Es nervt. Vom Scheitern unserer Demokratie.

Blick von der Dachterasse des Reichstages auf die Kuppel.


Berlin. Wo sonst? Seit 1999 debattieren hier die klügsten Köpfe (Zwinkersmiley) um Lösungen für die drängenden Fragen der Bundesrepublik zu finden. Auch heute wird heftig debattiert. Leider intensiver über die Geschäftsordnung als über Inhalte. Begeistern wird man damit wohl nur wenige können und auch die inszenierten Aufstände des FFD ändern daran nichts. Das selbige kann man bei der endlos laufenden Richterwahl sehen. Eigentlich politisch irrelevant, wird dieser Konflikt weiter und weiter getragen. Die Gründe für die bereits 8 (!) gescheiterten Wahlgänge sucht man auch Vergebens. Allianz und SDP schieben sich gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Wer hat Recht? Das kommt vermutlich darauf an, welche Parteifarbe man schöner findet. Denn in Wahrhheit möchte einfach nur die eine Partei die Kandidaten der anderen nicht wählen und blockiert daraufhin Kompromisse. Ein Kindergarten.


Doch das ist nur die inhaltliche Spitze der tristen Landschaft Bundestag. Denn was wirklich nervt, sind nicht (nur) die langweiligen Nieschendebatten mit teils erschreckendem Niveau. Das was wirklich nervt, ist die Form unserer Regierungsbildung. Wahl für Wahl darf man sich anschauen, wie am Wahltag propagiert wird, man würde mit allen sprechen und die beste Option würde sich durchsetzen. Wahl für Wahl glaubt man den Parteien, sie würden sich schnell auf ein bündiges Programm einig, welches umgesetzt wird. Doch die Wahrheit ist, dass man lieber mehr Zeit damit verbringt, sich kapputt zu verhandeln. Die Informationen kommen nur sperrlich an die Öffentlichkeit. Oder haben Sie bereits den Sondierungsvertrag zwischen SDP, vPiraten und Grünen gesehen? Wenn Sie nicht zusätzlich zu einer der 3 Pareibasen gehören wohl eher nicht. Das alles wäre ja verzeihbar, würden sich die Parteien dann auch irgendwann mal einig werden und ihr Programm angehen. Doch immer wenn man denkt: "Jetzt ist es soweit! Jetzt steht die Regierung!" - dann kommt doch nichts zu Stande. Ermüdend, beschämend und unproduktiv.


Ein Grund dafür sind einmal mehr die Grünen. Insgesamt 3 mal haben sie die SDP bereits abblitzen lassen in diesem Jahr. Bisher haben sie sich zumindestens dann immer dazu hinreißen lassen, sich anderweitig zu bemühen, dass eine Regierung zu Stande kommt. Siehe Minderheitsregierung Regenborn, die wegen des Schlamassels nach wie vor geschäftsführend im Amt ist. Doch nun ist auch das keine Option mehr. Ob irgendetwas bei den Verhandlungen vorgefallen ist? Die Grünen reden sich damit raus, es seine überraschende Basisentscheidung gewesen, die SDP rückt mit Informationen nur sperrlich raus und die vPiraten sind bis auf Parteipapagei Mondtod generell sehr still. Grundlos kann man eine Regierung jedenfalls nicht abgelehnt haben. Der jetzt erfolgte Rücktritt Regenborns ist wohl auch ein Schuldeingeständnis. Zumindestens am Scheitern der Regierung und damit seine nicht nur einmal gescheiterte Verhandlungstaktik.


Die Grünen als Alleinschuldigen hinzustellen ist natürlich ein einfaches Motiv, aber stimmt natürlich so auch nicht. Denn es gab ja insgesamt 4 Regierungsoptionen, von denen zumindestens die GroKo ohne die Grünen funktionieren würde. Doch auch hier scheinen die Verhandlungen nicht wirklich ins Rollen zu kommen. Warum? Das darf die Öffentlichkeit auch nicht erfahren. Vielleicht hoffen einzelne Akteure insgeheim auf Neuwahlen, um sich erneut aufzustellen. Gerade der stark derangierten SDP würde man es zutrauen. Doch auch die Allianz hätte etwas zu gewinnen.


Am Wochenende kamen die Parteien nun zusammen, um mit dem Bundespräsidenten die Situation zu analysieren. Doch aus dem offiziellem Schreiben unseres Staatsoberhauptes liest sich viel mehr raus, dass man sich nun irgendwie an die GroKo klammert. Ob die zustande kommen wird? Möglicherweise. Doch was für eine Regierung würde das dann werden? Klar ist: Das wäre keine Liebeshochtzeit. Wohl eher eine Zwangsehe aus Geldgründen. Allianz und SDP haben wenig gemeinsam. Angeblich diskutieren die beiden Parteien über die Reaktivierung der Atomenergie und über ein Bürgergeld. Wie will man sich da einig werden? Fragen über Fragen. Das Verhandlungsteam muss nun die Antworten finden. Denn eins ist klar: Eine Zeit ohne handlungsfähige Regierung ist nicht mehr tragbar und sollte es so in Zukunft auch nicht mehr geben.


Das ganze ist eine Entwicklung, die sich seit Bestehen der Allianz fortlaufend verselbststständigt. Der rechte und der linke Block entfernen sich immer weiter voneinander und bilden verhärtete Fronten. Gegenseitig hört man sich nicht zu. Es scheint wichtiger, sich gegenseitig lustige Spitznamen zu geben. Ja Sie sind gemeint, Herr Kater. Zwischen den Blöcken ist eine Zusammenarbeit sehr schwer. Aber es kann funktionieren. Beispiel: NRW. Die Streitigkeiten zwischen SDP und Grünen allerdings verhindern jedoch eine einfache Regierungsbildung (besonders im Bund) im traditionell leicht stärkerem linken Lager. Doch das ist nicht gut für unsere Demokratie und die Handlungsfähigkeit im Bundestag. Das kann vor allem zu Politikverdrossenheit führen. Das können die demokratischen Parteien nicht wollen, insofern sie keine Zusammenarbeit mit dem FFD anstreben.


Deswegen: Werdet euch verdammt nochmal einig!

Ich habe fertig.

    Kommentare 2

    • "Der rechte und der linke Block entfernen sich immer weiter voneinander und bilden verhärtete Fronten." so ein satz des Artikels

      Aber das ist doch ganz normal, das Rechte und das Linke Lager sind seit je her Feinde.

      Warum sollen die bürgerlichen Parteien mit dem bürgerlichen FFD keinen Bund eingehen, es ist immer noch logischer, als mir SDP oder Grünen den Bund einzugehen.

      • In dem Artikel geht es nicht darum, dass Links und Rechts geringe Schnittmengen miteinander haben, sondern daru, dass man nicht zu Kompromissen bereit zu sein scheint und der Umgangston miteinander ein schlechter ist. Dies führt ua. dazu, dass Regierunsbildungen deutlich schwerer werden. "Feinde" sind sich Demokraten jedoch untereinander weniger. Konkurenten vielleicht. Feinde sind her die Feinde der Demokratie, siehe FFD.