Diskursverschiebung ohne Diskurs - Ein Kommentar von Louisa Petersdotter

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Schaut man in den vergangenen Wochen auf das politische Berlin und die Landeshauptstädte, muss man mit Entsetzen feststellen, dass die politische Debatte vielerorts zum Erliegen gekommen ist. Sicherlich gäbe es genügend worüber es zu diskutieren gibt. Wie wird dieses Land, Europa und die Welt mit der Pandemie weiterhin umgehen und sie auch schnellstmöglich überstanden haben, wie begegnet man dem Klimawandel oder auch die große Frage nach der sozialen Gerechtigkeit.

Doch anstatt, dass sich die Volksvertreter*innen in Bund und Länder mit wirklich essenziellen und existenziellen Fragen befassen, hat ein anderes Phänomen und seine Auswüchse eine, nein die, dominierende Stellung im politischen Diskurs übernommen: das Freiheitliche Forum Deutschlands.


Als Partei inszeniert sie sich als einzig wahre Vertretung des deutschen Volkes, postuliert einen EU-Austritt der Bundesrepublik als heilsbringende Maßnahme, verteufelt den sogenannten „Moloch zu Brüssel“ und dämonisiert alles was nicht heteronormativ, weiß und mindestens bürgerlich ist als Auswüchse „linker“ Politik. Altbekannte Aussagen, zumindest vom Parteivorsitzenden Christian von Wildungen, aber dennoch immer wieder Anlass für viele Politiker*innen auf diese anzuspringen. Und das obwohl Wildungen und sein Protegé Harald F. Rache bisher wenig Interesse zu haben scheinen über diese Forderungen ernsthaft und sachlich zu diskutieren.


Doch dies scheint nichts an der Mobilisierungskraft der Partei, welche gedanklich noch in einem Deutschland der 1950er Jahre verhaftet zu sein mag, zu ändern. Ein besonders eindrückliches Beispiel dafür sind die Ausschreitungen auf den Amtssitz des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten vor wenigen Tagen.


Dieser Angriff war gegen die Demokratie und unseren Rechtsstaat. Doch alle Teilnehmenden als Antidemokrat*innen zu bezeichnen reicht zu kurz. Es ist die Auswirkung eines Problems, welche
den politischen Diskurs dieser Tage befällt. Dadurch, dass sich eine Mehrheit der politischen Akteur*innen gegen das FFD stellt, bleibt keine Zeit mehr den inhaltlichen Diskurs mitzugestalten und sich damit der Probleme in diesem Land ernsthaft anzunehmen. Verstärkt wird dieses Problem auch noch dadurch, dass aufgrund dessen, dass das Freiheitliche Forum Deutschlands zeitgleich auch den inhaltlichen Diskurs im Bund und in einigen Bundesländern dominiert. Seien es der Austritt Deutschlands aus der Europäische Union oder das Verlassen des Pariser Klimaabkommens. Es vermittelt den Wähler*innen das Bild einer pseudokonstruktiven Partei, während von den Anderen recht wenig kommt.


Zeitgleich versucht diese Partei aber auch sich im politischen Spektrum rechts der Mitte als ernstzunehmende und vor allem koalitionsfähige Partei zu manifestieren. Nicht mit den Anträgen, die einfach nur dazu dienen die Parteien links der Mitte von der politischen Arbeit abzuhalten, sondern mit solchen, die in Teilen das Attribut „mehrheitsfähig“ verdienen, wie der Antrag zur Abgeordnetenbestechung zeigt.

Es ist an der Zeit die antidemokratischen und allein der Provokation dienenden Anträge des FFD unkommentiert zu lassen und sich konstruktiver politischer Arbeit zu widmen. Denn das FFD lebt mehrheitlich von der Resonanz der anderen. Und dieses Mittel ist ihr zu nehmen.


Zur Person
Dr. Louisa Petersdotter war nach der Neustrukturierung der Parteienlandschaft gemeinsam mit Dr. Arno Wiedmann erste Parteivorsitzende der Grünen Demokraten. Nach ihrem Rückzug aus der aktiven Politik forscht Petersdotter zum Thema Protestwahl als Ausdruck politischer Resignation.

    Kommentare 4

    • Kurz vorweg, das soll keine Kritik sein: Wieso wird soviel über die FFD gesprochen? Die freuen sich doch drüber.

      • Wenn ich Dr. Petersdotter richtig verstanden habe, will sie mit diesem Kommentar dazu anregen, eben nicht mehr so viel darüber zu sprechen. Manchmal muss man eben noch ein letztes Mal ausholen um das in Zukunft vermeiden zu können.

      • Sind bei mir schon auf Ignore :)

      • Das frag ich mich auch... Die werden immer in den fokus gestellt, so freuen die sich doch das sie die Aufmerksamkeit bekommen.