[DEBATTE] IX/052 - Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des fliegenden Gerichtsstandes

  • Sehr geehrte Abgeordnete,


    der folgende Antrag steht für exakt 72 Stunden zur Debatte:


  • Herr Präsident,


    mit dem vorliegenden Antrag werden wir einen weiteren Punkt aus dem Allianz-Programm umsetzen und für die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands sorgen. Die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts kann dadurch begründet werden, dass eine unerlaubte Handlung an einem bestimmten Ort begangen wird. Danach ist das Gericht zuständig, in dessen Gerichtsbezirk eine unerlaubte Handlung begangen wurde. Der Kläger erhält die Wahlmöglichkeit zwischen dem allgemeinen Gerichtsstand und dem besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung. Keine Probleme bereitet diese Regelung, wenn das Gericht, dem Zweck der Vorschrift entsprechend, mit Handlungen befasst wird, die einen physisch bestimmbaren Handlungsort aufweisen. Das Gericht, in dessen Gerichtsbezirk beispielhaft eine Körperverletzung begangen wird, weist eine höhere Sachnähe auf und dient der einfachen Hinzuziehung etwaiger Zeugen. Hingegen ergeben sich Probleme, wenn eine unerlaubte Handlung über das Internet begangen wird. Ein physisch bestimmbarer Ort der unerlaubten Handlung ist nicht erkennbar, weil über Internet verbreitete Beiträge grundsätzlich weltweit abrufbar sind. Daraus ergibt sich die Möglichkeit des Klägers, jedes Gericht mit der Angelegenheit zu befassen, in dessen Gerichtsbezirk der Beitrag abrufbar gewesen ist. Gleiches gilt für Presseerzeugnisse, wenn diese an verschiedenen Orten erhältlich sind. Infolge der Eröffnung einer nahezu beliebigen Wählbarkeit des Gerichtsstandes haben sich zahlreiche Klageschwerpunkte gebildet. Der Kläger nutzt seine Wahlmöglichkeit, um die Klage an jenem Gericht zu erheben, welches die größten Erfolgsaussichten bietet. Hiergegen bestehen erhebliche Bedenken. Dem Gebot der Waffengleichheit läuft der fliegende Gerichtsstand zuwider.


    Für das Strafverfahrensrecht wurde die ähnliche Problematik im Bereich der Pressedelikte, die ebenso wie Beiträge im Internet an vielen verschiedenen Orten erhältlich sind, erkannt und behoben. Für den unlauteren Wettbewerb wurde der fliegende Gerichtsstand stark begrenzt auf konkrete Mitbewerber. Das Urheberrecht stellt maßgeblich auf den allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten ab. Es ist daher nur konsequent diese rechtspolitisch getroffenen Änderungen weiterzuführen. Denn Kläger, die konkrete Mitbewerber sind, nutzen den fliegenden Gerichtsstand dahingehend aus, um ihre Erfolgsaussichten zu manipulieren. Hierin ist wegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kein Rechtsmissbrauch erkennbar. Gleichwohl führt diese Praxis zu Abmahnmissbrauch und belastet kleine und mittlere Unternehmen in erheblicher Weise. Der Gerichtsstand muss für alle Parteien gleichermaßen bestimmbar und vorhersehbar sein. Der vorliegende Antrag sorgt dafür, dass die freie Wählbarkeit des Gerichtsstandes nur in Betracht kommt, wenn der Beklagte weder einen Sitz, Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Inland hat oder der Beklagte zwar seinen Aufenthaltsort im Inland, seinen Sitz oder Wohnsitz jedoch auf dem Staatsgebiet eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union. Diese Fälle dürften allerdings höchst selten sein. Ich bitte alle Abgeordneten, dem Antrag zuzustimmen. Vielen Dank!

  • Herr Präsident,

    Herr Abgeordneter Davis,

    hohes Haus,


    ich muss gestehen als ich nur die Überschrift "fliegenden Gerichtsstand" las, war ich doch recht überrrasch, da ich annahm, dass diese Art der Gerichtbarkeit, seit 1945 abgeschafft wurden sei!

    Ich bezog mich auf die Standgerichte des Militärs , habe mich allerding gründlich geirrt, denn jene waren nicht gemeint. Leider ist der Titel "fliegenden Gerichtsstand" sehr missverständlich.

    Was nun den vorliegendenAntrag betrifft, ich gehe soweit mit , das es keine Wählbarkeit mehr geben darf!

    Es lebe unser Deutschland.

    Dr. Christian Theodor Felix Reichsgraf Schenk von Wildungen

    Vizepräsident des Deutschen Bundestages,

    Präsident des bayrischen Landtages a.D.

    Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt a.D.

    Staatssekretär im Staatsministerium der Finanzen und für Heimat des Freistaates Bayern a.D.

    Ministerpräsident des Freistaates Bayern a.D.


    "Wir werden Ambos ,wenn wir nichts tun um Hammer zu sein."

    Fürst Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen (1815-1898)

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  • meldet sich zur Zwischenfrage


    Herr Kollege Davis, nachdem der Kollege Wildungen sich mit seiner überragenden Expertise zu Wort gemeldet hat, möchte ich auch etwas beitragen. Beim Blick in das UWG muss ich leider feststellen, dass es keinen Satz 2 in §14 Abs. 1 gibt. Kann es sein, dass Sie da etwas anderes meinen?

  • Herr Präsident,


    § 14 Absatz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb lautet in seiner aktuellen Fassung:

    Zitat

    (1) Für Klagen auf Grund dieses Gesetzes ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seine gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat. Hat der Beklagte auch keinen Wohnsitz, so ist sein inländischer Aufenthaltsort maßgeblich.

    Der Antragstext ist so gemeint, wie er verfasst wurde. Der dritte Satz wird nach dem zweiten Satz hinzugefügt.