XVI/013 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes

  • Die Grünenfraktion stellen folgenden Entwurf zur Debatte:


    Die Debatte dauert 72 Stunden. Das Wort hat die antragstellende Fraktion.

  • begibt sich zum Rednerpult


    Herr Präsident,

    sehr geehrte Damen und Herren,


    heute debattieren wir über ein Gesetz, das die Macht der Betriebsräte stärken und die Macht der Unternehmer schwächen wird.


    Der Internetkonzern Amazon weigert sich immer wieder Betriebsräten zusammenzuarbeiten. Dieses Verhalten lässt sich relativ leicht erklären. Es geht Amazon nämlich nur um die Steigerung seines Gewinn. Wenn man sich die Überwachungsmethoden von Amazon anschaut, welche sicher auch die Staatssicherheit nutzen würde, wenn es sie heute noch geben würde, wird klar, dass sie von keinem Betriebsrat auf dieser Welt unterstützt werden würde. Themen, die sich nämlich mit der Einrichtung des Arbeitsplatzes beschäftigen, bedürfen nämlich der Zustimmung des Betriebsrats. So wird z. B. Über die App Mentor, die bei Amazon für die Zeiterfassung genutzt wird, neben der Arbeitszeit wird auch die Nutzung des Telefons und die Arbeitsleistung überwacht. Wer also nicht genug Pakete ausliefert oder vielleicht welche verliert, wird umgehend Anrufe und Textnachrichten zu noch größerer Leistung angespornt. Dass diese Praxis zu enormen Stress führt brauche ich niemandem hier erzählen. In den Sortierzeitrenten wird zusätzlich mit Hilfe von Überwachungskameras überprüft, wer zulange am stillen Örtchen verweilt. All diese Maßnahmen bedürfen eigentlich der Zustimmung eines Betriebsrats, aber wenn man effektiv verhindert, dass Betriebsräte nicht gegründet werden, kann auch niemand zustimmen.


    Dieser Fall hat gezeigt, wie notwendig Betriebsräte sind und dass Deutschland insgesamt mehr Betriebsräte braucht. In dem vorgelegten Gesetzentwurf werden deshalb die Arbeitgeber von Betrieben, die bis jetzt keinen Betriebsrat haben, dazu verpflichtet über die Möglichkeit zur Betriebsratsgründung zu informieren. Diese Maßnahme stellt sicher, dass alle Arbeitnehmer in diesem Land wissen, dass es die Möglichkeit zur Gründung gibt, wodurch die Arbeitnehmer in diesem Land in die Lage versetzt werden, sich maßgeblich am Unternehmen zu beteiligen. Je mehr Betriebsräte es gibt, desto besser werden Arbeitsbedingungen in diesem Land, denn die Arbeitnehmer können sich gegen die Gängelung von Arbeitgebern wie Amazon besser zur Wehr setzen und ihrer Ausbeutung den Riegel vorschieben.


    Wer auch immer es unternimmt, den Betriebsrat bei seiner Gründung oder bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu behindern, begeht zukünftig einen Offizialdelikt. Nach aktueller Gesetzeslage ist es nur ein Antragsdelikt, der auf Antrag des Betriebsrats verfolgt wird. Gelingt es also einem Arbeitgeber seinen Betriebsrats so dermaßen zu terrorisieren, dass er keinen Strafantrag stellt, obwohl er bei der Ausübung seiner Pflichten behindert wurde, braucht der Arbeitgeber keine Konsequenzen zu fürchten. Nach de neuen Gesetzgebung muss ein solcher Fall von den Strafverfolgungsbehörden verfolgt werden, wenn die entsprechende Strafverfolgungsbehörde davon erfährt, sodass auch durch diese Maßnahme die Arbeitnehmer besser geschützt werden.


    Des weiteren werden durch diesen Gesetzentwurf auch die Bußgeldbestimmungen verfünffacht, damit jeder weiß ein verbrechen gegen die Arbeiterschaft lohnt sich nicht. Auch wird die Position der Leiharbeiter verdeutlicht. Bis jetzt bedurfte es immer wieder dem Einsatz von Gerichten. Um festzustellen, ob Leiharbeiter z. B. Bei der Bemessung der Betriebsratsgrößen berücksichtigt werden müssen oder nicht. Außerdem legt die aktuelle Fassung des Gesetzes nicht explizit fest, ob Leiharbeiter in dem Betrieb, an dem sie eingesetzt werden, an der Betriebsratswahl teilnehmen dürfen. Nach gängiger Rechtsauslegung ist dies zwar der Fall, durch die neue Definition von Arbeitnehmern wird aber auch dieser Sachverhalt klarer geregelt.


    Mit diesem Gesetzentwurf ermöglichen wir allen Arbeitnehmern, die in unserem Land tätig sind, eine bessere und sichere Mitbestimmung in den Betrieben. Wir zeigen mit diesem Gesetzentwurf allen Unternehmern, dass die Unterdrückung von Betriebsräten nicht länger akzeptiert wird. Uns sind unsere Arbeitnehmer wichtig und deshalb wird ihre Position in den Betrieben unseres Landes gestärkt. Es darf nicht länger Überwachung am Arbeitsplatz stattfinden, die Arbeitnehmer durch den aufgebauten Druck in den Wahnsinn treibt. Keiner in diesem Land soll sich mehr vor den Amazon CEOs fürchten müssen, denn das Engagement von Arbeitnehmern für bessere Arbeitsverhältnisse darf auf keinen Fall von Unternehmern sabotiert oder unterdrückt werden.


    Nimmt wieder auf seinem Stuhl Platz.

  • Herr Präsident,

    sehr geehrte Damen und Herren,


    das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz befürwortet die Ablehnung des vorgelegten Gesetzesentwurfes. Es verwundert nicht, dass dieses Haus am Tag der Arbeit einen solchen Entwurf zu diskutieren hat. Schließlich ist dies eine gute Gelegenheit, sich mit weitgehend substanzlosen Vorlagen beim Arbeiterklientel profilieren und im Wahlkampf auf solche Initiativen verweisen zu können. Wie dem auch sei.


    Die Mitbestimmung in Betrieben und im Aufsichtsrat ist in Deutschland außerordentlich stark ausgeprägt und schon heute ein echter Nachteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Ob damit ein echter Mehrwert einhergeht, darüber kann man lange streiten. Die fähigen Mitarbeiter benötigen keine Mitbestimmung, weil sie in Zeiten von Fachkräftemangel in einer außerordentlich guten Verhandlungsposition und Kontrollrechte für sie nicht von Interesse sind. Dass Mitbestimmung und Arbeitnehmerschutz nicht als logische Kehrseite voneinander angesehen werden können, zeigt immerhin der Vergleich zu anderen Ländern. An dieser Stelle soll die Debatte aber nicht neu aufgerollt werden. Die derzeitigen Regelungen des Betriebsverfassungsgesetz sowie der Gesetze über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten sind ein Kompromiss und haben sich insoweit im Großen und Ganzen etabliert und bewährt.


    Aus diesseitiger Sicht halte ich es für fachlich und politisch falsch, die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung mit einem Einzelbeispiel, im konkreten Fall die Amazon s.a.r.l., zu begründen. Weder Sie noch ich sind über die Vorgänge bei Amazon informiert. Sollten Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen festgestellt werden, ist das eine Sache für den Landesbeauftragten für Datenschutz. Konkrete Verstöße werden dann auch nicht vorgetragen.


    Soweit der Gesetzesentwurf vorsieht, dass Arbeitgeber über die Möglichkeit zur Errichtung eines Betriebsrates unterrichten sollen, verkennt der Entwurf die Grenzen der Staatsfürsorge im Betriebsverfassungsrecht, die unter anderem in der Parität von Arbeitgeber einerseits, Arbeitnehmer, gedacht als Gruppe, andererseits zu suchen sind. Insoweit kann ein Regelwerk, soll es ausgewogen sein, die Eigenverantwortlichkeit auch der Arbeitnehmer nicht außer Betracht lassen.


    Der Initiator spricht des Weiteren von einer diffusen "Unterdrückung" der Arbeitnehmer, ohne darzulegen, inwiefern die bereits vorhandenen Instrumente zum Schutz des Mitbestimmungsrechts dysfunktional seien. Insgesamt stützt sich die vorgebrachte Begründung alleine auf einen Einzelfall, dessen Beurteilung Gerichten vorbehalten bleibt und vom Parlament nicht zum Anlass genommen werden sollte, ein allgemeines Gesetz zu verabschieden.


    Ich danke.

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    werte Damen und Herren,


    dass geltendes Recht eingehalten werden muss, darüber dürfte fraktionsübergreifend Einigkeit bestehen. Jedoch sehen die Koalitionsfraktionen keine Notwendigkeit für eine Gesetzesänderung. Einerseits ist es nicht Sache der Arbeitgeber, auf eine Betriebsratsgründung hinzuwirken, sondern Sache der Arbeitnehmer. Es bestehen angesichts der Möglichkeiten, die Mundpropaganda und das Internet bieten, genügend Möglichkeiten, sich über die Möglichkeit einer Betriebsratsgründung im Klaren zu werden und sich entsprechend zu informieren. Dafür bedarf es nach Auffassung der Koalitionsfraktionen keines eigenständigen Gesetzes. Zusätzlich ist auch kein Regelungsbedarf hinsichtlich der Definition von Arbeitnehmers im Zuge der Leiharbeiter-Thematik zu erkennen. Wenn der Kollege Fürst nachfolgend - Zitat -

    Um festzustellen, ob Leiharbeiter z. B. Bei der Bemessung der Betriebsratsgrößen berücksichtigt werden müssen oder nicht. Außerdem legt die aktuelle Fassung des Gesetzes nicht explizit fest, ob Leiharbeiter in dem Betrieb, an dem sie eingesetzt werden, an der Betriebsratswahl teilnehmen dürfen. Nach gängiger Rechtsauslegung ist dies zwar der Fall, durch die neue Definition von Arbeitnehmern wird aber auch dieser Sachverhalt klarer geregelt.

    darauf hinweist, dass das Gesetz in der Judikatur so ausgelegt wird, wie es Herrn Fürsts inhaltlicher Auffassung entspricht, so stellt sich die Frage, warum denn überhaupt ein Regelungsbedarf bestehen soll? Es besteht kein Regelungsbedarf für ein Gesetz, das die geltende Rechtslage nur noch einmal in anderen Worten wiederholt. Insoweit ist die Notwendigkeit für eine Gesetzesänderung aus Sicht der Koalitionsfraktionen zu verneinen, weswegen wir den Entwurf ablehnen werden.


    Besten Dank!

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    XVIII. Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland

    Parteivorsitzende der Liberal-Konservativen Allianz


    XII. und XIV. Bundesministerin der Finanzen a. D.