Verleihung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland

  • Liebe Landsleute,


    am heutigen Tag endet meine zweite Amtsperiode als Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Ich darf meinem Amtsnachfolger ein gut organisiertes Schloss Bellevue übergeben und will doch die Möglichkeit nutzen, verdiente Landsleute an diesem letzten Arbeitstag zu ehren. Der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland wurde 1951 durch den damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss per Erlass gestiftet. In diesem Erlass drückte Bundespräsident Heuss den Wunsch aus, "verdienten Männern und Frauen des deutschen Volkes und des Auslandes Anerkennung und Dank sichtbar zum Ausdruck zu bringen". Der Orden solle verliehen werden "für Leistungen, die im Bereich der politischen, der wirtschaftlich-sozialen und der geistigen Arbeit dem Wiederaufbau des Vaterlandes dienten, und soll eine Auszeichnung all derer bedeuten, deren Wirken zum friedlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland beiträgt". Der Bundespräsident hat mithin die Möglichkeit geschaffen, gesellschaftliches Engagement, politisches Wirken und wirtschaftlichen Erfolg zu würdigen. Dabei kann es selbstredend nicht möglich sein, jedwedes Engagement zu berücksichtigen. Die Auszeichnung mit dem Verdienstorden soll schließlich auch weiterhin von besonderer Bedeutung sein und nicht zu einer Alltäglichkeit verkommen. Ich habe meine Auswahl auf Grundlage von Vorschlägen aus den Bundesländern getroffen und daneben auch eigene Akzente gesetzt. Die Ausgezeichneten stehen stellvertretend für das große bürgerschaftliche Engagement in Deutschland. Auch all jenen Landsleuten, die heute nicht persönlich ausgezeichnet werden, möchte ich heute meinen Dank und meine Anerkennung aussprechen.


    Katharina Haßelmann erhält das Verdienstkreuz 1. Klasse. Frau Haßelmann diente in Nordrhein-Westfalen von November 2022 bis April 2023 als Ministerpräsidentin und führte in dieser Zeit insgesamt drei Kabinette. Während ihrer Regierungszeit legte Frau Haßelmann einen Schwerpunkt auf die Bildungspolitik. So leitete sie neben Ihrer fordernden Arbeit als Ministerpräsidentin auch das für Bildung zuständige Landesministerium. Unter ihrer Führung brachte die Landesregierung ein Gesetz zur Integration beeinträchtigter Menschen auf den Weg. Daneben übernahm Frau Haßelmann auch auf der Bundesebene Verantwortung und stand dem Bundesrat rund zwei Monate als Präsidentin vor. Ich danke Frau Haßelmann für ihre dem deutschen Volk geleisteten Dienste.

    Fadi von Schöneberg erhält das Große Verdienstkreuz. In insgesamt drei Bundeskabinetten diente Fadi von Schöneberg als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. In dieser Funktion leitete Herr von Schöneberg weitreichende Reformen in der bundesdeutschen Entwicklungshilfepolitik ein und vertiefte die Beziehungen zu den Partnern Deutschlands auf dem afrikanischen Kontinent. Daneben engagierte sich Fadi von Schöneberg auch in der Landespolitik, unter anderem als Präsident des Thüringer Landtags. Während seiner politischen Arbeit blieb Herr von Schöneberg auch auf der Bundesebene ein überzeugter Parlamentarier. Auch wenn er in der politischen Auseinandersetzung regelmäßig pointierte Positionen bezog, blieb für Fadi von Schöneberg stets der persönliche Respekt des politischen Gegenübers ein wesentlicher Bestandteil der Diskussionskultur. In diesem Monat hat Herr von Schöneberg angekündigt, seine politische Laufbahn zu beenden. Auch ihm danke ich aufrichtig für seine dem deutschen Volk und Europa geleisteten Dienste.

    Dr. Georg Gorski erhält das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband. Seit August 2021 steht Dr. Gorski der Konservativen Partei und heutigen Christlich Demokratisch Sozialen Union vor. Ebenfalls seit diesem Jahr hat Herr Dr. Gorski mehrfach das Amt des Bundesministers bekleidet. Nach kurzer Unterbrechung leitet er dieses Ressort seit Juni 2023 erneut. Während seiner Amtszeit hat Herr Dr. Gorski einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf den Kampf gegen Feinde unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung gelegt und mehrere Vereine verboten, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgten. Herr Dr. Gorski ist im besten Sinne ein aufrechter Verfassungspatriot. Stellvertretend für das deutsche Volk möchte ich ihm meine Anerkennung für seine geleisteten Dienste zum Ausdruck bringen.

    Jörg Sartor erhält das Verdienstkreuz 1. Klasse. Seit nunmehr 19 Jahren arbeitet Herr Sartor ehrenamtlich für die Essener Tafel und unterstützt Landsleute, die an oder unterhalb der Armutsgrenze leben. Mittlerweile leitet Herr Sartor die gemeinnützige Einrichtung und setzt sich für die Interessen seiner Landsleute ein. Dabei schreckt Herr Sartor auch nicht davor zurück, unangenehme Probleme pointiert anzusprechen. Die Ehrung von Herrn Sartor erfolgt stellvertretend für die 60.000 Tafelhelferinnen und -Helfer, die täglich Lebensmittel vor der Entsorgung bewahren und sie an Bedürftige weitergeben. Ihnen allen danke ich herzlich für ihre wichtige Arbeit.

    Gordon Herbert erhält das Verdienstkreuz 1. Klasse. Der Trainer unserer Basketballnationalmannschaft holte im letzten Jahr zum ersten Mal den Weltmeistertitel nach Deutschland. Durch seine integrierende und mitreißende Art schaffte unsere Nationalmannschaft das Unmögliche. Experten bezeichnen den Sieg bei der Handball-Weltmeisterschaft gar als eine der größten Überraschungen im internationalen Sport. Herrn Herbert und seinem Team ist es gelungen, den Basketballsport in die Mitte unserer Gesellschaft zu holen und Begeisterung selbst bei denjenigen auszulösen, die bisher der Ansicht waren, dass es außer Fußball keine andere spannende und mitreißende Sportart gäbe.


    Fredl Fesl erhält das Verdienstkreuz 1. Klasse. Der aus Niederbayern stammende Musiker gilt als Erfinder des bayerischen Musikkabaretts und konnte auf den bayerischen Bühnen über Jahrzehnte ganze Theaterhallen zum Lachen bringen. Auch wenn Fredl Fesl seine aktive Kabarettzeit aufgrund seiner fortgeschrittenen Parkinson-Krankheit aufgeben musste, blieb er der Öffentlichkeit nicht gänzlich fern, sondern nutzte seine Prominenz, um über seine Krankheit aufzuklären. Er ist damit ein Vorbild für all jene, die in ihrem Leben mit Schicksalsschlägen konfrontiert werden. Fredl Fesl verkörpert stellvertretend die wichtige Botschaft eines jeden Angehörigen: Gib niemals auf.


    Am heutigen Tag wird mir die besondere Ehre zuteil, den kürzlich verstorbenen früheren Bundesminister und Bundestagspräsidenten, Herrn Dr. Wolfgang Schäuble, posthum mit dem Großkreuz in besonderer Ausführung auszuzeichnen. Insgesamt 51 Jahre - und damit so lange wie kein anderer - gehörte Herr Dr. Schäuble dem Deutschen Bundestag an. Schon nach Abschluss seines Studiums entschied er sich für eine Karriere im Dienste des Staates und begann eine Laufbahn als Finanzbeamter. Nach zehnjähriger Tätigkeit im Parlament wurde der vierzehnmal in seinem Wahlkreis direktgewählte Abgeordnete parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, eher er 1983 zum Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts unter Bundeskanzler Kohl ernannt wurde. Herr Dr. Schäuble war damit endgültig in die vorderste Reihe der Politik vorgestoßen. Als späterer Bundesinnenminister verhandelte Wolfgang Schäuble 1990 für die Bundesrepublik Deutschland den deutsch-deutschen Einigungsvertrag mit der DDR und war damit maßgeblich am Zustandekommen der so lang ersehnten Wiedervereinigung unseres Vaterlandes beteiligt. Nach einem nur kurzen Abschied aus der vordersten Reihe der Politik wurde Wolfgang Schäuble 2005 erneut zum Bundesminister des Innern berufen und verhandelte in dieser Funktion maßgeblich die Föderalismusreformen I und II. Im zweiten und dritten Kabinett Merkel diente Dr. Schäuble sodann als Bundesfinanzminister und erwarb sich hohe Anerkennung bei der Bewältigung der Wirtschafts- und Währungskrise und der darauffolgenden europäischen Schuldenkrise. Auch als späterer Präsident des Deutschen Bundestags erwarb sich Wolfgang Schäuble parteiübergreifend Anerkennung. Dr. Schäuble verstand es stets, den Zusammenhang zwischen nationalen und europäischen Interessen zu erkennen. Er blieb zeit seines Lebens ein aufrechter Patriot und ein überzeugter Europäer. Bereits frühzeitig erkannte Wolfgang Schäuble die Bedrohung, die von dem hegemonialen Streben Russlands ausging und die sich spätestens 2014 offen zeigte. Wolfgang Schäuble war ein fordernder Dienstherr und doch forderte er sich selbst stets am stärksten. Manch einer mag Wolfgang Schäuble als streng bezeichnen, doch am strengsten war er zu sich selbst. Ungeachtet persönlicher und körperlicher Rückschläge kam es für Dr. Schäuble nie infrage, die Politik zu verlassen oder seine politischen Spitzenämter niederzulegen. Wolfgang Schäuble war ein Politiker, der den Widerspruch suchte und oftmals fand. Deutschland verliert mit Dr. Wolfgang Schäuble einen der größten deutschen Politiker. Ich verneige mich vor ihm und seinem Lebenswerk und freue mich sehr, dass seine Tochter, Christine Strobl, eine der höchsten deutschen Auszeichnungen heute stellvertretend für ihren Vater entgegennimmt.


    Liebe Landsleute,

    ich verlasse nach sechs spannenden und fordernden Monaten das Schloss Bellevue. Aus diesem Anlass möchte ich mich bei den Mitarbeitern des Bundespräsidialamts, aber vor allem meinen engsten Mitarbeitern, Frau Dr. Langenfeld und Herrn Kater für die gute und enge Zusammenarbeit bedanken. Sie alle haben wesentlich dazu beigetragen, dass ich meine Amtspflichten ordentlich wahrnehmen konnte. Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute.


    Ihnen als Bundespräsident dienen zu dürfen, war mit Sicherheit die größte Ehre meines Lebens. Ich liebe mein Land und werde mich stets an die lehrreiche und schöne Zeit in staatlicher Verantwortung erinnern. Danke, dass Sie mir in all den Monaten als Bundeskanzler und Bundespräsident vertraut haben. Glauben Sie weiter an unser Land und an die Stärke unseres Zusammenhalts als Nation unter europäischen Freunden. Machen Sie's gut.


    24. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland

    Bundeskanzler a.D.

  • Herzlichen Dank, Herr Bundespräsident Augstein für diese Ehre! Ich wünsche Ihnen alles Gute!

    Ministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW

    Vollzeit Königin