Debatte IX/15|Selbstauflösung des Bayerischen Landtages

  • Sehr geehrte Damen und Herren,


    ich eröffne nun die Debatte zur Selbstauflösung des Bayerischen Landtages gem. Artikel 18 BV. Das Wort erhält zunächst Dr. Irina Christ.

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    hochgeehrte Damen und Herren,

    verehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,



    ich freue mich, an dieser Stelle vor Ihnen allen reden zu dürfen. Reden tue ich im Namen der Opposition – reden, um diesen Antrag zu begründen. Dieser Antrag, nämlich den zum Beschluss der Selbstauflösung des Landtages gemäß Artikel 18 der Bayerischen Staatsverfassung, ist nach Auffassung der Oppositionsparteien, den Grünen, den Piraten, der SDP und der Bayerischen Sozialen Vereinigung, das Mittel, um die zurzeit vorhandene Nichtleistung der Staatsregierung in Krisenzeiten (!), ich wiederhole: in Krisenzeiten (!), einem Ende zuzuführen. Denn es kann nicht sein, dass in einer epidemiologisch kritischen Situation, die dazu führt, dass das Gesundheitssystem überlastet wird, dass diejenigen, die noch irgendwie dafür sorgen, dass dieses noch so gerade halbwegs dem Druck standhält, nämlich die tausenden Pflegerinnen und Pfleger, die teilweise wirklich bis zum Anschlag arbeiten, dass in einer solchen Situation faktisch keine Staatsregierung vorhanden ist. Wir haben ja nicht einmal einen Gesundheitsminister! Weitere zu lösende Herausforderungen, etwa Maßnahmen dafür, dass wir das endlich mit der Digitalisierung auf die Reihe kriegen oder dass wir gegen den menschengemachten Klimawandel, im Übrigen mahnen alle seriösen Wissenschaftler entsprechende Maßnahmen an, ankämpfen. Das verschläft die Staatsregierung gänzlich. Vernünftige Bildungspolitik? Fehlanzeige! Was ist mit der Wirtschaft? Das wird ebenfalls gnadenlos verschlafen! Meine Damen und Herren, wir befinden uns noch immer in der Einflusssphäre einer historischen Krise – und die Staatsregierung hält sich bedeckt. Dies ist mitnichten ehrenwert oder gute Regierungsarbeit – das ist eine Schande!


    Noch am Wahlabend hat Ministerpräsident Kater eines versprochen – ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten: „Welche [Regierung] es am Ende auch immer geben wird, diese wird […] stets zum Wohle Bayerns arbeiten.“ Doch machen wir jetzt mal einen kleinen Faktencheck und blicken mal auf für die Allianz unangenehme Wahrheit: Diese Regierung und dieser Ministerpräsident lässt die Bürgerinnen und Bürger unseres Freistaates in einer historischen Krise im Stich – Stroma Kater hat sein Versprechen gebrochen – er hat die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger, die bei der letzten Wahl Allianz gewählt haben, verraten, belogen und betrogen – das ist ehrlos und verschlagen! Wo ist der Ministerpräsident? Wo? Diese Regierung hat sein Wochen, nein seit Monaten nichts auf die Reihe bekommen – der Großteil dessen, worauf sich Stroma Kater im Laufe seiner Amtszeit eingelassen hat, waren stumpfsinnige Diskussionen und sinnloses Anblaffen politischer Konkurrenten – von ehrlicher Sacharbeit: keine Spur. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die Regierung die parlamentarischen Rechte untergräbt: durch den Ministerpräsidenten unbeantwortete Anfragen, selbst das Herbeizitieren in den Landtag wurde ignoriert. Der Amtseid für alle Regierungsmitglieder lautet: „Ich schwöre Treue der Verfassung des Freistaates Bayern, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung meiner Amtspflichten, so wahr mir Gott helfe.“ Doch dieser Amtseid, der geschworen (!) wurde, scheint durch den Herrn Ministerpräsidenten immer wieder mutwillig gebrochen zu werden. Es ist das Verschulden der Regierung, aber vor allem das des Ministerpräsidenten, dass keine politische Handlungsfähigkeit vorliegt. Wie traurig.


    Sehr verehrte Anwesende,


    wir wollen, dass der Stillstand endlich beendet wird, dass endlich „zum Wohle Bayerns“, um es mit den Worten des Ministerpräsidenten zu formulieren, gearbeitet wird. Die Verfassung des Freistaates Bayern lässt da nicht allzu viele Möglichkeiten offen – sinnig erscheint uns daher die Inanspruchnahme von Artikel 18 der Bayerischen Staatsverfassung, dort heißt es – ich zitiere mit Erlaubnis des verehrten Herrn Präsidenten: „Der Landtag kann sich vor Ablauf seiner Wahldauer durch Mehrheitsbeschluss seiner gesetzlichen Mitgliederzahl selbst auflösen.“, so lautet Absatz 1 dieser Verfassung und wir beantragen, hiervon Gebrauch zu machen. Es ist an der Zeit, dass die Bürgerinnen und Bürger nun Gelegenheit zur Neubewertung der Situation enthalten und entsprechend ihre Schlüsse aus dieser politischen Krise, anders kann man es ja nicht benennen, ziehen.


    Liebe Parlamentarierinnen und Parlamentarier, denken Sie bitte gut nach – fassen Sie sich bitte ein Herz und beenden Sie diesen Stillstand. Sorgen Sie bitte dafür, dass wir gemeinsam wieder Handlungsfähigkeit herstellen. Denken Sie bitte nicht an irgendwelche parteipolitischen Verpflichtungen oder Interessen, sondern einzig und allein an ihre persönliche Verpflichtung den Menschen in diesem Freistaat gegenüber. Die erwarten nämlich, dass wir in dieser Krise, die den Bürgerinnen und Bürgerin in unserem Freistaat an die Nieren geht, die die Existenz vieler Menschen gefährdet, handeln. Sie alle sind als Abgeordnete einzig und allein Ihrem persönlichem Gewissen unterworfen. Lasst uns alle handeln, bevor es so richtig dicke kommt! Lasst uns Neuwahlen herbeiführen und diesem Schauspiel ein Ende bereiten! Ich danke Ihnen von ganzem Herzen!


    Sehr verehrter Herr Präsident,


    gemeinsam mit den Abgeordneten Fürst, Breitenberger, Gruensen und Kratzer sowie den berufenen Bürgerinnen und Bürgern Linner, Saakaschwili, Hennekemp, Rütt und Rehm beantrage ich, eine geheime Abstimmung gemäß § 28 Absatz 4 BayLTGeschO vorzunehmen. Vielen Dank!