spricht von einer Bühne am Münchner Viktualienmarkt aus
Liebe Münchnerinnen und Münchner,
liebe Marktfreunde,
hier auf diesem Markt werden jeden Tag tausende Waren gehandelt. Jeder bekommt das, was er braucht und für jeden ist etwas dabei. Eine Vielfalt von Waren wird an eine Vielfalt von Kunden verkauft, Tag ein Tag aus. Alles geht seinen gewohnten Gang und niemand wundert sich, wenn er einen Stand erspäht, der am Tag zuvor noch nicht da war oder wenn er Touristen aus fernen Ländern erblickt.
Auch in der Stadtbibliothek München ging alles seinen gewohnten Gang. Wie immer wurde zum Christopher Street Day eine Lesestunde, in der Dragqueens und Dragkings Kindern und Jugendlichen Geschichten vorlesen, die zuallererst von Selbstbestimmung und Toleranz handeln. Doch in diesem Jahr kochten in den sozialen Netzwerken die Emotionen hoch und die Forderung wurde laut, diese Lesungen zu verbieten. Aus Angst um die eigenen Kinder wurde vor Frühsexualisierung gewarnt. Ich könnte ewig weiter machen und weitere Ängste und Befürchtungen aufzählen, aber ich frage mich stattdessen, wo unsere bayerische Liberalitas Bavariae abgeblieben ist.
Liebe Freunde,
ich kann euch sagen, wo sie abgeblieben ist und wer sie ausmerzen will. Ein Blick in den Twitterfeed von Nathan Lefèvre (@hommepolitique) und Dr. Oxana Koslowska (@o.koslowska) reicht aus, um diese Frage zu beantworten. Keiner von den beiden hat sich zwar zu den Lesestunden geäußert, aber beide hetzen sie gerne gegen die LGBTQ+ Community. Dass dieser Hass und diese Hetze, die von ein paar Allianzlern betrieben wird, Folgen hat, war doch absehbar. Jetzt sind sich viele Eltern nicht sicher, ob sie ihre Kinder zu den Lesestunden über Selbstbestimmung und Toleranz schicken sollen. Die Dauerbeschallung der Allianz hat Früchte getragen.
Aber ich frage Euch, warum sollte man vor verkleideten Menschen, die etwas über Selbstbestimmung und Toleranz vorlesen, Angst haben? Oft wird in den sog. sozialen Netzwerken gepostet, dass durch Frühsexualisierung unsere Kinder verdorben werden. Aber ich frage euch, wer von den Verantwortlichen für diese Lesestunden hat jemals behauptet, dass es in den ausgewählten Büchern um Sex oder Sexualisierung gehen soll? Um eines klarzustellen, niemand will irgendjemanden sexualisieren.
Aber obwohl keine Gefahr droht, veröffentlichte Lefèvre eine Karikatur auf Twitter, die einen regenbogenfarbenen Drachen zeigt, der Schloss Neuschwanstein mit seinem Feuer versengt. Es ist natürlich klar, dass der Konservative natürlich wieder den Untergang des Abendlandes und das jüngste Gericht erwartet. Wäre die LGBTQ+ Community wirklich so stark wie dieser Drache, dann würden wir uns mit dem ganzen Theater, das die Allianz aufführt, nicht beschäftigen müssen.
An dieser Stelle möchte ich Herrn Lefèvre darauf hinweisen, dass er das nächste Mal besser auf die Motive achten sollte, die in seinen Karikaturen vorkommen. Denn man könnte auch annehmen, dass das Schloss, die konservative Allianz darstellen könnte und das Feuer, dem die christliche Ikonographie eine reinigende Wirkung zuschreibt, sie vernichtet.
Obwohl ich mir gerade einen kleinen Spaß erlaubt habe, sind die Folgen von Hass und Hetze leider nicht zum Lachen. Neulich erschütterte mich ein Bericht in der SZ, in dem Chris, ein homosexueller Mann, erzählt, wie er in München an seiner Universität zuerst bespuckt, dann beleidigt und zum Schluss sogar verprügelt wurde. Dieser Vorfall verunsicherte ihn zu tiefst. Danach zog er sich für die nächsten Wochen aus dem öffentlichen Leben zurück. Er hatte Angst davor erneut wegen seinem Lifestyle, der klar an dem der LGBTQ+ Bewegung orientiert ist, zusammengeschlagen zu werden.
Aber der Fall von Chris steht nicht alleine. Er steht stellvertretend für die Gewalt, die den Mitgliedern der LGBTQ+ Bewegung regelmäßig widerfährt. Zum Glück werden nur in seltenen Fällen Menschen verprügelt, aber trotzdem widerfährt ihnen häufig verbale Gewalt in Form von Beleidigungen. Sie können sich nur an den Orten ihrer Community sicher fühlen, weil sie nur dort wissen, dass ihnen nichts passieren wird. Ansonsten begleitet viele Mitglieder der LGBTQ+ Bewegungen immer die Angst vor Beleidigungen oder physischer Gewalt, weshalb sich oft nicht mehr getraut wird, in Szene typischer Kleidung herumzulaufen.
Liebe Freunde,
es ist ein Skandal, dass es Menschen in diesem Land gibt, die sich nicht mehr trauen, sich an bestimmten Orten aufzuhalten oder bestimmte Kleidung zu tragen. Es ist ein Skandal, dass es Menschen in diesem Land gibt, die in ständiger Angst leben müssen. Es ist ein Skandal, dass diese Gewalt, auch wenn sie nur verbal ist, über die sozialen Medien verbreitet wird und so die Gewalt in diesem Land gegen Minderheiten weiter geschürt wird.
Es muss uns gelingen, unsere Gesellschaft so umzubauen, dass jeder sich als Teil von ihr begreifen kann. Nicht nur die LGBTQ+ Szene muss respektiert werden, sondern auch die vielen Menschen, die „anders“ aussehen oder eine andere Sprache sprechen als wir, haben den Respekt verdient, der den Bürgern der Mehrheitsgesellschaft gezollt wird. In diesem Land dürfen verschiedene Bevölkerungsgruppen nicht länger gegeneinander ausgespielt werden, denn das führt nur zu Gewalt, die es um jeden Preis zu verhindern gilt. Für mich ist klar, dass es in dem Deutschland, von dem wir träumen, einen Platz für jeden von uns gibt und dass jeder in Frieden seine Natur ausleben kann. In diesem Deutschland gibt es kein wir gegen die mehr, sondern nur noch uneingeschränkte Solidarität. So wie auf dem Viktualienmarkt viele verschiedene Menschen zusammen kommen und friedlich miteinander im Biergarten sitzen, so soll das Deutschland unser Träume einen Platz für jeden am Tisch unsere Gemeinschaft bereithalten.
Unser Traum muss nicht länger eine Utopie bleiben. Nach meiner Wahl werde ich sofort beginnen diesen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Die Befreiung der Minderheiten von Vorurteilen und Gewalt wird kommen, auch wenn der Widerstand noch so groß sein sollte, aber bald werden wir alle, wer auch immer wir sind oder woher auch immer wir kommen, am Tisch der Gemeinschaft sitzen und in Frieden, Freiheit und Solidarität sitzen.
Mischt sich nach der Rede unter das Volk, um an den Gendanken der Bürgerinnen und Bürger teilhaben zu können