DEBATTE | XIX/006: Entwurf eines Gesetzes über die Arbeitnehmerkammer im Freistaat Bayern

  • 320px-Bayerischer_Landtag_Logo.svg_1.png


    AUSSPRACHE

    Entwurf eines Gesetzes über die Arbeitnehmerkammer im Freistaat Bayern



    Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    wir schreiten nun zur Aussprache über den Antrag "Entwurf eines Gesetzes über die Arbeitnehmerkammer im Freistaat Bayern" (Drs. XIX/006). Die Dauer der Aussprache beträgt - den Regularien unserer Geschäftsordnung entsprechend - zweiundsiebzig Stunden.


    Ich eröffne die Aussprache.

  • Herr Präsident ,

    hohes Haus,

    da die Antragstellerin, nicht Willens oder nicht in Lage ust, zu ihren Antrag Stellung zu beziehen, werde ich es tun.

    Erstens, sind wir in Bayern, weder im Saarland oder gar im protestantischen Bremen!
    Zweitens, wenn man dort der Meinung man benötige so etwas , bitte, aber hier in unsrem Bayern benötigen wir so etwas keinesfalls.

    Drittens, seit wann schreiben ARBEITER, also UNTERE, ARBEITGEBERN , also OBERE, vor was jene zu tun und zu lassen haben.

    Arbeitnehmer haben wie es der Name sagt die Arbeit zu nehmen, nichts weiter! Sie empfangen dafür ihren Lohn!

    Aus diesem Grund ist der Antrag als völlig unsinnig abzulehnen!

    Wir haben Gewerkschaften das genüg ,da bedarf es jens Unfugs nicht!!

    Gott segne und schäzue unser Bayern!

    Dr. Christian Theodor Felix Reichsgraf Schenk von Wildungen

    Vizepräsident des Deutschen Bundestages,

    Präsident des bayrischen Landtages a.D.

    Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt a.D.

    Staatssekretär im Staatsministerium der Finanzen und für Heimat des Freistaates Bayern a.D.

    Ministerpräsident des Freistaates Bayern a.D.


    "Wir werden Ambos ,wenn wir nichts tun um Hammer zu sein."

    Fürst Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen (1815-1898)

    7398-verdienstkreuz-ii-jpg0930e48da0.jpg

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    der gewerkschaftliche Organisationsgrad in Deutschland und somit auch im Freistaat Bayern ist im europäischen Vergleich sehr gering. Dabei sind die Gewerkschaften als Arbeitnehmervertretungen das wichtigste Glied in der Gestaltung von Arbeitsbedingungen. Es ist dabei jedoch nicht davon auszugehen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer generell einfach kein Interesse an einer Vertretung hätten, dies gleich vorweg. Wie kommt es nun also zu einem solch geringen Organisationsgrad? Ich möchte drei Gründe hierfür aufzeigen.


    1. Durch den Strukturwandel sind die Arbeitnehmerzahlen im traditionell stark gewerkschaftlich organisierten sekundären Sektor rückläufig. Zulauf erhält daher mittlerweile fast ausschließlich der tertiäre Sektor, der traditionell eine geringe gewerkschaftliche Organisation vorzuweisen hat. Abseits von großen Betrieben zählen hierzu nämlich auch viele kleinere Betriebe, die oft nicht mal über einen Betriebsrat verfügen. Die Anknüpfungspunkte sind also anders als im sekundären Sektor quasi nicht vorhanden.


    2. Die finanzielle Situation darf auch nicht unbeachtet bleiben. So verlangt beispielsweise die größte Gewerkschaft des Dienstleistungssektors "ver.di" mittlerweile einen Mitgliedsbeitrag in Höhe von einem Prozent des Bruttoeinkommens. Legt man hier das deutsche durchschnittliche Bruttoeinkommen von 4.105 Euro brutto zu Grunde, käme man zu einem Mitgliedbeitrag von über 41 Euro. Selbstverständlich überlegen sich daher viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ob sie eine solchen Beitrag zahlen möchten oder doch lieber gewerkschaftslos bleiben.


    3. Die Gewerkschaften sind mittlerweile schwer zugänglich. Sie bewegen sich in komplizierten Strukturen und wirken nach außen hin oft schlicht und ergreifen "alt", besonders auch wenn man sich die Gewerkschaftsfunktionäre ansieht. Viele junge Menschen zieht das nicht unbedingt an, wodurch gerade bei den Berufseinsteigern die Bereitschaft zu einem Beitritt in der Gewerkschaft deutlich geringer ist.


    Nun könnte man sagen, dass diese Probleme im Grunde ja Probleme der Gewerkschaften sind. Wie eingangs erwähnt bilden die Gewerkschaften jedoch das wichtigste Glied in einem Streit um bessere Arbeitsbedingungen. Ein abfallender gewerkschaftlicher Organisationsgrad führt im Umkehrschluss dazu, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine angemessene Vertretung mehr erfahren. Das Saarland und die Freie Hansestadt Bremen haben dieser Entwicklung jedoch präventiv gegengesteuert und das, wie ich finde, sehr erfolgreich. Der vorliegende Entwurf übernimmt das bremische Modell einer Arbeitnehmerkammer zur Vertretung von Arbeitnehmerinteressen gegenüber politischen Entscheidungsträgern und stellt gleichzeitig sicher, dass den Gewerkschaften nicht "der Rang abgelaufen wird". Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich nun Sorgen über die finanzielle Belastung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern machen, kann ich nur sagen, dass es ja in der Hand der Staatsregierung liegen wird, die Mitgliedsbeiträge zu beeinflussen. Die Erfahrungen aus dem Saarland und Bremen haben zumindest gezeigt, dass bereits ein minimaler Beitrag ausreicht, der sich auf der Abrechnung so gut wie überhaupt nicht bemerkbar macht.


    Ich kann daher nur dazu aufrufen dem vorliegenden Antrag zuzustimmen.


    Vielen Dank!

    Gundula Umbritsch

    Regierungsdirektorin

    Berufene Bürgerin im Bayerischen Landtag


    Plakate_AUT.png?ex=656b25b8&is=6558b0b8&hm=97aa9879a0161c3af0ea74d34e94db94bb651aeb8ed2cae1ff2ad5570f3d25e8&=&width=1250&height=500

    Einmal editiert, zuletzt von Gundula Umbritsch ()

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    sehr geehrte Frau Kollegin Umbritsch,

    sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

    sehr geehrte Damen und Herren,


    der vorliegende Antrag zur Einführung einer Arbeitnehmerkammer zur Vertretung von Arbeitnehmerinteressen ist zweifellos von Bedeutung, und ich möchte eine Perspektive einbringen, die auch die gegenwärtige Stärke der Gewerkschaften in Betracht zieht.


    Frau Umbritsch, Sie bringen einen wichtigen Punkt zur Sprache. Es gilt jedoch zu betonen, dass die Rückläufigkeit der Arbeitnehmerzahlen im traditionell stark gewerkschaftlich organisierten sekundären Sektor nicht zwangsläufig auf eine mangelnde Effektivität der Gewerkschaften hinweist. Vielmehr könnte dies auch durch strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft beeinflusst werden, die möglicherweise eine Neuausrichtung der Gewerkschaftsarbeit erfordern. Es wäre in der Diskussion wichtig zu klären, ob die Rückläufigkeit der Mitgliederzahlen tatsächlich auf eine Schwäche der Gewerkschaften zurückzuführen ist oder ob sie eher durch Veränderungen in der Arbeitsstruktur und Beschäftigungsdynamik beeinflusst wird.


    Wir sollten jedoch nicht übersehen, dass die bestehenden Gewerkschaften bereits eine bedeutende Rolle bei der Vertretung der Interessen der Arbeitnehmer spielen. Betrachten wir beispielsweise die aktuellen Streiks und Tarifverhandlungen, insbesondere im Bereich der Deutschen Bahn, so wird deutlich, dass die Gewerkschaften nach wie vor eine starke Position innehaben und in der Lage sind, bedeutende Veränderungen für ihre Mitglieder zu erwirken. Diese jüngsten Beispiele verdeutlichen, dass die Gewerkschaften als effektive Interessenvertretungen agieren können.

    Es stellt sich die Frage, ob die Einführung einer Arbeitnehmerkammer notwendig ist, wenn die Gewerkschaften bereits als starke Vertreter der Arbeitnehmerinteressen fungieren. Die Dynamik und Stärke der aktuellen gewerkschaftlichen Aktionen könnten als Indikator dafür dienen, dass die bestehenden Strukturen ihre Rolle effektiv erfüllen. In diesem Zusammenhang sollten wir sicherstellen, dass die Gewerkschaften die notwendige Unterstützung und Ressourcen erhalten, um ihre Arbeit fortzusetzen.


    Die LAZ plädiert daher dafür, den bestehenden Gewerkschaften die Möglichkeit zu geben, ihre Rolle weiter zu optimieren, bevor wir uns für eine zusätzliche Institution entscheiden. Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen den Gewerkschaften, Arbeitgebern und politischen Entscheidungsträgern können wir sicherstellen, dass die Interessen der Arbeitnehmer auf umfassende und effektive Weise vertreten werden.


    Daher können wir den Antrag leider nicht mittragen.


    Vielen Dank.

  • Meine Damen und Herren,


    Das von der SDP angesprochene Problem ist ein Problem der Gewerkschaften und nicht der Politik.

    Wir haben in den letzten Jahrzehnten genügend Versuche gesehen Gewerkschaften zu verbieten oder zu verstaatlicht und auch wenn dies vielleicht nicht die Intuition der SDP ist, so muss man doch feststellen das hier versucht wird den Gewerkschaften ein weiteres Problem zu schaffen, ein weiteren Nagel in den Sarg zu schlagen und mehr Kontrolle an den Staat zu übergeben.


    Ich bin klar dagegen und rate jedem Mitglied des Landtags ebenfalls diesen Antrag abzulehnen, es ist weder die Aufgabe des Staates in den wirtschaftlichen Prozess einzugreifen, noch ist es die Aufgabe des Staates bei der Lohnverhandlung Einfluss zu nehmen.


    Unsere Wirtschaft ist liberal aufgebaut, wer partizipieren will hat viele Mittel, über Gewerkschaften hin zu Betriebsräten steht die Tür für die Arbeitnehmer offen, wenn dennoch die Mitglieds Anzahl der Gewerkschaften sinkt so hat der Arbeitnehmer sich schlicht dazu entschieden das es keine Gewerkschaften benötigt um die eigenen Lohnvorstellungen zu erreichen und es liegt an den Gewerkschaften wieder attraktiver für die Leute zu werden.


    Die CDSU steht für den freien Markt und deshalb rufe ich meine Kollegen dazu auf geschlossen diesen Antrag abzulehnen.


    Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    ich möchte meine Vorredner nochmal dazu aufrufen ein Augenmerk auf den Art. 2 Abs. 5 des vorliegenden Gesetzentwurfes zu legen. Ich kann jegliche Bedenken verstehen, die darauf gerichtet sind, die schwierige Situation der Gewerkschaften nicht weiter zu verschlimmern. Genau deswegen soll der Arbeitnehmerkammer auch schon von Gesetzes wegen ein Konkurrenzkampf mit den Gewerkschaften verboten werden. Ich möchte hier nochmal auf bereits bestehende Berufskammersysteme aufmerksam machen, etwa die Rechtsanwaltskammer München, die Bayerische Architektenkammer oder auch die Bayerische Landesärztekammer. Alle diese Kammern erfüllen sehr erfolgreiche die Aufgabe der Vertretung der entsprechenden Berufsstände gegenüber den politischen Entscheidungsträgern. Warum sollte eine solche Interessenvertretung anderen Arbeitnehmern vorenthalten werden? Ich kann daher nur nochmal dazu aufrufen, für den vorliegenden Antrag zu stimmen.


    Zumal, und das möchte ich ganz besonders betonen, die Kammer nicht einfach nur eine Interessenvertretung wahrnehmen soll. Sie kann ebenfalls mit staatlichen Aufsichts-, Fürsorge- und Beratungsaufgaben betraut werden um so einen flächendeckenden Zugang zu erleichtern. Bei den von mir benannten Beispielen wird diese Möglichkeit auch intensiv genutzt. So ist es beispielsweise möglich verschiedenste Beratungs- und Bildungsangebote bei der Arbeitskammer des Saarlandes wahrzunehmen und die Arbeitnehmerkammer Bremen ermöglicht über eine öffentliche Rechtsberatung einen einfachen und unbürokratischen Zugang zu rechtlicher Beratung für diejenigen, die es sich andernfalls nicht leisten können, im Freistaat Bayern hingegen ist es noch notwendig eine entsprechende Beratungshilfe in einem bürokratischen Prozess zu beantragen. Sehen Sie die Kammer daher bitte nicht als Versuch die Gewerkschaften zu ersetzen oder anderweitig zu kontrollieren.


    Außerdem, auch wenn dies eher Nebeneffekt als Ziel des Entwurfes ist, müssten wir uns auch überlegen, inwieweit die Kammer den Staatshaushalt entlasten könnte. Alleine im Bereich der öffentlichen Rechtsberatung sähe ich massives Einsparpotenzial.


    Vielen Dank.

    Gundula Umbritsch

    Regierungsdirektorin

    Berufene Bürgerin im Bayerischen Landtag


    Plakate_AUT.png?ex=656b25b8&is=6558b0b8&hm=97aa9879a0161c3af0ea74d34e94db94bb651aeb8ed2cae1ff2ad5570f3d25e8&=&width=1250&height=500