Sebastian Fürst auf GdL Kundgebung in München

  • Liebe Eisenbahnerinnen und Eisenbahner,


    die vergangen Tage haben gezeigt, wie marode unsere Eisenbahninfrastruktur ist und wie wenig Kapazitäten da sind, um die Bahn bei einem Wintereinbruch funktionsfähig zu halten. Drei ganze Tage konnten rund um München kaum Züge fahren. Ich frage mich wie kann das sein? Eine Antwort gibt der Blick auf die Personalkapazitäten der EVUs. So gab die Metronom gestern bekannt, dass der Notfahrplan, der wegen Personalmangel eingerichtet wurde und die Streichung jeglicher Verstärkerzüge vorsieht, bis Februar 2024 verlängert wird. Alle auf den Metronom angewiesene Fahrgäste werden sich also auch im neuen Jahr die Stehplätze teilen müssen. Dieser Fall zeigt, wie groß der Personalmangel bei den EVUs ist. Wie soll also DB Netz genügend Personal zusammen bekommen, um unsere Schienenwege im Winter freizuhalten?


    Aber wenn das Wetter der Bahn mal keinen Strich durch die Rechnung macht, gelingt es uns nicht einen pünktlichen Bahnverkehr durchzuführen. Ihr leistet das maximal mögliche, aber um die Qualität des Angebots weiter ausbauen zu können, braucht ihr vernünftiges Material. Es kann doch nicht sein, dass ihr alle 2 km an einer Langsamfahrstelle aufgehalten werdet. Es kann doch nicht sein, dass gefühlt jedes zehnte Signal gestört ist und ihr wieder wertvolle Zeit verliert. Es kann doch nicht sein, dass ihr ständig auf andere Züge warten müsst, weil diese auf dem überlasteten Schienennetz den Block vor euch blockieren. Wie soll mit einer solchen Infrastruktur und einer solchen Überlastung Bahnbetrieb überhaupt geregelt stattfinden.


    Ich möchte euch meinen tiefen Respekt und Dank aussprechen. Ihr leistet Unglaubliches, um den Zugverkehr aufrechtzuerhalten, auch wenn die äußeren Umstände es euch nicht leicht machen. Eure Überstunden und euer Engagement sind bewundernswert. Ihr verwaltet diesen Mangel und gebt dabei euer Bestes und führt uns in eine grünere Zukunft.


    Obwohl ihr mit all diesen Herausforderungen zu Recht kommen müsst und der Personalmangel eklatant ist, werdet ihr nicht ausreichend bezahlt. Wer nicht ausreichend bezahlt, bekommt unseren langen Arm zu spüren, denn alle Räder stehen still, wenn unser starker Arm es will.


    Ihr fordert 555 Euro mehr Lohn und eine Reduktion der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Eigentlich ist das nicht zu viel verlangt, wenn man auf all die widrigen Umstände hinweist. Wer so viele leistet wie Ihr und Wer für unsere Zukunft so wichtig ist wie Ihr, der kann mit gutem Gewissen diese Forderungen stellen. Eine funktionierende Infrastruktur, gute Arbeitsbedingungen und eine faire Entlohnung sind keine Luxuswünsche, sondern die Grundvoraussetzungen für eine effiziente und erfolgreiche Bahn, die erst durch euer Engagement möglich wird.


    Wir werden dieses Forderung bis zu dem Punkt weiter erheben, an dem die Bahn und die Bundesregierung einsehen, dass es ohne uns nicht geht und dass wir für gute Arbeit eine vernünftige Ausstattung braucht. Aber wie bereits erwähnt, braucht es nicht nur Material, sondern auch genügend TFs und Stellwerker. Personellen Zuwachs kann es nur geben, wenn die EVUs in Deutschland den jungen Menschen etwas bieten können und das geht nur mit einer funktionierenden Infrastruktur, mit ordentlichen Arbeitsbedingungen und vernünftigem Lohn, denn kein Mensch arbeitet gerne in einem Unternehmen, in dem den Mitarbeitern nur schlechte Arbeitsbedienungen, schlechte Löhne und schlechtes Arbeitsgerät zur Verfügung steht.


    Unser Ziel sind faire Löhne, ein pünktliche und moderne Bahn auf die wir alle Stolz sein können und die uns die CO2 – Neutralität erreichen lässt. Dieses Ziel können wir nur erreichen, wenn in Infrastruktur und Personal in ausreichender Menge investiert wird, denn wir können unsere Kapazitäten nicht erhöhen, wenn nicht genügend Tfs ausgebildet werden und neue Strecken gebaut werden. Wir fordern eine zukunftsfähige Bahn, die den Herausforderungen unserer Zeit bewältigen kann und die mit motiviertem Personal neue Höchstleistungen erbringen kann. Der Weg zu diesem Ziel ist noch weit, aber ich bin mir sicher, dass dieses Ziel erreicht werden kann, wenn wir solidarisch zusammenstehen und weiter unser Recht auf faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen geltend machen, damit wir in Zukunft nicht nur modern und innovativ, sondern auch zuverlässig und pünktlich Bahn erleben können.