Aktuelle Stunde IX/10|Eröffnung einer aktuellen Stunde [zum Thema mangelhafte Regierungsarbeit]

  • Sehr geehrte Damen und Herren,


    ich eröffne die aktuelle Stunde. Ich habe mir erlaubt den Titel etwas zu erweitern, damit klar wird, welchen Zweck diese aktuelle Stunde verfolgt. Das erste Wort hat in den ersten 24 h Dr. Irina Christ.

  • Sehr geehrter Herr Präsident,

    meine verehrten Damen und Herren,


    es reicht. Es reicht endgültig. Während die Hütte im wahrsten Sinne des Wortes am Brennen ist, verkriecht sich die Staatsregierung, bestehend aus Liberal-Konservativer Allianz und Christlich-Demokratisch-Sozialer Union sonst wohin. Was macht die Staatsregierung eigentlich? Wo ist sie denn? Sie macht jedenfalls in größten Teilen nicht das, was sie machen sollte. Omikron, das zurzeit mehr als fragile Gesundheitssystem in Bayern, die Klimakrise, die Wirtschaft, die aufgrund der derzeitigen Situation wieder einmal droht, den Bach runterzugehen, ganz zu schweigen von den vielen Kindern, die sich ebenfalls in einer schwierigen Lage befinden. Meine Damen und Herren, es gibt so viel zu tun – doch seitdem Ministerpräsident Stroma Kater von der Allianz im Amt ist, läuft hier eigentlich gar nichts. So, wie es ist, kann es nicht bleiben.


    Verehrte Anwesende,


    in den vergangenen Wochen und Monaten war die Coronalage in Bayern so angespannt, wie sonst kaum irgendwo in der ganzen Bundesrepublik – Rekordinzidenzen, Rekordhospitalisierungsraten und immer mehr ausgelaugte Pflegekräfte, die einfach nicht mehr können. Ja, die Zahlen sinken zurzeit. Doch jeder, und zwar wirklich jeder seriöse Epidemiologe bescheinigt, dass die fünfte Welle, die Omikronwelle, kommen wird. Und die Staatsregierung macht nichts – es werden keinerlei notwendige Vorbereitungen getroffen, um diese Welle abzufedern. Doch jetzt kommt doch der Skandal schlechthin: Weite Teile dieser Welt und der Menschheit, die auf ihr lebt, sind von der derzeitigen pandemischen Notlage nationaler Tragweite schwer betroffen – vor allem auch der Freistaat Bayern. Und: Wir haben nicht einmal einen Gesundheitsminister. Dessen Aufgaben wurden, wie verlautbart wird, an den Ministerpräsidenten als Teil der „sonstigen Geschäftsbereiche“ delegiert. Wie krank ist das denn? Das muss man überhaupt erst einmal jemandem erklären. Und ich garantiere: Das wird niemand, absolut niemand verstehen können. Dabei ist vor allem das Gesundheitsressort in einer Situation, die vergleichbar mit der jetzigen ist, von allerhöchster Priorität? Wo ist der? Der Gesundheitsminister? Wenn wir daran interessiert sind, schnellstmöglich aus der derzeitigen Situation herauszukommen, dann brauchen wir auch jemanden mit entsprechender gesundheitspolitischer Kompetenz, um das auch bewerkstelligen zu können. Das ist ein Armutszeugnis schlechthin – und nicht nur hier.


    Herr Ministerpräsident, falls Sie mir überhaupt folgen,


    Sie und Ihre Partei haben bei den vergangenen beiden Landtagswahlen ein überwältigendes Vertrauen sondergleichen erhalten, das kann man nur schwerlich leugnen. 57,1 Prozent bei der bayerischen Landtagswahl im August diesen Jahres und 50,0 Prozent bei der letzten Wahl im Oktober. Das ist einmal eine Absolute Mehrheit – und einmal wurde sie nur äußerst knapp verfehlt. Angesichts der zunehmenden Zersplitterung der Parteienlandschaft über die letzten Jahre, mir sei der Verweis auf das sogenannte Zweieinhalbparteiensystem der 1960er-Jahre, das bis in die 1980er Jahre und damit über dreißig Jahre vor der Restrukturierung der Parteienlandschaft hinein Bestand hatte, gestattet, ist das ein überwältigender Vertrauensvorschuss. Doch was machen Sie damit? Richtig: Sie schießen das Vertrauen in den Wind und missbrauchen es auf schäbigste Art und Weise. Die Bürgerinnen und Bürger vertrauen auf die von ihnen bestimmten Verantwortlichen, sie legen die Verantwortung in vermeintlich gute Hände. Doch wir befinden uns in einer der schwersten Krisen der letzten Jahrzehnte und die bayerische Staatsregierung hat absolut nichts auf die Kette gekriegt. Was ist mit Ihrer bildungspolitischen Agenda? Nach so viel lockdownbedingten Defiziten sollte es doch mal was dahingehend geben? Was kommt: nichts. Alle seriösen Wissenschaftler bescheinigen die Echtheit eines menschengemachten Klimawandels und die Notwendigkeit zeitnahen Handelns. Was kommt: richtig, nichts. Die Wirtschaft, gebeutelt durch die Pandemie und die weltwirtschaftliche Situation. Was kommt, entsprechend der Möglichkeiten der Staatsregierung: ach, das brauch ich doch nicht nochmal zu sagen.


    Herr Präsident,

    meine Damen und Herren,


    diese Staatsregierung verschläft die Lösung aller relevanten Aufgaben und Herausforderungen, schlimmer noch: das einzige, was der Herr Ministerpräsident zu tun hat, ist, einen rechtlich nicht einmal bindenden Erlasse, der mit Blick auf ein vielfältiges, weltoffenes Bayern beschämend ist, rauszuhauen, andere politische Gegner vielfach auf ekelerregendste Weise anzumotzen und das Parlament getrost zu ignorieren: Wo ist die Antwort auf meine Anfrage, Herr Kater? Wo ist der entsprechende Entwurf für die durch das Parlament per Beschluss geforderte Novelle des Gesetzes zum Klimaschutz im Freistaat Bayern? Wo? Richtig, existiert gar nicht. Der Großteil der Staatsregierung, einzig positive Ausnahme ist Minister Knoller, macht ihre Arbeit nicht. Räumen Sie endlich in ihren Reihen auf oder treten Sie ab,


    vielen herzlichen Dank!

  • Herr Präsident,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,

    geschätzte Vertreterinnen und Vertreten der Staatsregierung,

    werte Damen und Herren,


    es ist nun die zweite Allianz geführte Staatsregierung im Freistaat und man dachte nach der ersten, dass es kaum schlechter werden kann. Ich bin ehrlich: Ich weiß nicht, ob das Kabinett Kater bisher noch enttäuschender ist als jenes des Kollegen Schwalbenbach, aber es ist bisher zumindest ein solides Remis. Die beiden Ministerpräsidenten zeichnet und zeichnete vor allem eins aus: fehlende öffentliche Präsenz. Dazu gesellt sich Initiativlosigkeit, beim aktuellen Ministerpräsidenten Kater dazu noch parlamentarisch unwürdige Umgangsformen, die Missachtung der Opposition durch unbeantwortete Anfragen sowie eine ausgeprägte Aktivität auf Twitter - und leider nur dort. Inhaltlich wird es auf den Social-Media-Plattformen freilich nicht, viel mehr zeichnet sich der Ministerpräsident durch persönliche Herabwürdigungen und durch einen einem Ministerpräsidenten dieses Freistaates unwürdigen Sprachgebrauch aus. Es ist ein Trauerspiel, das wir hier erleben und ich schäme mich für diese Staatsregierung und insbesondere ihren Ministerpräsidenten. Die Bürgerinnen und Bürger haben der Allianz eine zweite Chance gegeben, nach der versemmelten letzten Legislaturperiode. Doch die Allianz scheitert auch in dieser Legislaturperiode krachend. Die Staatsministerinnen und Staatsminister sind öffentlich bisher genau gar nicht in Erscheinung getreten, ganz zu schweigen von Anträgen oder gar Redebeiträgen im Landtag. Totale Fehlanzeige. Diese Staatsregierung ist bisher ein Totalausfall, wie man ihn so wohl nicht erwartet hätte. Es scheint, als sei die Staatsregierung seit Beginn ihres Amtsantrittes in einen tiefen Winterschlaf verfallen. Ob sie jemals wieder aufwacht - ich bezweifle es.


    Ganz eklatante Mängel weist auch die Informationspolitik der Staatsregierung auf. Es gab keine Regierungserklärung, es gab kein Wahlprogramm, es gab keine öffentlichen Ankündigungen, keine öffentliche Information zu Corona und der aktuellen Lage, die ich als durchaus kritisch und sehr besorgniserregend bezeichnen würde. Die Staatsregierung schweigt wie ein Stein und scheint insgeheim zu hoffen, die Probleme des Landes schweigend aussitzen zu können. Einzig nennenswerte Initiative des Ministerpräsidenten war ein sogenannter Erlass bezüglich des Verbots zur Anbringung von Regenbogenflaggen an Schulen durch Schulen und ihre Funktionäre. Dass dieser Erlass nicht mehr ist, als ein freundlicher Hinweis ohne konkrete Rechtswirkung, das sei hier außen vor gelassen. Ich frage mich aber, gibt es in dieser Zeit nichts Wichtigeres zu tun als den Schulen einen schlicht unverbindlichen Hinweis zu geben, dass man doch bitte eine Flagge nicht aufhängen solle, die für die Vielfältigkeit unserer Gesellschaft, die für Toleranz und Offenheit steht. Ich glaube, es gäbe sehr viele viel wichtigere und akutere Baustellen in unserem Freistaat.


    Werte Damen und Herren, die Allianz in Bayern steht in den vergangenen zwei Legislaturperioden vor allem für eines: für politischen Stillstand. Bayern hat eine andere, eine aktivere, eine bessere Regierung verdient. Diese Staatsregierung hat einen Auftrag vom Volk bekommen, an dem sie aber nicht interessiert zu sein scheint. Aber auch wir als Opposition haben einen Auftrag: den Auftrag diese Regierung zu kontrollieren, zu kritisieren - aber auch konstruktive, inhaltliche Arbeit zu leisten. Diesem Auftrag kommen wir nach und werden wir weiter nachkommen. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam auch mit dieser Staatsregierung Bayern weiterbringen können. Aber so, liebe Staatsregierung, geht es nicht.


    Herzlichen Dank!

  • Sehr geehrter Herr Dr. Matthias Linner,


    gemäß §48 Abs. 3 BayLTGschO wird die aktuelle Stunde sowieso so lange verlängert bis der Herbeizitierte erscheint.

    Herr Präsident, ich beantrage die Verlängerung der Debatte.


    Herzlichen Dank!