XVII/025 [Kleine Anfrage] Justizreform in Israel - ein Angriff auf die Demokratie?

  • Im Namen der SDP-Fraktion hat die Bundestagsabgeordnete Anni Rosenthal folgende Anfrage an die Bundesregierung, vertreten durch den Bundesminister Herrn Gerold von Hohenelmen-Lützburg gestellt:

    Die Bundesregierung hat 72 Stunden Zeit für die Beantwortung.

  • Herr Präsident,


    die Bundesregierung tritt das Fragerecht des Parlaments aktuell offenbar mit Füßen. Ich erinnere an die offene Anfrage(n).


    Herzlichen Dank.

  • Herr Präsident,


    da die Bundesregierung nicht Willens ist die Fragen des Parlaments zu beantworten, beantragt die Fraktion der SDP den Minister herbeizuzitieren.


    Gleichzeitig erinnern wir daran die Bundesregierung zu rügen und erwarten, gemäß der Geschäftsordnung, eine Stellungnahme der Bundeskanzlerin.


    Herzlichen Dank.

  • Hiermit erteile ich dem Bundesminister des Auswärtigen eine Rüge und fordere zur Beantwortung der Anfrage auf. Gleichzeitig bitte ich die Bundeskanzlerin entsprechend unserer Geschäftsordnung um eine Abgabe einer Stellungnahme zum Sachverhalt.

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    XVIII. Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland

    Parteivorsitzende der Liberal-Konservativen Allianz


    XII. und XIV. Bundesministerin der Finanzen a. D.

  • Im Namen der Bundesregierung entschuldige ich mich für die nicht fristgerecht erfolgte Beantwortung dieser Anfrage.


    1. Wie bewertet die Bundesregierung die aktuellen Entwicklungen und die vorgeschlagene Justizreform in Israel?


    Die Bundesregierung blickt unbesorgt auf die Entwicklungen in Israel. Die dort handelnden Personen - insbesondere Ministerpräsident Netanyahu, Staatspräsident Herzog und Oppositionsführer Lapid - verfügen über große Erfahrung und benötigen keine Ratschläge aus dem Ausland. Eine Bewertung der Justizreform, eine inländische Angelegenheit, nimmt die Bundesregierung nicht vor. Die israelische Regierung wurde demokratisch gewählt und es ist ihre Aufgabe, sich nach dem Wählerwillen zu richten. Die zahlreichen Debatten und die Demonstrationen zeigen, dass Israel eine lebendige Demokratie ist.


    2. Welche genauen Änderungen sind Teil der vorgeschlagenen Justizreform und wie könnten diese Änderungen die Unabhängigkeit und Integrität des Justizsystems in Israel beeinflussen?


    Israel verfügt über eine Justiz mit einem Obersten Gerichtshof, der eine weitreichende Rechtsprechung ausübt. Dieser kann bei der Bewertung von Gesetzen und Entscheidungen der Regierung Angemessenheitsstandards anwenden und sie ohne weiteres verwerfen. Die israelische Regierung hat vorgeschlagen, das Gleichgewicht beziehungsweise das Ungleichgewicht der Macht zu beseitigen. Einige sehen darin eine stärkere Kontrolle der Legislative und eine Schwächung der Gerichte, andere sehen darin eine Wiederherstellung des Gleichgewichts, das bereits in der ersten Hälfte der Existenz Israels bestand. Bisher hat die Knesset ein Gesetz zur Justizreform verabschiedet. Dieses beinhaltet die Abschaffung der sogenannten Angemessenheitsklausel. Gegner dieses Gesetzes argumentieren, dass der Grundsatz der Angemessenheit, eine wichtige Säule der Demokratie und eine entscheidende Kontrolle der Macht der Legislative und der Exekutive darstellt. Die Befürworter des Gesetzes argumentieren, dass der Oberste Gerichtshof, der sich aus nicht gewählten Richtern zusammensetzt, zu viel Macht ausgeübt und Gesetze und Entscheidungen der ordnungsgemäß gewählten Mitglieder der Legislative und der Exekutive außer Kraft gesetzt hat. Sie argumentieren auch, dass der Oberste Gerichtshof über andere Instrumente verfügt, um die Macht der Exekutive und Legislative zu kontrollieren. Ein wichtiges Instrument ist das Verwaltungsrecht, das die Tätigkeit und die Verfahren der Behörden regelt. Es ermöglicht den Bürgern, staatliche Maßnahmen anzufechten, wenn sie der Meinung sind, dass ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist. Dadurch wird sichergestellt, dass die Regierung Regeln und Grundsätze befolgt, die ihre Befugnisse begrenzen und die Rechte der Bürger schützen.


    3. Hat die Bundesregierung bereits bilateral oder auf internationaler Ebene mit israelischen Vertretern über diese Justizreform diskutiert? Wenn ja, welche Erkenntnisse oder Reaktionen sind daraus hervorgegangen?


    Die amtierende Bundesregierung hat bisher nicht mit israelischen Vertretern über die Justizreform diskutiert.


    4. Welche Schritte plant die Bundesregierung, um sicherzustellen, dass die Justizreform in Israel im Einklang mit den grundlegenden demokratischen Prinzipien und internationalen Menschenrechtsstandards steht?


    5. Inwiefern berücksichtigt die Bundesregierung die Bedenken und Kritik von internationalen Akteuren und Menschenrechtsorganisationen hinsichtlich der vorgeschlagenen Justizreform in Israel in ihrer Außenpolitik?


    6. Wie könnte die Justizreform in Israel die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel beeinflussen, und welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um etwaige Auswirkungen zu bewerten und zu berücksichtigen?


    7. Plant die Bundesregierung, ihre Haltung zur umstrittenen Justizreform in Israel auf internationaler Ebene zu kommunizieren oder Unterstützung für Maßnahmen zu leisten, die die Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz in Israel gewährleisten?


    8. Welche Auswirkung hat die Justizreform auf die wirtschaftliche, militärische und humanitäre Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Isreal?


    Die Fragen Vier bis Acht werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Bundesregierung beabsichtigt keine Einmischung in die inländischen Angelegenheiten Israels. Die Bundesregierung steht fest an der Seite Israels. Bei dem Staat handelt es sich um einen besonderen Verbündeten der Bundesrepublik, der aus dem Streben nach der Freiheit geboren wurde. Israel ist ein Leuchtfeuer der Demokratie und teilt unsere Werte und Interessen. Zwischen der Bundesrepublik und Israel herrscht eine innige Freundschaft und eine besondere Verbindung. In die handelnden Personen und in die israelische Demokratie herrscht großes Vertrauen. Die amtierende Bundesregierung beabsichtigt keinen Kurswechsel und keine Abkehr von der bisherigen Haltung. Auswirkungen auf die Zusammenarbeit, die Außenpolitik und die bilateralen Beziehungen sind nicht vorgesehen.