Die CDSU sollte einen Orthopäden aufsuchen (Cordulas Commentar)

Es war ein starker bürgerlicher Sieg am Abend des 11. Juni; die Kanzlerpartei Allianz unter Bundeskanzler Augstein konnte über 40% der Wählerstimmen für sich gewinnen, die CDSU blieb stabil, das FORUM verlor leicht. Eigentlich ein klares Votum für ein "Weiter so!" der Wähler, mit kleinen Adjustierungen hier und da. Doch wieder auf dem Parkett war die SDP, nach dem zweiten Platz in Bayern selbstbewusst wie lange nicht mehr. Und so wurde an drei Fronten gleichzeitig verhandelt. Die Allianz hat die Begierde der SDP auf das Kanzleramt unterschätzt, oder war es doch eher die überschätzte Loyalität der CDSU zu einer stramm bürgerlichen Regierung? Um das zu verstehen, muss man auch nach Bayern schauen.


Bayern krankt seit Monaten an mangelnder Aktivität der Liberal-Konservativen. Nach der Staatsregierung Bourgeois, welche als durchaus kontrovers wahrgenommen wurde und der schwächelnden SDP war der Sprung in das Kanzleramt da. Das band enorme Ressourcen und hat Deutschland sehr genützt, jedoch blieb Bayern dabei etwas auf der Strecke. Nachdem die CDSU kurz vor der 16. Bundestagswahl die Koalition hat platzen lassen, sah diese sich auch in Bayern mehr als Konkurrent, denn als Helferlein und schnürte kurzum eine Landesregierung mit SDP, Piraten und LAZ. Profitiert haben davon vor allem die Sozialdemokraten, ironischerweise als Konkurrenz zu den Christdemokraten. Mal von ein paar Sätzen "Wokeness" abgesehen, hätte Spitzenkandidatin Ashfahdi ohne Probleme für die CDSU antreten können. Doch im konservativen Bayern kommt das an. Das linke und sehr linke Lager wird dort ohnehin nur noch von den Grünen bedient, die I:L ist seit der 16. Legislaturperiode schon nicht mehr vertreten.


Das rot-bürgerliche Image kam bei den Wählern durchaus an; bei der 17. Landtagswahl wurde die SDP gleichauf zweiter Platz neben der CDSU; das weckte Begehrlichkeiten. Womöglich sah sich Ashfahdi schon selbst als Ministerpräsidentin, als sie in regelmäßigen Abständen über Sondierungen informierte und die Allianz der Inaktivität beschuldigte. Der Vorwurf war teilweise nicht unberechtigt, wie die Kollegen von Lucifer Media auch seinerzeit berichteten. Doch alle Motivation und Anschuldigungen waren letzen Endes vergebens; die Roten mussten hilflos mitansehen, wie die CDSU ihr den Laufpass gab und die Allianz den von vielen Linken dämonisierten Christian von Wildungen (CDSU) in das Amt des Ministerpräsidenten wählte. Angemerkt sei allerdings, dass das das Ergebnis mit 47% für Ashfahdi durchaus respektabel war. Viel interessanter jedoch war, dass rechnerisch mindestens ein Mitglied des bürgerlichen Lagers der eigenen Regierung gegenüber illoyal war. Welche Motive dem zugrunde lagen, kann man nur mutmaßen.


Doch damit war die Sache klar; das Mitte-Experiment der Christdemokraten war vorbei und sie nehmen wieder ihren Platz als konservative Partei an der Seite der Allianz ein. Es hätte niemanden überrascht, wenn man im selben Atemzug verkündet hätte, die "Bahamas"-Koalition neu aufzulegen. Doch es sollte anders kommen; am 27. Juni verkündete Gerold von Hohenelmen-Lützburg (CDSU), welcher einen Tag zuvor in das bayerische blau-schwarze Kabinett berufen wurde, die Parteibasis habe sich mit klarer Mehrheit für eine Koalition mit SDP und Grünen ausgesprochen. Ein Paukenschlag, wobei insbesondere das Verfahren zur vorzeitigen Ergebnisfeststellung für Irritation und Unverständnis sorgte. Die CDSU und ihre Vertreter - hauptsächlich aus Bayern - gaben sich selbstbewusst. Beinahe so als habe man nicht eine Woche zuvor noch klar gegen einen Landesregierung mit u.a. SDP und Grünen votiert. Auf meine Nachfrage hin äußerte sich Heinzel Knoller, es gebe eine "Diskrepanz" zwischen bayerischem Landesverband und Bundesverband. Das ist offensichtlich.


Nun habe ich keinen Zweifel daran, dass beide Ergebnisse durch demokratische Basisabstimmungen entstanden sind, doch entsteht ein merkwürdig verzerrtes Bild. Dem ganzen die Krone aufgesetzt hat der frische bayerische Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten Hohenelmen-Lützburg (CDSU) - einer Allianz-CDSU Regierung -, als er gestern Abend in einer wahlkampfartigen Rede davon sprach "den Mut [zu] haben, uns von populistischen Strömungen nicht beeinflussen zu lassen." Eine offenkundige Anspielung auf die Allianz, mit der man diesmal nicht im Bund regieren will. Das wirft schon Fragen auf.

Natürlich kann die CDSU-Basis zu dem Entschluss kommen, lieber Juniorpartner mit Rot und Grün zu sein. Aber ist es so glaubwürdig, wenn man im Landesverband, der immerhin nach meinen Recherchen knapp Zweidrittel der Mitglieder enthält an einem blau-schwarzen Kabinettstisch sitzt und die dortige Landesregierung gegen eine rot-grüne Opposition, welche immerhin dort sogar den inhaltlich nächsten Landesverband darstellt, vertedigt?


Ich werde niemandem widersprechen, der dieses Verhalten zumindest als widersprüchlich oder fragwürdig empfindet. Ich selbst trinke gerne Champagner und Rotwein, aber am Ende sollte man sich - zumindest an einem Abend - für eines entscheiden, sonst wird der nächste Morgen heftig. Oder um in einem anderen Bild zu sprechen; sich so sehr das Rückgrat zu verbiegen, ohne dabei vor Schmerzen aufzuschreien, ist definitiv nicht gesund. Die CDSU sollte sich überlegen, wie sie das dauerhaft aushalten will.

Gerne empfehle ich meinen Orthopäden weiter.

    Kommentare 4

    • Zitat

      Der Vorwurf war teilweise nicht unberechtigt, wie die Kollegen von Lucifer Media auch seinerzeit berichteten.

      Erfreulich, dass Sie uns in dieser Hinsicht als Instanz betrachten!

      Zitat

      Bayern krankt seit Monaten an mangelnder Aktivität der Liberal-Konservativen.

      Jedoch waren die anderen Parteien auch nicht viel aktiver.

      Zitat

      Viel interessanter jedoch war, dass rechnerisch mindestens ein Mitglied des bürgerlichen Lagers der eigenen Regierung gegenüber illoyal war.

      Nicht außergewöhnlich. Denken Sie an Hamburg! Selbst im Bund gab es das bei linken Regierungen immer wieder. Tom Schneider (SDP) wurde im Dezember 2020 gar nicht erst zum Kanzler gewählt.

      Zitat

      Doch alle Motivation und Anschuldigungen waren letzen Endes vergebens; die Roten mussten hilflos mitansehen, wie die CDSU ihr den Laufpass gab und die Allianz den von vielen Linken dämonisierten Christian von Wildungen (CDSU) in das Amt des Ministerpräsidenten wählte.

      Zitat

      Oder um in einem anderen Bild zu sprechen; sich so sehr das Rückgrat zu verbiegen, ohne dabei vor Schmerzen aufzuschreien, ist definitiv nicht gesund. Die CDSU sollte sich überlegen, wie sie das dauerhaft aushalten will.

      Die Entscheidung der CDSU für Rot-Grün ist unverständlich, wer sich aber doch wirklich für die Macht verbiegt, sind Grüne und die SDP. Letztere hatten laut Herrn Miller nicht mal Einwände gegen Christian von Wildungen. Für die hohe Ablehnung des Vertrags gab es nur inhaltliche Gründe. Positiv! Doch bei den ständigen Anfeindungen eher überraschend. Zeitweise wäre die Unterstützung des Reichsgrafen bei der Kanzlerwahl immerhin erforderlich gewesen.

      • Es freut mich, dass Sie von der "Konkurrenz" meinen Artikel so ausführlich durcharbeiten.

        Ich stimme Ihnen in Ihren Einlassungen teilweise zu. Es ist bei der SDP aber weniger ein Verbiegen, als ohne blinken rechts abbiegen. In Bayern hat man sogar mit von Wildungen an einem Kabinettstisch gesessen. Dass eine bayrisch dominierte SDP dies daher auch im Bund tun würde, würde ich nicht als besonders überraschend bewerten. Das erklärt aber auch hinreichend das knappe Abstimmungsergebnis. So kann ich beispielsweise Frau Katja Barley, welche sich zuweilen besonders kritisch äußert nicht in der Aufstellung des Kabinetts, welche mit dem KV veröffentlicht wurde, nicht finden.


        Das Verhalten der SDP kann man mEn teilweise als scheinheilig betrachten, aber nicht als überraschend.

        Um die SDP wird es jedoch in anderen Kommentaren gehen, hier ging es primär um die CDSU.

    • Eine interessante Interpretation.

      Zitat

      Dem ganzen die Krone aufgesetzt hat der frische bayerische Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten Hohenelmen-Lützburg (CDSU) - einer Allianz-CDSU Regierung -, als er gestern Abend in einer wahlkampfartigen Rede davon sprach "den Mut [zu] haben, uns von populistischen Strömungen nicht beeinflussen zu lassen." Eine offenkundige Anspielung auf die Allianz, mit der man diesmal nicht im Bund regieren will.

      Man könnte es auch als Hinweis auf Sozialdemokraten und Grüne, man denke an deren Politik, die Vorliebe mit den Linken zu koalieren oder die absurden Attacken auf Christian von Wildungen und die Allianz, oder sogar als Selbstkritik verstehen.

      • Ebenfalls ein interessanter Ansatz, Herr Morgenstern. Diese Möglichkeit besteht natürlich auch. Letzten Endes handelt es sich natürlich um eine Spekulation. Bemerkenswert finde ich, dass es überhaupt eine solche geschwollene Rede gab. Man sollte doch meinen, man sei dort als CDSU-Funktionär mit allen Entscheidungen im Reinen.