TH 005|012 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Thüringer Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    Sehr geeherter Herr Lewerentz,


    Ich persönlich habe eine zwiegespaltene Meinung zum Thema ihres Antrages und habe deshalb die Debatte vorerst aufmerksam verfolgt. Bevor ich aber auf Teile der beiden Reden eingehe, möchte ich ihnen kurz einige Fragen stellen. Leider haben Sie in ihrem Antragstext die Vorüberlegungen nicht integriert und dementsprechend fehlen die Teile "Problem" und "Lösung". Mich hätte nämlich zu aller erst interessiert, weshalb eine Elektroimpulswaffe besser als eine Schusswaffe oder als Ergänzung zwingend notwendig ist.

    "Sinnvolle Ergänzung" klingt schön und gut, aber wie und was ergänzen diese Waffen genau?
    Sind Sie der Meinung, die Thüringer Polizei würde mit den vorhandenen Mitteln nicht ausreichend geschützt sein oder wollen Sie die Bürgerinnen und Bürger schützen? Wenn ja, wie soll die Polizei, was schon durch den Ministerpräsidenten erwähnt wurde, überhaupt erkennen wenn eine Person Herzkrank ist? Auch die anderen Kriterien lassen sich bei der angesprochenen "Notwehr" häufig schlecht überprüfen. Im Eifer des Gefechtes treffen auch Menschen im Polizeidienst nicht überwiegend rationale Entscheidungen. Hierzu die Frage: Inwiefern sind dafür Schulungen in kürzester Zeit in einer Pandemie realisierbar? Ihre Änderung würde ja dementsprechend auch sofort in Kraft treten.


    Ich finde es auch nett, dass Sie unseren Polizistinnen und Polizisten Vertrauen ausprechen und das ist auch richtig. Genauso wichtig ist aber auch Kontrolle, denn wenn Menschen handeln dann passieren Fehler. Und mit blindem Vertrauen kommt man nicht weit sondern in einen Polizeistaat.


    Zu guter letzt interssiert mich, da Sie das ebenfalls im Antragstext weg ließen, welche Kosten auf den Freistaat zukommen würden. Denn mir entzieht sich folgende Logik meinen Gedanken: Sie wollen in einer wirtschaftlich extrem schwierigen Situation aus dem nichts neue Waffen für die Polizei, die im Endeffekt mehr Platz brauchen, viel Geld kosten und Schulungen benötigen, was im Zweifelsfall zu unnötigen Toden führt, weil man den möglichen Schaden beim Abfeuern gar nicht beurteilen kann. Ich stelle den Taser hier nicht der Pistole gegenüber, sondern ich frage, wofür wir einen Taser überhaupt benötigen.


    Wenn wir die Waffen geschenkt bekommen hätten, müsste ich wohl etwas länger darüber nachdenken, doch im Moment halte ich die Anschaffung der Taser als schlicht nicht notwendig. Wenn Sie dennoch genug Energie haben, höre ich Ihnen auch weiter zu und lasse mich überzeugen.


    Danke.

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    Herr Kollege Russ,


    natürlich habe ich noch die Energie Ihnen zu antworten. Da die Fragen etwas umfassender sind, schaue ich, ob ich heute Abend noch dazu komme.

    Ich freue mich schon auf den Austausch mit Ihnen!

    797-lewerentz-signatur-png


    Elias Jakob Lewerentz

    Landtagsabgeordneter für den Saale-Holzland-Kreis I

    Landtagspräsident des Thüringer Landtages

    Stellvertretender Ministerpräsident des Freistaates Thüringen

    Landesminister für Gesundheit und Soziales

    Mitglied der Konservativen Partei (KonP)

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    Herr Kollege Russ,


    natürlich habe ich noch die Energie Ihnen zu antworten. Da die Fragen etwas umfassender sind, schaue ich, ob ich heute Abend noch dazu komme.

    Ich freue mich schon auf den Austausch mit Ihnen!

    Selbstverständlich. Im übrigen freut mich trotz des rauen Tons der aktive Austausch in dieser Debatte.

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    Lieber Kollege Russ,


    wir kennen uns ja bereits einige Zeit hier im Landtag und haben auch schon den ein oder anderen Disput mit und gegeneinander geführt. Deswegen freue ich mich über die Fragen. Ich versuche sie bestmöglich zu beantworten und noch einmal dezidiert auf meine Sichtweise einzugehen: Ich glaube nicht, dass eine Elektroimpulswaffe besser/schlechter als eine Schusswaffe ist und/oder wir eine Ergänzung zwingend benötigen. Ich habe da eine sehr praktische Sichtweise. Wir erleben eine Zunahme von Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und immer häufiger auch gewaltsame Ausschreitungen. Ich wünsche mir, dass unsere Beamtinnen und Beamten bestmöglich geschützt sind. Gerade wenn es um die Festsetzung von Personen geht, hören wir ja häufig vom sogenannten "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte". Da möchte ich ansetzen. Wenn jemand sich einer Festsetzung massiv widersetzt, er handgreiflich wird und/oder vielleicht sogar irgendeine Form von Waffe hat, dann möchte ich nicht, dass unsere Beamten zum Bodenkampf gezwungen werden. Gleichzeitig ist die Anwendung von Pfefferspray manchmal ziemlich schwierig, da es dort auf sehr viele Einzelheiten ankommt, z.B. Windverhältnisse, Nähe zum Festzusetzenden und so weiter. Sie würden mir aber sicher auch zustimmen, dass bei einer Festsetzung im besten Fall niemand ins Bein geschossen werden sollte und/oder von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werden sollte. Natürlich kann eine Schusswaffe genauso wie eine Elektroimpulswaffe natürlich auch eine deeskalative Wirkung entfalten. Wenn es hart auf hart kommt und die Person sich wirklich aktiv widersetzt, ist der Einsatz einer Elektroimpulswaffe glaube ich jedenfalls dann doch noch einmal ein geeignetes Einsatzmittel. Wie gesagt: Der Schusswaffengebrauch sollte immer ultima ratio bleiben.


    Es gibt einige Studien, die ich ja auch verlinkt habe, die relativ gut zeigen, dass für Herzkranke keine Gefahr durch Elektroimpulswaffen besteht. Natürlich kann es Komplikationen geben. Diese gibt es aber beim Schusswaffengebrauch, beim Pfefferspray und beim Schlagstock genauso. Es ist irrgläubig anzunehmen, dass wenn Polizistinnen und Polizisten unmittelbaren Zwang ausüben nichts passieren kann. Im besten Fall sollte es niemals dazu kommen, im schlimmsten Fall müssen wir das in Kauf nehmen. Wir nehmen das bei allen anderen Einsatzmitteln ja auch in Kauf. Weil wir die Verhältnismäßigkeit abwägen. Wir wägen ab und entscheiden uns dann, indem wir sagen: Wir setzen eine Waffe ein und nehmen dann Komplikationen ja Risiken in Kauf. Diese Abwägung machen wir ja gesellschaftlich. Wir statten unsere Polizeibeamten mit diesen Mitteln ja nicht aus, weil wir das so toll finden, sondern weil sie sich und andere damit verteidigen sollen. Deswegen sage ich Ihnen, was zur Wahrheit dazu gehört. Man sieht Menschen nicht an, ob und wie sie auf einen Tasereinsatz reagieren. Man sieht Menschen aber auch nicht an, ob sie auf Pfefferspray eine tödliche Reaktion haben. Man kann in einer solchen Ausnahmelage auch nicht ausschließen, dass beim Schlagstockeinsatz Lungen gequetscht werden und es kann auch passieren, dass beim Schusswaffengebrauch nicht die Beine, sondern vielleicht doch der Brustkorb getroffen wird und der Betroffene stirbt oder vielleicht die Geschlechtsorgane und der oder die Betroffene wird unfruchtbar oder ist auf Amputationen angewiesen. Das kann ich Ihnen hier alles nicht versprechen. Bei keinem Einsatzmittel. Das ist die Abwägung, die wir immer treffen. Ich kann Ihnen an der Stelle aber auch noch einmal eines sagen, was ich versucht habe dem Ministerpräsidenten auch zu erklären: Es gibt kein höheres Risiko durch Taser wie durch andere Einsatzmittel auch.


    Schulungen und genaue Einsatzrichtlinien sind natürlich erforderlich. Die Änderung, die sofort in Kraft tritt, ist nur die Änderung, dass Elektroimpulsgeräte generell zugelassen wären für die Thüringer Polizei. Durch diese Gesetzesänderung bekommt kein Polizist und keine Polizistin einen Taser in die Hand gedrückt und keinem wird gesagt: Probier doch einfach mal! Dieses Gesetz ist nur der erste Schritt, den wir als Legislative gehen sollen und gehen müssen. Danach müsste das Landesinnenministerium eine derartige Anschaffung auf den Weg bringen und die Polizeidirektionen anweisen und ggf. Schulungen koordinieren. Insofern kann ich Ihre Bedenken gut verstehen, Sie sind aber auch von mir mitgedacht und Sie müssen dann halt durch das Ministerium ausgeführt werden. Ich bin mir sicher, dass niemand leichtfertig Polizeibeamte ohne Schulungen und ohne klare Einsatzrichtlinien mit Tasern rumspielen lässt. Das zeigen uns beispielsweise auch die guten Zahlen und Hinweise, die man aus Bundesländern wie Rheinland-Pfalz erhält, wo Taser schon flächendeckend eingesetzt werden.


    Ich finde das Geldargument super schwierig momentan. Wenn wir damit argumentieren, können wir keine Ausgaben aktuell mehr tätigen. Das sehe ich aber nicht. Diese Investition wäre eine sinnvolle, weil sie zusätzliche Sicherheit schafft und weil sie unsere Polizeibeamten schützt. Gerade deswegen halte ich diese Kosten für verkraftbar. Man kann an anderer Stelle vielleicht auch einfach mal sparen. Da sollten wir an anderer Stelle bestimmt gerne mal drüber reden. Zu dem Antrag bitte ich aber weiterhin um Zustimmung.


    Herzlichen Dank.

    797-lewerentz-signatur-png


    Elias Jakob Lewerentz

    Landtagsabgeordneter für den Saale-Holzland-Kreis I

    Landtagspräsident des Thüringer Landtages

    Stellvertretender Ministerpräsident des Freistaates Thüringen

    Landesminister für Gesundheit und Soziales

    Mitglied der Konservativen Partei (KonP)