BKAmt | Staatsbesuch des ukrainischen Präsidenten

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    – Pressemitteilung



    IIIIIIIII Bundeskanzler Augstein empfängt den ukrainischen Präsidenten in Berlin



    Am vergangenen Sonntag reiste der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach Berlin. Er wurde am Mittag von Bundeskanzler Augstein mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Es war der erste Staatsbesuch des ukrainischen Präsidenten seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar des letzten Jahres. Die ukrainische Delegation wurde am Samstagabend in Italien von einer Maschine der Bundeswehr aufgenommen und geschützt durch den deutschen Luftraum nach Berlin geflogen. Nach einem Frühstück mit dem Bundespräsidenten am Sonntagmorgen kamen Bundeskanzler Augstein und Präsident Selenskyj zu vertraulichen Gesprächen zusammen. Im Mittelpunkt der Unterhaltung standen die militärische Situation in der Ukraine und mögliche Fortschritte im ukrainischen Beitrittsprozess zur Europäischen Union. Auf einer anschließenden Pressekonferenz dankte der ukrainische Präsident Deutschland für die umfangreiche Unterstützung im Abwehrkampf seines Volkes gegen die imperialen Ambitionen der Russischen Föderation. Bundeskanzler Augstein verwies auf die engen Beziehungen beider Länder und beteuerte noch einmal die Zusage Deutschlands, die Ukraine bei der Verteidigung ihres Landes solange zu helfen, wie es nötig sein werde:


    "Deutschland hat sich im vergangenen Jahr mit einer lange währenden Politik gebrochen, keine Waffen in Kriegsgebiete zu senden. Ich habe diese Haltung nie nachvollziehen können, denn sie ging stets von der falschen Prämisse aus, dass hegemoniale Bestrebungen, den eigenen Einflussbereich mittels Waffengewalt auszudehnen, der Vergangenheit angehörten, wir also in einer Zeit leben würden, in der militärische Stärke zur Verteidigung der eigenen Freiheit nicht benötigt würde. Dass dies eine grandiose Fehleinschätzung war, müssen die Ukrainer dieser Tage in schrecklicher Art am eigenen Leib erfahren. Wir haben seit dem 24. Februar 2022 unseren Freunden in der Ukraine umfangreiche humanitäre und finanzielle, aber auch und vor allem militärische Unterstützung geleistet. Es ist die feste Überzeugung der Bundesregierung, dass die Ukraine in die Lage versetzt werden muss, die russischen Aggressionen zurückschlagen zu können. Deswegen haben wir der Ukraine weitreichende Artilleriefähigkeiten zur Verfügung gestellt und maßgeblich durch die Lieferung von Flugabwehrsystemen dazu beigetragen, dass die Bevölkerung zu einem Großteil von den unmenschlichen Raketenangriffen Russlands verschont bleibt. Es freut mich sehr, dass ich Wolodymyr bei seinem heutigen Besuch in Berlin über das jüngste Unterstützungspaket der Bundesregierung informieren konnte. Wie Sie der Mitteilung des Verteidigungsministeriums entnehmen konnten, wird Deutschland neben weiteren Schützenpanzern und Panzerabwehrwaffen auch zum ersten Mal Marschflugkörper des Typs Taurus liefern. Dieses System wird die Ukraine in die Lage versetzen, weiter hinter den feindlichen Linien liegende Versorgungs- und Kommandoposten des Angreifers attackieren zu können. Die Lieferung dieses Systems ist abgestimmt mit unseren Partnern Großbritannien und Frankreich, die vergleichbare Systeme liefern werden. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass Wladimir Putin jede Möglichkeit hat, diesen blutigen Krieg umgehend zu beenden; er muss seine Truppen lediglich vollständig vom ukrainischen Territorium abziehen. Wir werden nicht zulassen, dass sich der russische Imperialismus durchsetzen wird. Wir erleben eine Zeitenwende, unser heutiges Handeln wird über das künftige Zusammenleben auf dem Europäischen Kontinent entscheiden."


    Nach intensiven Gesprächen flogen der Bundeskanzler und Präsident Selenskyj schließlich nach Aachen, wo dem ukrainischen Präsidenten und dem ukrainischen Volk am Nachmittag der Karlspreis der Internationale Karlspreis zu Aachen 2023 verliehen wurde. Mit dem Preis werden seit 1950 Persönlichkeiten geehrt, die sich um die europäische Einigung verdient gemacht haben. Das ukrainische Volk verteidige unter der Führung seines Präsidenten nicht nur das eigene Land, sondern auch Europa und die europäischen Werte wie Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, begründete die Karlspreisgesellschaft ihre Entscheidung. Auch Bundeskanzler Augstein würdigte in seiner Laudatio die Verdienste des ukrainischen Volkes und seines Präsidenten:


    "Sehr geehrtes Volk der Ukraine,

    Sehr geehrter Herr Präsident Selenskyj, lieber Wolodymyr,

    sehr geehrte Damen und Herren,


    'wir sind alle hier. Unsere Soldaten sind hier. Die Bürger sind hier. Wir sind alle hier, um unsere Unabhängigkeit zu verteidigen. Und das wird so bleiben.' Wir werden diese Worte nie vergessen, die Präsident Selenskyj am 24. Februar 2022 an das ukrainische Volk und die ganze Welt richtete. Es war der Tag, an dem Russland seinen barbarischen Angriff auf das ukrainische Leben, die ukrainische Kultur und vor allem die ukrainischen Bürger begann. Wir wussten, die Welt wird eine andere sein; Frieden ist für uns nicht länger eine Selbstverständlichkeit - in Europa herrscht nun Krieg. Während russische Truppen auf Kiew vorrückten, fragten sich nicht wenige, ob der ukrainischen Regierung die Flucht gelungen sei. Heute wissen wir, Flucht war nie eine Option für den ukrainischen Präsidenten und seine Regierung. Evakuierungsangebote der Vereinigten Staaten beantwortete Wolodymyr Selenskyj mit den schlichten Worten: 'Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit'. Präsident Selenskyj ist zum Symbol des heldenhaften Widerstands des gesamten ukrainischen Volkes geworden und eine Identifikationsfigur für das Streben nach Freiheit und Demokratie. In der Ukraine erleben wir in beeindruckender und zugleich bedrückender Weise, welches Leid ein Volk bereit ist auf sich zunehmen, um frei über die eigene Zukunft entscheiden zu können. Das verdient Anerkennung und Respekt, aber vor allem eine klare Perspektive für eine Zukunft in unserer Gemeinschaft und deswegen möchte ich dem ukrainischen Volk und Dir, lieber Wolodymyr, heute klar sagen: Die Ukraine hat einen Platz in der Europäischen Union.


    Keine noch so schwere Waffe kann den starken proeuropäischen Willen einer Nation brechen. Die Widerstandsfähigkeit des ukrainischen Volkes hat die Mitglieder der Europäischen Union daran erinnert, welchen immensen Wert unsere Gemeinschaft hat. Es ist der ukrainischen Nation zu verdanken, dass die Demokratien dieser Welt wieder enger zusammengerückt sind und sich dem erstarkten Autoritarismus in den Weg stellen. Für diesen Verdienst wird das ukrainische Volk mit seinem Präsidenten heute geehrt und dazu gratuliere ich den Ukrainerinnen und Ukrainern und Dir, lieber Wolodymyr, herzlich!


    Slava ukraini!"

    24. Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland

    Bundeskanzler a.D.