Aktuelle Stunde VII/04 | Abgabe einer Regierungserklärung


  • Sehr geehrte Damen und Herren,


    die Regierungsfraktionen haben eine Aktuelle Stunde zur Abgabe einer Regierungserklärung beantragt. Für die Aussprache sind 72h vorgesehen.

    Die Antragstellenden haben das Wort.

  • Herr Präsident,

    Werte Damen und Herren,

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    die Landtagswahl liegt nun etwas mehr als zwei Wochen zurück, die Sondierungs- und Koalitionsgespräche konnten erfolgreich abgeschlossen werden, die Ministerinnen und Minister des Kabinetts sind ernannt und vereidigt. Es ist wie ein kleiner Neuanfang – und trotzdem auch wieder nicht. Im Kabinett finden sich viele wohlbekannte Namen, mit Ausnahme des Kollegen Kratzer allesamt auch Ministerinnen und Minister in meinem ersten Kabinett. Es gab wenig Grund, personelle Veränderungen vorzunehmen. Die Arbeit in der letzten Legislaturperiode hat zumindest mich Großteils überzeugt, das interne Klima war stets angenehm und gut – kurz gesagt, ich hoffe, dass wir mit dem gleich Elan und der gleichen Lust, Bayern weiter zu bringen, in diese zweite Amtszeit starten können. Das ist im Übrigen auch der Maßstab, an dem diese Regierung schließlich gemessen werden wird.


    Wir haben, das darf man so sagen, viel erreicht in der letzten Legislaturperiode – aber das heißt noch lange nicht, dass alles in Bayern so ist, wie wir es uns vorstellen. Ich darf daher folgend ein wenig konkret auf unsere Vorhaben während dieser Legislaturperiode eingehen:


    Wir beginnen beim grünen Steckenpferd, dem Klimaschutz. Aber für Klimaschutz stehen nicht nur wir Grüne, das haben wir in den Koalitionsverhandlungen eindeutig gesehen. Nachdem es letzte Legislaturperiode nicht geklappt hat bzw. durch das Bundesklimaschutzgesetz neue Anforderungen an die Klimaschutzgesetze der Länder entstanden sind, wollen wir nun das Bayerische Klimaschutzgesetz novellieren und an diese genannten Anforderungen anpassen. Wir wollen zum Jahr 2045 ein vollständig klimaneutrales Bayern - das ist unser Ziel. Entsprechend gilt es, verbindliche Grenzwerte in unser Klimaschutzgesetz aufzunehmen und konkrete Zielsetzungen und mögliche Maßnahmen aufzuzeigen und zu beschließen. Der Bund hat es uns in Teilen vorgemacht, das Bundesverfassungsgericht hat jüngst die Wichtigkeit des Klimaschutzes und das Erfordernis der gleichmäßig auf die Generationen aufzuteilenden Last hervorgehoben, nun ist es auch an den Ländern diese Vorgaben umzusetzen. Diesen Weg wollen wir in dieser Legislaturperiode gehen, ich hoffe gemeinsam mit allen Fraktionen dieses Hauses.


    Weitere Ziele der Staatsregierung in Sachen Klimaschutz bilden die Einführung des Klimavorbehaltes, zunächst nur für Landesgesetze, aber perspektivisch soll dieser Klimavorbehalt auch auf Gesetze im materiellen Sinne ausgeweitet werden. Ebenso planen wir eine stufenweise Einführung eines 365€-Tickets für alle bayerischen Bürgerinnen und Bürger. Zunächst sollen bayernweit Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende in den Genuss des günstigen Jahresabos kommen, danach sollen nach und nach weitere Gesellschaftsgruppen Zugang hierfür erhalten.


    Ein ganz wesentlicher Punkt wird für die Staatsregierung auch weiter die Bildungspolitik bleiben. Neben der Förderung der Medienkompetenz wollen wir im Zuge einer Umgestaltung und zukunftssicher ausgerichtet angepassten Stundentafel auch das Fach „Digitalkunde“ einführen, wo Schülerinnen und Schüler insbesondere für die digitale Welt fit gemacht werden sollen, in der sich heutzutage gezwungenerweise immer weitere Teile des Lebens abspielen - uns was sich schließlich auch im Berufsleben immer mehr zu einer essentiellen Voraussetzung entwickelt. Um ergänzend auch die Digitalisierung an den Schulen voranzubringen, sollen die Schulen dazu einen pauschalen Förderbetrag für jede Schülerin und jeden Schüler erhalten, mit welchem zweckgebunden in digitale Infrastruktur oder digitale Endgeräte investiert werden kann.


    Auch im Bereich der universitären Bildung wollen wir Akzente setzen. So planen wir die Wiedereinführung der verfassten Studierendenschaft, wodurch Interessen der Studentinnen und Studenten, die schließlich auch wichtiger Bestandteil unserer gesellschaftlichen Zukunft sind, besser und unabhängiger vertreten werden sollen. Ebenso sollen sog. Open-Access-Veröffentlichungen unterstützt werden, um den Bürgerinnen und Bürgern besseren Zugang zu den durch staatliche Gelder erlangten Wissen und durchgeführten Forschungen zu ermöglichen.


    Im Bereich der Innenpolitik liegt der Fokus in dieser Legislaturperiode vor allem auf der Verbesserung des Ansehens unserer Polizei. Immer wieder treten neue Skandale über extremistisch gesinnte Polizistinnen und Polizisten in die Öffentlichkeit, dies schadet jedoch unbegründet dem Ansehen der Polizei und schwächt gleichzeitig das Vertrauen der Bevölkerung. Durch eine individuelle Kennzeichnungspflicht und die Errichtung unabhängiger Beschwerdestellen wollen wir jene Einzelfälle herausfiltern, welche tatsächlich nicht mit beiden Füßen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und so das Vertrauen in die Gesamtinstitution Polizei wieder stärken, damit sie endlich wieder von der gesamten Bevölkerung als Freund und Helfer angesehen wird.


    Dazu wollen wir uns auch dem anhaltenden Problem der Personalnot in der Justiz widmen. Wir wollen den Justizetat erhöhen und so die Schwächen unseres Justizapparates wirksam ausmerzen.


    Schließlich plant die Regierung im Bereich Gesundheit eine Offensive zur Steigerung der Aktivität der Pflegeausbildung. Die Löhne müssen höher und an das wirkliche Arbeitspensum angepasst werden. Dazu sollen kostenlose Weiterbildungsmöglichkeiten für Pflegerinnen und Pfleger geschaffen werden, damit auch künftige Extremsituationen im Gesundheitswesen weiter professionell, aber mit weniger Überstunden gemeistert werden können.


    Damit möchte ich es für den Moment belassen, ich denke ich habe im Groben die wesentlichen Punkte und Vorhaben unserer Regierung erläutert, für spezielle Fragen stehe ich natürlich gerne zur Verfügung.



    Insgesamt freue ich mich schon sehr auf die spannenden und hoffentlich konstruktiven Debatten, auch in dieser Legislaturperiode. Die Opposition, da bin ich mir sicher, wird uns auch diese Legislaturperiode genau auf die Finger schauen – das ist nur richtig und wichtig. Ich hoffe im Gleichzug auf einen fairen und konstruktiven Umgangston und appelliere an alle Mitglieder dieses Hauses und meiner Regierung, darauf in dieser Legislaturperiode vielleicht besonderen Wert zu legen. Gerade in den letzten Wochen hat sich das öffentliche politische Klima insgesamt und der Umgang in den Häusern der Volksvertretungen wieder massiv verschlechtert, dem wollen wir in Bayern entscheiden entgegensteuern und ich hoffe, dass wir – Staatsregierung und Mitglieder des Landtages – dies als eine Art gemeinsames Projekt betrachten können. Es darf auch mal härter zur Sache gehen in einer Debatte, dem steht nichts entgegen und das ist manchmal einfach unerlässlich - Emotionen und Leidenschaft gehören unstrittig zum politischen Geschäft. Aber persönliche Anfeindungen, Respektlosigkeiten und pauschale Diffamierungen gehören gerade nicht in unsere Gesellschaft und gehören schon erst recht nicht in die Parlamente. In diesem Sinne wünsche ich noch eine angenehme restliche Woche, bleiben Sie gesund!



    Vielen Dank!

    _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________


    Logo_mit_Infos.png

    _________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________


    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • Herr Präsident,

    Sehr geehrter Herr Holler,

    werte Regierungsvertreter,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    wie Sie bereits ausführlich dargelegt haben, hat die Staatsregierung für die kommende Legislaturperiode ebensoviel vor, wie für die vorangegangene. Ihre Ziele mögen vielleicht löblich sein, doch hapert es an der Umsetzung. Allen voran steht natürlich die Finanzierung, nachdem sie bereits in ihrer letzten Amtszeit tief in den ehemals soliden Bayerischen Haushalt für das Errichten aller möglichen politischen Luftschlösser eingegriffen haben. Eine zweite Krise wie die Coronakrise wird damit nicht mehr so leicht überwindbar sein. Aber darum soll es hier jetzt nicht gehen.


    Weitere Ziele der Staatsregierung in Sachen Klimaschutz bilden die Einführung des Klimavorbehaltes, zunächst nur für Landesgesetze, aber perspektivisch soll dieser Klimavorbehalt auch auf Gesetze im materiellen Sinne ausgeweitet werden.

    Klimaschutz aktuell ein brandheißes Thema und wir müssen alle Anstrngungen unternehmen um gegen den Klimawandel anzukämpfen. Mit einem Klimavorbehalt wird dem Klima jedoch nicht geholfen, er schränkt vielmehr den demokratischen Grundgedanken hin zu einem technokratischen System ein. Alle Gesetze sollten auf die Klimaverträglichkeit geprüft werden, doch dieses Prüfungsrecht sollte immer bei den gewählten Vertretern, d.h. dem Landtag liegen. Glücklicherwerise macht unsere Verfassung hier klar Vorgaben, beispielsweise in Artikel 70 und 75.


    Auch die Bildung ist ein heißes Thema. Im Zuge der Digitalisierung schlagen Sie ein Fach Digitalkunde vor. Ungeachtet dem Aufwand zunächst einmal die nötigen Lehrmittel zu beschaffen, steht natürlich die Frage, warum es nötig ist, dass ein erneutes Fach auf dem Stapel des zu Lernenden landet, anstatt die Curricula für Heimat- und Sachkunde (in der Grundschule) bzw. Informatik (ab Klasse 5) anzupassen.


    Schließlich möchten Sie das Vertrauen in unsere Polizei erhöhen, eines der Kernthemen der Konservativen Partei, Dazu möchten Sie beispielsweise eine Kennzeichnungspflicht einführen. Jedoch erwirken Sie dabei genau das Gegenteil, statt Polizisten als Menschen zu sehen, werden sie zu einer Nummer im Staatsapparat degradiert. Auf der anderen Seite wird damit Tür und Tor für Extremisten und Terroristen geöffnet, die Beamten zu verfolgen. Nach Vertrauenserhöhung sieht das nicht aus. Die Lösung liegt doch vielmehr im Verhalten und Umgang mit den Bürgerinnen und Bürger. Hier kann die Einführung eines erweiterten Verhaltenskodex sowie zusätzliche Schulungen für Extremsituationen ein Ansatz sein. Die Lösung liegt, bei den Personen anzufangen, insofern kann auch die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle, selbstverständlich auf Ebene des Freistaat, förderlich sein.


    Zu den anderen Punkten ist es sicher ratsamer, diese in den Debatten direkt zu diskutieren, da diese zu sehr ins Detail gehen würden. Dennoch komme ich nicht umhin, auf den positiven Effekt des Pflege-Bonuses der früheren Landesregierung zu verweisen, der sicher nicht die letzte Lösung für die aktuellen Notsituation der Pflege ist, jedoch der als Vorgriff auf den geplanten erhöhten bayerischen Pflegemindestlohn, als Erleichterung in der Krise nicht von der Hand zu weisen war.


    Ich freue mich auf eine angeregte Debatte, natürlich auch von den anderen Migliedern der Staatsregierung.


    Vielen Dank!

  • Herr Präsident,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    ich möchte gerne auf die Kritik der Kollegin Hirsch eingehen, ich kann und werde hier natürlich dennoch nur für mein Ressort sprechen können.


    Sie haben natürlich Recht, ja, für die Pläne der Staatsregierung im Bereich Lehrplan werden Materialien angeschafft werden müssen. Und nicht nur das: Lehrkräfte brauchen das nötige Fachwissen, wenn sie es noch nicht besitzen, und Unterrichtsmaterialen- und konzepte. Schüler brauchen selbstverständlich auch eines - und so leid ich dem Wort aufgrund der Pandemie geworden bin -, und zwar: Planungssicherheit. Von Seiten des Staates, namentlich dem ISB und der Lehrplankommission, müssen auch neue Lehrpläne erarbeitet werden.

    Dass durch das geplante Fach der "Stapel des Lernenden" größer wird, dem ist meiner Ansicht nach nicht der Fall. Schließlich ist es erklärtes Ziel der Staatsregierung die Stundentafeln in einem größeren Umfang und Wege umzugestalten, hin zu Kompetenzen die die Schülerinnen und Schüler praktisch brauchen oder brauchen werden; hier soll also ein Ausgleich geschaffen werden. Und ja, hierbei sind die bereits verdeutlichten Herausforderungen nur noch größer.

    Das Ministerium wird ferner versuchen natürlich in einen intensiven Austausch mit den betroffenen Gruppen zu treten. Das hier eben auch eine starke Lösung gefunden werden kann.


    Dass von der Opposition die Pläne der Staatsregierung im Bereich der Hochschulen nicht thematisiert werden nehme ich positiv auf. Hier stärken sie uns bei anderen wichtigen Zukunftsthemen den Rücken!


    Vielen Dank