DEBATTE | XIII/006: Interreligiösen Dialog fördern und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – Runden Tisch der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Bayern einrichten

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    AUSSPRACHE

    Interreligiösen Dialog fördern und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – Runden Tisch der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Bayern einrichten


    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    wir schreiten nun zur Aussprache über den von der berufenen Bürgerin Sembrant eingebrachten (in der Anlage auffindbaren) Antrag mit dem Titel "Interreligiösen Dialog fördern und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – Runden Tisch der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Bayern einrichten"(Drs. XIII/006). Die Dauer der Aussprache beträgt - den Regularien unserer Geschäftsordnung entsprechend - zweiundsiebzig Stunden, d. h., die Aussprache endet am Samstag, den 27. August 2022, 11:00 Uhr.


    Ich eröffne die Aussprache.


    gez. Dr. Christ

    - Präsidentin des Bayerischen Landtages -

  • Frau Präsidentin,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    Bayern ist ein Land, welches viel zu bieten hat. Vor allem, was Kultur angeht. Wir haben an vielen Ecken unseres Landes kleine Eigenheiten der Menschen, die sich über hunderte Jahre entwickelt haben. So auch bei den Religionsgemeinschaften. Es ist wichtig für den Freistaat, eine gute und produktive Kultur unter den Religionsgemeinschaften zu schaffen, um eine wirkliche Gesellschaft zu erreichen, in der alle Religionen ungestört und vor allem frei ihrem Glauben nachgehen können. Mit meinem Antrag will ich eine Möglichkeit schaffen, die Religionsgemeinschaften gemeinsam mit der Staatsregierung und den säkularen verbänden an einen Runden Tisch zu holen, um dort über das Zusammenleben, Verbesserungen und auch Probleme zu sprechen. Ein Austauschorgan der Religionsgemeinschaften kann dazu beitragen, dass wir Missverständnisse bereits frühzeitig durch dieses Organ angehen und regeln können, bevor eine größere Auseinandersetzung beginnt. Ich hoffe, die Staatsregierung ist da mit mir einer Meinung, wenn ich sage, dass dieser Runde Tisch die Chance für unseren Freistaat ist, ein bundes- und länderweit erstes Organ zum Austausch mit den Religionsgemeinschaften zu errichten und eine Vorreiterrolle bei der Verständigung unter den Religionen einzunehmen.


    Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen!

  • Sehr geehrte Frau Präsidentin,

    sehr verehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Sembrant,


    ich kann mir gut vorstellen, was Ihre Hintergedanken waren, als sie diesen Antrag gestellt haben. Förderung von Dialog, mehr Verständnis füreinander, mehr Vielfalt. Das klingt alles ganz wunderbar. Nur frage ich mich: Ist der Staat hier derjenige, der die Initiative ergreifen muss? Gar einen runden Tisch gesetzlich verankern? Solch runde Tische werden immer gerne gefordert, vor allem wenn Fronten verhärtet sind, keine Kompromissbereitschaft vorhanden ist, ein Problem gemeinsam anzugehen. Da können solche, auch staatlich einberunfene, Gesprächsrunden sicher hilfreich sein und ein wenig Dampf aus dem Kessel nehmen.

    Eine solche Situation sehe ich aber bei den Religionsgemeinschaften in Bayern nicht. Ich glaube, niemand wird uns hier ernsthaft erzählen wollen, dass die Kirchen untereinander, sei es katholisch, evangelisch oder freikirchlich, oder gar die Religionen derart gegeneinander arbeiten, sodass es ein staatliches Eingreifen bedürfe. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade die christlichen Kirchen arbeiten heute im Sinne der Ökumene besser zusammen als je zuvor und in den Großstädten gibt es teils bemerkenswerte Zusammenschlüsse, wenn es um gemeinsame Anliegen wie etwa den Frieden in der Welt geht.


    Und da sollen wir als Politik nun daher kommen und sagen: "Kommt mal alle an einen Tisch, wir reden jetzt mal miteinander." Ich bin überzeugt, dass unsere Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften souverän genug sind, um sich selbst um ihre Angelegenheiten zu kümmern und sich auch selbst ihre Gesprächspartner aussuchen können. Das gebietet übrigens auch unser Grundgesetz bzw. unsere Bayerische Verfassung in den Art. 137 Abs. 3 S.1 WRV (Art. 140 GG) und Art. 142 Abs. 3 S.1 u. 2 BayVf. Ein Blick dahin kann sich lohnen.


    Ich denke, wir sollten die Gemeinschaften hier nicht allzu sehr bevormunden, sondern vielmehr wertschätzen, was hier schon alles an positiven Dingen geleistet wird. Übrigens auch von unseren Bürgern, die tagtäglich diesen Dialog leben, sei es in den Kirchengemeinden, sei es im Familienleben oder in der Arbeit, Schule, Universität. Die Zeiten, in denen ein Katholik keine Protestantin heiraten und die Kinder des einen nicht mit dem des anderen spielen durften, sind - Gott sei Dank - vorbei. Und wo Privatleute weitergehende Initiativen zur Verständigung der Religionen starten, wird dies vom Freistaat ohnehin unterstützt. Hier sei im Übrigen auch auf das Bayerische Forschungszentrum für interreligiösen Diskurse verwiesen, das mit seiner wertvollen Arbeit ohnehin einen Beitrag für das friedliche Zusammenleben und die gegenseitige Anerkennung unter Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit leistet.


    Für mich ist dieser Antrag daher ein Schaufensterantrag: Schaut gut aus, bewirkt aber gar nichts und schafft am Ende vielleicht sogar mehr Probleme, als wir ohne ihn gehabt hätten.


    Ich kann daher nur für eine Ablehnung dieses Antrags plädieren.


    Vielen Dank.

  • Frau Präsidentin,

    liebe Kollegin Strauß,


    Sie haben jetzt viel gesagt, aber leider die Intention meines Antrage völlig fehlinterpretiert. Ich will nicht, dass der Staat die Gemeinschaften und Verbände nach Altherrenmanier an einen Tisch zwingt, sondern ein Tisch existiert, an dem gemeinsam und produktiv über bestehende Gegebenheiten, Zusammenarbeiten und auch Probleme diskutiert werden kann. Ein Vorladen nach Gerichtsmanier soll das nicht sein und es ist sicher nicht angedacht, dass Bayern den Verbänden und Religionen irgendeine Art Schlichtung aufzwingen soll. Sie haben meinen Antrag völlig missverstanden und ich kann es auch nur noch mal, wie ich es eingangs bereits schon ein mal sagte, wiederholen: Bayern hat hier die Chance eine Vorreiterrolle bei der Religions- und Gruppenverständigung einzunehmen, eine Chance die wir keinesfalls ungenutzt lassen sollten.


    Dass sich die Staatsregierung dem scheinbar widersetzen will, mutet doch konfus an.

  • Sehr geehrte Frau Präsidentin,

    sehr verehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Sembrant,


    es gibt genügend Möglichkeiten des interreligiösen Dialogs auf privater Ebene, wie auch auf religionsgemeinschaftlicher Ebene. Es gibt zig Formen des bi- und trilateralen Dialogs und das schon seit Jahrzehnten, so dass ich keine Notwendigkeit sehe in Bayern einen runden Tisch einzuberufen.
    Daher empfehle ich diesen Antrag abzulehnen.