IV/015 Debatte | Gesetz zur Ergänzung des Bildungsplan Geschichte/Politik für die Jahrgänge 7-11

  • Die Debatte dauert zwei Tage und endet damit am Mittwoch dem 29. Juni 2022 um 19:30 Uhr.

    Hajime Nagumo

    Mitglied der Hamburger Bürgerschaft

    Präsident der Hamburger Bürgerschaft

    Vorsitzender der vPiratenpartei

  • Herr Präsident,
    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    Wie oft hören wir Schülerinnen und Schüler sagen, dass der Unterricht nicht anschaulich gestaltet ist? Eigentlich viel zu oft, wenn wir ehrlich sind. Klar gibt es hin und wieder mal Ausflüge um den Unterricht erlebbarer zu gestalten, aber hin und wieder reicht uns als Senat nicht. Wir wollen, dass die Schülerinnen und Schüler regelmäßig das Klassenzimmer verlassen, um den Unterricht vor Ort in Gedenkstätten hautnah zu erleben und sich selbst vor Ort eine Meinung zu bilden. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler die Themen nicht nur in der Theorie im Klassenzimmer behandeln, sondern live vor Ort. Gerade wenn Themen wie der Zweite Weltkrieg im Unterricht behandelt wird muss der Besuch einer KZ-Gedenkstätte auf dem Lehrplan stehen, damit die Schülerinnen und Schüler selber erleben welche grässlichen Taten dort geschehen sind und wie sehr die Menschen dort gelitten haben. Und dabei ist es einmal unerhebliche, ob die Schülerinnen und Schüler einen intensiven Unterricht über die nationalistische Vergangenheit unnötig finden.

    Gerade in Zeiten wo Antisemitismus wieder massiv in der Öffentlichkeit präsent ist, muss die Prävention schon in den Schulen greifen und der Besuchen von Gedenkstätten ist ein wichtiger Baustein dabei.

    Wir lassen unsere Lehrkräfte dabei nicht allein, die Mitarbeiter unserer Bildungsbehörde haben einen Leitfaden entwickelt, wie man den Besuch einer Gedenkstätte inhaltlich und organisiert vorbereiten kann.

    Und bevor ich wieder zurück auf meinen Platz gehe, das geht jetzt an die Grünen und I:L Sie können sich ruhig über alles lustig machen und die Zusammenarbeit mit uns hier verweigern. Aber die Bürgerinnen und Bürger der Stadt nehmen sehr wohl wahr, wer etwas für die Stadt leistet und wer nicht. Vielleicht hat er Antrag in Ihren Augen Schwächen oder Lücken. Alles kein Problem, aber wir stehen auch erst am Anfang unserer Arbeit.

    Ich bitte Sie deshalb um Ihre Unterstützung für den Antrag, vielen Dank.

  • ruft


    Was ändert sich denn mit dem Gesetz? Das ist doch bereits alles möglich! Völlig sinnbefreit!

  • Also Also Also...


    Sehr geehrter Herr Präsident,

    Liebes Kolleg*innen,


    ich möchte hier an dieser Stelle gleich mal an den Herrn Bürgermeister anknüfen: "Wie oft hören wir Schülerinnen und Schüler sagen, dass der Unterricht nicht anschaulich gestaltet ist?" fragt sich das Stadtoberhaupt selbst. Ich als gerade absolvierter Abiturient kann Ihnen sagen: Nicht so oft. Also konkret habe diesen Satz noch nie so gehört. Aber sei's drum, Jugendsprache ist nunmal nicht ihr Ding, Herr Miller.


    Um in meiner sonst so negativ belasteten Rede auch kurz mal etwas nettes zu sagen: Ich bin mir sicher, mit diesem Antrag haben Sie es gut gemeint. Die Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für geschichtliche Themen ist wichtig. Die Idee, diese durch Besuche bei Gedenkstätten zu fördern ist eine gute. Nur leider zeigt ihr Antrag, dass weder Sie, noch Menschen die an dem Antrag gearbeitet haben, in den vergangenen Jahren mal eine Schule betreten haben. Ich kann Ihnen für meinen Teil sagen: Ich war in der 8. Klasse zur Besichtigung im KZ Buchenwald, sowie in der 11. Klasse im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Beides schulisch, ersteres als Pflichtprogramm, zweiteres als Wahlprogramm. Was heißt das also? Offensichtlich werden bereits jetzt schon diese "Besuche von Gedankstätten" durchgeführt. Ich weiß was Sie sich fragen, werte Zuhörer*innen: Sind diese Besuche dann etwa illegal? Nein, lautet die überraschende Antwort. Was nützt uns dann dieser Antrag?


    Wort wörtlich schrieben Sie: "Der Senat ermöglicht den Besuch von Gedenkstätten für die Jahrgänge 7-11 der Freien und Hansestadt Hamburg." Wir haben bereits festgestellt, dass Besuche rechtlich nicht unmöglich sind und bereits durchgeführt werden. "Ermöglichen" könnte sich beispielsweise aber auch auf finanzielle Aspekte beziehen, Sollte dies der Fall sein, so vergaß die antragsstellende Regierung jedoch leider, in Ihrem Antrag Kosten jeglicher Art aufuzführen.

    Zusätzlich konkretisieren Sie Ihren Entwurf in Ihrer Rede insoweit, als dass ein Besuch eines KZs Pflicht werden solle. Nur schade, dass das nicht im Antrag steht und damit nicht Gegenstand der heutigen Debatte ist.

    Sollte dieser Antrag lediglich dazu da sein, den Lehrplan (Bildungsplan) symbolisch zu ergänzen, dann ergeben sich ebenfalls viele Fragen. Wieso machen Sie das Ganze dann als Gestzesentwurf? Den Bildungsplan kann das Kultusministerium (Bildungsministerium) selbst anpassen, dafür benötigen Sie kein gesondertes Gesetz. Zudem nennen Sie nicht einmal, welcher Bildungsplan ergänzt werden soll. Wir haben allein 3 Bildungspläne, auf welche Ihre Vorlage zutreffen könnte. Sollen das die werten Lehrkörper dann raten oder wie stellen Sie sich das vor?


    Zum Schluss Ihrer Rede fronten (das heißt attackieren, Herr Miller) Sie IL und Grüne noch in Gänze dafür, dass wir uns leicht belustigten ob des gestellten Antrages. Außerdem werfen Sie uns vor, Zusammenarbeit abzulehnen. Ich erlaube mir zunächst für beide Fraktionen zu sprechen wenn ich behaupte: Zusammenarbeit wurde von uns nie abgelehnt. Im Gegenteil gab es Ihrerseits hierzu nie ernsthafte Angebote. Bei einem Antrag Ihrer Fraktion gibt es gleichwohl keine Kooperation, wir sind nicht Teil der Regierung. Und wenn sich hier heute jemand lächerlich gemacht hat, dann waren es Sie mit Ihrem verkorksten Antrag.

    Doch werden wir zum Schluss versöhnlich. Ich glaube Ihnen wie gesagt, dass Sie es gut meinen. Ich glaube auch, dass wir hier inhaltlich große Schnittmengen haben. Und ich bin da absolut bereit dazu, einen Antrag zu unterstützen, der dafür sorgt, dass mehr Jugendliche Gedenkstätten wie Konzentrationslager besuchen (können). Dieser Antrag hier würde dafür nicht sorgen. Peitschen Sie diesen Antrag durch oder lassen Sie es, mir ist es am Ende egal. Denn mit diesem Antrag verändert sich nichts. Aber glauben Sie bloß nicht, dass Sie sich dafür am Ende abfeiern können. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt nehmen es wahr!

  • Geehrter Herr Präsident,

    geschätzte Kolleg/innen!


    Ich kann mich den Worten meines Vorredners nur anschließen. Für mich ist aus dem Gesetzentwurf nichts ersichtlich.

    Die Intension hinter dem Antrag ist sehr löblich, weil nach über 70 Jahren nach dem Ende des Krieges, es auch immer

    weniger Überlebende gibt und das Grauen nicht vergessen werden darf, wie man an der aktuellen Situation in der

    Ukraine sehen kann. Sicherlich man kann es nicht eins zu eins vergleichen, aber Orte an denen man gedenken kann

    und auch muss, sollten erhalten und unterstützt werden. Man sollte auch mehr Treffen zwischen den Jugendlichen

    und den Überlebenden veranstalten. Vielleicht sollten da die Lehrpläne angepasst werden.


    Herr Bürgermeister, ein paar Fragen habe ich da schon:


    Sollen diese Besuche von den Schulen finanziert werden, bzw. von den Schülern?

    Wird der Senat eine höhere finanzielle Ausstattung der Gedenk- und Begegnungsstätten in Betracht ziehen?


    Herzlichen Dank

    Stellvertretender Bundeswahlleiter