst Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen (1815-1898)

    7398-verdienstkreuz-ii-jpg0930e48da0.jpg

  • applaudiert als Abgeordneter

    Richter am Obersten Gericht

    Bundeskanzler a.D.

    Administrator

  • Herr Wildungen,


    verbale sexuelle Gewalt ist unlängst nichts abstraktes mehr. Es stellt ein reelles Problem der Gegenwart dar. Dass Sie das als rückschrittlicher, alter weißer Mann nicht nachvollziehen können, ist klar. Schließlich sind Menschen wie Sie meist nicht das Opfer, sondern der Täter. Ein "Na Schätzchen", wie in Ihrem als lachhaft zu bezeichnenden Versuch der Relativierung des Problems, ist keineswegs zu akzeptieren oder gar ein Kompliment. Hätten Sie unseren Entwurf gelesen, wären Sie übrigens - sofern es Ihre geistigen Kapazitäten zulassen - in der Lage zu verstehen, wie wir verbale sexuelle Belästigung definieren. Für Sie werde ich das aber gern ein weiteres Mal erläutern: "Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise durch sexuell konnotierte Äußerungen herabwürdigt oder zum Sexualobjekt degradiert und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist." Ein Zuchthaus existiert im Übrigen ebenfalls nicht mehr. Die Strafanstalten unseres Landes fokussieren sich auf das Konzept der Resozialisierung. Ein Vorhaben, das ich auch Ihnen gern ans Herz legen würde. Sollten Sie den Plan haben, sich in Zukunft inhaltlich mit den Anträgen meiner Fraktion auseinandersetzen zu wollen, können Sie sich gerne wieder melden. Sollte sich das Niveau Ihrer Wortbeiträge jedoch halten oder gar senken, empfehle ich Ihnen zu schweigen. Als Mann gehobenen Alters sollte man sich nicht permanent blamieren müssen.


    Vielen Dank.

  • Herr Präsident,

    Frau Kollegin,


    ich finde den Antrag gut und unterstützenswert, habe jedoch noch ein paar Fragen.


    "(1) Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise durch sexuell konnotierte Äußerungen herabwürdigt oder zum Sexualobjekt degradiert und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist."


    Ist das rechtlich wirklich trennscharf genug? Ich meine wäre damit nicht schon jede sexuelle Anspielung gegenüber einer anderen Person verboten? Was ist mit Dating-Apps, in denen es meist doch genau darum geht? Menschen verabreden sich zum Sex, tauschen sexuelle Anspielungen, mal mehr, mal weniger direkt aus. Ich habe die Vemutung die Formulierung könnte Probleme schaffen.


    Herzlichen Dank.

  • Vielen Dank für die Äußerung Ihrer Bedenken, Herr Friedländer.


    Wir haben uns über einen längeren Zeitraum mit den juristischen Feinheiten der Formulierung unseres Gesetzesentwurf beschäftigt. Grundsätzlich muss man an erster Stelle erwähnen, dass eine strafrechtliche Verfolgung im Bezug einer sexuellen Belästigung nur erfolgt, wenn das Opfer Anzeige erstattet. Dieser Umstand ändert sich mit dem von uns eingebrachten Entwurf nicht. Es handelt sich also um ein Antragsdelikt. Es besteht natürlich ein Unterschied zwischen Flirten und einer verbalen sexuellen Belästigung. Das ist in erster Linie erstmal von der subjektiven Wahrnehmung des Individuums abhängig. Ist man auf einer Plattform aktiv, die das Ziel verfolgt sexuelle Kontakte zu knüpfen, wird man sich mitnichten durch anzügliche Äußerungen sexuell belästigt fühlen. Ich habe da vollstes Vertrauen in unsere Justiz und halte unseren Entwurf für ausreichend präzise formuliert.

  • Da kennen Sie aber diese Plattformen schlecht, das kann ich ihnen sagen. :D Es reicht ja schon, wenn jemand eine andere Person abblitzen lässt und diese dann wiederum sich so gekränkt fühlt, das sie eine solche Regelung ausnutzen könnten, um der anderen Personen zu schaden. Denn erst mal wäre ja eine sexuelle Anspielung dann rechtlich strafbar.


    Verstehen Sie mich nicht falsch, ich finde den Antrag richtig. Suche nur noch nach einer Möglichkeit, wie man solche Probleme verhindern könnte.

  • Ich kann Ihre Bedenken nachvollziehen, keine Frage. Dennoch möchte ich darauf aufmerksam machen, dass vergleichbare Vorhaben in anderen europäischen Ländern, zum Beispiel Frankreich, bereits erfolgreich erprobt und umgesetzt wurden. Am Ende der Kette steht schließlich immer ein Richter. Der von uns eingebrachte bietet nach meiner Auffassung kein Potential für als gefährlich einzustufenden Auslegungsspielraum.