Anträge an das Präsidium des deutschen Bundestages der 19. Wahlperiode

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    Neunzehnre Wahlperiode



    Drucksache XIX/XXX


    Antrag

    der Abgeordneten Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier,Fraktion der Internationalen Linken


    Beziehungen zu Kuba weiter verbessern




    Anlage 1


    Beziehungen zu Kuba weiter verbessern

    Der Deutsche Bundestag möge beschließen:


    I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
    Der Bundestag begrüßt die positive Entwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kuba. Die Besuche des
    Bundesaußenministers Steinmeier im Juli 2015 sowie des Vizekanzlers und Bundeswirtschaftsministers Gabriel im Januar 2016 haben dieser Entwicklung entscheidende Impulse hinzugefügt. Damit wird in der deutschen Kuba-Politik eine überfällige Kurswende eingeleitet. Nach vielen Jahren, in denen Deutschland eine eher
    feindselige Haltung gegenüber Kuba eingenommen und die Annährung der Europäischen Union (EU) an Kuba blockiert hatte, sind nun die Weichen neu gestellt. Der
    Bundestag erinnert daran, dass die Auseinandersetzung um Kuba in der Zeit des Kalten Kriegs bis an den Rand eines Weltkriegs geführt hat und dass auch nach dem
    Ende des Kalten Kriegs lange keine Entspannung der Beziehungen stattfand.
    Für den Aufbau gedeihlicher Beziehungen gibt es historische Anknüpfungspunkte.
    Mehr als 30.000 Kubanerinnen und Kubaner haben in der DDR ihre Facharbeiterausbildung absolviert, studiert und gearbeitet und weitere zehntausende Kubanerinnen und Kubaner verfügen über Deutschkenntnisse.
    Fortschritte sind auch bei den Verhandlungen der EU mit Kuba über ein neues bilaterales Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit festzustellen. Einer
    Zusammenarbeit unter gleichberechtigten Partnern steht allerdings bislang der „Gemeinsame Standpunkt“ der EU von 1996 zu Kuba entgegen. In diesem „Gemeinsamen Standpunkt“ knüpft die EU eine Normalisierung der Beziehungen an die Bedingung des Systemwandels in Kuba. Das ist einmalig in den Beziehungen der EU
    zu Drittstaaten. Kuba akzeptiert eine solche Konditionierung selbstredend nicht. Die
    Aufhebung des „Gemeinsamen Standpunktes“ wäre deshalb hilfreich, um alle Potenziale der Zusammenarbeit entfalten zu können.
    Von einer engeren Zusammenarbeit Deutschlands und der EU mit Kuba können
    auch Dritte profitieren. Kuba unterstützt seit vielen Jahren in erheblichem Umfang
    andere Länder des Südens mit medizinischen und anderen sozialen Dienstleistungen.
    Das kubanische Alphabetisierungsprogramm „Yo sí puedo“ und die „Operación Milagro“ zur Heilung von Augenkrankheiten sind zwei Beispiele sehr erfolgreicher Süd-Süd-Kooperation, von der bislang Millionen Menschen profitierten und an die

    auch eine trilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Deutschland oder der EU anknüpfen könnte.
    Die günstige Entwicklung der deutsch-kubanischen Beziehungen vollzieht sich vor
    dem Hintergrund der Entspannung zwischen Kuba und den USA, die US-Präsident
    Obama in einer aktuellen Ansprache als eine der größten Leistungen seiner Regierung würdigte. Doch trotz des eingeleiteten Normalisierungsprozesses besteht die
    Handels-, Finanz- und Wirtschaftsblockade der USA gegen Kuba fort. Der wirtschaftliche Schaden, den die völkerrechtswidrige Blockade seit 1962 in Kuba verursacht hat, wird auf weit über 100 Mrd. US-Dollar geschätzt. Die Blockade hemmt
    nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung Kubas, sondern schränkt auch die Möglichkeiten Deutschlands und der EU ein, wirtschaftliche Beziehungen zu Kuba aufzubauen und weiterzuentwickeln. Deutsche Unternehmen, die sich in Kuba engagieren, sind von der extraterritorialen Wirkung der Blockade betroffen, da ihnen beim
    Handel mit Kuba empfindliche Strafen in den USA drohen. Das betrifft u. a. deutsche Banken, die schon mehrfach aufgrund ihres Kuba-Geschäftes von US-Gerichten zu hohen Strafzahlungen verurteilt wurden, und deutsche Reiseanbieter.
    Weiterhin halten die USA den Stützpunkt Guantánamo im Südosten Kubas besetzt.
    Die US-Armee unterhält dort ein Gefangenenlager, das durch Berichte von Misshandlungen und Folter traurige Berühmtheit erlangte. Kuba verlangt die Rückgabe
    des Territoriums.


    II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,


    1. die politischen Beziehungen mit Kuba auf der Basis des gegenseitigen Respekts
    und der Achtung der Souveränität und Nichteinmischung aufzubauen;


    2. sich in diesem Sinne im Rahmen der Europäischen Union für die Aufhebung des
    „Gemeinsamen Standpunktes“ einzusetzen;


    3. auf die US-Regierung im Sinne der Aufhebung der Handels-, Finanz- und Wirtschaftsblockade gegen Kuba einzuwirken;


    4. auf die US-Regierung einzuwirken, dass sie das US-Gefangenenlager in
    Guantánamo auflöst und das besetzte Territorium des Militärstützpunktes an
    Kuba zurückgibt;


    5. die wirtschaftliche Kooperation und die Entwicklungszusammenarbeit mit Kuba
    voranzutreiben und dabei insbesondere den Know-how-Transfer in den Bereichen der erneuerbaren Energien, der Biotechnologie und Landwirtschaft zu fördern sowie den Absatz kubanischer Produkte in Deutschland zu erleichtern;


    6. die Möglichkeit trilateraler Entwicklungszusammenarbeit mit Kuba und weiteren Partnern zu sondieren;


    7. die kulturellen Beziehungen unter Berücksichtigung der Interessen des jeweiligen Landes und der Achtung der nationalen Gesetze zu vertiefen.



    Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier, Fraktion der Internationalen Linken



    Begründung

    Erfolgt im Plenum


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    Drucksache XIX/XXX


    Antrag

    der Abgeordneten Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier,Fraktion der Internationalen Linken


    20 Jahre Guantánamo – Gefangenenlager umgehend schließen




    Anlage 1


    20 Jahre Guantánamo – Gefangenenlager umgehend schließen

    Der Deutsche Bundestag möge beschließen:

    I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
    Zum 20. Mal jährt sich im Januar 2022 die Eröffnung des US-Gefangenenlagers Guantánamo Bay. Vier Monate nach den Anschlägen des 11. September 2001 begann das
    US-Militär unter der Ausrufung des „globalen Kriegs gegen den Terror“ mit der Inhaftierung zahlreicher Menschen aus unterschiedlichen Ländern in Guantánamo Bay.
    Seitdem ist Guantánamo zum Ort für grausame Verbrechen geworden. Darunter mittlerweile selbst von US-Militärangehörigen zugegebene Folter, brutale Gefangenenmisshandlungen, Verschleppungen und unbefristete Inhaftierungen ohne Anklage und
    Gerichtsverfahren.
    Guantánamo ist bis heute in Betrieb und Stätte für Menschenrechtsverletzungen, Ungerechtigkeit, fehlende Rechtsstaatlichkeit und die Aushöhlung des Völkerrechts. Dort
    wird das globale Menschenrechtssystem in Frage gestellt, indem Gesetze, internationale Grundsätze und Normen missachtet werden.
    Aktuell werden in dem Lager weiterhin fast 40 Menschen unter Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien gefangen gehalten.
    Der Deutsche Bundestag befürwortet die von US-Präsident Joseph Biden angestrebte
    endgültige Schließung des Lagers und begrüßt, dass im letzten Jahr immerhin ein Gefangener entlassen und fünf weiteren Inhaftierten eine Entlassung in Aussicht gestellt
    wurde.
    Hiermit wird die große Sorge über die fehlende Rechtsstaatlichkeit und Missachtung
    der Menschenrechte durch das System Guantánamo zum Ausdruck gebracht.

    II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
    die US-Administration zur umgehenden Schließung des Gefangenenlagers
    Guantánamo aufzufordern und dieser Forderung entsprechenden Nachdruck zu verleihen



    Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier, Fraktion der Internationalen Linken



    Begründung

    Erfolgt im Plenum


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    Drucksache XIX/XXX


    Antrag

    der Abgeordneten Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier,Fraktion der Internationalen Linken


    Schluss mit Netzsperren unter Umgehung der Gerichte


    Anlage 1


    Schluss mit Netzsperren unter Umgehung der Gerichte

    Der Deutsche Bundestag möge beschließen:

    I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
    Netzsperren sind ein ebenso untaugliches wie bedenkliches Instrument zur Bekämpfung illegaler Inhalte. Sie sind entweder, wie im Fall von DNS-Sperren, leicht zu umgehen, oder erfordern tiefe Eingriffe in die Infrastruktur des freien Internets. Illegale
    Inhalte sind besser nach der Maxime „Löschen statt Sperren“ zu bekämpfen, eine Zensurinfrastruktur darf es nicht geben. Dies hat den Bundestag bereits 2011 dazu bewogen, das damals heftig umstrittene Zugangserschwerungsgesetz wieder aufzuheben.
    Gleichwohl werden in Deutschland weiterhin Netzsperren eingesetzt, insbesondere im
    Bereich des Urheberrechts. Der Grund dafür sind Vorgaben des europäischen Rechts,
    auf deren Grundlage gerichtliche Anordnungen gegen Internetprovider verhängt werden können. Aus den oben genannten Gründen ist es geboten, sich für eine europarechtliche Klarstellung einzusetzen, dass Netzsperren nicht Gegenstand entsprechender Anordnungen sein können. Seit Januar 2021 hat sich darüber hinaus mit der „Clearingstelle Urheberrecht im Internet“ (CUII) eine private Kooperation zwischen
    Rechteinhabern und Providern etabliert, in deren Rahmen ohne jedes gerichtliche Verfahren Netzsperren implementiert werden. Ein derart weitgehender Grundrechtseingriff ohne Beteiligung der Gerichte kann aber nicht hingenommen werden.

    II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,


    1. einen Gesetzentwurf vorzulegen, der klarstellt, dass Netzsperren durch Internetprovider und andere Zugangsanbieter nur nach entsprechender richterlicher Anordnung zulässig sind und

    2. sich darüber hinaus auf EU-Ebene perspektivisch dafür einzusetzen, dass Netzsperren ausnahmslos als unzulässige Verletzung der Netzneutralität eingeordnet
    werden; mindestens aber dafür, dass Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten
    nicht mehr durch Europarecht zur Anordnung von Netzsperren gehalten sind.




    Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier, Fraktion der Internationalen Linken



    Begründung

    Erfolgt im Plenum


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    Drucksache XIX/XXX


    Antrag

    der Abgeordneten Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier,Fraktion der Internationalen Linken


    Gute Wissenschaft braucht gute Arbeitsbedingungen – Kettenbefristungen
    beenden




    Anlage 1


    Gute Wissenschaft braucht gute Arbeitsbedingungen – Kettenbefristungen
    beenden

    Der Deutsche Bundestag möge beschließen:

    I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
    Tausende Wissenschaftler:innen arbeiten seit Jahren unter prekären Bedingungen. Sie
    arbeiten aufgrund nur befristeter Verträge mit kurzen Laufzeiten ohne Planungssicherheit und Karrierechancen. Sie arbeiten auf halben und auf Viertelstellen, wovon sich
    die Miete kaum zahlen lässt. Im Sommer 2021 entlud sich die Wut vieler Wissenschaftler:innen in einer Twitter-Bewegung unter dem Namen „#ichbinHanna“, in der
    in zahlreichen Beiträgen die prekären Arbeitsbedingungen zutage traten. Das 2007 in
    Kraft getretene und 2016 sowie 2020 novellierte Wissenschaftszeitvertragsgesetz
    (WissZeitVG) war ursprünglich dafür gedacht, diese Befristungspraktiken einzudämmen. Doch viel hat sich seither nicht verbessert. Das belegt auch der im Mai 2022
    Evaluationsbericht zum WissZeitVG.
    Der Anteil an befristeten, kurzen Kettenverträgen hat ein Maß erreicht, das nicht mehr
    vertretbar ist. Der Bericht zeigt deutlich, dass es nicht gelungen ist, der Praxis von
    Kettenbefristungen im deutschen Wissenschaftsbetrieb entgegenzuwirken. Mehr
    noch: Der Umfang befristet beschäftigter Wissenschaftler:innen hat sich in den Jahren
    zwischen 2000 bis 2020 mehr als verdoppelt – von 87.405 auf 175.215 Vollzeitäquivalente (vgl. BMBF-Evaluationsbericht; S. 16). Vor der Novellierung des Gesetzes im
    Jahr 2016 lag die Befristungsrate bei durchschnittlich 83 Prozent, aktuell liegt sie bei
    81 Prozent (vgl. BMBF-Evaluationsbericht; S. X und 15). Bei den Vertragsdauern
    wurde die Laufzeit von ehemals 15 Monaten bei Promovierenden und 17 Monaten bei
    Postdoktorand:innen auf durchschnittlich 20 Monate erhöht, nimmt aber seit 2018 wieder ab. Viel hat sich demnach nicht bewegt.
    Ein wesentlicher Grund dafür, dass sich die Karrierechancen von Wissenschaftler:innen im akademischen Mittelbau nicht verbessert haben, ist die Möglichkeit des/der
    Arbeitgeber:in, auf einen sehr weit auslegbaren Begriff der Qualifizierung zurückzugreifen und u. a. kurze Laufzeiten damit zu begründen. Denn die Definitionsaufgabe
    dessen, was als Qualifizierung gelten soll, wird vollumfänglich an die Hochschulen

    und wissenschaftlichen Einrichtungen abgegeben, die ihr nur unzureichend nachkommen. So stellt der Evaluationsbericht zum WissZeitVG auch fest, dass nicht einmal die
    Hälfte der Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen Leitlinien für Qualifizierungsziele entwickelt haben. Liegen Leitlinien vor, sieht sich die Mehrheit der Personalsachbearbeitenden trotz umfangreicher Prüfroutinen zu Qualifizierungszeitenund -zielen nicht imstande, die Angemessenheit der Vertragslaufzeiten zu bewerten
    (vgl. BMBF-Evaluationsbericht; S. XIII–XIV). Das WissZeitVG in seiner aktuellen
    Fassung hat demnach einen bürokratischen Apparat geschaffen, der sich zwar auf die
    Rechtssicherheit der Befristung fokussiert, sie aber nicht herstellen kann. Die im Gesetz enthaltene Tarifsperre des § 1 Abs. 1 Satz 3 zementiert die Dominanz der Arbeitgeber:innen.
    Häufig wird von Anhänger:innen der Kettenbefristungen das Argument ‚Innovation
    durch Fluktuation‘ angeführt. Doch weder die aktuelle Personalstruktur an Hochschulen und Forschungseinrichtungen noch die Befristungspraxis ist ein notwendiges Übel
    zum Erhalt der Leistungsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems. Es gibt für
    solch einen Zusammenhang keinerlei empirische Belege (vgl. Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes, 12.09.2022: Zu befristeten Arbeitsverhältnissen in der Wissenschaft und Innovation. Innovation durch Fluktuation). Wissenschaftliche Studien zeigen vielmehr die Bedeutung entfristeter Stellen in Lehre und Forschung (vgl. DZHW
    (2019/2020): Wissenschaftsbefragung. Ergebnisse; https://www.wb.dzhw.eu/ergebnisse/index_html), wie sie nicht zuletzt Professorinnen und Professoren genießen. Die
    aktuelle Befristungspraxis ist mit Kriterien guter Arbeit unvereinbar und führt eher zu
    einer Abwanderung von Personal. In Verbindung mit einer Finanzierungssystematik,
    die zu einem Großteil auf die Einwerbung von Drittmitteln setzt, wird ein so hoher
    Konkurrenzdruck aufgebaut, dass die derzeitige Befristungspraxis als häufigster
    Grund gilt, die aktive Wissenschaft zu verlassen.
    Bund und Länder müssen eine bedarfsdeckende Grundfinanzierung der öffentlichen
    Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen als Gemeinschaftsaufgabe betrachten.

    II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

    1. einen Gesetzentwurf zur Novellierung des WissZeitVG vorzulegen, der
    a) wissenschaftliche und künstlerische Qualifizierung ausschließlich als Promotion definiert;


    b) Hochschulen und andere Einrichtungen, die in den Geltungsbereich des
    WissZeitVG fallen, zu unbefristeter Beschäftigung verpflichtet, wenn dem
    betreffenden Personal überwiegend Daueraufgaben übertragen werden und
    ein Befristungsgrund nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz nicht besteht;


    c) Mindestvertragslaufzeiten definiert, so dass die Laufzeiten von Arbeitsverträgen die Förderdauer der zu bearbeitenden Projekte, unabhängig davon, ob
    diese über Dritt- oder Haushaltsmittel finanziert werden, nicht unterschreiten. Dabei dürfen zwei Jahre nicht unterschritten werden. Beschäftigungsverhältnisse, die der Promotionen dienen, haben eine Mindestvertragslaufzeit von sechs Jahren, unabhängig davon, ob sie aus Drittmitteln oder aus
    Haushaltsmitteln finanziert werden;


    d) eine Mindestvertragslaufzeit für studentisch Beschäftigte von zwei Jahren
    festlegt. Die Laufzeit des Arbeitsvertrags muss in jedem Fall der Dauer des
    Projekts entsprechen;


    e) festlegt, dass Promovierenden zwei Drittel der vereinbarten Arbeitszeit,
    mindestens jedoch 20 Wochenstunden zur Erreichung des Qualifizierungsziels zur Verfügung stehen;


    f) festlegt, dass inklusions-, gleichstellungs-, familienpolitische und sonstige
    Verlängerungsoptionen nach § 2 Absatz 5 WissZeitVG sämtlichen vom Geltungsbereich des WissZeitVG erfassten Beschäftigten offenstehen;


    g) festlegt, dass die unter das WissZeitVG fallenden Arbeitgeber zur Finanzierung dieser Vertragsverlängerungen im Rahmen einer vorausschauenden
    und intelligenten Personal- und Haushaltsplanung Finanzmittel vorzuhalten
    haben;


    h) den in § 1 Abs. 1 Satz 2 des aktuellen WissZeitVG enthaltenen Ausschluss
    abweichender tarifvertraglicher Regelungen (Tarifsperre) ersatzlos streicht,
    um so die in Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes verankerte Tarifautonomie zu
    stärken.


    2. darauf hinzuwirken, dass die mehrheitlich vom Bund finanzierten Drittmittel- und
    wissenschaftlichen Arbeitgeber (BMBF, DFG, Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen etc.) Projektlaufzeiten vorgeben, die im Einklang mit den hier geforderten Mindestlaufzeiten für Qualifikationsstellen stehen, sofern das jeweilige
    Projekt Promotionen ermöglichen soll, und andernfalls in der Regel bei nicht weniger als drei Jahren liegen.


    3. finanzielle Anreizsysteme und -programme zu schaffen, um


    a) in Abstimmung mit den Ländern die Politik der durch temporäre Pakte befristeten Finanzierung des Wissenschaftssystems zu beenden und stattdessen
    eine dauerhafte, umfängliche Finanzierung sicherzustellen. Diese muss die
    wachsenden Aufgaben der Hochschulen, die aktuelle Unterfinanzierung der
    Hochschulen und die Preis- und Einkommensentwicklung berücksichtigen;

    b) zehn Jahre lang die Einrichtung von 100.000 unbefristeten Stellen zu fördern, um auf diesem Wege knapp der Hälfte des angestellten wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen eine dauerhafte Perspektive zu ermöglichen. 50 Prozent der Stellen sind mit Frauen zu besetzen;

    c) die Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu einer verbindlichen Ausgestaltung von Karrierewegen bzw. zu einer langfristigen Struktur- und Personalplanung zu bewegen, um den Beschäftigen breitere Berufsperspektiven
    außerhalb und innerhalb des Wissenschaftssystems zu ermöglichen. Dazu
    zählt auch die Einrichtung einer unbefristeten Stellenkategorie unterhalb der
    Professur, die über analoge Programme wie das Tenure-Track-Programm
    für Juniorprofessorinnen und -professoren gezielt gefördert werden kann.




    Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier, Fraktion der Internationalen Linken



    Begründung

    Erfolgt im Plenum


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    Antrag

    der Abgeordneten Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier,Fraktion der Internationalen Linken


    Recht auf kostenfreie Schuldnerberatung für alle gesetzlich garantieren


    Anlage 1


    Recht auf kostenfreie Schuldnerberatung für alle gesetzlich garantieren

    Der Deutsche Bundestag möge beschließen:

    I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

    Teure Mieten und enorme Preisanstiege bei Energie und Nahrungsmitteln aber auch
    steigende Kreditzinsen bringen viele Menschen in Deutschland an ihre Belastungsgrenze und viele über diese hinaus. Mindestens 5,65 Millionen Menschen gelten 2023
    in Deutschland als überschuldet („SchuldnerAtlas Deutschland 2023 – Rückkehr der
    Überschuldung“, 15. November 2023, http://www.creditreform.de). Überschuldung trifft besonders jene, die geringe Einkommen und wenig Spielraum haben. Jeder dritte Deutsche hat keine Rücklagen für größere und unerwartete Ausgaben („Ein Fünftel der
    Bevölkerung in Deutschland hatte 2021 ein Nettoeinkommen von unter 16 300 Euro
    im Jahr“, Statistisches Bundesamt, 5. Oktober 2022, http://www.destatis.de). 38 Prozent der
    Menschen in Deutschland müssen mittlerweile für den allgemeinen Lebensunterhalt
    auf Erspartes zurückgreifen („38 Prozent der Deutschen gehen für alltägliche Ausgaben ans Ersparte“, 8. Oktober 2023, http://www.ihre-vorsorge.de) oder Kredite dafür aufnehmen („‚Da braut sich etwas zusammen‘ – Schufa warnt vor zunehmender Überschuldung“, Handelsblatt, 7. September 2022, http://www.handelsblatt.com).
    Überschuldung betrifft Menschen bundesweit – in Bayern ebenso wie im Saarland
    oder in Thüringen. Die größte Angst der Deutschen ist derzeit der soziale Abstieg
    durch immer höhere Lebenshaltungskosten. Überschuldung macht nicht nur arm, sondern auch krank. Sie hat Einfluss auf das Leben von Familien. Externe Ereignisse, also
    Dinge, auf die die Betroffenen keinen Einfluss haben, sind die Hauptgründe für Überschuldung – ein Fünftel geht allein auf Arbeitslosigkeit oder verkürzte Arbeitszeit zurück. Einkommensarmut ist bei jedem zehnten Menschen der Auslöser für eine Verschuldungsspirale. Auch Krankheit, Scheidung bzw. Trennung, Tod des Partners oder
    gescheitere Selbstständigkeit sind bedeutsame Gründe. Bei Senior:innen nimmt die
    Überschuldung massiv zu. Überproportional betroffen sind alleinerziehende Väter und
    Mütter („iff-Überschuldungsreport 2023 veröffentlicht“, 27. Juni 2023, http://www.iff-hamburg.de). Zudem sind auch immer mehr Jugendliche verschuldet, laut der Studie „Jugend in Deutschland“ jeder Fünfte zwischen 14 und 25 Jahren („Zeitenwende: Jugend
    sieht Ende der Wohlstandsjahre“, 21, November 2022, https://ijab.de).

    Eine rechtzeitige und kostenfreie Schuldnerberatung hilft den Betroffenen und lässt
    eine Privatinsolvenz oft vermeiden. Sie bietet Unterstützung und Sicherheit in schwierigen Situationen. Zur Schuldnerberatung gehören Maßnahmen des Schuldnerschutzes
    und der Entschuldung sowie Beratung zur Vermeidung weiterer Überschuldung. Diesen Aufgaben kann die Schuldnerberatung in Deutschland oft nicht gerecht werden.
    Sie war bereits vor der COVID-19-Pandemie und den hohen Inflationsraten eklatant
    unterfinanziert. Daran hat sich bis heute nichts geändert. In einigen Kommunen müssen betroffene Menschen teils zwölf Monate auf einen Beratungstermin warten. Manche haben keinen Anspruch auf kostenfreie Beratung. Andere können nicht zur Beratungsstelle, weil kein Bus fährt oder das Ticket zu teuer ist. Auch die Situation von
    Berater:innen ist schwierig, viele sind prekär beschäftigt oder werden für ihre wertvolle Arbeit nicht angemessen bezahlt. Oft handelt es sich um befristet eingerichtete
    Projektstellen, deren Finanzierung alle zwei Jahre neu beantragt werden muss – mit
    ungewissem Ausgang. So entstehen prekäre Situationen für die Ratsuchenden und die
    Berater:innen. Die Ratsuchenden haben dadurch keine langfristigen Ansprechpartner:innen und können sich nie sicher sein, wohin sie sich mit ihren Problemen wenden
    können. Am Beispiel der Stadt Hamburg hat das Deutsche Institut für Sozialwirtschaft
    errechnet, dass für jeden in die Soziale Schuldnerberatung investierten Euro etwa 2
    Euro an die öffentliche Hand zurückfließen. Diese Zahlen werden von weniger konservativ angelegten Studien seit Jahren bestätigt und meist noch deutlich übertroffen
    (Moers, Ines: „Zur Stärkung der Sozialen Schuldnerberatung ist sofortiges und entschlossenes Handeln der Politik gefragt“, in: Wirtschaftsdienst 2022, Heft 3). Überschuldete Menschen möglichst früh zu erreichen, ist dabei von besonderer Bedeutung
    – auch deshalb ist neben einer stabilen und finanziell gesicherten Schuldnerberatung
    deutschlandweit auch die Schuldenprävention auszubauen und verlässlicher auszugestalten.
    Am 19. November 2023 ist die Novelle der europäischen Verbraucherkreditrichtlinie
    (Richtlinie (EU) 2023/2225 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Oktober 2023 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie
    2008/48/EG) in Kraft getreten, die die Mitgliedstaaten zukünftig verpflichtet, Verbraucher:innen in finanziellen Schwierigkeiten unabhängige Schuldnerberatungsdienste
    zur Verfügung zu stellen.
    Der Ausbau der Schuldnerberatung und deren verlässliche Finanzierung sind dringend
    notwendig. Seit über zehn Jahren wird eine finanzielle Beteiligung der Kreditwirtschaft an den Kosten der Schuldnerberatung gefordert und werden Vorschläge unterbreitet, unter anderem von den Arbeits- und Sozialminister:innen der Länder (Beschlüsse auf den Arbeits- und Sozialministerkonferenzen 2017 (TOP 5.16, Ziffer 4)
    und 2020 (TOP 5.22, Ziffer 3) sowie von Trägern und Verbänden der Schuldnerberatung (Positionspapier zur Finanzierung der Schuldnerberatung, Arbeitsgemeinschaft
    Schuldnerberatung der Verbände, Mai 2011, http://www.agsbv.de sowie Moers, ebd.). Nunmehr soll zeitnah ein Bundesfonds eingerichtet werden, in den die Kreditwirtschaft
    und die Inkassounternehmen eine verpflichtende Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion einzahlen. Aus diesem Fonds soll zukünftig die kommunale Schuldnerberatung kofinanziert werden. Ein Beispiel für einen solchen Fonds ist der ab dem 1. Januar 2024 geltende Einwegkunststofffonds, in den die Anbieter:innen von bestimmten
    Kunststoffprodukten eine Sonderabgabe zahlen, um damit die kommunale Abfallbeseitigung mitzufinanzieren („Der Einwegkunststofffonds: Verantwortung übernehmen. Vermüllung unterbinden.“, 10. November 2023, http://www.umweltbundesamt.de).
    Da ein Ausbau der Schuldnerberatung nicht warten kann, soll aus dem Bundeshaushalt
    eine Anschubfinanzierung erfolgen, damit jeder verschuldete Mensch in Deutschland
    schnellstmöglich einen Zugang zu einer fachlich guten und kostenfreien Beratung hat.


    II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
    1. umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, der
    a) ein Recht auf kostenfreie Schuldnerberatung für alle überschuldeten oder
    von Überschuldung bedrohten Menschen gesetzlich verankert,
    b) eine dauerhafte und angemessene Finanzierung der Sozialen Schuldenberatung und -prävention in Deutschland sichert, indem ein Bundesfonds eingerichtet wird, in den die Kreditwirtschaft und die Inkassounternehmen verpflichtend eine Sonderabgabe einzahlen und aus dem die kommunale
    Schuldnerberatung und -prävention kofinanziert wird;
    2. bundesweit – in Abstimmung mit den Ländern und Kommunen – den tatsächlichen Finanzierungsbedarf der Sozialen Schuldnerberatungsstellen und der Schuldenpräventionsarbeit zu erfassen.




    Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier, Fraktion der Internationalen Linken



    Begründung

    Erfolgt im Plenum


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    Neunzehnre Wahlperiode



    Drucksache XIX/XXX


    Antrag

    der Abgeordneten Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier,Fraktion der Internationalen Linken


    Keine Doppelstandards bei giftigen Chemikalien – Exportverbot für nicht
    zugelassene Pflanzenschutzmittel


    Anlage 1


    Keine Doppelstandards bei giftigen Chemikalien – Exportverbot für nicht
    zugelassene Pflanzenschutzmittel

    Der Deutsche Bundestag möge beschließen:

    I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

    Mit der Ausdehnung der kapitalistischen Produktionsweise in der Landwirtschaft
    steigt auch der Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln. Während 1990 rund 2,3 Millionen Tonnen Pflanzenschutzmittel weltweit eingesetzt wurden, waren es 2017 schon
    über 4 Millionen Tonnen.
    Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erfolgt in vielen Fällen nicht ohne Gefahr:
    Weltweit erleiden nach neuen Erkenntnissen jährlich 385 Millionen Menschen akute
    Vergiftungen durch die Exposition mit Pflanzenschutzmitteln. 11.000 Menschen sterben sogar jährlich daran. Besonders betroffen sind Menschen in Ländern des Globalen
    Südens. 99 Prozent der Todesfälle ereignen sich in Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika. Die größte Gefahr besteht für Bauern, Landarbeiter und die ländliche Bevölkerung im Allgemeinen. Das liegt zum einen an fehlendem oder unzureichendem
    Arbeitsschutz, mangelnder Sachkunde und an der großflächigen, auch siedlungsnahen
    Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln z. B. durch Agrarflugzeuge. Oft existiert auch
    keine angemessene Entsorgungsinfrastruktur. Zum anderen erhöhen mangelhafte Risikobewertungen und lockere Zulassungsverfahren sowie fehlende Kontrollen diese
    Gefährdungspotentiale. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln,
    Trinkwasser, Luft, Staub und Regen verursachen zusätzlich hohe gesundheitliche Risiken für die ganze Bevölkerung. Neben den akuten Vergiftungen kommt es auch zu
    chronischen Erkrankungen wie Krebs, Nierenversagen, neurologischen Schädigungen
    und Fruchtbarkeitsstörungen. Hinzu kommen negative Auswirkungen auf die Umwelt
    und Biodiversität, z. B. sind Böden, Wasser, Bienen und andere Nützlinge durch den
    nicht sachgerechten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bedroht.
    Neben den negativen Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt besteht
    eine weitere Gefahr für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in den hohen Kosten des
    Produktionsmittels: Viele von ihnen geraten durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in große finanzielle Abhängigkeiten und ihr Verschuldungsrisiko steigt. Dies

    geschieht auch in Projekten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, wie sich in
    den Evaluationen zu Projekten der Allianz für eine Grüne Revolution (AGRA) gezeigt
    hat. Zudem ist es äußerst fragwürdig, dass in Projekten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen, die in Deutschland und
    Europa aufgrund ihrer Gefährlichkeit nicht zugelassen sind.
    Mit einem Anteil von fast 9 Prozent am globalen Exportgeschäft und einem Exportvolumen im Wert von rund 4 Milliarden US-Dollar war Deutschland im Jahr 2021 der
    fünftwichtigste Exporteur von Pflanzenschutzmitteln weltweit. Unter diesen Exporten
    finden sich auch Pflanzenschutzmittel, die in der EU und in Deutschland aus Gründen
    des Umwelt- und Gesundheitsschutzes nicht zugelassen sind. Die Anwendung solcher
    Pflanzenschutzmittel ist zwar in der EU untersagt, nicht jedoch deren Produktion und
    der Export in Drittstaaten. Neben fertig produzierten Pflanzenschutzmitteln exportieren deutsche Chemiekonzerne auch zahlreiche hochgefährliche Wirkstoffe, die erst in
    den Zielländern zu fertigen Produkten weiterverarbeitet werden.
    Im internationalen Agrarchemikalienhandel werden gerade mit solchen Wirkstoffen
    und Produkten hohe Umsätze erzielt, die für Mensch und Umwelt nach aktuellem
    Stand der Wissenschaft hochgefährlich sind (Highly Harzardous Pesticides, kurz
    HHPs). Dies ist für deutsche Unternehmen ein lukratives Geschäft: 36,7 Prozent der
    2018 von Bayer weltweit verkauften Wirkstoffe und 24,9 Prozent der BASF-Wirkstoffe waren HHPs. Allein diese beiden Unternehmen vertrieben im Jahr 2018 nur in
    den Ländern Südafrika und Brasilien zusammen 28 Wirkstoffe, die in der EU nicht
    genehmigt sind.
    Chemiekonzerne nutzen diese bestehenden Doppelstandards, um Wirkstoffe, Zwischenprodukte und fertige Formulierungen in Länder außerhalb der EU, insbesondere
    in den Globalen Süden, zu exportieren, weil dort Zulassungsregelungen häufig schwächer sind als in der EU. Freihandelsabkommen machen diese Exporte zum Teil noch
    lukrativer. Viele der in der EU nicht zugelassenen Pflanzenschutzmittel gelangen in
    Form von Rückständen über den Import von belasteten Südfrüchten zurück in die Supermärkte Europas. Im Jahr 2018 wurden in knapp 6.000 Lebensmittelproben in der
    EU Rückstände von 74 verschiedenen, in der EU nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen.
    In Frankreich ist seit dem 1. Januar 2022 ein Gesetz in Kraft, das die Herstellung,
    Lagerung und Verbringung von Pflanzenschutzmitteln verbietet, die Wirkstoffe enthalten, die aus Gründen des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier oder der
    Umwelt keine Genehmigung gemäß der EU-Pflanzenschutzmittel-Verordnung erhalten haben.
    Um Mensch und Umwelt auch im Globalen Süden vor den negativen Auswirkungen
    von Pflanzenschutzmitteln zu schützen, muss das im Koalitionsvertrag geplante Exportverbot von Pflanzenschutzmitteln möglichst umfassend umgesetzt werden. Es
    muss neben einem Verbot von gesundheitsgefährdenden und umweltgefährdenden
    Pflanzenschutzmitteln auch ein Verbot des Exports von Wirk- und Beistoffen umfassen. Die Bundesregierung wird zudem aufgefordert, sich bei der geplanten Chemikalienstrategie der EU-Kommission für ein Exportverbot für in der EU verbotene, gefährliche Chemikalien und sich für ein weltweites Verbot von hochgefährlichen Pestiziden (HHPs) einzusetzen.
    II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
    1. unverzüglich eine Verordnung gemäß § 25 Absatz 3 Nummer 2 des Pflanzenschutzgesetzes zu erlassen, welche die Ausfuhr von Pflanzenschutzmitteln verbietet, die in der EU nicht genehmigte Wirkstoffe, Safener oder Synergisten oder
    in der EU nicht zugelassene Beistoffe enthalten;


    2. einen Gesetzentwurf zur Änderung des Pflanzenschutzgesetzes mit folgenden
    Eckpunkten vorzulegen:
    – ein Verbot für die Ausfuhr von Wirkstoffen, die nicht für die Verwendung
    in Pflanzenschutzmitteln gemäß dem Anhang der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 genehmigt sind sowie von nicht zugelassenen Beistoffen und nicht genehmigten Safenern und Synergisten und für Pflanzenschutzmittel, die solche Stoffe enthalten;
    – eine Melde- und Dokumentationspflicht für die Ausfuhr von reinen Wirkstoffen, insbesondere Angabe der Menge, der exportierenden Firma, der
    Empfängerländer und der abnehmenden Unternehmen, um mehr Transparenz im Wirkstoffhandel zu schaffen;

    3. im Rahmen der EU-Chemikalienstrategie ein Exportverbot für in der EU verbotene gefährliche Stoffe in Drittstaaten aktiv zu unterstützen und sich auf EUEbene für eine entsprechende europaweite Regulierung zur Unterbindung von
    Produktion, Lagerung und Export von Wirkstoffen, Zwischenprodukten und Formulierungen von Pflanzenschutzmitteln einzusetzen, welche in der EU über keine
    Genehmigung bzw. Zulassung verfügen.




    Professor Doktor Doktor Finn van der Speed, Enrico Meier, Fraktion der Internationalen Linken



    Begründung

    Erfolgt im Plenum