DEBATTE VIII/031 |Entwurf eines Gesetzes zur Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke

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    DEBATTE ÜBER DRUCKSACHE VIII/031

    Entwurf eines Gesetzes zur Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke


    Die Debattendauer beträgt gemäß unserer Geschäftsordnung drei Tage.


  • Herr Präsident,


    ich bitte darum, folgende Änderung des Antrags zu übernehmen. Vielen Dank!


    Gesetz zur Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke


    Artikel 1

    Änderung des Atomgesetzes


    Das Atomgesetz wird wie folgt geändert:


    (1) § 7 Absatz 1 wird wie folgt formuliert:


    '(1) Wer eine ortsfeste Anlage zur Erzeugung oder zur Bearbeitung oder Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe errichtet, betreibt oder sonst innehat oder die Anlage oder ihren Betrieb wesentlich verändert, bedarf der Genehmigung.'


    (2) In § 7 Absatz 1a Nummer 5 wird das Wort '2021' durch das Wort '2031' ersetzt.

    (3) In § 7 Absatz 1a Nummer 6 wird das Wort '2022' durch das Wort '2033' ersetzt.


    (4) § 7 Absatz 3 wird wie folgt formuliert:


    '(3) Die Stilllegung einer Anlage nach Absatz 1 Satz 1 sowie der sichere Einschluss der endgültig stillgelegten Anlage oder der Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen bedürfen der Genehmigung. Absatz 2 gilt sinngemäß. Eine Genehmigung nach Satz 1 ist nicht erforderlich, soweit die geplanten Maßnahmen bereits Gegenstand einer Genehmigung nach Absatz 1 Satz 1 oder Anordnung nach § 19 Abs. 3 gewesen sind.'

    (5) Die Tabelle in Anlage 3 des Atomgesetzes wird wie folgt geändert:


    1. In Zeile 15, Spalte 2 wird die Angabe '200,90' durch die Angabe '320,90' ersetzt.

    2. In Zeile 16, Spalte 2 wird die Angabe '168,35' durch die Angabe '288,35' ersetzt.

    3. In Zeile 17, Spalte 2 wird die Angabe '217,88' durch die Angabe '337,88' ersetzt.

    4. In Zeile 18, Spalte 2 wird die Angabe '231,21' durch die Angabe '411,21' ersetzt.

    5. In Zeile 19, Spalte 2 wird die Angabe '230,07' durch die Angabe '410,07' ersetzt.

    6. In Zeile 20, Spalte 2 wird die Angabe '236,04' durch die Angabe '380,04' ersetzt.


    Artikel 2

    Inkrafttreten


    Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

  • Herr Präsident,


    es steht ein Elefant im Raum! Der geplante Ausstieg aus der atomaren Energiegewinnung ist ein riesiger Fehler. Es ist daher an der Zeit, nun endlich die Notbremse zu ziehen. Technisch und organisatorisch wäre ein Weiterbetrieb der verbliebenen sechs deutschen Atomkraftwerke problemlos möglich. Es ist absolut nicht sinnvoll, dass ausgerechnet eines der Länder mit den sichersten Kraftwerken die atomare Energiegewinnung einstellt.


    Die Stromproduktion aus Kernenergie ist erwiesenermaßen sehr umweltfreundlich. Sie verursacht extrem niedrige Treibhausemissionen über ihren gesamten Lebenszyklus, vergleichbar mit Windenergie und weniger als Solarenergie. Kernenergie hat einen kleinen ökologischen Fußabdruck und ist nachhaltig, auch im Vergleich mit erneuerbaren Energien. Sie benötigt wenig Landfläche, verbraucht wenig Rohstoffe und verursacht entgegen bestehenden Vorurteilen nur wenig Abfall. Würde man zum Beispiel den gesamten in den Vereinigten Staaten verbrauchten Brennstoff nehmen und eng gepackt lagern, so würden die Behälter gerade einmal die Fläche eines Fußballfeldes mit vielleicht fünfzehn Meter Tiefe bedecken. Ohnehin kann das im Müll enthaltene unverbrauchte Uran sogar in Schnellreaktoren weiterverwendet werden. Viele Organisationen erachten die Atomkraft zurecht als probates Mittel zur Reduktion der Treibhausgase bei der Stromproduktion. Atomkraft ist die zentrale Technologie! Darauf haben bisher vor allem Fachgremien wie die Internationale Energieagentur der OECD oder der Weltenergierat hingewiesen. Auch die EU-Kommission findet, dass die Kernenergie, zusammen mit den erneuerbaren Energien, das Rückgrat einer CO2-freien europäischen Stromversorgung bilden wird. Die UN-Wirtschaftskommission für Europa kommt zum Ergebnis, dass die Klimaziele nur erreichbar sind, wenn die Atomkraft weiterhin zur Stromversorgung beiträgt. Der Weltklimarat hat die Atomenergie daher als zentrales Klimaschutz-Instrument eingestuft. Doch Deutschland erhöht seine Kohlenstoffemissionen dadurch, dass es aus der Kernkraft aussteigt. Durch den Atomausstieg sind bis zum Jahr 2020 bereits dreizehn Gigawatt Kernkraftwerksleistung stillgelegt worden. Ein entgangenes Potenzial von 94 Terrawattstunden alleine im vergangenen Jahr. Demgegenüber stand eine Mehrerzeugung aus Windkraft und Solarenergie in Höhe von 116 Terrawattstunden. Ein positiver Effekt war daher mit dem Ausbau von Wind und Photovoltaik seit 2011 kaum verbunden.


    Ende 2021 sollen nun drei der verbleibenden sechs Kernreaktoren abgeschaltet werden. Ein Jahr später werden Stand jetzt die letzten drei geschlossen. Die Jahresproduktion der Reaktoren ist größer als die aller Solaranlagen und jeglicher in den letzten zehn Jahren errichteten Windräder. Dieser unnötige Schritt wird zu mindestens 70 Millionen Tonnen zusätzlichen Kohlenstoffemissionen pro Jahr führen. Dabei stößt Deutschland schon heute fünfmal so viel CO2 für die Herstellung einer Kilowattstunde Strom aus wie Frankreich, das auf Atomkraft setzt. Der Atomausstieg wird die nationalen Emissionen im Vergleich zu 1990 um fünf Prozent erhöhen. Die Laufzeitverlängerung um zwölf Jahre würde hingegen zur Vermeidung hunderten Millionen Tonnen CO2 führen. Auch die Kosten der Elektrizitätsversorgung würden dadurch um zwei bis drei Milliarden Euro pro Jahr geringer ausfallen. Eine Laufzeitverlängerung der bestehenden Kernkraftwerke ist die einzige umsetzbare und ideologiefreie Sofortmaßnahme, die die CO2-Emissionen schnell, wirksam und deutlich reduziert sowie die Kostenbelastungen des Klimaschutzes minimiert. Wer den Klimawandel als apokalyptisch oder als inakzeptables Risiko darstellt, und dann Kernkraft ausschließt, ist nicht nur inkonsequent, sondern auch unaufrichtig. Keine andere Entscheidung hat so negative Folgen für Deutschlands CO2-Bilanz wie der Ausstieg aus Kernenergie! Das „Wall Street Journal“ bescheinigte Deutschland zurecht, die dümmste Energiepolitik der Welt zu betreiben.


    Deutschland steigt aus der Atomkraft aus, international ist die Technologie hingegen zunehmend gefragt. Die Bedeutung der Atomenergie wird in den kommenden Jahrzehnten dramatisch wachsen. Die Internationale Atomenergiebehörde revidierte ihre Prognose zum weltweiten Ausbau der Atomenergie zum ersten Mal seit zehn Jahren nach oben. Um im Kampf gegen den Klimawandel fossile Brennstoffe zur Stromerzeugung zu vermeiden, erwägen viele Länder den Einsatz von Atomkraft. Nahezu die ganze entwickelte Welt setzt auf die Kernenergie, die sich als CO2-freie und kostengünstige Alternative anbietet und nicht von den Launen der Natur abhängt. Frankreichs Präsident Macron hat in dieser Woche angekündigt, eine Milliarde Euro in Mini-Atomkraftwerke zu investieren. Selbst die französischen Grünen schieben den früher vehement geforderten Atomausstieg weit in die Zukunft. Der grüne Präsidentschaftskandidat Jadot rechnet mit mindestens zwanzig Jahren bis zu einem Ausstieg. In Großbritannien befinden sich zwei Atomkraftwerke im Bau, weitere sind geplant. Japan betreibt auch nach Fukushima noch 33 Reaktoren, weitere befinden sich im Bau. Russland plant in den kommenden Jahren 27 neue Atomreaktoren. In China werden 18 Meiler gebaut, 37 weitere sind geplant. Auch Indien, die Vereinigten Staaten, Polen, die Ukraine und Tschechien wollen neue Atomkraftwerke errichten. Italiens Umweltminister Cingolani hält die Rückkehr zur Kernenergie nicht für abwegig. US-Präsident Belford erklärt es zum Ziel, langfristig den Anteil nuklearer Energie an der Gesamtversorgung erheblich zu erhöhen. Die Niederlande denken über einen Ausbau der Kernenergie nach und wollen sich für die Zukunft alle Optionen offenhalten. In Finnland unterstützen die dortigen Grünen, die der Atomenergie traditionell eher wenig abgewinnen konnten, mittlerweile den Ausbau der Kernkraft. Ministerpräsidentin Sanna Marin setzt als Brückentechnologie auf die Atomkraft. Elf europäische Länder erzeugen mehr als dreißig Prozent ihres Stroms mit Kernenergie. Zahlreiche Staaten sind dabei, zum ersten Mal ein Kernkraftprogramm zu entwickeln. Viele renommierte Wissenschaftler und auch führende Köpfe aus dem Silicon Valley setzen auf die Atomkraft, zum Beispiel Bill Gates und Elon Musk.


    Doch auch wir können immer noch einen Kurswechsel vollziehen. Wir können Prioritäten ändern! Die Allianz unterstützt den Ausbau erneuerbarer Energien, aber gleichzeitig erkennen wir an, dass auch die atomare Energiegewinnung überaus umweltfreundlich, zuverlässig und sicher ist. Das ist keine Randposition, sondern wir stimmen hierbei absolut mit dem Weltklimarat überein, dass Atomkraftwerke beim Klimaschutz eine große Rolle spielen müssen. Die Kernenergie ist ein leistungsfähiges und kostengünstiges Mittel, um die CO2-Emissionen zu senken! Ökologische Ziele erreicht das Land nur durch Vernunft, Innovation, Wettbewerb und Effizienzsteigerung. Die bisherigen Stilllegungen deutscher Kernkraftwerke haben jedoch zu mehr Kohleverbrennung geführt. Ausgerechnet der Bundesverband Solarwirtschaft warnte bereits im Dezember 2020 vor einer bereits 2022 aufreißenden Stromlücke, weswegen Laufzeitverlängerungen von Kohlekraftwerken unausweichlich werden. Die Politik will aber zugleich aus der Atomkraft und der Kohleverstromung aussteigen. Dabei muss es immer in unserem Interesse sein, eine selbstbestimmte und sichere Energieversorgung gewährleisten zu können. Doch die Energiekrise ist bereits da. Energiepreise explodieren! Mit dem gleichzeitigen Atom- und Kohleausstieg steht die Energiewende vor dem Scherbenhaufen. In Anbetracht der anhaltenden Energiekrise plädieren zehn EU-Staaten für Kernenergie als wichtige erschwingliche, stabile und unabhängige Energiequelle, die Verbraucher in der Europäischen Union davor schützen könnte, Preisschwankungen ausgesetzt zu sein. Kernkraftwerke erzeugen über 26 Prozent des in der EU produzierten Stroms. Der Anstieg der Energiepreise hat gezeigt, wie wichtig es ist, die Energieabhängigkeit von Drittländern zu verringern.


    Wenn wir die letzten sechs Werke abschalten, müsste noch mehr russisches Gas verbrannt oder der Atomstrom aus unseren Nachbarstaaten importiert werden. Das wäre Irrsinn! Wir erwarten in den nächsten Jahren nicht zuletzt wegen der Elektromobilität, Wärmepumpen und der Digitalisierung einen steigenden Strombedarf. Wir müssen jetzt über die Rückkehr zur atomaren Energiegewinnung diskutieren. Es kann nicht sein, dass wir uns abhängig von anderen Ländern machen, wo wir den Atom- und Kohlestrom teuer einkaufen! Damit machen wir uns lächerlich. Die Alternative, die durch einen steilen Anstieg der Erdgaspreise begünstigt wird, wäre mehr Kohleverbrennung. Der deutsche Energiemix wird durch den Atomausstieg schmutziger! Es ist jedoch möglich, den Kohleausstieg vorzuziehen, wenn wir doch noch die Laufzeiten der Kernkraftwerke verlängern. Dafür bräuchte es nicht mal einen neuen politischen Beschluss zur Kohleverstromung. Es würde sich automatisch am Markt ergeben. Die Laufzeitverlängerung der verbliebenen deutschen Kernkraftwerke wäre problemlos umsetzbar. Alle sechs Anlagen entsprechen dem Stand der Technik. Wenn die Politik rechtzeitig die entsprechenden Signale an die Betreiber sendet, werden diese sich im Sinne des Umweltschutzes auch zu einem Weiterbetrieb bereiterklären. Deutsche Energiekonzerne, die diese hierzulande bloß aufgrund der politischen Entscheidung zum Rückzug aus der Kernenergie öffentlich als Auslaufmodell bezeichnen, treiben im Ausland den Bau neuer Anlagen voran. Die Regierung sollte jedenfalls schnell das Gespräch suchen. Das Wirtschaftsministerium könnte jedoch sogar ein Rückbauverbot erlassen.


    Die bestehenden Reaktoren sind die bestmögliche Brückentechnologie, bis neue Technologien zur Verwertung abgebrannter Brennstäbe zur Verfügung stehen. Durch diese könnte auch das Endlagerproblem perspektivisch gelöst werden. Es ist jedenfalls überaus sinnvoll, die Laufzeitverlängerungen zu vollziehen und zudem bestenfalls stillgelegte sichere Kernkraftwerke wiederzueröffnen. Wir müssen zudem massiv in die Forschung investieren, und natürlich den Bau neuer Reaktoren planen. Die ganze Welt baut auf Atomkraftwerke neuer Generationen! Frankreich plant neue Mini-Atomreaktoren. Die werden in der Fabrik gebaut und sind so klein, dass diese auf der Straße transportiert werden können. Durch Serienproduktion ergibt sich eine enorme Kostenersparnis. Auch der frühere US-Präsident Biden hatte sich im Wahlkampf für sie ausgesprochen. Kein Wunder: Im Silicon Valley arbeiten mehr als fünfzig Start-ups an der Entwicklung neuer Nukleartechnologien, und experimentieren mit neuen Kühlmethoden wie flüssigem Natrium. Moderne Reaktoren können sogar die Energie aus dem Atommüll gewinnen. Alleine die Brennelemente aus den Zwischenlagern in Deutschland könnten uns mindestens 250 Jahre mit Strom versorgen. Natriumgekühlte Schnellreaktoren zählen zu der vierten Generation von Kernreaktoren, deren Entwicklung ein Zusammenschluss von vierzehn Staaten koordiniert, darunter die Vereinigten Staaten, Russland, Frankreich und Kanada. Deutschland gehört nicht dazu. Wir haben es verpasst, die Technik weiterzuentwickeln. Doch noch ist es nicht zu spät! Wir können eine schwere Fehlentscheidung rückgängig machen. Es braucht lediglich die die volle Rückendeckung seitens der Politik für die Atomkraft und für die Atomenergieforschung. Doch es eilt! Ich bitte daher alle Abgeordneten um Zustimmung für diesen wichtigen Antrag. Vielen Dank!

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    vererhrtes Plenum und liebe Anwesende,


    der Atomausstieg ist beschlossen. Die dafür notwendigen Gesetze wurden bereits unter Angela Merkel verabschiedet und die Pläne für die Energiewende sind darauf ausgerichtet. Das letzte Kraftwerk geht im Jahr 2022 vom Netz. Nun mag man dabei unterschiedlicher Meinung sein, aber das Umweltministerium begrüßt dies grundsätzlich. Die Kernenergie ist nicht sauber - das braucht Niemand zu behaupten. Sie haben, wie jede Energieform, ihre Vor- und Nachteile. Leider besteht immer die Möglichkeit eines GAUs. Die Wahrscheinlichkeit ist bei heutigen Reaktoren gewiss deutlich geringer, aber sie ist nie ganz ausgeschlossen. Das zu glauben, wäre illusorisch.


    Nun trägt es sich allerdings zu, dass wir über die Laufzeitverlängerung der verbliebenen AKWs die im Deutschland noch in Betrieb sind diskutieren. Und da möchte ich die Allianz ganz höflich fragen: Ernsthaft? Sie möchten uns etwas über Innovationsoffenheit, Technlogie und Vernunft erzählen, aber wollen dann ohne wissenschaftliche Belege Kraftwerke 10 Jahre länger laufen lassen, welche bereits Mitte der 1970er bzw. Anfang der 1980er Jahre gebaut wurden? Um ihnen die Dimension klar zu machen: Die Kraftwerke liefen schon, da war die Mauer noch da! Eines der beiden Kraftwerke hat noch Helmut Schmidt als Bundeskanzler erlebt. Was die Allianz hier also beantragt, ist, AKWs, deren Zeit auch ohne Atomausstieg längst gekommen ist, künstlich länger am Leben zu erhalten. Wenn das mal nicht ideologiegetriebene Politik ist! Wir dsikutieren nicht über neue Technologie, über Innovation, sondern über veraltete Kraftwerke.


    Der Antrag ist von vorne bis hinten nicht durchdacht. Besonders das Fehlen der zusätzlichen Kosten, die auf die Bundesrepublik zukommen würden, bleiben ein bitterer Beigeschmack. Die Atomenergie rechnet sich seit Ewigkeiten nicht und wir müssen sie als Bund bezuschussen. Aber scheinbar ist die Höhe der Bezuschussung weder für das Parlament, noch die Bürgerinnen und Bürger interessant genug, um sie zu veröffentlichen. Des weiteren bedenken die Antragstellenden nicht, dass eine Laufzeitverlängerung kaum möglich ist, da an allen Ecken und Enden Arbeitskräfte fehlen würden. Seit 10 Jahren wissen die Betreiber längst, dass die Zeit der Atomenergie in Deutschland vorbei ist und haben dementsprechend geplant. Plötzlich sollen die AKWs aber weitere 10 Jahre laufen. Welche Personen werden sich denn nun noch für einen so unsicheren Arbeitsplatz, der maximal noch eine Zukunft von 10 Jahren hat interessieren? Ich denke, allzu viele werden es nicht sein.


    Liebes Plenum, ich komme zum Schluss. Ich bin bei weiten nicht der größte Kritiker der Atomenergie. Und bei der Weiterverwerung von Atommüll in Energie bin ich auch Keiner, der sich dem grundsätzlich verweigern würde. Das wäre zumindestens tatsächliche Innovation- aber darüber reden wir heute nicht. Eine breite Diksussion bei diesem Thema ist nicht schlecht. Fakt bleibt leider, dass dieser Antrag nicht umsetzbar und handwerklich schlecht ist. Die Bundesregierung wird diesem Antrag nicht zustimmen.


    Danke.

  • Herr Präsident,


    es freut mich erst einmal, dass sich auch mal ein Vertreter der Sozialdemokratischen Partei in einer Debatte zu einem Antrag der Allianz-Fraktion blicken lässt, und dass die Bundesregierung auch mal ihre Position zu einem Antrag der Opposition kundtut. Ich gehe sehr gerne auf die Aussagen des Bundesministers ein. Diese erzeugen bei mir nämlich überaus große Verwunderung. Sie zeigen mir, dass der Bundesminister die atomare Energiegewinnung lediglich aus ideologischen Gründen ablehnt.


    So behauptet Bundesminister Russ, dass die Atomkraft keine saubere Art der Energiegewinnung wäre. Laut seinen Ausführungen bräuchte dies niemand zu behaupten. Ich frage mich wirklich, wie der Minister zu diesem Urteil kommt? Diese Aussage ist ziemlich abenteuerlich! Die Internationale Energieagentur der OECD, der Weltenergierat, die EU-Kommission, die UN-Wirtschaftskommission für Europa, der Weltklimarat und viele weitere Organisationen kommen zum anderen Ergebnis. Atomkraft verursacht extrem niedrige Treibhausgasemissionen über den gesamten Lebenszyklus, etwa vergleichbar mit der Windenergie, weniger als Solarenergie. Lediglich die Wasserkraft steht im direkten Vergleich etwas besser dar. Die Atomkraft ist selbstverständlich eine saubere Energie und es überrascht mich tatsächlich, dass diese Bundesregierung nicht einmal das anerkennen möchte. Ich hätte mehr Kenntnisse von unserem Umweltminister erwartet. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden leider ignoriert und geleugnet.


    Unvermeidbar war natürlich der Hinweis des Ministers auf die Möglichkeit eines GAUs. Und ja, natürlich sollte dies auch in der Diskussion über die Nutzung von Atomkraft berücksichtigt werden. Ein Restrisiko ist schließlich niemals auszuschließen. Doch Deutschland verfügt - tatsächlich auch dank einer lautstarken Anti-Atomkraft-Bewegung - über die sichersten Atomkraftwerke in der Welt. Und auch die Vorfälle in Tschernobyl und Fukushima wären absolut vermeidbar gewesen. Sicherlich, rückblickend lässt sich dies immer einfach sagen, doch in beiden Fällen war nicht das Restrisiko ausschlaggebend, sondern menschliches Versagen. Tschernobyl hatte zahlreiche Baufehler. Im Fall von Fukushima hätte es wahrscheinlich schon gereicht, die Tür zum Maschinenraum wasserfest zu machen. Alternativ hätte die Notstromversorung, wie in deutschen Kernkraftwerken, hochwasserfest verbunkert werden können. In Fukushima gab es eine GAU-Garantie. Schon vor dem Unglück gab es Zweifel an der Sicherheit. In deutschen Kraftwerken liegt das Risiko für einen GAU hingegen im Bereich von 1 zu 1 Million pro Laufzeitjahr.


    Doch selbst die genannten Unglücksfälle haben gezeigt, dass wir die Atomkraft nicht fürchten müssen. Gesunder Respekt ist sicherlich angemessen. Doch während infolge der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl weniger als 100 Todesfälle - und nicht viel mehr Strahlenerkrankungen - im direkten Zusammenhang mit dieser registriert wurden, wurden bislang noch keine Strahlenopfer in der japanischen Bevölkerung durch Fukushima registriert. Lediglich bei knapp 200 Angestellten des Kraftwerks wurde ein leicht erhöhtes Risiko für Schilddrüsenkrebs festgestellt. Den größten Schaden haben jedoch tatsächlich Evakuierungen angerichtet, wie die Regierung von Fukushima festgestellt hat. Der Großteil der Evakuierungen war ebenso wie in Tschernobyl nicht notwendig. Heutzutage ist die radioaktive Kontamination äußerst gering. Doch da es bei uns meines Wissens nach keine Tsunamis gibt, könnte ein Fall wie Fukushima bei uns ohnehin nicht eintreten. Im Falle eines ähnlichen Naturereignisses wären unsere Kraftwerke aber deutlich besser gerüstet, sodass das Eintreten der Kernschmelze höchst unwahrscheinlich wäre. Schon 2011 waren die Sicherheitsvorkehrungen in deutschen Kernkraftwerken deutlich umfangreicher als in Fukushima. Nach dem dortigen Unglück und dem völlig übereilten Atomausstieg wurden die Maßnahmen nochmal deutlich verschärft. Deutsche Kernkraftwerke sind für Szenarien wie Erdbeben, Hochwasser, Terroranschläge, Flugzeugabstürze und mehr bestens gerüstet. Die Robustheit der Anlagen wurde mehrfach in unabhängigen Untersuchungen, beispielsweise durch den Deutschen Bundestag und die EU-Kommission, festgestellt und bestätigt.


    Entgegen der Darstellungen des Bundesministers wäre das Ende der Laufzeit der sechs verbleibenden deutschen Reaktoren keinesfalls auch ohne Atomausstieg bereits gekommen. Die Laufzeiten der Kernkraftwerke wären ohne den übereilten Ausstieg noch bis ans Ende der 30er-Jahre gesichert gewesen. Weil die Kernkraftwerke bereits vor über zehn Jahren dafür gerüstet waren. Auch in anderen Ländern, beispielsweise in Frankreich, sind Reaktoren über 50 Jahre am Netz. Es besteht sogar das Potenzial, Atomkraftwerke bis zu 80 Jahre zu betreiben, wenn die Technik stets auf dem aktuellsten Stand gehalten wird. Alle sechs verbliebenen Anlagen entsprechen dem Stand der Technik, da sämtliche Anforderungen, die nach Fukushima hinzugekommen sind, bereits umgesetzt wurden und es derzeit keine neueren gibt. Die Schätzung der Kosten des Weiterbetriebs liegt bei zunächst circa 1 Milliarde Euro für alle sechs Reaktoren zusammen. Erst in den kommenden Jahren müssten für einen langfristigen Weiterbetrieb Komponenten nach und nach ausgetauscht werden. Diese Maßnahmen sind aber nicht dringend und würden sich über den Stromverkauf finanzieren. Auf die Bundesrepublik würden durch den Weiterbetrieb keine direkten Kosten zukommen. Die kommerzielle Nutzung der Kernenergie wird schließlich nicht subventioniert. In die Forschung hat die Bundesrepublik in der Vergangenheit investiert, aber für die Atomkraftforschung sollten so oder so mehr Mittel bereitgestellt werden.


    Arbeitskräfte würden keinesfalls direkt fehlen. Viele Mitarbeiter werden dazu bereit sein, den Weiterbetrieb ihrer Kraftwerke zu ermöglichen. Abhilfe könnte notfalls die Rekrutierung von weiteren Mitarbeitern im europäischen und außereuropäischen Ausland und bei einem langfristigen Weiterbetrieb die Ausbildung neuer Arbeitskräfte schaffen. Lediglich die Brennelemente müssten neu geordert werden. Es wurden jedoch bereits Erfahrungen damit gesammelt, Kraftwerke über zwei Jahre lang mit älteren Brennelementen zu betreiben. Die Hersteller von Brennelementen rechnen bei entsprechender Priorisierung ab Zeitpunkt der Bestellung mit achtzehn Monaten Produktionszeit für neue Brennstäbe. Der Übergangsbetrieb wäre daher von kurzer Dauer. Ich bitte alle Abgeordneten eindringlich darum, den vorliegenden Antrag anzunehmen. Dieser Antrag ist sicher nicht handwerklich schlecht, der Minister hat hierfür auch keine Gründe benannt, und der Antrag wäre absolut umsetzbar. Vielen Dank!