Bundesrat
Liebe Kolleg:innen ( Lando Miller Kai Baum Dr. Joachim Holler ),
die Bundesregierung bittet um Stellungnahme des Bundesrates zu folgendem Gesetzesentwurf. Wir debattieren also nun drei Tage, also bis Freitag, den 30. Juli 2021 um 14:42Uhr, über folgenden Gesetzesentwurf und ob wir eine Stellungnahme abgeben wollen:
Alles anzeigenBundesrepublik Deutschland
Der Bundeskanzler
An die
Präsidentin des BundesratesFrau Ministerpräsidentin
Ricarda Fährmann
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Klima, Umwelt, Energie und Landwirtschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas Merz
Bundeskanzler
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Bundesrat
Drucksache BR/XXX
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes
A. Problem und Ziel
I. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, wurde am 19. Dezember 2019 als Teil des Klimapaketes der damaligen Bundesregierung das Gesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen (Brennstoffemissionshandelsgesetz – BEHG, BGBl. I S. 2728) verkündet, wodurch ein Emissionshandel für die Sektoren Wärme und Verkehr ab dem Jahr 2021 eingeführt wurde. Die Bepreisung von Kohlendioxid wird von vielen Fachleuten als wichtiges Instrument angesehen, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Die im Brennstoffemissionshandelsgesetz festgelegten Einstiegspreise sind allerdings deutlich zu gering angesetzt, um eine Lenkungswirkung zu entfalten. In einer im November 2018 veröffentlichten Kostenschätzung geht das Umweltbundesamt (UBA) auf Basis der Treibhausgasemissionen Deutschlands 2016 von Schäden von rund 180 Euro pro Tonne Kohlendioxid aus.
II. Die Berechnung der „zulässigen Jahresemissionsmengen" in § 4 (vorher „jährliche Emissionsmengen") und damit die Berechnung der Höchstzahl der auszugebenden Zertifikate erfolgt bisher über die deutschen Minderungsverpflichtungen aus der EU-Klimaschutzverordnung. Da hier jedoch geringere Minderungsziele festgeschrieben sind als im Bundes-Klimaschutzgesetz, ist das nicht haltbar.
III. Gleichzeitig dürfen aber höhere Einstiegspreis der Emissionszertifikate für deutsche Unternehmen nicht unverhältnismäßig zu einem früheren Zeitpunkt Nachteile im internationalen Wettbewerb erzeugen. Als Grundlage hierfür wird die Verordnungsermächtigung in § 11 Absatz 3 BEHG dahingehend erweitert, dass die Bundesregierung dazu ermächtigt wird, bereits vor dem 1. Januar 2022 Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage zu regeln.
Damit durch die erwartete Weitergabe der erhöhten Preise auch die soziale Ungerechtigkeit nicht weiter erhöht wird, sondern der nationale Zertifikatehandel im Gegenteil zu einem sozialen Ausgleich beiträgt, wird die Bundesregierung in einem gesonderten Gesetzentwurf einen Vorschlag zur Einführung einer sogenannten Klimadividende, wie auch im Klimaschutzprogramm vorgesehen, darlegen.
IV. Weiterhin hat der dritte Senat des Obersten Gerichts mit Beschluss vom 4. Juli 2021 (3 BvF 1/21) § 10 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 5 Absatz 1 und § 10 Absatz 1 Satz 1 BEHG für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig erklärt, „soweit eine mengenmäßige Begrenzung der tatsächlich erhältlichen Emissionszertifikate in der Einführungsphase und für die Dauer der Anwendung des Preiskorridors nicht stattfindet." Dies ist aktuell aufgrund des § 5 möglich. „Eine genauere Betrachtung erfordert jedoch die in § 10 Abs. 2 Satz 1, 2 BEHG vorgesehene Einführungsphase. In diesem Zeitraum erfolgt ein Verkauf der Emissionszertifikate zu einem gesetzlich festgelegten Festpreis - eine Bewirtschaftung nach Marktgrundsätzen erfolgt in diesem Zeitraum jedoch gerade nicht. Eine Deckelung der Anzahl der zu verkaufenden Zertifikate findet in dieser Einführungsphase faktisch nicht statt, indem in dieser Phase nach § 5 BEHG ein zusätzlicher Bedarf an Emissionszertifikaten durch einen Zukauf von Emissionszuweisungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten praktisch ohne Begrenzung gedeckt werden kann. Gleiches gilt für die Dauer der Anwendung des Preiskorridors nach § 10 Abs. 2 Satz 4 BEHG, welcher zunächst auf das Jahr 2026 beschränkt ist, jedoch nach § 23 Abs. 1 Satz 5 BEHG auch fortgeführt werden kann."
B. Lösung
I. Mit der vorliegenden Änderung des BEHG, in welchem die Zertifikatspreise erhöht werden (siehe Artikel 1 des vorliegenden Gesetzes), wird der marktwirtschaftliche Ansatz erhalten, aber in die richtige Richtung gelenkt.
II. Die Berechnung der zulässigen Jahresemissionsmengen und damit die Berechnung der Anzahl der Zertifikate werden an die nationalen Klimaschutzziele sowie die zulässigen Jahresemissionsmengen aus dem Bundes-Klimaschutzgesetz gekoppelt.
III. Neben der Anpassung der Zertifikatspreise in der Einführungsphase wird die Verordnungsermächtigung für Maßnahmen zur Vermeidung von Carbon-Leakage angepasst, da es für betroffene Unternehmen, die mit ihren Produkten dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind, bereits zu einem früheren Zeitpunkt als dem 1. Januar 2022 zu Wettbewerbsnachteilen kommen kann. Die ursprüngliche Regelung ermächtigte die Bundesregierung nur zu Regelungen ab dem 1. Januar 2022.
IV. Die Anzahl der Zertifikate wird auch in der Einführungsphase bis 2026 definitiv mengenmäßig begrenzt, indem § 5 gestrichen wird, und das BEHG damit verfassungsgemäß ausgestaltet.
C. Alternativen
Keine. Um die Erreichung der neuen Klimaschutzziele des KSG zu unterstützen, ist eine Erhöhung der CO2-Bepreisung erforderlich. Zur Vermeidung möglicher internationaler Wettbewerbsnachteile, die angesichts des höheren Einstiegspreises bereits zu einem früheren Zeitpunkt entstehen können, ist eine entsprechende Öffnung der Verordnungsermächtigung erforderlich. Die Änderungen sind auch notwendig, um eine verfassungsgemäße Ausgestaltung des Emissionshandels sicherzustellen.
D. Kosten
Es entstehen keine Mehrausgaben für den Bundeshaushalt. Durch die Erhöhung des Zertifikatspreises entstehen für die Verantwortlichen höhere Kosten als ursprünglich geplant. Entsprechend steigen auch die Einnahmen aus der Veräußerung der Zertifikate für das Jahr 2022 auf etwa 10,5 Mrd. Euro.
Anlage 1
Begründung
siehe Vorblatt