AUSSPRACHE | XIII/018: Stopp für Abschiebungen in den Iran

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    AUSSPRACHE

    Stopp für Abschiebungen in den Iran


    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    wir schreiten nun zur Aussprache über den von der Fraktion der Grünen eingebrachten Antrag mit dem Titel "Stopp für Abschiebungen in den Iran" (Drs. XIII/018). Die Dauer der Aussprache beträgt - den Regularien unserer Geschäftsordnung entsprechend - zweiundsiebzig Stunden.


    Ich eröffne die Aussprache.


    gez. Dr. Christ

    - Präsidentin des Bayerischen Landtages -

  • begibt sich zum Rednerpult


    Sehr geehrte Frau Präsidentin,

    sehr geehrte Damen und Herren,


    der Iran hat uns in den letzten zwei Wochen gezeigt, wie gewaltbereit und vom Hass zerfressen seine religiöse Diktatur ist. Wir erleben, wie ein lang im verborgenen schwellender Konflikt nun zum Vorschein kommt. Der Fall der Mahsa Amini hat das berühmte Fass zum Überlaufen gebracht. Sie war von der im Iran gefürchteten Sittenpolizei verhaftet, verprügelt und schlussendlich ermordet worden. Sie war keine bekannte Frauenrechtsaktivistinnen oder Regimekritikerin, sondern eine ganz normale kurdische junge Frau, die am 13. September in Teheran von der Sittenpolizei verhaftet wurde, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen hat. Eigentlich lebte Mahsa in Saqqez, einer Stadt im Nordwesten des Irans, die mehrheitlich von Kurden bewohnt wird. Sie war an diesem Tag nur in Teheran, um ihre Verwandten zu besuchen. Auf Überwachungsvideos ist zu erkennen, dass Mahsa ihr Kopftuch getragen hat, es scheint ihr also kurz verrutscht zu sein oder vielleicht war mit ihrem Kopftuch alles in Ordnung und sie wurde aus reiner Willkür festgenommen. Wir werden es wohl nie abschließend wissen, denn mit einer neutralen und unparteiischen Untersuchung ist nicht zu rechnen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass Masha schlicht zur falschen Zeit am falschen Ort war. Sie geriet völlig unverschuldet und zufällig in die todbringende Maschinerie des iranischen Unrechtsstaats. Doch ihr Tod war nicht umsonst und löste landesweite Proteste aus.


    Seit fast einem Monat nun erschüttern Proteste den Iran. In allen Landesteilen wird jetzt offen gegen das Regime in Teheran demonstriert. Doch das Regime zeigt sich ähnlich hart, wie im Fall Mahsa Amini. Bis zum heutigen Tag wurden mehrere tausend Demonstrantinnen und Demonstranten festgenommen. Von ihnen hat die Öffentlichkeit nie wieder etwas gehört. Wir können nur Vermutungen anstellen. sind sie immer noch gefangen, wurden sie vielleicht ähnlich wie in Belarus gefoltert oder wurden sie still und heimlich hingerichtet? Wir wissen es nicht. Was Gutes können wir jedoch nicht erwarten, denn die iranische Justiz hat bereits angekündigt, dass die Verhafteten wie Terroristen behandelt werden würden. Im vergangen Monat verschwanden viele bedeutende Regimekritiker*innen, Künstler*innen und andere Intellektuelle von der Bildfläche. Das Internet wurde abgeschaltet, sodass nichts von den Unruhen in der Weltöffentlichkeit gezeigt werden kann. Trotzdem dürfen wir diese todesmutigen Menschen nicht vergessen. Nur wenn die ganze Welt ihr Augenmerk auf diesen Kampf richtet, können wir ein Einlenken von der Regierung des Irans erhoffen.


    Liebe Iranerinnen und Iraner,


    wir sehen euren Kampf den ihr für unsere Werte führt. Wir stehen euch bei.


    Sehr geehrte Damen und Herren,


    im Iran herrschen Willkür, Hass und Gewalt. Das aktuell in den Seilen hängende Regime verteidigt sich mit aller Gewalt gegen seine Frauen, seine Bevölkerung und das Menschenrecht. Der Zufall entscheidet über Leben und Tod. Niemand ist vor dem gewalttätigem und brutalem Regime mehr sicher. Keiner weiß, ob er heute von der Arbeit wieder zurück kommt oder ob er der staatlichen Gewalt zum Opfer fällt. Grundlegende Menschenrechte gelten für Niemanden mehr im Iran. Es ist daher unverantwortlich, auch nur eine einzige Person in den Iran abzuschieben. Der Tod ist ein stets präsenter Begleiter eines jeden jetzt in den Iran Abgeschobenen. Wir sind am Ende schuld, wenn jemand, den wir abgeschoben haben, in die Mühlen des iranischen Regimes gerät. Wir müssen uns die Schuldfrage stellen, wenn auch nur eine Person stirbt. Wir entscheiden darüber, wer Menschenrechte hat und wer nicht. Wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden und Abschiebungen in den Iran stoppen. Ich fordere deshalb die Staatsregierung auf, alle Abschiebungen in den Iran zu stoppen, solange sich die Situation im Iran nicht deutlich gebessert hat.


    Gleichzeitig müssen wir die mutigen Demonstrantinnen und Demonstranten im Iran unterstützen. Sie versuchen unsere Werte und moralischen Überzeugungen in ihrem Land umzusetzen. Für ihren Einsatz für Demokratie und Menschenrechte sind jedoch schon rund 130 Menschen gefallen und es werden vermutlich noch mehr Menschen werden, die ihren Kampf für die Freiheit mit dem Leben bezahlen mussten. Die Proteste zeigen, dass Demokratie, Freiheit und Menschenrechte nicht selbst verständlich sind und dass man dafür kämpfen muss. Es ist daher unsere Aufgabe, die Demonstrantinnen und Demonstranten in ihrem Kampf zu unterstützen. Die Demonstrationen im Iran zeigen uns aber auch, dass wir für unsere eigene Demokratie kämpfen müssen und dass der Schutz unserer Demokratie höchste Priorität genießen muss.


    Sehr geehrte Damen und Herren,


    ich fordere deshalb die Staatsregierung dazu auf, Abschiebungen in den Iran zu beenden. Die Staatsregierung soll sich zusätzlich im Bundesrat für einen bundesweiten Abschiebestopp einsetzen, damit wir wenigstens ein paar Menschen vor der Hölle auf Erden im Iran bewahren können.


    setzt sich auf seinen Platz zurück