Internationale Linke in Hamburg ausgerufen!
HAMBURG [vtaz] Es ist viel los in der Hansestadt an diesem Sonntag. Neben Bundestagswahl und Nordderby in der Zweiten Fußballbundesliga, gab es noch einen dritten besonderen Termin.
Im Schulterblatt 71 sehen viele Anwesende an diesem Morgen so aus, als würden sie im Anschluss an diesen Termin direkt zum besagten Fußballspiel gehen und doch scheint die Euphorie nicht nur von der Tabellenplatzierung der Kiezkicker zu stammen.
Die Anwesenden, ein bunter Mix aus Arbeiterschaft, Migranten, Vertretern verschiedener NGOS und Bürgerinitiativen haben sich zusammen gefunden, um zur Gründung der Internationalen Linken aufzurufen.
Am Rande dieser Gründungsveranstaltung trafen wir den Initiator und EU-Parlamentarier Ernesto B. Dutschke (SYRIZA) zu einem Interview:
vtaz: Herr Dutschke, was hat Sie zur Gründung der Internationalen Linken verleitet?
Dutschke: Wissen Sie, ich war einige Jahre nicht mehr in Deutschland und war erschrocken, über die Zustände, die ich während des Wahlkampfes erlebt habe. Es kann nicht sein, dass eine Partei mit klar menschenverachtenden Botschaften und offenen islamophoben Hassparolen dies auch noch als demokratischen Prozess verkaufen kann und dies von einem Großteil der Berliner Politik wortlos hingenommen wird. Wenn das die neue Saloonfähigkeit der Berliner Aristokratie ist, dann läuft in diesem Land gehörig etwas falsch!
vtaz: Ich denke wir alle wissen, von welchen Zuständen Sie reden. Sehen Sie sich also als Bewegung gegen einen möglichen „Rechtsruck“?
Dutschke: Gegen etwas zu sein, ist viel zu einfach. Das sieht man ja auch ganz gut an den Demokratie-Legasthenikern der FFD. Wir sehen uns ganz klar als eine Bewegung für etwas.
Eine Bewegung für eine buntere, offenere und vielfältigere Gesellschaft. Eine Bewegung die etwas für die Menschen tun möchte. Eine Bewegung für die Förderung der friedlichen Koexistenz der Völker und Kulturen. Eine Bewegung für Soziales und Gerechtigkeit.
Nicht ohne Grund, haben wir zur Gründung klare Ziele ausgerufen.
vtaz: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine Parteigründung alles andere als einfach ist, wie werden Sie im Falle einer Ablehnung agieren?
Dutschke: Ich werden auf jeden Fall mein Mandat im Europaparlament niederlegen, um mich voll und ganz, den Vorgängen in Deutschland zu widmen. Damit rede ich nicht nur von dem Aufbau einer neuen linken Kraft in der Bundesrepublik, sondern von politischer Partizipation im Allgemeinen. Egal wie die Wahl heute Abend ausgeht, ist es zu wichtig sich den recht-konservativen bis faschistischen Kräften und Strömungen in diesem Land entgegenzustellen, die einer Vergangenheit hinterhertrauern, die es so, in einem demokratischen Deutschland, nie gab und hoffentlich auch niemals geben wird.
vtaz: Wo Sie gerade die Bundestagswahl ansprechen, mit welchen politischen Partien sehen Sie Schnittmengen?
Dutschke: Im Moment bin ich eher im Prozess des Etablierens, statt des Sondierens, aber wenn Sie mich so fragen, kann ich Ihnen nur sagen, dass Linke auf europäischer Ebene traditionell eine gute und produktive Beziehung zu Sozialdemokraten und Grünen pflegen.
Außerdem hoffe ich, dass ich Frau Baerbock nicht zu Nahe trete, wenn ich an dieser Stelle erwähne, dass wir in einem kompetenten Austausch stehen.
vtaz: Zum Abschluss gestatten Sie uns noch eine letzte Frage. Die Kurzform der Internationalen Linken ist I:L – I Doppelpunkt L – Was soll das?
Dutschke: Der Doppelpunkt, oder auch gleiche Punkt in manchen Kulturen, steht für die Gleichhalt von allem. Von allen Menschen oder um es mit Schillers Wörtern zusagen: „Alle Menschen werden Brüder!“
vtaz: Danke für das Interview
Kurzportrait Ernesto B. Dutschke:
Der examinierte Gesundheits- und Krankenpfleger Dutschke wurde in Hamburg geboren und sitzt seit einiger Zeit mit Mandat der ehemaligen griechischen Regierungspartei SYRIZA im Europäischen Parlament.
Dieses Mandat konnte er gewinnen, da bei Europawahlen für EU-Bürger sowohl aktives, als auch passives Wahlrecht gielt.
Bis zur letzten Parlamentswahl in Griechenland war Dutschke stellvertretender Fraktionsvorsitzender der GUE/NGL – Fraktion des Europaparlaments, ist aber auf Grund des schlechten Wahlergebnisses von SYRIZA von diesem Amt zurückgetreten.