Debatte | Entwurf einer Ergänzung des Betäubungsmittelgesetzes

  • Folgender Gesetzesentwurf kann nun 72 Stundenlang debattiert werden

    Mitglied des 14. Thüringer Landtags


    Ministerpräsident des Freistaates Thüringen a.D.

    Präsident des Bundesrates a.D.

    Minister für Finanzen und Gesundheit Thüringen a.D.

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  • Drückt das Knöpfen an Ihrem Sitzplatz und erhebt sich für einen Redebeitrag.


    Sehr geehrter Herr Präsident,

    verehrte Kolleginnen und Kollegen,


    ich persönlich glaube zwar, dass es innenpolitisch sehr viel zu tun gibt, und Drogenpolitik - oder vielmehr die hier angedeutete Legalisierung für den Eigenkonsum - nicht unbedingt auf Platz eins der Prioritäten stehen sollte. Aber nichtsdestotrotz ist dies ein wichtiges Thema, welches auch tatsächlich nahtlos in die nicht zukunftsfähige Aufstellung der Justizvollzüge der Länder mündet. In meinem vergangenen Wahlkampf habe ich mich dazu ja bereits geäußert. Ich glaube und hoffe demnach, dass die Vertreter der Länder in diesem hohen Hause ein großes Interesse an dieser Thematik und Debatte zeigen werden.


    Sehr geehrter Herr Minister Ernesto B. Dutschke ,

    dieser Gesetzentwurf wirft bei mir einige Fragen auf, ohne deren Beantwortung es mir schwer fällt, mir hier ein abschließendes Urteil zu bilden.

    1. Inwieweit stellt der Entwurf eines §31b eine Verbesserung zur bisherigen Anwendung des §31a dar? Welche Situationen werden ermöglich, die bis dato nicht ermöglicht waren?

    2. Inwieweit würde eine Anwendung des §31a und §31b hier kollidieren?

    3. Wie soll eine sog. PSU aussehen und welche Untersuchungen und Fragestellungen zum Gegenstand haben?

    4. Wieso soll die PSU durch eine Kommune durchgeführt werden und nicht durch von der Strafverfolgungsbehörde beauftragte Gutachter?

    4. Würde - in der Folge - der Bund zusätzliche Mittel bereitstellen, um den vermehrten Personalbedarf der kommunalen Behörden zu decken?

    Weiterhin gestatten Sie mir die Bemerkung, dass hoffentlich nicht eine Untersuchung entscheidet, sondern die entsprechende Behörde unter Berücksichtigung des dabei entstehenden Gutachtens.


    Weiterhin erwähnen Sie Studien in ihrem Begründungsschreiben. Könnten Sie diese meinem Büro zur Lektüre zukommen lassen?


    Ich bedanke mich bereits vorab für Ihre Mühen, auf meine Fragen einzugehen.

    Sollten Sie mehr Zeit brauchen, so beantrage ich hierfür gerne eine Verlängerung der Debatte.


    Vielen Dank.


    Setzt sich wieder.

    Ministerpräsidentin von NRW a.D.


    Wahladministrator

    Erbarmungslose Jägerin von Doppelaccounts

  • Sehr geehrter Herr Präsident,
    Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates,
    Werte Frau Kollegin Liebermann,


    Ich danke Ihnen für Ihre Rückfragen zum Entwurf und hoffe, dass ich sie Ihnen beantworten kann.


    1. Inwieweit stellt der Entwurf eines §31b eine Verbesserung zur bisherigen Anwendung des §31a dar? Welche Situationen werden ermöglich, die bis dato nicht ermöglicht waren?

    Der §31a stellt ein Absehen der Verfolgung nach Prüfung durch die Strafverfolgungsbehörden da. Dies bedeutet, dass durch die Anwendung des Paragraphen zwar unser Justizsystem, nicht jedoch unsere Ermittlungsbehörden entlastet werden.
    Die Schaffung des §31b und die damit verbundene Weiterleitung des Verfahrens an die zuständige PSU entlastet die Strafverfolgungsbehörden und sorgt so für zusätzliche Kapazitäten bei ihnen.

    Die Schaffung der PSU schafft die Möglichkeiten Konsumierenden direkt zu helfen, z.B. durch Therpieweisungen, ohne dass die sich durch strafrechtliche Konsequenzen in eine sich weiter abwärts bewegende Spirale gelangen.

    2. Inwieweit würde eine Anwendung des §31a und §31b hier kollidieren?

    Gar nicht, da sie zu unterschiedlichen Zeiten des Verfahrens greifen.
    Die Staatsanwaltschaft KANN vor umfangreichen Ermittlungen bei klarer Sachlage das Verfahren an die PSU weiterleiten oder nach der Ermittlung die Verfolgung aussetzen

    3. Wie soll eine sog. PSU aussehen und welche Untersuchungen und Fragestellungen zum Gegenstand haben?

    Bei der PSU soll die Verbindung des Täters zur Substanz geklärt werden. Liegt eine Suchterkrankung vor?
    Handelt es sich um Gelegenheits- oder Dauerkonsum? Benötigt der Täter professionelle Hilfe bei der Bewältigung eines Problems?
    Sollte sich darüber hinaus die PSU zu dem Ergebnis kommen, dass doch öffentliches Interesse besteht, da die Annahme nicht ausgeschlossen werden kann, dass Handel oder sonstige Verbreitung stattgefunden haben, wird sie dies wiederum an die Strafverfolgungsbehörden melden.

    4. Wieso soll die PSU durch eine Kommune durchgeführt werden und nicht durch von der Strafverfolgungsbehörde beauftragte Gutachter?

    Die PSU soll von den Kommunen durchgeführt werden um Kooperationen mit anderen Behörden auf kommunaler Ebene zu erleichtern (z.B. Jugendgerichtshilfe, Suchthilfe und Ordnungsamt) zu erleichtern.


    5. Würde - in der Folge - der Bund zusätzliche Mittel bereitstellen, um den vermehrten Personalbedarf der kommunalen Behörden zu decken?

    Sollten für die Kommunen erhebliche Mehrkosten entstehen ist das BMI bereit Fördermittel aus dem Ministeriumshaushalt zu Verfügung zu stellen, die durch die an anderer Stelle eingesparten Kapazitäten finanzierbar wären.


    Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen beantworten.
    Sollten weitere Rückfragen bestehen, stehe ich, sowie die Mitarbeitenden des Ministeriums, gerne zu Verfügung.

  • Herr Präsident,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    tatsächlich bestehen von meiner Seite aus weitere Rückfragen, insbesondere hinsichtlich des Artikels 2. Dieser ist leider nicht Teil des Betäubungsmittelgesetzes, was die Bestimmung über die Durchführung etwas verstecken würde; darüber könnte ich aber noch hinwegsehen, das ist ja eher ein optischer Makel, nichts dramatisches.

    Worüber ich aber nicht hinwegsehen kann ist der Inhalt des Artikels 2. Ich frage mich, ob dieser Artikel mit Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 des Grundgesetzes vereinbar ist; Stichwort: Konnexitätsprinzip. Die Perspektive der Bundesregierung wäre dort sicher hilfreich. Das Grundgesetz bestimmt ja eigentlich glasklar, dass den Kommunen vom Bund keine Aufgaben übertragen werden dürfen, weswegen ich dort etwas verwundert bin. Vielleicht gibt es ja aber eine der Staatsregierung nicht bekannte Ausnahmeregelung oder ähnliches.


    In unserem Föderalismus sind es grundsätzlich die Länder die die Bundesgesetze vollziehen und damit auch bestimmen können, welche Behörden diese vollziehen (siehe wieder Artikel 83 und 84 Absatz 1 Satz 1 GG). Sollten das Kommunen sein, gibt es dazu nur auf Landesebene (nicht auf Bundesebene!) auch Vorschriften zum Finanzausgleich; die Kommunen sollen ja nicht finanziell schlechter gestellt werden, weil das Land sie aus praktischen Gründen zur Verwaltung benutzt.


    Für die Antwort danke ich dem Bundesminister schon im Voraus!

    Vielen Dank

  • gibt die Sitzungsleitung für einen kurzen Kommentar ab


    Wäre es hier nicht möglich, ähnlich wie bei der Schulförderung vor ein paar Jahren, eine Ausnahmeregelung zu treffen das für diesen einen Zweck der Bund den Kommunen direkt Gelder zur Verfügung stellen darf?


    Übernimmt wieder die Sitzungsleitung

    Mitglied des 14. Thüringer Landtags


    Ministerpräsident des Freistaates Thüringen a.D.

    Präsident des Bundesrates a.D.

    Minister für Finanzen und Gesundheit Thüringen a.D.

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  • ruft Die Länder führen die meisten Bundesgesetze ja in eigener Angelegenheit aus. Das heißt sie zahlen auch die Kosten dafür selbst. Etwas anderes ist auch vom Grundgesetz nicht vorgesehen. Das die Länder das über die Kommunen machen ist ja nur eine administrative Entscheidung, genauso gut könnte man PSU-Landesämter einrichten - was selbstverständlich nicht sehr sinnvoll wäre, aber theoretisch möglich. Bei der PSU wäre es ja nicht wie bei der Bildung eine dringend wichtige Investition, sondern laufende Ausgaben. Da braucht es aus meiner Sicht spontan gesehen keine Mischfinanzierung, da die vom Grundgesetz vorgesehene Verteilung da ausreichend ist. Da kann aber vielleicht mein Finanzministerkollege mehr zu sagen.

  • Dem Antrag auf Debattenverlängerung wird vom Präsidium stattgegeben.


    Ich möchte den Minister Herrn Ernesto B. Dutschke an die noch offenen Nachfragen erinnern

    Mitglied des 14. Thüringer Landtags


    Ministerpräsident des Freistaates Thüringen a.D.

    Präsident des Bundesrates a.D.

    Minister für Finanzen und Gesundheit Thüringen a.D.

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  • Drückt sein Knöpfen am Sitzplatz und erhebt sich für einen Redebeitrag.


    Sehr geehrter Präsident,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    ich gehe mal davon aus, dass jeder hier die Intention des Antrags versteht doch fehlen mir das substantielle Elemente in dem Antrag die man nicht auch schon im 31a findet und der 31b ein wenig als Schuss ins Blaue anmutet.


    Elementare Aussage im 31a Abs. 1 Satz 1 ist der Kern "(...) die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht und der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge(...)".

    Es ist schon seit längerem gängige Meinung unter Juristen, dass wenn wir von einer geringen Menge zum Eigenbedarf reden, die Täterschuld vom Delikt her 1.) sowieso gering ist und 2.) man ebenfalls schon seit längerer Zeit nicht mehr davon reden kann, dass bei der Verfolgung solch eines Deliktes ein öffentliches Interesse besteht.
    Vielmehr ist es so, dass gerade dieses Delikt gerne als Einsteigeverfahren für Jungstaatsanwälte benutzt wird, dieses Delikt ein Quotenbringer ist und das es Weisungen von höherer Stelle gibt einen nicht unerheblichen %-Ansatz auf jeden Fall zu verfolgen.


    Kurz gesagt wird das Problem m.M.n. an einem total falschen Punkt angegangen und die Staatsanwaltschaften können, wenn diese denn wollten, erheblich mehr genau solcher Delikte wegen Mangels eines öffentlichen Interesses einstellen, ohne das die Fallakte bei einer Strafkammer landet. Zusätzlich kommt in den überwiegenden Fällen leider noch hinzu, dass neben dem Besitz von Betäubungsmitteln in geringen Mengen noch weitere Delikte das Verfahren schmücken und die geringe Zahl die tatsächlich "nur" wegen dem Delikt der Geringen Menge bei der Staatsanwaltschaft landen tatsächlich eher nicht weiter verfolgt werden. Mir fehlt an der Stelle einfach auch der Mehrwert dieses Gesetzentwurfes.

    Im 31b Abs. 1 habe ich weiter das Problem, dass das Vorgehen in die Autonomie des mündigen Bürgern eingreift. Anordnung zu einer Psychosozialen Untersuchung wo es kein Verfahren zu gibt... Ich als Psychologe würde mich nie auf das Spiel ein lassen.


    Dann kämen wir auch schon zu Abs. 2 der die Justiz ad absurdum führen würde und die Tätigkeit eines Gutachters gleich mit. Eine Behörde X (welche das auch immer sein mag) entscheidet über die Eröffnung eines Verfahrens oder halt die Nichteröffnung?

    Zu Abs. 3 muss ich glaube ich nichts weiter sagen, dieser knüpft weitestgehend an meine Anmerkungen zu Abs. 2 an.

    Mich würde aus reiner ehemaliger beruflicher Neugierde interessieren, wer macht denn dann diese Untersuchung/Gutachten? Ein Psychologe und/oder Psychiater (m/w/d) und welche Qualifikationen müssten der oder diejenige mit bringen?


    Vielen Dank.


    Setzt sich wieder.

    2 Mal editiert, zuletzt von Dr. Sascha Ende ()

  • Pierre Sánchez

    Hat den Titel des Themas von „Debatte BTM Gesetzesentwurf“ zu „Debatte | Entwurf einer Ergänzung des Betäubungsmittelgesetzes“ geändert.
  • Ernesto B. Dutschke

  • Nur zur Klarstellung. Die Frage kann man zusammenfassen als: Ist Artikel 2 des Entwurfs nach Ansicht der Bundesregierung mit Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 des Grundgesetzes vereinbar? Warum?

    Ja, da es sich hier um die Beantwortung der Zuständigkeit und nicht um die Verteilung von Aufgaben handelt.

    Bei der Erstellung des Artikels war dem Ministerium Satz 2 besonders wichtig, um eine Zuständigkeit für Täter mit Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik zu schaffen.

  • Vielen Dank, Herr Bundesminister.

    Ich glaube da haben wir einfach verschiedene Auffassungen.

    Deshalb will ich den Prozess aber nicht lämen. Ob und welche Konsequenzen wir daraus ziehen wird man bei Gelegenheit sehen. Von meiner Seite gibt es damit aktuell keine Fragen mehr.


    Ich kann aber noch auf die Ausführungen des Kollegen Ende verweisen.

  • Ich möchte alle daran erinnern das noch ca. ein Tag Debatte übrig sind.


    Der Übersicht halber möchte ich nun fragen: Hat noch jemand Fragen an den Bundesminister?

    Mitglied des 14. Thüringer Landtags


    Ministerpräsident des Freistaates Thüringen a.D.

    Präsident des Bundesrates a.D.

    Minister für Finanzen und Gesundheit Thüringen a.D.

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  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    die Debatte ist beendet.

    Die Abstimmung wird zeitnah eingeleitet.

  • Pierre Sánchez

    Hat das Thema geschlossen