Tausende demonstrieren für den Frieden in Hamburg
I:L macht in der Hansestadt mobil
HAMBURG [vtaz] Rund 5000 Menschen haben am Montag an einer Friedenskundgebung in Hamburg teilgenommen. Sie versammelten sich im Schanzenviertel und forderten die Bundesregierung dazu auf, sich für den Frieden in den Konfliktregionen der Welt einzusetzen.
Vor allem jüngere Menschen kamen am Mittag trotz leichten Regenwetters zu der Auftaktkundgebung vor die Rote Flora. Das Motto der Demo lautete: "Frieden statt Krieg - die Waffen nieder!" Dazu aufgerufen hatte die Partei Internationale Linke.
Neben der Forderung des weltweiten Abrüstens forderten die Demonstrantinnen und Demonstranten, dass der Rüstungsetat zugunsten der Bereiche Soziales, Bildung und Ökologie gekürzt wird. Die Friedensdemo zog von der Roten Flora über den Bahnhof Altona bis zum Fischmarkt. Sie wurde nur von einem kleinen Polizeiaufgebot begleitet. Das Zeigen von Nationalflaggen war sowohl von der Versammlungsleitung, als auch von den örtlichen Ordnungs- und Sicherheitsbehörden, bereits im Vorfeld untersagt worden.
Am Rande der Demonstration trafen wir den designierten Bundesvorsitzenden der Internationalen Linken und ehemalige Bundesinnenminister Ernesto B. Dutschke und konnten ihn zu einem kurzen Interview überzeugen:
Herr Dutschke, was ist die Hauptaussage dieser Demonstration?
Zitat von Ernesto B. DutschkeEgal ob in der Ukraine, dem Balkan, im Kaukasus oder im Nahen Osten – Krieg kann und darf niemals die Lösung sein!
Jeden Tag sterben Menschen für die Interessen von ein paar Wenigen.
Wie sagte schon der große Denker Berthold Brecht in seiner Friedensrede 1952:
„Lasst uns das tausendmal Gesagte immer wieder sagen, damit es nicht einmal zu wenig gesagt wurde! Lasst uns die Warnungen erneuern, und wenn sie schon wie Asche in unserem Mund sind!“
In diesem Sinne: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!
Sie haben gerade schon die aktuelle Konfliktherde auf und um unseren Kontinent angesprochen.
Was haben siese gemeinsam?
Zitat von Ernesto B. DutschkeAlles anzeigenDie größte Gemeinsamkeit ist wohl, dass alle Kriege Tod, Elend und Verderben bringen und dementsprechend kategorisch abzulehnen sind.
Weiterhin bieten natürlich auch alle Konflikte, gerade in der heutigen digitalen Zeit, Platz für Verschwörungstheorien und Instrumentalisierungen.
Es tut beispielsweise weh zu sehen, wie gerade sowohl antisemitische, als auch islamophobe Gruppierungen die aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten versuchen für sich zu nutzen.
In einem solch komplizierten Konflikt kann es kein Schwarz-Weiß-Denken geben, denn das zeigt nur von einem: Fundamentalistischem Populismus.
Sowohl das israelische, als auch das palästinensische Volk haben ihre Daseins-Berechtigung und ihre eigene Geschichte und kulturelle Identität.
Das Leugnen einer der beiden Konfliktparteien, wie es manche Spitzenpolitiker im Moment betreiben mit Sätzen wie „Palästina? Kann man das essen?“ schürt menschenverachtenden Hass und Gewalt.
Die vollständige Aberkennung der Volks- und Identitätsexistenz ist der erste Schritt zur Billigung eines Genozid.
Und das beziehe ich bewusst auf beide Konfliktparteien.
Wenn Sie sagen „Nieder mit den Waffen!“, fordern Sie dann die sofortige Beendigung aller Kriege?
Käme das nicht gerade im Bezug auf die Ukraine einer Kapitulation gleich?
Zitat von Ernesto B. DutschkeNatürlich wäre es mehr als wünschenswert, wenn morgen alle Waffen unserer Erde schweigen würden, aber das wäre wohl eine ziemlich unglaubwürdige Utopie, die eher im Reich der Fabeln und Märchen anzusiedeln ist.
Unsere Forderungen richten sich primär an Adressen, die wir direkt erreichen können, dass heißt Bundesregierung und Europäische Union.
Wir fordern ein konsequentes Einsetzen für den Frieden und das Einnehmen einer Vermittlerrolle in den Konflikten dieser Erde. Konsequenz bedeutet im Übrigen auch, dass man nicht den einen Konflikt in Bergkarabach oder die türkischen Aggressionen wort- und sanktionslos hinnimmt und den anderen in der Ukraine und im Nahen Osten auf Kosten der lokalen Bevölkerung dezidiert verurteilt und sanktioniert.
Eine EU-weite Haltung gegen Krieg darf nicht anhand von europäischen (Wirtschafts-)Interessen scheitern.
Außerdem fordern wir die globale Abrüstung. Natürlich werden wir mit dieser Forderung nicht die Despoten und Diktaturen dieser Welt erreichen, aber gerade die Bundesregierung kann, anstatt der Herbeiführung eines neuen kalten Krieges, eine Vorreiterrolle in der globalen Abrüstung einnehmen. Damit wäre nicht nur dem Frieden, sondern auch der lokalen Bevölkerung in den Bereichen der Bildung, sozialen Versorgung und Gesundheit geholfen.