Gespräch mit Mijat! [S1|F1]

Ein Jingle wird gespielt und Mijat Russ erscheint im Bild

Mijat Russ

Schönen guten Abend, mein Name ist Rijad Muss oder so und ich begrüße Sie heute ganz herzlich zur ersten Folge „Gespräch mit Mijat“. Wir senden nicht live aus Salle an der Haale und haben uns gleich für die erste Sendung die Elite-Gäste schlechthin eingeladen: Elias Jakob Lewerentz, Alex Regenborn und Dr. Jürgen Holler. Herzlich willkommen.

Alex Regenborn

Guten Abend!

Joachim Holler

Fühlt sich nicht angesprochen

Mijat Russ

Und auch Sie Herr Joachim Holler begrüße ich selbstverständlich!

Joachim Holler

Guten Abend!

Elias Jakob Lewerentz

Guten Abend!

Mijat Russ

Viele von Ihnen, oder besser gesagt: Alle kennen dieses Format noch nicht, deswegen will ich es kurz erklären. Kurzform: Ich lade mehr oder weniger interessante Menschen ein und wir führen ein Gespräch. Etwas längere Version: Es soll über politische und gesellschaftlich relevante Themen diskutiert, gestritten und auch gerne auch geboxt werden. Wir suchen kein gemeinsames Ziel, sondern wollen vor allem einen regen, spannenden Austausch. Sie am Bildschirm können entscheiden, wer sich am besten geschlagen hat. Auch ich werde mich nicht zurückhalten und versuchen, meine Gäste aus der Reserve, mit provokanten Aussagen, zu locken. Falls es Jemandem zu bunt wird, haben wir am Ende des Studios die Alice-Weidel-Gedächtnistür eingebaut und ist jederzeit ein möglicher Fluchtweg für Feiglinge. (bitte beachten Sie die aufwändige Alliteration, sie hat mich 20 Sekunden meiner Zeit gekostet)

Alex Regenborn

ist über die Alliteration überrascht und findet sie gut

Mijat Russ

setzt sich zu seinen Gästen Und nun beginnen wir mit meinen Gästen!

Herr Regenborn, nach gefühlt hunderten Legislaturperioden als Ministerpräsident von NRW hat man bei Ihnen dass Gefühl, man muss Politikwissenschaft studiert haben um die Erfolge Ihrer Arbeit betrachten zu können. Wird Ihnen das in der Bundespolitik auch gelingen oder planen Sie nun mit dem Neuanfang inhaltlich in Erscheinung zu treten?

Alex Regenborn

Also ich bin mir sicher, dass ich als dreifacher Ministerpräsident sicher auch inhaltliche Punkte, nicht zuletzt die leider gescheiterte Bildungsreform, gesetzt habe. Mehr Datenschutz an Schulen, Förderung klimafreundlicher Antriebe etc. wurden unter meiner Führung vorangetrieben.
Nichtsdestotrotz hätte es natürlich immer mehr und ausführlicher sein können, daran arbeite ich auch stetig. Eine Stabilität zu schaffen habe ich ohne Frage geschafft, jedoch braucht es natürlich auch inhaltliche Impulse. Letztere öfter zu bringen steht auf jeden Fall auf meiner To-Do-Liste.

Mijat Russ

Die Betonung liegt auf gescheitert, Herr Regenborn.

Herr Lewerentz, Sie sind der Lieblingsmann eines jeden Regierungschef, ob im Bund oder im Land gehen Sie allen regelmäßig auf den Geist. Unter anderem ihre Seitenlange Twitter-Fede mit der SDP kürzlich war, nunja, spannend? Wollen oder können Sie nicht symphatisch sein?

Elias Jakob Lewerentz

Vielen Dank für die Frage. Gute Politiker müssen nicht sympathisch sein, sondern sich leidenschaftlich für die Belange ihrer Bürgerinnen und Bürger einsetzen. Deswegen mache ich Politik. Dabei kann es auch mal rauer durchgehen. Dass ich mir tatsächlich anmaße mich mit Regierungschefs anzulegen, wird mir zumeist eher positiv ausgelegt. Was die Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich streite auch immer wissen ist, dass ich jemand bin, der gerne und hart in der Sache streitet. Nicht mehr und nicht weniger. Ich muss nicht von allen gemocht werden.

Mijat Russ

Keine Sorge, dem ist auch nicht der Fall.

Herr Holler, Bei den Recherchen zu Ihnen sind wir in der Redaktion verzweifelt. Es lässt sich einfach nichts kontroverses zu Ihnen finden. Wie schafft man es, absolut nichts zu sagen, was Aufmerksamkeit erregt oder auch nur im Ansatz interessant wäre?

Joachim Holler

Das kommt ganz darauf an, welche Aussagen in Ihren Augen aufmerksamkeitserregend sind. Ich denke durch diverste Wahlkampfauftritte und Reden im Bayerischen Landtag habe ich durchaus auch Aufmerksamkeit erregt, zumindest bei bestimmten Personengruppen. Ich finde auch, dass meine entsprechenden Reden durchaus interessant waren. Leider ist für viele Leute in der heutigen Zeit ja nur "interessant", was polarisiert und was zu Kontroversen und Skandalen führt. Ich bevorzuge eine sachliche Diskussionsebene - in dieser Hinsicht bin ich wohl ein kleiner Langweiler.

Mijat Russ

Was? Ich hab nicht zugehört. Naja, jedenfalls gehen wir jetzt in den wesentlich interessanteren Teil.

Steigen wir ganz gemütlich und sachlich ein. Das erste Thema des heutigen Tages: Tempolimit. Ja ich weiß, das ist ein Thema was in der öffentlichen Debatte in den vergangenen Jahren immer viel zu kurz gekommen ist. Darum gibt es Heute endlich einmal Zeit dafür. Ich bitte ich nun Elias Jakob Lewerentz um sein Eingangsstatement.

An einem Bildschirm wird eine These eingeblendet: „Es sollte ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen geben.“

Elias Jakob Lewerentz

Gerne. Ein allgemeines und verbindliches Tempolimit lehnen wir als Konservative Partei weiterhin konsequent ab. Dem stelle ich mich sehr entschieden entgegen. Das Problem ist doch: Egal ob Befürworter oder Gegner des Tempolimits, es gibt keine eindeutige Studienlage in vielerlei Hinsicht. Es gibt keine Belege für Umwelteffekte und wenn, halten sich diese in einem super geringeren Bereich und auch sonst, ist kein spürbarer Effekt messbar. Wer Freiheitsrechte unserer Bürger beschneiden möchte, muss Rechenschaft zur Wirksamkeit und Notwendigkeit ablegen. Das sehe ich nicht hinreichend belegt. Deswegen müssen wir ein Tempolimit allgemeiner Natur ablehnen. Dafür gibt es doch bereits hinreichend differenzierte Temposteuerungsmaßnahmen auf unseren Autobahnen.

Mijat Russ

Also da darf ich Ihnen gleich mal widersprechen: Die Belege gibt es schon. Verschiedene Studien kommen zum Ergebnis, dass man jährlich rund eine Millionen Tonnen CO2+x einsparen könnte. Also soweit zu den Fakten.

Elias Jakob Lewerentz

Was ist denn da ihre Quelle bitte?

Alex Regenborn

Ein allgemeines Tempolimit ist aus Sicht der SDP eine sinnvolle Maßnahme, um den Verkehr sicherer und umweltschonender zu gestalten. Wie Herr Russ gerade belegte gibt es durchaus messbare Effekte für die möglichen Einsparungen von CO2, was denke ich im Sinne von uns allen ist. Weiter kann ich auch das klare Nein mit einer Argumentation auf Freiheitsrechte verstehen. Mit 200 durch Deutschland brettern ist sicher keine Freiheit, sondern lebensmüde.

Mijat Russ

Unter anderem die T-Online am 14.02.2020 oder auch Artikel der Zeit und weiterer Zeitschriften. Sie dürfen vertrauen, dass wir unsere Fakten vorher überprüfen.

Elias Jakob Lewerentz

Herr Russ, es kommt aber doch auch darauf an, wie hoch das Tempolimit sein soll.

Das muss man alles dazu erwähnen.

Herr Regenborn, ich spreche auch nicht über Leute, die konsequent 200 "brettern". Das sind ja wirklich Schreckgespenster, man dürfte ja nicht mal mehr 140 fahren. Das ist garantiert nicht lebensmüde. Der Verkehr wird mitnichten sicherer. In Deutschland gab es durchschnittlich 1,6 Verkehrstote. Weniger als in Frankreich, Spanien, Italien und Polen - alles Länder mit Tempolimit. Die Autobahnen in Deutschland sind die sichersten Straßen, die es gibt - auch ohne Tempolimit.

Mijat Russ

Herr Lewerentz, die Einsparungen von 1-2 Millionen CO2 wurde vom Umweltbundesamt bei einem Tempolimit von 120 km/h gemessen.

Joachim Holler

Zumindest hinsichtlich des Umweltaspektes möchte ich dem Kollegen Lewerentz vehement widersprechen. Wer ein wenig elementare Physik beherrscht, der weiß, dass bei Verdoppelung der Geschwindigkeit das Achtfache an Leistung benötigt wird - entsprechend steigt der Kraftstoffverbrauch, was bei Autos mit Verbrennungsmotoren, die derzeit noch deutlich in der Überzahl sind, natürlich auch mit deutlich erhöhten Emissionswerten einhergeht. Ein Tempolimit ist jedenfalls eine sehr einfache und gleichermaßen effektive Maßnahme, um Schadstoffemissionen wirksam zu senken. Andere Länder, mithin alle anderen europäischen Länder, sind uns da voraus. Warum ausgerechnet Deutschland in dieser Thematik so stur agiert ist mir schleierhaft. Der entsprechene Einfluss der in Deutschland sehr starken Automobillobby ist natürlich nicht von der Hand zu weisen - aber nichtsdestotrotz stehen wir Grüne natürlich geschlossen hinter dem Vorhaben zur Einführung des Tempolimits und soweit ich weiß, ist eine entsprechende Initiative der Bundesregierung auch schon in Arbeit.

Alex Regenborn

Das widerspricht aber nicht der Verbesserung der Sicherheit. Niemand behauptet, die deutschen Straßen seien katastrophal unsicher. Das heißt aber nicht, dass sie nicht noch sicherer werden können. Wir sollten doch versuchen, so viele Unfälle wie möglich zu verhindern, oder?

Elias Jakob Lewerentz

Glauben Sie mir, Herr Holler, ich beherrsche elementare Physik. Wenn man sich aber anschaut, wie wenig die CO2-Einsparungen, die bei einem Tempolimit von 130 km/h entstehen, tatsächlich sind, dann drängt sich doch die Frage auf, ob es da nicht andere Schwerpunkte hätte geben müssen, um effektive Klimapolitik zu machen. Das kann nicht das Allheilmittel der Bundesregierung sein. Im Übrigen bin ich doch sehr gespannt, ob sich da eine Mehrheit für das Tempolimit findet. Sie können mir aber glauben, dass meine Kritik am Tempolimit inhaltlich begründet ist und nicht durch Automobilvertreter begründet ist.

Elias Jakob Lewerentz

Nach der Logik müsste man noch ganz anderes verbieten. Man muss immer die Verhältnismäßigkeit sehen, Herr Regenborn. Die Verhältnismäßigkeit ist schlicht nicht gegeben.

Joachim Holler

Natürlich ist ein Tempolimit kein Allheilmittel. Aber es kann einen von vielen Bausteinen darstellen, der für einen ganzheitlichen langfristigen Klimaschutzplan von Bedeutung sein kann und wird. Der Bundesumweltminister wird selbstredend auch noch andere Initiativen auf den Weg bringen. Nebenbei ist, um auf ihr Argument der Einschränkung der Freiheitsrechte einzugehen, die Intensität des Eingriffes wirklich gering und von wohl nur verschwindender Bedeutung, die auf jeden Fall gerechtfertigt werden kann.

Die parlamentarische Mehrheit sollte sich durch Zustimmung der Regierungsfraktionen schon finden. Nur hilfsweise will ich anmerken, dass ein Tempolimit eigentlich schon im Wege der Verordnung erlassen werden könnte.

Elias Jakob Lewerentz

Man lässt sich da auf ein ganz gefährliches Ping-Pong-Spiel ein. Anstelle auf innovative Leitsysteme und moderne Technologie zu setzen, setzt man hier die Scheuklappen auf. Ein Tempolimit ist nicht sicherer und die Umwelteffekte sind allenfalls gering. Daher ist es abzulehnen. Sollte ein Tempolimit beschlossen werden, wird bei KonP-Regierungsbeteiligung das Tempolimit wieder angepasst werden oder gar abgeschafft. Eine permanente Gängelung unserer Autofahrer werden wir nicht akzeptieren. Dafür gibt es auch keine hinreichenden Gründe. Die Einsparungen kann man anders erzielen, alternative Biokraftstoffe sind da nur als Beispiel genannt, und die Sicherheit ist schlicht nicht durch ein Tempolimit gegeben.

Mijat Russ

Gut Gut Gut. Da haben doch alle schon mal ihre Meinung in den Raum gestellt, aber wir wollen zum nächsten Thema kommen.

Joachim Holler

Ich lasse dem Kollegen ungern das letzte Wort, aber nachdem wir hier wohl noch Stunden diskutieren könnten, lassen wir das mal so stehen.

Mijat Russ

Als nächstes dürfen wir ein Thema ansprechen was uns alle die vergangenen Tage beschäftigt hat: Die Regierungskrise in Thüringen. Herr Lewerentz ist der liebste Kritiker des heute leider verhinderten, amtierenden Ministerpräsidenten. Herr Regenborn vertritt die SDP, die Juniorpartner in der Regierung gewesen ist und wohl kein gesteigertes Interesse an mehr Freiheiten für die Bürgerinnen und Bürger in Coronazeiten hatte. Herr Holler hat hingegen nichts mit der Situation, seine Partei ist nicht einmal im Landtag vertreten. Ich bitte deswegen Sie um Ihr Eingangsstatement.

These: „Die Regierung hätte im Amt bleiben müssen, um die BürgerInnen nicht zu verunsichern!“

Joachim Holler

Ich war eigentlich nicht wirklich überrascht von der Auflösung der Koalition. Die Argumentationen des Ministerpräsidenten McKenzie sind schlicht nicht tragbar. Am Ende war das SDP-FORUM-Bündnis in Thüringen wohl mehr dem Zweck geschuldet, eine BUW-Regierungsbeteiligung zu verhindern und doch eine handlungsfähige Regierung auf die Beine zu stellen. Dass das Ganze wohl nicht wirklich gut geht, war aus meiner Sicht eigentlich klar. Ich muss aber hier eigentlich noch einmal mein Unverständnis ausdrücken, warum der amtierende Ministerpräsident sein komplettes Kabinett entlassen hat. Ob die Minister in diesem Falle überhaupt geschäftsführend im Amt bleiben können halte ich aus juristischer Sicht für zumindest nicht zweifelsfrei möglich.

Mijat Russ

macht sich eine Ostmost auf und bietet seinen Gästen auch einen köstlichen Schluck des edlen Tropfens an

Joachim Holler

nimmt dankend an

Alex Regenborn

Ich stimme dem Kollegen Holler da zu. Inmitten einer brutalen dritten Welle mit Mutationen ein Ende aller Kontaktbeschränkungen und weitreichende Lockerungen zu fordern, ist ein Schlag ins Gesicht von Intensivmedizinern. Das ist absolut fahrlässig und dumm. Wohin solche Forderungen umgesetzt führen können, sieht man aktuell erschreckend in Indien, wo scheinbar schon eine Doppelmutation sein Unwesen treibt. Dass die Kollegen am Ende dennoch ein bestmöglichstes Papier rausgeholt haben, um eine Umsetzung von den Öffnungsfantasien von mcKenzie mit Hilfe der BUW zu verhindern, finde ich beeindruckend. Ich kann allen Thüringer nu empfehlen, eine Partei mit vernünftigem Spitzenpersonal im Land zu wählen - dazu zähle ich auch die KonP, aber ganz sicher nicht das Forum und natürlich nicht die BUW.

Elias Jakob Lewerentz

Mich überrascht das, was in den vergangenen Tagen bei mir in der Heimat passiert, nicht mehr. Ministerpräsident McKenzie hat im besten Fall grob fahrlässig einem Irren im Elfenbeinturm Vorschub geleistet. Ich bin daher traurig, dass er leider nicht dabei ist heute. Was ich bis heute nicht verstanden habe ist, warum die Koalition nicht bereits im Vorhinein aufgelöst wurden ist. Warum es vorher nicht schon Neuwahlen hätte geben können? Dieses unwürdige Geplänkel ist jetzt dann hoffentlich vorbei. Das ist das Einzige, was ich hoffe. Dann brauchen wir schnell gute Maßnahmen für Thüringen - gerade im Bereich der Corona-Politik brauchen wir einfach eine bessere Strategie, bessere Vernetzung und schlicht und ergreifend keinen Verharmloser in der Staatskanzlei.

Mijat Russ

Ich glaube, hierzu gibt es keinen großen Diskussionsbedarf mehr. Deswegen kommen wir zum letzten Thema:

Letztes Thema für Heute: Kindergarten in NRW. Nach 5 schläfrigen Legislaturperiode ist nun etwas passiert. In einer, nennen wir es mal überraschenden, Pressekonferenz verkündete der grüne Marius Wexler die erste grün-gelbe Koalition. Kurios: SDP und Grüne hätten zusammen eine sichere Mehrheit gebildet. Ein Schelm, wer da an Niedersachsen-Eklat 2.0 denkt. Grund soll eine unausgereifte Bildungsreform des Duos Regenborn-Klinkert sein, die diese in der vergangenen LP ausgearbeitet haben und um jeden Preis durchbringen wollten, unter anderem mir Hinterzimmergespräche mit, dreimal dürfen Sie raten: dem Forum. Herr Regenborn, was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?

Alex Regenborn

Zuerst ist die Bildungsreform alles andere als unausgereift. Die Bildungsreform ist umfassend und beinhaltet auch weitere Verordnungen, die veröffentlicht würden, wenn die Bildungsreform durchkäme. Die Bildungsreform ist auch in jedem ein Fall eine riesige Verbesserung gegenüber dem jetzigen Stand, den die Grünen aufgrund eines winzigen Punktes dem neuen Entwurf vorziehen. Dass die Grünen da so dicht gemacht haben, liegt nicht am Inhalt, sondern an ihrer unbegründeten Betroffenheit.

Zu meiner Verteidigung habe ich folgendes zu haben: Wir waren mit den Grünen noch nicht einmal in Verhandlungen sondern auch noch in den Sondierungen mit dem Forum. Nach der Logik der Grünen hätten wir also mit dem Forum sprechen sollen, die zu dem Punkt dieselbe Position wie das Forum hatte. Haben wir auch gemacht. In meiner Funktion als geschäftsführender Ministerpräsident und nicht als Verhandler habe ich nach Mehrheiten für ein Projekt von der alten Landesregierung gesucht. Das ist für mich politischer Alltag. Dass dir Grünen da so ausrasten ist völlig unverständlich, gerade, da wir stets kompromissbereit waren, den umstrittenen Punkt mit einem zu lösen. Wir haben mindestens drei Lösungsvorschläge gemacht, von denen nur einer beantwortet wurde: mit purer und kompromissloser Ablehnung. Auch auf eine Nachfrage, ob die Grünen denn einen Kompromiss hätten, wurde nicht geantwortet. Dass sich diese Partei so aufregt, ist wirklich unfassbar. Wexler wollte Ministerpräsident werden und hat für die Macht eine zukunftsorientierte und gute Landesregierung abgelehnt und einen lächerlichen Grund dafür vorgeschoben. Ich hatte von ihm mehr erwartet und wurde enttäuscht, gerade nach den Falschbehauptungen im Anschluss.
Auch das Hinterzimmer sehe ich nicht kritisch.

Viel kritischer sehe ich, dass Gerald Möller private und ausschließlich an ihn gerichtete Nachrichten nutze, um die Grünen um den Finger zu wickeln und an Macht zu gelangen. Das ist unsportlich und falsch. Moral im Forum ist wohl Mangelware, wenn sich nicht einmal der Parteichef diese leisten kann. Und dass die Grünen die fragwürdige Taktik von Möller nicht durchschauten bzw. gekonnt ignorierten, ist ein Armutszeugnis für faire Werte.

Mijat Russ

Sehen das Grünen denn auch so?

Alex Regenborn

Sicher nicht.

Mijat Russ

Ja das ist mir schon klar, Herr Regenborn. Deswegen frage ich ja so geschickt nach!

Elias Jakob Lewerentz

Sehr geschickt.

Alex Regenborn

Oh ja.

Mijat Russ

Vielen Dank

Joachim Holler

Ich kann hier natürlich nur als nicht direkt Betroffener sprechen, der zwar als Bundesvorsitzender in die Geschehnisse eingeweiht wurde, aber nicht in interne Gespräche des Landesverbandes oder die Gespräche mit SDP und FORUM. Ich kann sagen, dass der Landesverband eine Arbeit auf Basis eines soliden Vertrauensverhältnisses nicht mehr als gegeben ansah, als man in Erfahrung gebracht hat, dass die SDP hinter dem Rücken der Grünen versucht hat, die Bildungsreform durchzubringen, obwohl die SDP von den Bedenken der Grünen Kenntnis hatte. Die Behauptung, man habe aus purer Machtgeilheit agiert, ist schließlich einfach zu entkräften, da die Sondierungen mit dem FORUM erst dann aufgenommen wurden, als von diesen Hinterzimmerabsprachen erfahren wurde. Hätte Herr Wexler wirklich dringend Ministerpräsident werden wollen, hätte man doch schon von Beginn an Verhandlungen mit dem FORUM geführt. Die Argumentation des Kollegen schlägt dahingehend offensichtlich fehl.
Hinsichtlich der tatsächlichen Bedenken bezüglich der Bildungsreform weiß ich, dass der Landesverband vor allem verbindliche Leistungstests ablehnte. Weitere Details hierzu sind mir jedoch nicht bekannt.

Mijat Russ

Die SDP wirft Ihnen vor, keine Kompromisse eingehen zu wollen. Was sagen Sie dazu?

Joachim Holler

Dazu kann ich recht wenig sagen, da mir nicht bekannt ist, welche Kompromisse angestrebt wurden oder nicht. Ich weiß wie gesagt nur, dass es innerhalb des gesamten Landesverbandes große Ablehnung gegenüber der Bildungsreform gab.

Elias Jakob Lewerentz

Für mich hört sich das hier viel nach Trotz und Egozentrismus auf beiden Seiten an. Wer einen Skandal finden will, der findet auch einen. Immer und überall. Ich habe die Argumentation der Grünen in NRW nicht verstanden. Da gab es ja offensichtlich auch interne Kommunikationsprobleme. Sonst wäre es sicher nicht zu einer vorzeitigen Zusage an die SPD gekommen, von der man ja lesen konnte. Das darf nicht passieren und da sage ich Herrn Holler auch ganz ehrlich, da muss der LV NRW den Laden besser im Griff haben. Das war hochgradig unprofessionell. Die Eigenheit der NRW SDP da jetzt aber dann wirklich super pikiert zu reagieren fand ich auch um Einiges überzogen. Wenn man mich fragt war da viel gekränkter Stolz beim Duo Regenborn-Klinkert dabei, was sicherlich am großen Aufwand der Reform lag. Das war eine Schlammschlacht, derer es nicht bedurft hätte. Da hat sich wirklich kein Beteiligter mit Ruhm bekleckert. Peinlich fand ich das.

Alex Regenborn

Wexler sah einen Grund, gegen die SDP vorzugehen. Die hatte er vor den vertraulichen Nachrichten nicht. Der Grund war natürlich lächerlich, aber Wexler nutzte ihn voll aus. Er sah eine Chance, MP zu werden und hat sie vollkommen ausgenutzt. Einen anderen Grund als Machtbesessenheit kann ich mir mit der aktuellen Faktenlage nicht erklären.


Kompromissvorschläge waren unter anderem ein Nachtest, der nur gewertet wird, wenn er besser ausfällt, und eine verbindliche Festschreibung eines geringen Einflusses des Leistungstests.

Joachim Holler

Das Argument geht schlicht ins Leere. Herr Wexler hätte keinen Grund gebraucht, um an der SDP vorbei Ministerpräsident werden zu können, soweit ein Kompromiss mit dem FORUM möglich war. Wie gesagt, die Aufnahme von Sondierungsgesprächen wäre in diesem Fall viel früher erfolgt.


Tatsächlich fand ich die Kommunikation ebenso etwas irreführend. Darüber, wann genau welche Zusagen erteilt wurden oder nicht, kann ich nicht abschließend sagen.


Was ja aber immer noch einer grundsätzlichen Ablehnung von Leistungstests zuwiderlaufen würde. Soweit ich es verstanden habe, konnte der Landesverband diesen Leistungstests nichts abgewinnen, weshalb man an dieser Stelle wohl auch tatsächlich nicht zu Kompromissen bereit war, das ist möglich. Der Standpunkt unseres Landesverbandes war in dieser Hinsicht eindeutig.

Alex Regenborn

Zumal, eine Information die bisher nicht in die Öffentlichkeit gelang, der Vorwurf, wir hätten die Grünen nie über die Bildungsreform informiert, nur teilweise stimmt. Vor der Einbringung habe ich, im Glauben, dass Victoria Mechnachanov für den Landesverband als Spitzenkandidat zuständig ist, Frau Mechnachanov vorher über die Einbringung informiert und um Zustimmung erfragt. Ich hatte eine positive Rückmeldung bekommen. Dass Frau Mechnachanov als scheinbar Verantwortliche nicht in der Lage ist, ihren Landesverband zu informieren und erst nachträglich Bedenken des Landesverbands anmeldet (die sie selber eigentlich nicht hatte, aber schließlich doch den Entwurf abgelehnt hat), zeigt strukturelle Probleme beim Landesverband der Grünen NRW auf. Uns dann solche Dinge an den Kopf zu werfen, wie es gemacht wurde, ist da einfach schlechter Stil.

Mijat Russ

Und mit diesen Worten beenden wir unsere interessante Gesprächsrunde.

So, wer mir jetzt schnell einen originellen Zungenbrecher aufsagen kann, dem gehört das Abschlussstatement. Ich höre?

Alex Regenborn

Da pocht wohl wer auf nachträgliche Diskussionen, nicht?

Und: Der Whiskymixer mixt den Whisky mit dem Whiskymixer. Mit dem Whiskymixer mixt der Whiskymixer den Whisky!

Mijat Russ

Herr Regenborn, Sie haben den Zuschlag! Ihr letzter und abschließender Beitrag:

Alex Regenborn

Ich bedanke mich für die Einladung und für die konstruktiven Kollegen. Ich finde, wir hatten hier durchgängig einen guten Ton untereinander. Vielen Dank und Guten Abend!

Mijat Russ

Ziemlich langweilig, aber so sei es. Ich bedanke mich sehr herzlich bei meinen heutigen Gästen! Liebe Zuschauende, ein schönes Wochenende und genießen Sie den Abend. Wenn es Ihnen gefallen hat, geben Sie uns gerne Rückmeldung. Bis nächste Woche!

Elias Jakob Lewerentz

Vielen Dank!

Joachim Holler

Vielen Dank!

Alex Regenborn

gibt den Kollegen den Ellenbogen



Mijat Russ spielt eine Melodie auf seiner Flöte und die Gäste gehen nacheinander durch die Alice-Weidel-Gedächtnistür

    Kommentare 2

    • Ich mag das Konzept. Würde es aber deutlich mehr fühlen, wenn man das im Stil eines Podcasts machen würde. Durch die Schriftform, verliert das ganze den Charme eines Gesprächs.

      • Dafür muss man eben tatsächlich mit Sprache aufnehmen. Da kommt es dann auch drauf an ob das alle wollen, wie man das aufnimmt, etc. Aber ich werde Mal darüber nachdenken.