XII/010 | Kleine Anfrage zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Ozeanien

  • 2022-06-13_19_07_55-Dokument1_-_Word-removebg-preview.png

    Präsident des Deutschen Bundestages

    _________________________________________________________________________________________



    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    und liegt eine Kleine Anfrage an den Bundesminister des Auswärtigen und für internationale Zusammenarbeit mit dem Titel "Wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ozeanien" auf Drs. XII/010 vor.
    Nach § 33 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung hat das befragte Mitglied der Bundesregierung innerhalb von drei Tagen eine schriftliche Beantwortung der Frage einzureichen.



    60x60bb.jpgDeutscher Bundestag

    Zwölfte Wahlperiode



    Drucksache XII/010


    Kleine Anfrage

    des Abgeordneten Sylvie Jachère-Wessler und der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei



    Wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ozeanien


    Anlage 1


    Wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ozeanien


    Wir fragen den Bundesminister des Auswärtigen und für Internationale Zusammenarbeit, Marko Kassab:


    1. Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige Entwicklung sowie den politischen und wirtschaftlichen Status ozeanischer Staaten? Bitte grob nach Ländern aufschlüsseln.
    2. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Zusammenarbeit mit den Staaten Ozeaniens bei? Das betrifft insbesondere die wirtschaftliche, aber auch alle anderen Formen der internationalen Kooperation.
    3. Welches Potential besitzt eine Vertiefung der Beziehungen mit ozeanischen Staaten? Bitte grob nach Ländern aufschlüsseln.
      1. Plant die Bundesregierung, Schritte zur Vertiefung der Zusammenarbeit zu unternehmen?
        1. Wenn ja, welche?
        2. Wenn nein, warum nicht?
      2. Welche Wirtschaftszweige wären für eine solche Vertiefung besonders relevant?
      3. Welche Vorteile hätte ein solches Vorgehen?
    4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Höhe der derzeit an ozeanische Staaten gezahlten Gelder für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit?
      1. Ist es nach Ansicht der Bundesregierung geboten, die der Zahlungen zu ändern?
        1. Wenn ja, welche ungefähre Höhe wäre der Situation angemessen?
        2. Wenn nein, warum nicht?



    Sylvie Jachère-Wessler und Fraktion



    Bemerkungen

    Mit vielen Staaten Ozeaniens, Neuseeland ausgenommen, unterhält die Bundesrepublik Deutschland nur sehr lose Beziehungen. Eine Vertiefung dieser Beziehungen könnte beiden Seiten Vorteile verschaffen. Als "ozeanische Staaten" werden für diese kleine Anfrage die folgenden, souveränen Staaten bezeichnet: die Cookinseln, Fidschi, Kiribati, die Marshallinseln, Mikronesien, Nauru, Neuseeland, Palau, die Salomonen, Samoa, Tonga, Tuvalu und Vanuatu. Aufgrund der Menge der Staaten ist für uns eine ungefähre Einteilung und Bewertung der einzelnen Staaten ausreichend, wenn um eine "grobe Aufschlüsselung nach Ländern" gebeten wird. Eine dezidierte Auseinandersetzung mit allen Staaten erwarten wir nicht. Bei Bedarf können Staaten zu Gruppen zusammengefasst werden. Vielen Dank!









  • 2022-06-13_19_07_55-Dokument1_-_Word-removebg-preview.png

    Präsident des Deutschen Bundestages

    _________________________________________________________________________________________



    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    da die Antwort auf diese Kleine Anfrage nicht fristgerecht erfolgt ist, rüge ich den Bundesaußenminister Marko Kassab hiermit nach § 33 Abs. 3 Satz 1 unserer Geschäftsordnung.


    Gleichzeitig bitte ich nach § 33 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 Satz 2 und 3 unserer Geschäftsordnung die Bundeskanzlerin Dr. Kerstin Siegmann darum, eine Stellungnahme abzugeben.


    Ich mache darauf aufmerksam, dass die Anfrage trotz des Fristversäumnisses selbstverständlich weiterhin zu beantworten ist.



  • 60x60bb.jpgDeutscher Bundestag

    Zwölfte Wahlperiode



    Drucksache XII/010


    Antwort

    der Bundesregierung vertreten durch den Bundesminister des Auswärtigen, für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung


    auf die kleine Anfrage auf Drs. XII/010


    Anlage 1

    [legend]


    Anfrage zur Wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Ozeanien


    Die Bundesregierung beantwortet die Anfrage wie folgt:


    1. Wie beurteilt die Bundesregierung die derzeitige Entwicklung sowie den politischen und wirtschaftlichen Status ozeanischer Staaten? Bitte grob nach Ländern aufschlüsseln.


    Cookinseln: Durch den Status als unabhängiger Staat in „freier Assoziierung mit Neuseeland“ und der damit verbundnen Staatform der parlamentarisch-demokratische Monarchie im Commonwealth of Nations sehen wir die Stabilität und Entwicklung als positiv an.


    FidschI: Politisch hat Fidschi eine schwere Zeit in der Vergangenheit durchgemacht. Wir sehen die aktuellen demokratischen Wahlen als guten Schritt in die Zukunft an, mahnen jedoch weiterhin die eingeschränkte Presse und Meinungsfreiheit an.


    Kiribati: Die politische Stabilität in Kiribati scheint gewährleistet. Die geänderten diplomatischen Beziehungen von Taiwan zu China sehen wir kritisch, auch wenn Kiribati enge wirtschaftliche Beziehungen zu China pflegt.


    Mashallinseln, Palau und Mikronesien: Wir sehen positiv, dass die Mikronesische Verfassung und der Grundrechtekatalog nach US Vorbild gestaltet sind und hier seit Mitte der 1980er Jahre eine Verbindung zu den USA durch den Compact of Free Association besteht. Die Zusicherung von Sicherheit durch die USA kommt einem Stabilitätsanker gleich. Allerdings sehen wir hier die Folgen des Klimawandels für die Hauptwirtschaftszweige (Landwirtschaft und Fischerei) als besorgniserregend an. Ebenfalls mit Sorge betrachten wir, dass insbesondere in Mikronesien circa 30 Prozent der Einwohner unterhalb der Armutsgrenze leben und es kann vermutet werden, dass dies steigen wird wenn die Hauptwirtschaftszweige wegbrechen.


    Nauru: Nauru hat seit der Unabhängigkeit von Australien Ende der 1960er Jahre einen Abschwung erlebt, den wir mit Sorge betrachten. Das Ende der Ressourcengewinnung stellt diesen kleinen Staat zunehmend vor Herausforderungen. Wir unterhalten seit 1979 diplomatische Beziehungen zu Nauru und sehen die dortige parlamentarische Demokratie als funktionierend an.


    Neuseeland: Seit fast 40 jahren beruhen die deutsch-neuseeländischen Beziehungen auf gemeinsamen Interessen und Werten. Insbesondere in den Bereichen Handel, Wissenschaft und Kulturaustausch werden sehr gute Beziehungen gepflegt. Innerhalb der EU sind wir der wichtigeste Handelspartner von Neuseeland und beziehen hauptsächlich land- und forstwirtschaftliche Produkte wie Fleisch, Früchte und Wolle. Im Gegenzug werden vor allem Fahrzeuge und Maschinen aus Deutschland nach Neuseeland importiert. Wir unterstützen vorbehaltlos das seit 2018 verhandelte Freihandelsabkommen und hoffen, dass diese Verhandlungen bald abgeschlossen werden können.

    Die politische Stabilität sehen wir als hervorragend an. Der Umgang mit den Ureinwohnern und deren Partizipation an politischen Prozessen suchen weltweit ihres Gleichen.


    Salomonen und Vanuatu: Die Folgen des Klimawandels sind hier durch besondere Wetterereignisse besonders stark zu spüren. Durch solche Ereignisse, sowie den Raubbau der Landwirtschaft, des Holzabbaus und der Fischerei stehen insbesondere die Salomonen vor unmittelbaren und existentiellen Bedrohungen. Durch die 2017 beendete RAMSI Mission konnte zur politischen Stabilität beigetragen werden. Ein Entwicklungsdefizit ist dennoch deutlich spür- und sichtbar.

    Der Wiederaufbau von Teilen Vanuatus nach dem schweren Zyklon im Jahr 2020 wird laut Regierung mehrere Jahre dauern. Durch die Pandemie sind nun auch die letzten Wirtschaftszweige des Tourismus quasi zum Erliegen gekommen. Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland sind überschaubar. Der Wert der Exporte aus Deutschland betrug im Jahr 2020 364.000 Euro; deutsche Importe beliefen sich auf 143.000 Euro


    Samoa: Samoa ist seit seiner Unabhängigkeit von Neuseeland im Jahr 1962 ein souveräner Staat und seit 1976 Mitglied der Vereinten Nationen. Wir sind dankbar, dass Samoa Mitglied unserer Freundesgruppe „Klima und Sicherheit“ ist. Die parlamentarische Demokratie in der das passive Wahlrecht nur den Matai Oberhäuptern zusteht, sehen wir als kritisch. Insbesondere nach der Wahl 2021 richtete die Blockaden und Auseinandersetzungen über das Wahlergebnis großen Schaden in der Demokratie an.


    Tonga: Die Entwicklung von Tonga zur parlamentarischen Demokratie mit zeitgleicher konstitutioneller Erbmonarchie sehen wir in Teilen positiv. Die Entscheidung des früheren Königs Tupou V die Regierungsgeschäfte in die Hand eines demokratisch legitimierten Premierministers zu legen war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.


    Tuvalu: Die Mitgliedschaft von Tuvalu im Commonwealth of Nations gibt dem Land eine gewisse Stabilität. Durch britisches Recht geprägtes und durch Königin Elisabeth II ans Staatsoberhaupt geführtes System wird durch lokales und traditionelles Recht ergänzt.



    2. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Zusammenarbeit mit den Staaten Ozeaniens bei? Das betrifft insbesondere die wirtschaftliche, aber auch alle anderen Formen der internationalen Kooperation.


    Aus wirtschaftlicher Sicht sind viele Staaten Ozeaniens eher unbedeutend. Größere wirtschaftliche Beziehungen unterhält die Bundesrepublik momentan nur zu Neuseeland.


    Die Inseln der Region sind bei deutschen Urlaubern nach wie vor durch die kulturelle Vielfalt und die Natur, insofern diese nicht zerstört ist, sehr beliebt. Umso mehr ist die Eingliederung in die westlichen Systeme durch die USA und Großbritannien für die Stabilität dieser Region von immenser Bedeutung.



    3. Welches Potential besitzt eine Vertiefung der Beziehungen mit ozeanischen Staaten? Bitte grob nach Ländern aufschlüsseln.


    Die Zusammenarbeit auf kultureller Ebene ist nach Ansicht der Bundesregierung eine Chance die Vielfalt unseres Planeten hervorzuheben und Traditionen zu erhalten. Aufgrund der strategischen Partnerschaften mit den USA und Großbritannien ist es wichtig, hier als friedens- und stabilitätserhaltender Partner mitzuwirken. Die Folgen des Klimawandels bedrohen unmittelbar die Atolle Ozeaniens. Aus diesem Grund sehen wir eine Zusammenarbeit mit der westlichen Welt zum Erhalt dergleichen als gegeben an.


    Aktuelle Planungen werden derzeit evaluiert, die Bundesregierung sieht die Notwendigkeit aber als gegeben an.


    Wir sind nicht in der Position über die Wirtschaft der genannten Staaten zu entscheiden. Hauptwirtschaftszweige sind in der Regel die Landwirtschaft, die Fischerei und der Tourismus, vereinzelt der Bergbau. Industrie ist durch die Lage und Infrastruktur nahezu nicht vorhanden und auch aus Kostengründen nicht wirtschaftlich. Wir können hier als strategischer Partner auftreten und nach westlichen Standards die vorhandenen Wirtschaftszweige reformieren, um die Umweltschäden einzudämmen. Oftmals erhalten diese Länder jedoch die Quittung unserer Verfehlungen als Industrienationen. Aus diesem Grund ist eine Zusammenarbeit und ein Ausgleich ein möglicher Schritt zur Rettung dieser Atolle.


    Vorteile ergeben sich hier deutlich bei den strategischen Partnerschaften mit den Ländern des Westens, welche Sicherheit und Stabilität in dieser Region garantieren wollen. Ebenfalls sehen wir die Erhaltung von Naturwundern und Traditionen als unschätzbaren Vorteil an. Im Sinne der Globalisierung ist auch der Import von dort stammenden Waren und eine weitere rege Handelsbeziehung ein Vorteil.



    4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Höhe der derzeit an ozeanische Staaten gezahlten Gelder für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit?


    Durch die enge Zusammenarbeit der Region mit den USA und dem Commonwealth of Nations, sieht die Bundesregierung aktuell keinen unmittelbaren Investitionsbedarf. Die aktuell getätigten Zahlungen sind unsere Stellung für diese Staaten angemessen. Zur konkreten Unterstützung von Umweltschäden sehen wir es als sinnvoll an, vor unserer eigene Haustür zu kehren und die Quittung für unsere Verfehlungen nicht diesen Staaten zu überlassen.


    Die Bundesregierung


    i.A.


    Marko Kassab

    Bundesminister des Auswärtigen, für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung

    | Präsident des Deutschen Bundestages a.D. (11. + 15. LP) |

    | Stellvertreter der Bundeskanzlerin a.D. |

    | Bundesminister für Wirtschaft und Energie / Arbeit und Soziales / des Auswärtigen a.D. |

    | Minister für Wirtschaft und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen a.D.|

    | Landtagspräsident Nordrhein-Westfalen a.D. (12.LP)|

  • | Präsident des Deutschen Bundestages a.D. (11. + 15. LP) |

    | Stellvertreter der Bundeskanzlerin a.D. |

    | Bundesminister für Wirtschaft und Energie / Arbeit und Soziales / des Auswärtigen a.D. |

    | Minister für Wirtschaft und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen a.D.|

    | Landtagspräsident Nordrhein-Westfalen a.D. (12.LP)|