tritt nun ebenfalls ans Redner:innenpult
Frau Präsidentin,
liebe Mitmenschen,
am heutigen Tage versammeln sich alljährlich Neonazis und feiern ihr historisches Vorbild, Adolf Hitler. Unter seiner totalitären Führung wurde das Schrecklichste, Brutalste und Menschenverachtenste durchgeführt, was es jemals gab. Eine akribisch durchorganisierte Mordmaschinerie, gebaut auf einem widerwärtigen ideologischen Konzept aus Rassenlehre, Antisemitismus und Führergehorsam, vollbrachte den schrecklichsten Völkermord der Geschichte. Mehr als sechs Millionen Menschen, ich möchte betonen, mehr als sechs Millionen Menschen, wurden brutalst ermordet und durchlebten ein Leid, das wir uns in keiner Weise auch nur annähernd vorstellen könnten.
Doch, die Shoah kann nicht auf Hitler reduziert werden. Das wäre zu einfach. Es waren so viele, so viele Menschen, die aktiv mitgemacht haben. So viele Menschen, die die Ideologie teilten. So viele Menschen, die selbst gemordet haben. Und, was vielleicht noch erschreckender ist, so viele, so unfassbar viele Mitlaufende. Ich möchte es so klar sagen, wie man es sagen kann: Meine Vorfahren und die Vorfahren vieler, vieler anderer waren widerwärtige Verbrecher:innen!
Und es muss gerade deshalb immer wieder in das öffentliche Bewusstsein eingehämmert werden: Nie wieder Faschismus, nie wieder Rassenlehre, nie wieder Antisemitismus, nie wieder Völkermord, und nie, unter keinen Umständen, niemals darf man vergessen. Es ist geschehen, und folglich kann es wider geschehen. Und es kann schneller passieren, als man denkt. Gerade deshalb ist das Gedenken und Zuhören, wie wir es heute praktizieren, wichtig.
Verehrte Mitmenschen, was auch zur Wahrheit gehört, die Nazis waren nie weg, sie haben immer nur auf ihre Gelegenheiten gewartet und ihre Gelegenheiten genutzt. Und es überlebten auch in der Mitte der Gesellschaft völkisches Denken, antisemitische Verschwörungstheorien und rassistische Vorurteile, all das ist gerade heute wieder am Erstarken. Noch heute arbeiten Geschichtsrevisionist:innen daran, den Holocaust zu leugnen, zu verharmlosen oder umzudeuten. Das alles ist das Erbe des Nationalsozialismus und all dem müssen wir einen entschiedenen Kampf ansagen. Gleiches gilt für jene, die rechtsextreme Ideologien externalisieren und auf eine bestimmte Gruppe projizieren, um so das Gedenken an den Holocaust für eine eigene menschenverachtende Agenda zu instrumentalisieren und zu missbrauchen.
Heute sind wir hier, um erneut ein starkes Zeichen zu setzen gegen den Nationalsozialismus und gegen die genannten Bestrebungen. Ich danke Ihnen allen, dass Sie daran teilnehmen.