Oberstes Gericht - Pressemitteilung Nr. 1/2020 vom 15. Dezember 2020

Unzulässige Anträge im Organstreitverfahren zum 2. Wahlgang der Bundeskanzlerwahl vom Dezember 2020

Pressemitteilung Nr. 1/2020 vom 15. Dezember 2020

zum Beschluss des Obersten Gerichts vom 14. Dezember 2020
3 BvE 2/20



Am gestrigen Montagabend hat das Oberste Gericht seine erste Entscheidung seit seiner Neukonstituierung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um die Entscheidung in dem Organstreitverfahren der Bundestagsabgeordneten Emilia von Lotterleben gegen den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Felix Neuheimer. Das Oberste Gericht erklärte die Anträge dabei für unzulässig. Es folgt eine kurze Zusammenfassung des Urteils:



Sachverhalt:


Die Antragstellerin wollte mit der Organklage feststellen lassen, dass der zweite Wahlgang der Bundeskanzlerwahl im Deutschen Bundestag vom Dezember 2020 ungültig war. Zudem wollte sie eine Wiederholung des Wahlganges unter Ausschluss der unzulässigen Kandidaten erzielen. Begründet hat sie den Antrag damit, dass Wahlvorschläge im Zuge der Wahl des Bundeskanzlers gemäß der Geschäftsordnung des Bundestages nur von Fraktionen eingebracht werden könnten. Der Wahlvorschlag "Nils Neuheimer" sei dabei vom Liberalen Forum eingebracht worden. Dieses stelle jedoch gar keine Fraktion im Bundestag, da es für eine Konstituierung einer solchen gemäß der Geschäftsordnung einer schriftlichen Mitteilung an das Bundestagspräsidium bedürfe. Folglich sei der Wahlvorschlag in den Augen der Antragstellerin ungültig und, unter Ausschluss von Herrn Neuheimer als Kandidaten, zu wiederholen.



Den Anträgen wurde nicht stattgegeben. Sie wurden als unzulässig verworfen.



Wesentliche Erwägungen des Senats:


1. Die Anträge waren unzulässig, da die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt worden ist. Letztere belaufen sich hierbei im vorliegenden Fall explizit nicht auf die Grundrechte aus Art. 1 ff. des Grundgesetzes, sondern lediglich auf ihre speziellen Rechte als Bundestagsabgeordnete aus Art. 38 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes. Nur wenn die Antragstellerin in diesen Abgeordnetenrechten verletzt worden ist, bzw. wenn es möglich erscheint, dass sie in diesen Rechten verletzt worden ist, ist die Antragstellerin auch antragsbefugt und die Organklage zulässig.

Da die Antragstellerin keines dieser Abgeordnetenrechte nennt, in denen sie durch das Handeln des Antragsgegners, in vorliegenden Fall der Bundestagspräsident, verletzt worden sein soll und sich auch aus der Antragsbegründung keines dieser Rechte implizit herleiten lässt, ist sie nicht antragsbefugt und die Klage somit unzulässig.


2. Der Antrag zur Feststellung der Ungültigkeit des Wahlganges ist auch unzulässig, da das Organstreitverfahren im Allgemeinen nicht der allgemeinen Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Handelns eines obersten Bundesorgans dient, sondern der Feststellung einer Rechtsverletzung durch die Kompetenzüberschreitung eines obersten Bundesorgans. Die alleineige Überprüfung, ob die Einleitung des Wahlganges bzw. der Wahlgang an sich unzulässig war, ist somit keine hinreichende Voraussetzung für die Antragsbefugnis. Viel mehr müsste bei der Einleitung dieser Wahl der Bundestagspräsident seine ihm durch das Grundgesetz oder der Geschäftsordnung des Bundestages verliehenen Kompetenzen in rechtswidriger Weise überschritten und dabei die Abgeordnetenrechte der Antragstellerin verletzt haben. Da der Bundestagspräsident jedoch offensichtlich seine Kompetenzen nicht überschritten hat, ist der Antrag zur Feststellung der Ungültigkeit des Wahlganges unzulässig.


3. Der Antrag zur Erwirkung einer Wiederholung des 2. Wahlganges ist ebenso unzulässig. Er zielt dabei nämlich darauf ab, den Antragsteller, in diesem Fall also den Bundestagspräsidenten Felix Neuheimer, zu einem gewissen Handeln zu zwingen. Eine solche Rechtsfolge kann jedoch im Organstreitverfahren nicht erzielt werden, da dieses lediglich der Feststellung dient, ob eine grundgesetzwidrige Rechtsverletzung durch die beanstandete Maßnahme vorliegt. Die Aufhebung der beanstandeten Maßnahme kann im Organstreit jedoch nicht erwirkt werden. Folglich kann der Antragsgegner auch nicht zu einem verfassungskonformen Verhalten gezwungen werden.



Das Urteil zum Nachlesen gibt es hier:

3 BvE 2-20 - Emilia von Lotterleben .-. Präsident des Deutschen Bundestages.pdf

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