Debatte über eine Geschäftsordnungsänderung

  • Dieser Antrag steht nun 72 Stunden zur Debatte, welche ich hiermit eröffne

    Mitglied des 14. Thüringer Landtags


    Ministerpräsident des Freistaates Thüringen a.D.

    Präsident des Bundesrates a.D.

    Minister für Finanzen und Gesundheit Thüringen a.D.

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  • gibt die Sitzungsleitung ab und geht ans Rednerpult


    Sehr geehrte Kolleg*innen,


    Die letzte Änderung der Geschäftsordnung ist schon lange her, doch die Zeiten ändern sich und auch der Bundesrat muss mit den Umständen und der Zeit gehen.

    In den letzten Wochen und Monaten hat es immer eine Weile gedauert bis der Bundesrat eine Entscheidung getroffen hat.

    Dies lag auch daran das nicht alle Sitze im Bundesrat besetzt waren und leider noch immer sind.


    Diese GO Änderung würde es ermöglichen das auch bei nicht Abgabe der Stimmen eines oder mehrerer Bundesländer, ein Gesetz den Bundesrat passieren kann.

    So wird auch verhindert das nicht länger eine Abstimmung wie bisher unendlich lange gehen darf, ausgenommen bei Wahlen.


    Ich hoffe das wir gemeinsam diese Änderung der GO verabschieden werden.

    Mitglied des 14. Thüringer Landtags


    Ministerpräsident des Freistaates Thüringen a.D.

    Präsident des Bundesrates a.D.

    Minister für Finanzen und Gesundheit Thüringen a.D.

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  • Sehr geehrter Herr Präsident,


    ich bin von diesen Änderungsvorschlägen zugegeben nicht vollends überzeugt. In der Vergangenheit ließ die Arbeit und die Motivation der Mitglieder des Bundesrates sicherlich zu wünschen übrig. Das jedoch durch eine "schweigende Enthaltung" zu kompensieren halte ich nicht für den richtigen Weg, im Übrigen halte ich eine solche Praxis auch für rechtlich fragwürdig und ergo nicht angemessen der Tragweite unserer Entscheidungen.


    Ich hielte es in diesem Zusammenhang für deutlich förderlicher, wenn wir vermehrte Erinnerungen für Abstimmungen aussprechen, in Kombination mit Rügen bei Nichtabgabe einer Entscheidung. Gerne reiche ich - sofern andere Mitglieder meine Ansicht teilen - auch einen entsprechenden Änderungsantrag ein.


    Dankeschön.

    Ministerpräsidentin von NRW a.D.


    Wahladministrator

    Erbarmungslose Jägerin von Doppelaccounts

  • Der Sinn meines Antrages besteht ja nicht darin eine "schweigende Zustimmung" zu erreichen sondern das bei nicht Abgabe diese als Enthaltung gilt.

    Ich muss ganz ehrlich sagen das vermehrte Erinerungen nicht sehr viel bringen. Als es um die Neuwahl des Präsidiums ging als Beispiel, hat es glaube ich 3 Wochen gedauert bis jedes Präsidiumsmitglied gewählt war. Und das trotz Erinerungen.


    Über einen (Gegen-)Antrag Ihrerseits würde ich mich allerdings freuen und bin auch gespannt was dieser enthalten soll.

    Mitglied des 14. Thüringer Landtags


    Ministerpräsident des Freistaates Thüringen a.D.

    Präsident des Bundesrates a.D.

    Minister für Finanzen und Gesundheit Thüringen a.D.

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  • Herr Präsident,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    ich bin nun schon zum dritten Mal zum Mitglied dieses hohen, höchsten Hauses des deutschen Föderalismus berufen worden. Dennoch ist das tatsächlich mein erster Redebeitrag hier. Das spricht sicherlich für die Debattenkultur im Hause, die besser werden muss und auch besser sein kann. Es ist definitiv möglich! In den letzten Wochen und Monaten haben wir uns da auch schon in die richtige Richtung bewegt.


    Wir haben hier einen Antrag, dem ich in seinem Zweck etwas abgewinnen kann. Nicht aber in seiner Ausführung und grundsätzlichen Idee.


    Sie sagen selbst, Herr Präsident, dass mit dieser Änderung - also, dass nicht abgegebene Stimmen als Enthaltungen zählen - Gesetze den Bundesrat einfacher passieren können, da Länder die Verabschiedung nicht mehr durch Inaktivität blockieren können.

    Bereits heutzutage hat eine Nicht-Stimmabgabe aber den gleichen Effekt wie eine Enthaltung. Es würde sich also, auch wenn ich den dahinter stehenden Gedanken wie erwähnt teile, nichts ändern.

    Das folgt insbesondere aus Artikel 52 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes: "Der Bundesrat fasst seine Beschlüsse mit mindestens der Mehrheit seiner Stimmen." Die Mehrheit der Stimmen - aktuell hat der Bundesrat 16 Stimmen - sind also 9 Stimmen. 9 Stimmen müssen etwas zustimmen oder eben nicht zustimmen.


    Man kann natürlich eine Änderung des Grundgesetzes fordern und festzuschreiben, dass Enthaltungen und nicht abgegebene Stimmen nicht gelten, also die sogenannte einfache Mehrheit gilt. Das wurde auch in der Vergangenheit beispielsweise von manchen Juristen gefordert.

    Das wird aber - wie die Kollegin Liebermann erwähnt hat - der Tragweite unserer Entscheidungen nicht gerecht. Ich möchte dazu gerne ein Beispiel liefern. Bei einer Abstimmung über ein Kostenlose-Kekse-Gesetz, ein Lieblingsbeispiel von mir, stimmen die Länder wie folgt ab:

    - Bayern enthält sich, da es zwar kostenlose Kekse will, aber natürlich auch kostenloses Bier

    - In NRW können sich die Bundesratsmitglieder in der Koalition nicht einigen und stimmen unterschiedlich ab. Die Stimmen NRWs sind damit nach den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts ungültig und gelten als nicht abgegeben.

    - Hamburg vergisst, an der Abstimmung teilzunehmen, kann mal passieren

    Nun würde Thüringen allein über das Gesetz entscheiden. Ich habe zwar keine Zweifel an ihrer Fähigkeit, Herr Präsident, die richtige Entscheidung zu treffen, aber Thüringen - 3 von 19 Stimmen, etwa 16% - und nur 6% der Einwohner der im Bundesrat vertretenen Länder (2,1 Millionen Einwohner gegen 17,9 Millionen (NRW), 13,1 Millionen (Bayern) und 1,8 Millionen (Hamburg)) würde alleine entscheiden.

    Kann man das den Bürgerinnen und Bürgern erklären? Ich könnte das jedenfalls nicht.

    Deshalb ist auch eine Änderung des Grundgesetzes, damit Enthaltungen und nicht abgegebene Stimmen nicht gelten, meiner Meinung nach nicht zielführend. Der Schaden - die Möglichkeit völlig undemokratischer Entscheidungen, auch wenn es dazu wohl in den seltensten Fällen kommen wird - überwiegt die Vorteile - eine schnellere Entscheidungsfindung - gewaltig.

    Außerdem können meiner Meinung nach nur durch die absolute Mehrheit viele Länder in den Prozess eingebunden werden und der Bundesrat kann tatsächlich die Interessen aller Länder vertreten. Wenn hier eine Vielzahl an Ländern nicht mal abstimmt - was nicht gut ist und wir, wenn es vorkommt, ändern sollten -, dann sind die Beschlüsse des Bundesrates nicht wirklich Beschlüsse der Länder, auch wenn sie formell beschlossen sind. Sie haben damit auch gewissermaßen versagt, die Mitwirkung der Länder - alle Länder - an der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes herbeizuführen, wie es so schön im Grundgesetz heißt.


    Ich habe aber gesagt, dass ich dem Grundgedanken dahinter durchaus etwas abgewinnen kann. Ich will nun - ohne das konkret mit meiner Regierung im Detail abgesprochen zu haben - einige Möglichkeiten aufzeigen, wie das gelingen könnte.

    1. Durch Ausschüsse könnten Länder zu einer Entscheidungsfindung animiert werden. Hierbei könnten auch - je nach Entscheidung der Regierungen - Landtagsmitglieder einbezogen werden.

    2. Durch die Einbeziehung von Landtagsmitgliedern, sei das in den Ausschüssen oder auch beispielsweise bei Plenardebatten, könnte die Regierung dazu animiert werden abzustimmen, um sich nicht vor der Landtagsopposition bloßzustellen.

    3. Durch klare Verfahren auf Landesebene kann Sicherheit geschaffen werden, wer reden soll und darf und abstimmen soll und darf und wie derjenige abstimmen soll und darf.


    Insbesondere bei letzterem Punkt sehen wir eine Entwicklung in den letzten Wochen. So wurde in NRW eine Absprache zwischen den Regierungsparteien getroffen, während in Bayern aktuell die Aufnahme von solchen Regeln in die Geschäftsordnung der Staatsregierung diskutiert wird - diese Debatte hier dient gewissermaßen als ein erster Praxis-Check.

    Dabei handelt es sich bei solchen Vorschriften eher um Verfahrensvorschläge, statt um Verfahrensregeln. Wenn ich hier stehe, meine Damen und Herren, sind für mich das Grundgesetz und die Geschäftsordnung des Bundesrates relevant. Keine internen bayerischen Regelungen. Mit den Konsequenzen, wenn ich mich nicht an die Absprachen mit meinen Kollegen halte, muss ich natürlich dann in München zurechtkommen, klar.


    Ich glaube also, dass es bessere Möglichkeiten gibt, die Aktivität der Regierungen und des Bundesrates insgesamt zu erhöhen. Was wir dafür aber immer brauchen ist: Zeit. Wie Ihnen allen sicherlich bekannt ist, sind die Fristen teilweise etwas knapp:

    - de facto drei Tage zu Gesetzentwürfen der Bundesregierung

    - sieben Tage für Einspruchsgesetze

    - einzig bei Zustimmungsgesetzen können wir uns im zweiten Durchgang Zeit lassen

    Das ist sicherlich auch ein Punkt, an dem man ansetzen könnte. Diese Forderungen werden ja aber nicht zum ersten Mal erhoben. Seit der Bundesrat existiert, beschwert er sich über den Zeitdruck, würde ich hier und heute behaupten. Vielleicht können wir das ja irgendwann mal angehen. Auch wenn das aus Reihen des Bundestages und der Bundesregierung sicher nicht auf große Zustimmung stoßen wird, das war auch schon immer so.


    Zusammenfassend kann ich wohl sagen: Bayern stimmt der Idee zu, den Bundesrat zu besseren Entscheidungen zu verhelfen. Es gibt unserer Ansicht nach aber andere Möglichkeiten, weswegen wir von dem Vorschlag nicht überzeugt sind.

    Der Vorschlag aus NRW könnte aber durchaus hilfreich sein. Wie man solche Sanktionen ausgestaltet ist dann sicherlich eine andere Frage; schließlich kann man schlecht Landesregierungen - Verfassungsorgane - kollektiv rügen oder ist das für die guten Beziehungen im Bundesrat nicht gerade förderlich. Aber das sieht man dann.

    Ich möchte hier auch nochmal in Richtung der Kollegin Liebermann sagen, dass ich es gut finde, wie die Achse Düsseldorf-München, die immer eine wichtige Stellung in unserer Republik hatte, hier schon so gut zusammenfindet - und es gab noch nicht einmal irgendwelche Absprachen. Das lässt doch auf eine gute Zusammenarbeit hoffen! Aber natürlich auch mit allen anderen Ländern.


    Vielen Dank

  • SimOff: Ich bin tatsächlich Wahnsinnig froh mal im BR so einen langen Text in einer Debatte zu sehen, das meine ich wirklich Ernst


    SimOn: Sehr geehrter Kollege, ich stimme Ihren Ausführungen zu, mein Antrag ist, das sehe ich ein, nicht der beste um das Problem zu lösen.

    Aber welche direkte Alternative gibt es? Rein Verfahrenstechnisch im Bundesrat sieht die momentane GO vor das Abstimmungen im Zweifel unendlich lange gehen, zumindest hier könnten wir durch einen Änderungsantrag die Frist der Stimmabgabe erhärten.

    Rügen empfinde ich nicht wirklich sinnvoll da es zwar eine "Schande" ist aber keine Konsequenzen gibt.


    Ich der ich hier im Bundesrat einige Zeit schon im Präsidium bin habe teilweise 3 Wochenlang die Mitglieder Errinert an Abstimmungen teilzunehmen. Die Arbeit im Bundesrat ist eine wichtige und Sie ist vor allem nötig.

    Wenn wir uns alle zumindest auf eine Änderung der GO was die Abstimmungszeit auf 96 Stunden begrenzt einigen könnten, wäre zumindest dem Präsidium die Möglichkeit gegeben nach Ablauf der Zeit die Abstimmung zu beenden.

    Mitglied des 14. Thüringer Landtags


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  • weißt vom Präsidium darauf hin, dass die Debatte bald vorbei ist und wenn noch Redebedarf besteht, das man die Chance noch ausnutzen soll

  • Ich danke dem Kollegen Kratzer für seinen ausführlichen Redebeitrag.


    Gerne erarbeite ich einen eigenen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung und reiche diesen dann auch ein, ich bitte um Geduld, da es aufgrund einiger Themen noch etwas dauern könnte. Man möge mir das bitte nachsehen.

    Ministerpräsidentin von NRW a.D.


    Wahladministrator

    Erbarmungslose Jägerin von Doppelaccounts

  • Damit beantrage ich eine Debattenverlängerung damit die Kollegin Dr. Liebermann genug Zeit für einen Änderungsantrag hat

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  • Rein Formal gesehen müsste ein Änderungsantrag vorgelegt werden damit über beide Abgestimmt werden kann

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  • Damit beantrage ich eine Debattenverlängerung damit die Kollegin Dr. Liebermann genug Zeit für einen Änderungsantrag hat

    Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,


    aufgrund das der Kollege Mus beantragt, das die Debatte verlängert wird, verlängere ich nach Artikel § 17 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung die Debatte um 3 weitere Tage.

  • übernimmt die Sitzungsleitung


    Sehr geehrte Kolleg*innen,


    Die Debatte wird bis auf unbestimmte Zeit verlängert.

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  • Folgender Änderungsantrag ist dem Präsidium eingereicht worden.


    Die Debatte wird deswegen beendet und über beide Anträge ohne Aussprache über den Änderungsantrag abgestimmt.


    Mitglied des 14. Thüringer Landtags


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  • Leon Mus

    Hat das Thema geschlossen
  • Pierre Sánchez

    Hat das Thema aus dem Forum Bundesrat nach Archiv verschoben