XII/008 | Kleine Anfrage zum Tourismus während und nach Corona

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    Präsident des Deutschen Bundestages

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    Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    und liegt eine Kleine Anfrage an die Bundesministerin der Finanzen, für Wirtschaft und Digitalisierung mit dem Titel "Tourismus während und nach Corona - Perspektiven einer Branche" auf Drs. XII/008 vor.
    Nach § 33 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung hat das befragte Mitglied der Bundesregierung innerhalb von drei Tagen eine schriftliche Beantwortung der Frage einzureichen.



    60x60bb.jpgDeutscher Bundestag

    Zwölfte Wahlperiode



    Drucksache XII/008


    Kleine Anfrage

    der Abgeordneten Sylvie Jachère-Wessler und der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei



    Tourismus in und nach Corona – Perspektiven einer Branche


    Anlage 1


    Tourismus während und nach Corona – Perspektiven einer Branche


    Wir fragen die Bundesministerin der Finanzen, für Wirtschaft und Digitalisierung:


    1. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der Übernachtungen in deutschen Beherbergungsbetrieben in den Jahren 2020 und 2021 entwickelt?
      1. Welche Regionen waren besonders stark von sinkenden Übernachtungszahlen betroffen?
    2. Wie schätzt die Bundesregierung die Perspektiven der Tourismuswirtschaft in den Jahren 2022 und 2023 ein?
    3. Welche Folgen hätte nach Ansicht der Bundesregierung eine dauerhafte Verringerung der Übernachtungszahlen in deutschen Beherbergungsbetrieben?
    4. Welche Maßnahmen wären geeignet, dieser möglichen Entwicklung entgegenzuwirken?
      1. Plant die Bundesregierung, einige dieser Maßnahmen umzusetzen?
        1. Wenn ja, welche?
        2. Wenn nein, warum nicht?
    5. Ist nach Ansicht der Bundesregierung eine bessere Unterstützung der in der Tourismuswirtschaft Tätigen notwendig?
      1. Wenn ja, wie könnte diese ausgestaltet werden?
      2. Wenn nein, warum nicht?




    Sylvie Jachère-Wessler und Fraktion







  • Sehr geehrter Herr Präsident,


    es wird nach § 33 Nr. 2 GO-BT um eine Fristverlängerung um zweiundsiebzig Stunden im Einvernehmen mit der Fragestellerin gebeten, um die Anfrage mit einer hinreichend substantiierten und vollständigen Beantwortung würdigen zu können. Vielen Dank!

  • 60x60bb.jpgDeutscher Bundestag

    Zwölfte Wahlperiode



    Drucksache XII/008


    Antwort

    der Bundesregierung



    auf die kleine Anfrage auf Drs. XII/008


    Anlage 1


    Tourismus während und nach Corona


    Die Bundesregierung beantwortet die Anfrage wie folgt:


    1. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der Übernachtungen in deutschen Beherbergungsbetrieben in den Jahren 2020 und 2021 entwickelt?


    Im Jahr 2019 wurden 495,6 Millionen Gästeübernachtungen registriert. Bis 2020 war ein Rückgang um 193,3 Millionen Gästeübernachtungen zu verzeichnen, sodass die Zahl dieser im Jahr 2020 302,3 Millionen betrug. Bis 2021 war ein leichter Anstieg um 8 Millionen auf 310,3 Millionen Gästeübernachtungen zu verzeichnen.


    Quelle: https://de.statista.com/statis…tungen%20im%20Jahr%202019.


    1. a) Welche Regionen waren besonders stark von sinkenden Übernachtungszahlen betroffen?


    Es folgt eine tabellarische Darstellung der Übernachtungszahlen (in Millionen, auf eine Nachkommastelle gerundet) von 2018 und 2020 nach Bundesländern. Angegeben sind sowohl die Differenz in absoluten Zahlen als auch die relative Abweichung in Prozent.


    Bundesland20182020Differenz in absoluten ZahlenRelative Abweichung in Prozent (2018 = 100 %)
    Bayern98,760,0- 38,7- 39,21
    Baden-Württemberg54,934,2- 20,7- 37,71
    Schleswig-Holstein34,528,9- 5,6- 16,23
    Niedersachsen45,030,0- 15,0- 33,33
    Nordrhein-Westfalen51,928,5- 23,4- 45,09
    Mecklenburg-Vorpommern30,827,8- 3,0- 9,74
    Hessen34,718,5- 16,2- 46,69
    Rheinland-Pfalz22,615,4- 7,2- 31,86
    Berlin32,912,3- 20,6- 62,61
    Sachsen20,113,5- 6,6- 32,84
    Brandenburg13,510,1- 3,4- 25,19
    Hamburg14,56,9- 7,6- 52,41
    Thüringen9,96,7- 3,2- 32,33
    Sachsen-Anhalt8,26,0- 2,2- 26,83
    Saarland3,22,0- 1,2- 37,50
    Bremen2,61,5- 1,1- 42,31


    Ausweislich dieser tabellarischen Übersicht ergibt sich also, dass insbesondere die Stadtstaaten aber auch andere eher dicht besiedelte, über städtische Regionen verfügende, Bundesländer wie Hessen oder Nordrhein-Westfalen stark von deutlichem Übernachtungsschwund betroffen waren-


    Quellen: https://www.destatis.de/DE/The…tungen-bundeslaender.html und https://de.statista.com/statis…erbe-nach-bundeslaendern/


    2. Wie schätzt die Bundesregierung die Perspektiven der Tourismuswirtschaft in den Jahren 2022 und 2023 ein?


    Die Bundesregierung rechnet mit erhöhter Nachfrage, was unter anderem mit dem Wegfall des Beherbergungsverbotes für privatreisende Gäste, das im Zuge der Schutzmaßnahmen, die zum Kampf gegen die COVID-19-Pandemie erlassen worden sind, erlassen wurde. Auch neuerdings erhobene Statistiken lassen einen positiven Trend erkennen; Lücken zum Niveau vor der COVID-19-Pandemie bei den Beherbergungszahlen werden geringer. Insoweit rechnet die Bundesregierung mit besseren Perspektiven für die Tourismuswirtschaft; die Auswirkungen des inflationären Wirtschaftsklimas bleiben abzuwarten.


    Quelle: https://www.destatis.de/DE/Pre…B33FD52B12700DAA9.live732


    3. Welche Folgen hätte nach Ansicht der Bundesregierung eine dauerhafte Verringerung der Übernachtungszahlen in deutschen Beherbergungsbetrieben?


    Zu rechnen wäre mit existenzieller Bedrohung einschlägiger Unternehmen wie auch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit der entsprechenden Angestellten. Dies würde insbesondere Unternehmen betreffen, bei denen die Verringerung der Übernachtungszahlen dermaßen stark ist, dass von einer solchen Verringerung, bei der das Nichteintreten einer existenziellen Bedrohung praktisch ausgeschlossen wäre, auszugehen wäre.


    4. Welche Maßnahmen wären geeignet, dieser möglichen Entwicklung entgegenzuwirken?


    Dies ist insbesondere einerseits auch in Anbetracht der derzeitigen globalen wirtschaftlichen Lage zu betrachten: die Inflation kann und wird sicherlich in Teilen zumindest auch dazu führen, dass gerade Kund*innen aus unteren und mittleren Einkommens- beziehungsweise Vermögensschichten von einer Inanspruchnahme der Angebote der Tourismuswirtschaft absehen. Insoweit gilt es, mittelbar für eine Senkung der Inflationsrate durch Diversifikation im Rahmen der Energiepolitik als ein dem Staat zur Verfügung stehendes Mittel zu sorgen.


    Ferner sind Maßnahmen, die Tourismusunternehmen bei der Wiederaufnahme ihres Geschäftes zu unterstützen - etwa durch finanzielle Förderungen für notwendige Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten - geeignet; genauso wie Maßnahmen, um Tourismusunternehmen für junge Mitarbeiter*innen, an denen es bisweilen mangelt, attraktiver zu gestalten. Für das Letztere und generell wäre etwa ein kontinuierlicher Austausch mit Vertreter*innen aus der Tourismusbranche sowie im Zuge dessen das Finden gemeinsamer Lösungen, den Mitarbeitenden mit mehr Wertschätzung durch angemessene Entlohnung und gute Arbeitsverhältnisse gegenüberzutreten, sowie das Finden gemeinsamer Lösungen in anderen Bereichen geeignet.


    4. a) Plant die Bundesregierung, einige dieser Maßnahmen umzusetzen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?


    Es wird um Nachsicht gebeten, dass die Bundesregierung hierzu in diesem Rahmen keine abschließende Stellungnahme abgeben wird. Die Notwendigkeit bestimmter - geeigneter- Maßnahmen wird fortlaufend durch das Bundeskabinett evaluiert; entsprechende Entschlüsse werden im Einvernehmen mit allen Koalitionären gefasst.


    5. Ist nach Ansicht der Bundesregierung eine bessere Unterstützung der in der Tourismuswirtschaft Tätigen notwendig? Wenn ja, wie könnte diese ausgestaltet werden? Wenn nein, warum nicht?


    Ja, zumal vor allem die COVID-19-Pandemie aufgezeigt hat, dass einzelne Branchen wie die Tourismuswirtschaft durch bestimmte globale Wirtschaftslagen in ihrem Wirken beeinträchtigt werden können, sodass es nötig erscheint, im Rahmen der einschlägigen Unterstützungsmaßnahmen sowohl auf akute Unterstützungsbedarfe als auch auf die Neuaufstellung zum besseren Schutze vor Krisen abzustellen.



    Dr. Christ

    für die Bundesregierung



    Bemerkungen

    Keine.

  • Herr Präsident,


    ich danke zunächst der Ministerin für diese ausführliche Antwort. Da Punkt 5 in meinen Augen jedoch recht allgemein gehalten ist, möchte ich gern nachfragen, welche Möglichkeiten die Bundesregierung für eine zusätzliche Unterstützung als sinnvoll und angemessen erachtet. Eine etwas konkretere Beschreibung wäre hier wünschenswert.

  • Werte Frau Jachère-Wessler,


    zur zusätzlichen Unterstützung stellen sich unter anderem als sinnvolle Maßnahmen heraus:


    o im Rahmen der Möglichkeiten des Staates inflationshemmende Politik und Energiediversifikation, um nachfragehemmende Preissteigerungen möglichst zu vermeiden;

    o Reduktion von Bürokratiehemmnissen, um effizientere Verwaltung in der Tourismuswirtschaft zu ermöglichen;

    o Rückbau von Einschränkungen des Messegeschäftes - soweit möglich - und (finanzielle) Unterstützung der Kongress- und Veranstaltungsbranche, um Anlässe zur Inanspruchnahme touristischer Angebote zu erhalten;

    o Entgegenwirken des Fachkräftemangels und insbesondere Sicherstellung adäquater Bezahlung (etwa Mindestlohn) sowie Absprachen und Unterstützung berufsbildfördernder Kampagnen, um dem Mitarbeiter*innenmangel entgegenzuwirken und so die Versorgung der Tourist*innen sicherzustellen;

    o ggf. notwendige punktuelle (finanzielle) Unterstützung, etwa den Tourismusstandorten in Regionen wie dem Ahrtal, um den Wiederaufbau nach den Zerstörungen durch das Hochwasser zu unterstützen;

    o allgemeine Aufwertung inländischer Tourismusstandorte - genaue Förderbedarfe können auch von regionalen Befindlichkeiten abhängen.


    Welche Maßnahmen die Bundesregierung konkret ergreifen wird, werde ich - wie bereits angemerkt - nicht kommentieren. Das wird unter den Koalitionären im Einvernehmen entschieden werden.