Ist die Sozialdemokratische Partei noch zu retten?

Es löst nicht mal mehr großes Entsetzen aus, dass die Sozialdemokratische Partei neusten Umfragen zufolge auf gerade einmal neun Prozent der Stimmen kommt. Für eine Partei, die seit des Parteienumbruchs Anfang 2020 eigentlich immer eine zentrale Rolle spielte, ist das keine gute Bilanz. Dass es in der SDP Probleme gibt, die bis heute nicht geklärt sind, war seit dem Anfang des Endes klar: der Flügelbildung und dem Rücktritt Alex Regenborns. Auch wenn die Flügelbildung in der nachträglichen Bewertung wohl nur indirekt einen Einfluss auf den Niedergang der Volkspartei ausübte, so dient er zumindest als guter zeitlicher Anhaltspunkt.


Beschuss von rechts

Die Flügelbildung stellt auch die Bewegung der Sozialdemokratischen Partei in Richtung Mitte dar. Nach dem Zerfall des Forums, einer Partei, die früher ebenfalls eine große Rolle spielte, schien diese Taktikänderung mit Blick auf die Wählerschaft des Forums nicht so weit hergeholt. Nur hatten sich die ehemaligen Wählerinnen und Wähler des Forums längst auf Allianz, Piraten und Grünen aufgeteilt. Und der Schritt in die Mitte konnte auch der rechten Allianz nicht schaden, da diese schlicht und ergreifend keine Partei wählen würden, die seit jeher für den demokratischen Sozialismus steht. Die SDP bewegte sich zur Mitte - aber weder Mitglieder noch Wählerinnen und Wähler entschieden sich, diesen Weg mitzugehen.


Was auf inhaltliche Neuausrichtungen, eine katastrophale Kurzregierung mit der Allianz und parteiinternen Streitigkeiten folgten, waren zahlreiche Rücktritte, etwa die komplette Amtsniederlegung von Alex Regenborn, der zu der Zeit das entscheidende Gesicht der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war, Rückzüge, etwa die von Herbert Müller, die eine der größten Regierungskrisen der Bundesrepublik auslöste, und Austritte. Dann, als sich die SDP etwas sammelte, folgte die Bundestagswahl im Januar diesen Jahres. Das Ergebnis war niederschmetternd. Zwar konnten sich die Sozialdemokraten mit Mijat Russ als Parteilinken noch als stärkste Kraft behaupten, die Verluste von zehn Prozent sprachen allerdings für sich.



Die Gründer des Düsseldorfer Kreises übernehmen

Das gipfelte nun in der bisher größten Wahlniederlage für die Sozialdemokratische Partei. Stefan Herzinger, der zuvor - was bei den nordrhein-westfälischen Parteilinken schon damals Unbehagen auslöste - mit der Allianz in NRW regierte, übernahm das Ruder der Partei. Und brachte Verluste in Höhe von sechs Prozent und ein Ergebnis von 18 Prozent. In aktuellen Umfragen steht die Partei des Außenministers und immer noch Parteivorsitzenden Herzinger bei den bereits erwähnten neun Prozent.



Fachkräftemangel auch bei den Sozialdemokraten

Das, was die Sozialdemokraten in ihren unzähligen Regierungen nicht beheben konnte, trifft nun auch sie selbst: der Fachkräftemangel. Denn selbst wenn sich einige Mitglieder der Partei einen Richtungswechsel wünschen würden, vielleicht sogar eine Rückkehr zum Kurs Regenborns: Gegenkandidaten gab es bei der letzten Vorstandswahl keine. Und schon keine aus dem linken Lager, das so zersplittert wie nie erscheint. Der linke Flügel der Partei ist errodiert: Regenborn, Liebknecht und Russ sind von der Bildfläche verschwunden. Der Rest ist ausgetreten oder spielt keine wichtige Rolle.


Den Sozialdemokraten fehlt es an einer ausreichend beliebten Führungsperson, die ein klares Profil der Sozialdemokraten zeichnet. Das fehlende klare Profil, vielleicht sogar das fehlende klare, linke Profil der SDP führte nicht zuletzt zur Gründung und zum Aufstieg der Internationalen Linken. Während die SDP zwar regelmäßig Konkurrenz von links bekam, man erinnere sich an Vorwärts! und die UPS, wurden diese weder bedrohlich noch zum Feind. Aber beides ist der Fall. In der Umfrage der Berliner Allgemeine liegen Sozialdemokraten und die Internationale Linke gleichauf. Früher schluckte die Sozialdemokratische Partei die linken Kleinparteien - nun droht sie zu einer zu werden.



Eine neue Hoffnung?

Was also kann diese ehemals so große Partei also zur alten Stärke zurückführen? Die Rückkehr alter, erfolgreicher Parteilinken? Wohl kaum, als etwa die Grünen zahlreiche Male in die Bedeutungslosigkeit versinkten, halfen auch da alte Bekannte nur bedingt. Das einzige was fest steht ist, dass die SDP sich zumindest vorerst mit einer geschwächten Position abfinden muss. Eine Kanzlerschaft in naher Zeit scheint unrealistisch. Vielleicht hilft aber auch genau das, das Image in Ruhe aufzupolieren. Konstruktive Arbeit zu leisten, statt einfach nur in inaktiven Regierungen herum zu dümpeln.


Und ein Zeichen, das genau das passieren könnte, hat heute das Licht der Welt erblickt: die Auflösung des Düsseldorfer Kreises erscheint wie der Versuch, endlich mit der Vergangenheit abzuschließen. Auch als der Kreis keine inhaltliche Rolle mehr spielte, weigerten sich die Mitglieder stets, diesen Kreis aufzulösen. Die Auflösung öffnet die Chance, wieder ein klares linkes Profil zu bekommen. Ob die SDP und vor allem die Mitglieder diese Chance nutzen werden?



Veröffentlicht am 04.05.2022 um 19:45 Uhr
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