I:L | Dutschke zur Bildungspolitik

  • Dutschke bei Deltaradio zur Bildungspolitik

    Bundesvorsitzender der Internationalen Linken erklärt Bildungspläne


    KIEL [delta radio] Der Bundesvorsitzende und Spitzenkandidat der Internationalen Linken Ernesto B. Dutschke war heute Morgen zu Gast beim Kieler Privatradiosender Delta Radio. Dieser ist auch in Dutschkes Heimat Hamburg frei empfangbar, wo er für ein Direktmandat im Wahlkreis Hamburg-Mitte kandidiert.

    In der Morgenshow des Radiosenders beantwortete Dutschke ca. 60 Minuten die Fragen der Zuhörerinnen und Zuhörer.

    Besonders interessant wurde es, als der Politiker von einem Zuhörer nach den Bildungsplänen der Partei gefragt wurde.



    Unten finden Sie die Abschrift des Dialogs:

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    Ernesto B. Dutschke (Internationale Linke) im Interview bei Delta Radio in Kiel



    Hans-Martin aus Ratzeburg:

    „(...) ich habe mir mal Ihr Wahlprogramm angeschaut und beim Thema Bildung musste ich echt zwei mal hingucken. Wenn ich das genau verstanden habe, dann wollen Sie den Förderalismus abschaffen, die Noten abschaffen und generell das ganze Schulsystem abschaffen. Was bleibt denn dann noch übrig? Muss man dann seinen Namen tanzen um das Abitur zu bekommen, oder was?“



    Ernesto B. Dutschke, I:L

    „Nun ja, wir fordern nicht die Einführung des Pflichtfachs Eurythmie, ohne jetzt in irgendeiner Weise despektierlich gegenüber dieser Form der Kunst zu werden. Was wir fordern ist eine Reform in der Bildungspolitik. Unser bisheriges leistungs- und kollektivorientiertes Bildungssystem basiert noch auf Preußischen Strukturen. Preußens Gloria ist, Gott sei Dank, schon lange vorbei und darum verstehe nicht warum wir uns immer krampfhaft an alte Strukturen klammern. Die Ansprüche an die Gesellschaft und an das Individuum haben sich seit der Zeit Humboldts stark verändert, darum muss sich auch ein Bildungssystem nach über 300 Jahren an diese Ansprüche anpassen.

    Das Bildungssystem muss es ermöglichen, dass alle Schülerinnen und Schüler individuell in ihren Stärken und Schwächen gefördert und gefordert werden. Dies wird eben nicht durch eine Selektierung nach der vierten oder sechsten Klasse erreicht, sondern nur durch Schulen die in ihrem Kursangebot breit und vielfältig aufgestellt sind.

    Ein Schüler, der beispielsweise in Mathe schlecht ist, aber in den anderen Fächern gut, musst doch nicht zwangsläufig ein ganzes Jahr Schule wiederholen, sondern sollte stattdessen nur den mathematischen Stoff wiederholen.

    Daher muss der Lernplan so umgestellt werden, dass Kurse frei belegt werden können und Teilnehmende individuell nach ihrem Bedarf Unterstützung durch das Lehrpersonal erhalten.

    Die Formelle Bildung muss in ihrer Gesamtheit reflektiert werden.

    Methoden der Non-Formellen Bildung sind selbst nach Ansicht der Europäische Union (siehe EU-Jugendstrategie 2020) wesentlich produktiver, um jungen Menschen die notwendigen Schlüsselkompetenzen mit auf den Weg zu geben, damit sie zu partizipierenden Mitgliedern dieser Gesellschaft werden.


    Ebenfalls zu überdenken ist in Bildungsfragen der Förderalismus. In vielen Punkten mag dieser sich in der Nachkriegsbundesrepublik bewährt haben, aber in Bildungsfragen hat er deutlich versagt.

    Welcher andere Staat dieser Erde hat 16 verschiedene Bildungssysteme in all ihrer Komplexität?

    Bildung darf keine Frage des Wohnorts sein.

    Warum ist es an manchen Hochschulen einfacher mit einem europäischen Abschluss aus dem Ausland zugelassen zu werden, als mit einem deutschen Abschluss aus einem anderen Bundesland?

    Das ist skurril und absurd und muss sich schnellstmöglich ändern.

    Ein Abschluss sollte ein Abschluss sein, egal ob man aus Gelsenkirchen, Pinneberg, Chemnitz oder Passau kommt.

    Dafür steht die Internationale Linke und dafür stehe auch ich."

  • Kurzum gefasst: "Nieder mit dem Bildungsföderalismus! Damit auch Schulen in Rosenheim aussehen wie in NRW und man auch in Schweinfurt ein Bremer Abitur schreiben kann!"

  • Kurzum gefasst: "Nieder mit dem Bildungsföderalismus! Damit auch Schulen in Rosenheim aussehen wie in NRW und man auch in Schweinfurt ein Bremer Abitur schreiben kann!"

    Da müsste man dann ja davon ausgehen, dass bei einer Föderalismusreform das schlechteste Bildungssystem zum gesamtdeutschen System würde. Und das wäre ja reichlich vermessen, zu glauben, dass das passieren würde.


    Der Kollege Dutschke hat äußerst valide Punkte angesprochen und benannt, die einer intensiven und vor allem seriösen Diskussion bedürfen und keinen Populismus á la ,,alle Bildungssysteme außer das bayerische sind für die Tonne''.

  • Kurzum gefasst: "Nieder mit dem Bildungsföderalismus! Damit auch Schulen in Rosenheim aussehen wie in NRW und man auch in Schweinfurt ein Bremer Abitur schreiben kann!"

    Da müsste man dann ja davon ausgehen, dass bei einer Föderalismusreform das schlechteste Bildungssystem zum gesamtdeutschen System würde. Und das wäre ja reichlich vermessen, zu glauben, dass das passieren würde.

    Reichlich vermessen ist das nicht. Das ist sogar ziemlich wahrscheinlich. Wenn man das beste Bildungssystem nehmen würde, dann würden die Schüler in Bremen erstmal schlechtere Noten schreiben. Das wollen in Bremen aber weder die Schüler, die Eltern, die Lehrer und auch nicht die Bremer Politiker. Die Schüler in Bremen wollen weiterhin gute Abschlussnoten haben und studieren können.

  • Kurzum gefasst: "Nieder mit dem Bildungsföderalismus! Damit auch Schulen in Rosenheim aussehen wie in NRW und man auch in Schweinfurt ein Bremer Abitur schreiben kann!"

    Da müsste man dann ja davon ausgehen, dass bei einer Föderalismusreform das schlechteste Bildungssystem zum gesamtdeutschen System würde. Und das wäre ja reichlich vermessen, zu glauben, dass das passieren würde.

    Reichlich vermessen ist das nicht. Das ist sogar ziemlich wahrscheinlich. Wenn man das beste Bildungssystem nehmen würde, dann würden die Schüler in Bremen erstmal schlechtere Noten schreiben. Das wollen in Bremen aber weder die Schüler, die Eltern, die Lehrer und auch nicht die Bremer Politiker. Die Schüler in Bremen wollen weiterhin gute Abschlussnoten haben und studieren können.

    Es wird aber dennoch sicherlich nicht so sein, dass vom einen Tag auf den anderen ein komplett neues System gilt. Das braucht Zeit, Regelungen und Anpassungen. Auch das beste System hat seine Fehler und ein schlechtes seine kleinen, feinen Vorzüge und gute Ideen. Wichtig ist aber, dass man alle mitnimmt und ein System erarbeitet, welches für alle gleich erreichbar und schaffbar sein kann. Nur so garantieren wir beste, kostenfreie Bildung.

  • Kurzum gefasst: "Nieder mit dem Bildungsföderalismus! Damit auch Schulen in Rosenheim aussehen wie in NRW und man auch in Schweinfurt ein Bremer Abitur schreiben kann!"

    Da müsste man dann ja davon ausgehen, dass bei einer Föderalismusreform das schlechteste Bildungssystem zum gesamtdeutschen System würde. Und das wäre ja reichlich vermessen, zu glauben, dass das passieren würde.


    Der Kollege Dutschke hat äußerst valide Punkte angesprochen und benannt, die einer intensiven und vor allem seriösen Diskussion bedürfen und keinen Populismus á la ,,alle Bildungssysteme außer das bayerische sind für die Tonne''.

    Die Aussage war durchaus überspitzt, aber es gibt auch ein tatsächliches Problem dahinter. Wer garantiert denn, dass durch eine Zentralisierung beim Bund das perfekte System herauskommt? Man denke allein an das Chaos und Postengeschacher bei der Autobahn GmbH, und das betraf nur eine einzelne Behörde/Institution. Und die Sorgen in Bayern sind durchaus nicht unbegründet, auch wenn das bayerische System sicher nicht gottgegeben und perfekt ist. Der Abstieg von unserem Nachberland Baden-Württemberg hat hier ein reales Negativbeispiel aufgezeigt, der vielen Leuten hierzulande bewusst ist.

    Wenn Sie sich wirklich um eine Besserung und mehr Vergleichbarkeit sorgen, dann hätten Sie - die Linken und die Grünen in Brandenburg - sich schon längst darum kümmern können. Sie sitzen schließlich beide in der Regierung und haben als Land alle rechtlichen Mittel in der Hand. Im Kultusministerium Däumchen drehen und dann für die Bundestagswahl große Reden schwingen, wie miserabel der Schulunterricht sei, ist einfach bizarr.

  • Es mutet bizarr an, dass Sie so reden, als würden Sie die Regierungsarbeit unserer Koalition von innen kennen. Wir arbeiten seit der letzten Legislatur an einer Schulreform für Hamburg ausweislich auch des Koalitionsvertrags und seit kurzem arbeiten wir auch in der Kultusministerkonferenz gemeinsam mit den anderen Ländern zusammen. Wir drehen als keine Däumchen, wir machen es besser. Eine solch wichtige Reform braucht aber eben Zeit und wird nicht mal eben von jetzt auf gleich geschrieben und beschlossen. Wir müssen viele Faktoren berücksichtigen, die eine solche Reform umgreift.