XIII/024: Große Anfrage: Wie barrierefrei ist die Bahn?

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    Präsidentin des Deutschen Bundestages

    _________________________________________________________________________________________



    Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung,


    nachfolgende große Anfrage ist eingegangen, die bitte innerhalb der nächsten 72 Std. zu beantworten vermocht wird.

  • Frau Präsidentin,

    werte Abgeordnete,


    ich weise den Antragsteller und das Präsidium darauf hin, dass für die Beantwortung von Großen Anfragen 5 Tage Zeit gestattet sind. Diese Frist endet erst am morgigen Dienstag, die Rüge ist daher obsolet, da die Anfrage fristgerecht beantwortet wird.


    Hochachtungsvoll,

    Jan Friedländer






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    Deutscher Bundestag

    13. Wahlperiode



    Drucksache XII/XXX


    Antwort

    der Bundesregierung



    auf die Große Anfrage auf Drs. XIII/XXX


    Anlage 1


    Wie barrierefrei ist die Bahn?



    Die Bundesregierung beantwortet die Anfrage wie folgt:



    Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

    Nach Auskunft der Deutschen Bahn AG (DB AG) betreibt die DB Station& Service AG rund 5.400 Bahnhöfe, weitere rund 300 Bahnhöfe gehören der DB Regio Netze. Pro Jahr baut die DB AG durchschnittlich 100 Stationen barrierefrei um. 78 Prozent aller Bahnhöfe sind stufenfrei erreichbar. Für blinde und sehbehinderte Menschen sind über 5.300 der 9.234 Bahnsteige mit einem taktilen Leitsystem aus Bodenindikatoren ausgestattet. Darüber hinaus verfügen alle neu eingebauten Aufzüge über taktile Bedienelemente sowie ein Sprachmodul. Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine weiteren eigenen Informationen vor.



    3.


    Nach Auskunft der DB AG sollen bis 2025 an 545 Bahnhöfen 840 Bahnsteige barrierefrei ausgebaut werden


    4.


    Die Deutsche Bahn will in diesem Jahr 13,6 Milliarden Euro in die Modernisierung der Infrastruktur investieren. Geplant sind die Erneuerung von insgesamt 1800 Kilometern Gleisen, 2000 Weichen, 140 Brücken und 800 Bahnhöfen. Dafür werde der Konzern allein in diesem Jahr 4800 zusätzliche Ingenieure sowie Fachkräfte für Ausbau und Instandhaltung des Netzes einstellen. Für die Zeitraum bis 2030 liegen uns aktuell keine Zahlen vor.


    4.1


    Die Frage ist leider aufgrund der unpräzisen Fragestellung nicht zu beantworten.


    5.


    Nach Auskunft der DB AG setzt die DB Station&Service AG zur Modernisierung der Bahnhofsinfrastruktur zahlreiche Maßnahmen um, u. a.direkt für die Verbesserung der Barrierefreiheit. Bei dem übrigen Teil der Maßnahmen ist systembedingt eine Trennung der Projektanteile mit und ohne Wirkung auf Barrierefreiheit nicht möglich. Die DB AG schätzt den Umfang der Investitionen in den Um- und Ausbau von barrierefreien Bahnhöfen und Bahnanlagen in den vergangenen zehn Jahren auf durchschnittlich 150 Mio. Euro pro Jahr. Ca. 90 Prozent davon wurden durch Förderprogramme und andere Zuwendungen finanziert.


    6.


    Das Verkehrsministerium finanziert mit 330 Millionen Euro den barrierefreien Umbau 111 kleinerer Bahnhöfe in Deutschland (bis zu 1.000 Fahrgäste am Tag). Sie bekommen u.a. Rampen oder Aufzüge, bessere Wegeführungen, Markierungen und Informationen für die Reisenden.

    Für den barrierefreien Umbau von rund 50 mittelgroßen Bahnhöfen investiert das BMVI 140 Millionen Euro bis 2026. Diese Maßnahmen erfolgen in Kooperation mit den Ländern. Sie eränzen Landesmittel in gleicher Höhe. Dazu gehören u.a. barrierefreie Bahnsteigzugänge, Markierungen, Beschilderungen oder höhere Bahnsteige.

    In die Modernisierung von 40 kleinen und mittleren Empfangsgebäuden (bis zu 50.000 Reisende / Tag) investiert das BMVI 142 Millionen Euro, um den Aufenthalt für die Kunden zu verbessern. Hinzu kommen Eigenmittel der DB AG in Höhe von 50 Millionen Euro. Die Stationen erhalten u.a. neugestaltete Wartebereiche, energetisch erneuerte Dächer und Fassaden inkl. Brandschutz oder weitreichende Barrierefreiheit.



    7.


    Nach Auskunft der DB AG wurden an rund 78 Prozent der Bahnhöfe die Verfügbarkeitsziele für Aufzüge erreicht.



    8.

    Nach Auskunft der DB AG verfügen bei der DB Regio AG über 90 Prozent der Triebfahrzeuge über fahrzeuggebundene Ein-/Ausstiegshilfen. Die dabei eingesetzten Komponenten sind unterschiedlich und reichen von Ausfahrtritten über auslegbare Rampen bis hin zu fest installierten Hubliften an Bord. So ist gewährleistet, dass auch Kunden im Rollstuhl einen barrierearmen Zugang in die Züge der DB Regio AG erhalten. Bei den lokbespannten Zügen liegt der Anteil bei ca. 80 Prozent.

    Der Anteil barrierefreier Züge (Neubeschaffung gem. der „technischen Spezifikationen für die Interoperabilität bezüglich der Zugänglichkeit des Eisenbahnsystems der Union für Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität“ (TSI PRM)), der Anteil weitgehend barrierefreier Züge (Neubeschaffung vor TSI PRM) und der Anteil weitgehend barrierefreier Züge durch Modernisierung zur Gesamtflotte hat sich im Jahr 2019 im Vergleich zum Jahr 2009 insgesamt fast verdoppelt.


    Mit den kommenden Ausschreibungen und Verkehrsverträgen wird der Anteil der barrierefreien Fahrzeuge mittelfristig 100 Prozent erreichen – eingeschlossen dabei auch Universaltoiletten und digitale Informationssysteme.

    Nach Auskunft der DB AG erfüllen alle seit 2008 beauftragten Neufahrzeuge der DB Fernverkehr AG die Vorgaben der TSI PRM. Dies sind mit Stand Dezember 2019:



    • 17 ICE 3 BR 407 (Inbetriebnahme ab 2013)

    • 44 Intercity 2 (entspricht 220 Wagen mit Inbetriebnahme ab 2016); Zielzustand: 86 Züge

    • 41 ICE 4 (Inbetriebnahme ab 2017); künftig 137 Züge

    • 23 ECx (Inbetriebnahme ab 2024)



    9.


    Aktuell sind keine weiteren Maßnahmen, die über die bereits erwähnten Investitionen hinausgehen, seitens der Bundesregierung geplant.





    Die Bundesregierung/Der Bundesminister



    Bemerkungen


    Keine





  • Zu 4.1: Werden an den Planungen von der DB AG Vertretungsorganisationen, wie z.B. der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband, beiteiligt. Also haben sie konkret Einfluss auf die Gestaltung?


    Zu 7.1: Mit 78% von 97% hat die Bahn deutlich verfehlt. Kann man dabei ein Muster erkennen? Werden besonders kleine Bahnhöfe/ Haltepunkte bzw. bestimmte Regionen vernachlässigt?

  • Zu 4.1: Werden an den Planungen von der DB AG Vertretungsorganisationen, wie z.B. der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband, beiteiligt. Also haben sie konkret Einfluss auf die Gestaltung?


    Zu 7.1: Mit 78% von 97% hat die Bahn deutlich verfehlt. Kann man dabei ein Muster erkennen? Werden besonders kleine Bahnhöfe/ Haltepunkte bzw. bestimmte Regionen vernachlässigt?

    4.1


    Die DB AG agiert als privatwirtschaftliches Unternehmen, so wurde es von der Politik beauftragt. Die Bundesregierung hat nur bis zu einem gewissen Grade direkten Einfluss in unternehmerische Entscheidungen. Dennoch sind wir im ständigen Austausch mit den Verantwortlichen der Bahn, was die die Ziele und die Zukunft des Unternehmens betrifft. Grundsätzlich vertritt die Bundesregierung die Auffassung, das der Bund wieder mehr Verantwortung in Hinblick auf die Bahn übernehmen sollte.


    7.1


    Das die Ziele verfehlt wurden, kann auch an der schlechten finanziellen Ausstattung der Bahn liegen. Seit dem geplanten Börsengang wurde die Bahn leider von der Politik sträflich vernachlässigt. Ganz besonders von jenen, die die Bahn am liebsten vollständig privatisieren würden. Ein Umdenken hat hier erst in den letzten beiden Jahren stattgefunden, auch was die Rolle des Unternehmens in Hinblick auf die Verkehrswende und die Daseinsvorsorge betrifft. Jedoch sind Versäumnisse der Vergangenheit nicht so schnell wieder aufzuholen. Ein Muster ist hier nicht zu erkennen.