3 BvT 1/20 — Dr. Heidbrink ./. Präsident des bayerischen Landtages

  • Oberstes Gericht

    3 BvE 2/20


    B e s c h l u s s


    über die Festsetzung des Termins
    der mündlichen Verhandlung


    Das Oberste Gericht hat beschlossen, dass die mündliche Verhandlung im Organstreitverfahren 3 BvE 2/20 am


    14. September 2020


    stattfinden wird.


    Vizepräsident des Obersten Gerichts

  • betritt zusammen mit seinem Kollegen, Frank Kerstenbaum , den Sitzungssaal


    Guten Morgen, bitte nehmen Sie doch Platz. Ich rufe hiermit das Verfahren 3 BvE 2/20, das Organstreitverfahren Dr. Heidbrink gegen den Präsidenten des bayerischen Landtages, auf und eröffne die mündliche Verhandlung in dieser Sache. Herr Dr. Heidbrink, Sie haben das Wort zur Begründung Ihres Antrags. Dr. Lorenz Heidbrink

    Vizepräsident des Obersten Gerichts

  • Sitzt neben seinem Fraktionskollegen Karl-Dieter von Allendorf , durchblättert nochmals seine sporadischen Notizen.


    Herr Vorsitzender,


    der Streitgegenstand ist denkbar einfach. Das Gericht wird sich mit zwei Fragen zu beschäftigen haben, die vereinfacht lauten:


    1. Darf eine auf eine (unzureichend) beantwortete Anfrage hin innerhalb von 48 Stunden gestellte "Nachfrage" zurückgewiesen werden, obwohl weder die Verfassung, noch die Geschäftsordnung eine Regelung vorsieht, welche die Zurückweisung von nicht binnen 24 Stunden gestellte "Nachfragen" ermöglicht?


    2. Darf der Landtag im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie überhaupt eine Regelung beschließen, durch welche die Fragerechte des Abgeordneten eingeschränkt werden, indem Nachfragen, die nicht innerhalb einer Frist von 24 Stunden ab Beantwortung der Anfrage gestellt werden, unzulässig sind?


    Auch die Beantwortung dürfte keine Schwierigkeiten bereiten, wenn das Gericht nicht plant, seine bisher gefestigte Rechtsprechungslinie aufzugeben und/oder abzuändern.



    Zur Zulässigkeit der Anträge


    Die Antragsteller sind zweifellos parteifähig und antragsbefugt. Es geht jeweils um Statusrechte, die dem einzelnen Abgeordneten zustehen und nicht einer Fraktion zugeordnet sind. Aus diesem Grund können sich die Parteien individuell gegen einen Beschluss des Landtages wehren.


    Was den Antragsgegenstand angeht, steht außer Zweifel, dass der Antragsgegner zu 1 die Erfüllung meines Fragerechts verhindert hat, indem die im Streit stehende Nachfrage "zurückgewiesen" wurde und der dazugehörige Thread gesperrt worden ist, wodurch eine Beantwortung durch die Staatsregierung, selbst wenn diese erfüllungsbereit gewesen wäre, unmöglich geworden ist.


    Auch der Antragsgegenstand zu 2. - der Beschluss der Geschäftsordnung durch den Antragsgegner zu 2. - ist rechtserheblich und im Wege des Organstreits kontrollfähig (vgl. etwa BVerfGE 80, 188 [209]; 84, 304 [318]). Ein Vorrang der Normenkontrolle gilt insoweit nicht.



    Zur Begründetheit der Anträge


    Die Anträge sind begründet, denn die antragsgegenständlichen Maßnahmen verletzen die Antragsteller in ihrem Recht aus Art. 13 Abs. 2 LV Bayern.


    Art. 13 Abs. 2 LV Bayern begründet zusammen mit Art. 14 Abs. 1 LV Bayern ein umfassendes Statusrecht des einzelnen Abgeordneten, das selbstverständlich auch ein Fragerecht beinhaltet (vgl. etwa BayVerfGH, NVwZ 2007, 204 [205]). Die Normen sind wortgleich zu Art. 38 Abs. 1 GG, dessen Bedeutung das Gericht freilich zu beurteilen weiß ("Magna Charta" der Abgeordnetenrechte). Frage - und Informationsrechte bilden die Grundlage, vermöge derer die Abgeordneten in die Lage versetzt werden, ihren Repräsentationsauftrag durch das eigene Wirken ausfüllen zu können (vgl. BVerfGE 80, 188 [218]). Seine Rechtfertigung findet das Fragerecht mithin im Demokratieprinzip. Aus diesem Grund kann es auch nur durch kollidierende Verfassungsgüter ähnlichen Gewichts eingeschränkt werden. Das Demokratieprinzip ist der tragende Grundsatz der Staatlichkeit von Bundesrepublik und Bundesländern, das im Zweifel eine Vermutung zugunsten einer abgeordnetenfreundlichen Auslegung des Fragerechts gebietet. Dementsprechend sind Einschränkungen des Fragerechts nur für ganz außergewöhnliche Situationen anerkannt: Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, Staatsgeheimnisse zum Schutz des Bestandes sowie der Sicherheit der Bundesrepublik oder schutzwürdige Interessen Dritter. Auch die Funktionsfähigkeit des Parlaments wurde als verfassungsimmanente Schranke angesehen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass zwei widerstreitende Interessen einander nicht schlechterdings überwiegend, sondern im Einzelfall im Wege der praktischen Konkordanz zu einem angemessen Ausgleich gebracht werden müssen. Es sind also die berechtigten Informationsinteressen des Abgeordneten sowie der Öffentlichkeit - Öffentlichkeitsprinzip! - gegen das (vermeintlich) widerstreitende Verfassungsgut abzuwägen.



    Zur Bedeutung der Geschäftsordnung


    In der öffentlichen Diskussion halten sich Halbwahrheiten, Gerüchte und Missverständnisse zur Geschäftsordnung hartnäckig. Aus diesem Grund ist es den Antragstellern ein Anliegen, einige klarstellende Worte zu finden:


    1. Eine Geschäftsordnung ist nicht "Betriebsvoraussetzung" für das Parlament. Der Landtag ist auch ohne GO arbeitsfähig. Die Gegenauffassung kann nicht erklären, wie ein angeblich nicht geschäftsfähiger Landtag sich selbst eine GO geben kann, ist diese doch Voraussetzung für die Aufnahme der Geschäfte.

    2. Die Geschäftsordnung begründet keine Möglichkeit, Abgeordnetenrechte durch Zwecke einzuschränken, deren Wurzel nicht in verfassungsrechtlichen Positionen liegt. Statusrechte können nur nach Maßgabe der Verfassung eingeschränkt werden; die Geschäftsordnung hat nur konkretisierende Funktionen.



    Insoweit wird vorsorglich bestritten, dass die Zurückweisung der Anfrage irgendeiner konkurrierenden Verfassungsposition dient oder dienen kann. Die Antragsgegner sind insofern darlegungsbelastet.


    Insbesondere dient weder die Zurückweisung der "Nachfrage", noch die angegriffene Regelung der Geschäftsordnung der Arbeitsfähigkeit des Parlaments. Es ist nicht erkennbar, dass das Parlament durch eine Nachfrage, die später als 24 Stunden eingeht, zusätzlich belastet würde. Adressat der Beantwortungspflicht ist die Staatsregierung, nicht der Landtag. Auch wird dadurch nicht die kollektive Kontrolle der Staatsregierung durch das Parlament erschwert, etwa indem die Staatsregierung überlastet würde.



    Zum behaupteten Unterschied von Anfrage und Nachfrage


    Eine gegenteilige Argumentation hat der Antragsgegner zu 1 auch bereits selbst ad absurdum geführt und damit im Grunde anerkannt, dass sowohl die Zurückweisung, als auch die Regelung in der GO illegitim ist. Der Antragssteller zu 1 hat inzwischen die ursprünglich im Wege der sog. "Nachfrage" als neue Anfrage unter Bezugnahme auf die Beantwortung der hier streitgegenständlichen Anfrage eingereicht, ohne dass diese von dem Antragsgegner zu 1 zurückgewiesen worden wäre. Somit wurde in der Sache eine "Nachfrage" wie eine Anfrage behandelt. Der Antragsgegner möge den Unterschied darlegen. Aus diesseitiger Sicht wird die Klärung von Anfrage und Nachfrage dem Gericht zur Klärung anheimgestellt, wobei die Antragsteller sie nicht für entscheidungserheblich halten. Die Antragssteller halten jedenfalls fest, dass durch die Befristung der "Nachfragemöglichkeit" kein legitimer Zweck erfüllt und die Regelung bereits deswegen unzulässig ist.


    Dass die Möglichkeit bestand, eine neue Anfrage zu stellen, ändert auch nichts an der Rechtsverletzung. Zu beurteilen ist die Rechtslage in Ansehung eines konkreten (verfassungsrechtlichen) Rechtsverhältnis. Diese Beurteilung ist nicht davon abhängig, ob in der Zukunft ein neues, anderes Rechtsverhältnis begründet werden könnte.



    Zur Unverhältnismäßigkeit der Regelung


    Jedenfalls ist die angegriffene Regelung unangemessen. Es sind keine Ausnahmen für Sonn - und Feiertage vorgesehen. Auch eine Möglichkeit zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fehlt vollends. Am schwersten wiegt jedoch, dass die Regelung ohne Ausnahme gilt, unabhängig von Art, Umfang und Gegenstand der Anfrage. Damit wird die Reichweite des Fragerechts im Einzelfall eklatant verkannt, zumal in der hier anhängigen Sache Fragen zur Corona-Pandemie, einer hochaktuellen, grundrechtssensiblen und damit relevanten Thematik, deren Klärung von unwahrscheinlich großem Interesse ist, zurückgewiesen wurde. Der Antragsgegner konnte und kann nicht darlegen, warum die Zurückweisung von Verfassungs wegen geboten war.


    Ich denke der Standpunkt der Antragsteller ist hinreichend deutlich geworden. Blickt sodann zu seinem Fraktionskollegen.

  • Aus Sicht der Antragsteller wurden alle erheblichen Aspekte in der Antragsschrift, die ausdrücklich in Bezug genommen wird, sowie der mündlichen Verhandlung vorgetragen.

  • Betritt den Sitzungssaal an der Seite des Vizepräsidenten Kerstenbaum; die Anwesenden erheben sich


    Herzlichen Dank, setzen Sie sich doch bitte. Ich eröffne die Sitzung des Obersten Gerichts zur Verkündung einer Entscheidung des Dritten Senats in dem Verfahren über die Anträge 1. des Abgeordneten Dr. Lorenz Heidbrink, 2. des Abgeordneten Franz Ludwig Huber, 3. des Abgeordneten Karl-Dieter Allendorf, 4. des Abgeordneten Markus Schneider, 5. der Abgeordneten Sophie Bloomberg, 6. des Abgeordneten Christopher Heusinger, im Organstreitverfahren 3 BvE 2/20 gegen 1. den Präsidenten des bayerischen Landtages, Felix Schwalbenbach und 2. den bayerischen Landtag, vertreten durch seinen Präsidenten. Für die Antragsteller erschien der Bevollmächtigte, Dr. Lorenz Heidbrink. Für die Antragsgegner erschien der Präsident des bayerischen Landtages, Felix Schwalbenbach. Es wird folgendes Urteil verkündet:


    OBERSTES GERICHT


    – 3 BvT 1/20 –

    In dem Verfahren
    über
    die Anträge festzustellen,


    1. dass die Nichtzulassung von Nachfragen des Antragstellers durch den Antragsgegner vom 05. September 2020 den Antragsteller in seinem Recht aus Art. 13 Abs. 2 BV verletzt hat.

    2. dass der Landtag die Rechte der Antragsteller aus Art. 13. Abs. 2 BV verletzt hat, indem er § 33 Abs. 1 BayLTGeschO, soweit die Norm eine Befristung der Nachfrage auf 24 Stunden vorsieht, beschlossen hat.


    Antragsteller:

    1. Dr. Lorenz Heidbrink, MdL
    2. Franz Ludwig Huber, MdL
    3. Karl-Dieter Allendorf, MdL
    4. Markus Schneider, MdL
    5. Sophie Bloomberg, MdL
    6. Christopher Heusinger, MdL


    - Bevollmächtigter: Dr. Lorenz Heidbrink, MdL


    Antragsgegner:

    1. Präsident des bayerischen Landtags, Felix Schwalbenbach
    2. Bayerischen Landtag, vertreten durch seinen Präsidenten


    hat das Oberste Gericht – Dritter Senat –

    unter Mitwirkung der Richter


    Präsident Müller,


    und Vizepräsident Kerstenbaum,


    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. September 2020 durch


    Urteil


    für Recht erkannt:

    1. Das Aktenzeichen dieses Verfahrens wird in „3 BvT 1/20“ geändert.
    2. Der Antragsgegner zu 1. hat durch die Nichtzulassung von Nachfragen des Antragstellers am 05. September 2020 den Antragsteller in seinem Recht aus Art. 13 Abs. 2 BV verletzt.
    3. Der Antragsgegner zu 2. verletzt die Rechte des Antragsgegner zu 1. durch die Vorschrift aus § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung des bayerischen Landtages.

    G r ü n d e :

    A.


    Die Antragsteller gehören dem bayerischen Landtag als Mitglied der Fraktion der Konservativen Partei an. Sie wenden sich gegen die Zurückweisung ihrer Nachfragen auf die Antworten der Staatsregierung in der mit der Drucksache III/01 beschriebenen Anfrage durch den Antragsgegner und die Vorschrift in der Geschäftsordnung des bayerischen Landtages, die die Zurückweisung von Nachfragen ermöglicht. Die Antragsteller machen eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 13 Abs. 2 BV geltend.


    I.


    1. Am 24. August 2020 richtete der Antragsteller zu 1 eine Anfrage an die Staatsregierung:


    1. Von welchen Kriterien macht die Staatsregierung weitere Lockerungen abhängig?


    1.1 Welche Kennzahlen werden hierzu herangezogen?


    1.2 Warum sind die heranzuziehenden Kennzahlen aussagekräftig und von Gewicht hinsichtlich der gebotenen Abwägungsentscheidung?



    2. Welches konkrete Ziel verfolgt die Staatsregierung in Ansehung der Corona-Pandemie langfristig?



    3. Berücksichtigt die Staatsregierung die Auslastung der Intensivbetten?


    3.1 Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, inwiefern sind andere Kennzahlen aussagekräftiger und bedeutender im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen?


    3.2 Wie hoch ist die Auslastung der im Freistaat Bayern verfügbaren Intensivbetten zum Zeitpunkt der Anfrage? (bitte stichpunktartig nach Regionen aufschlüsseln)


    3.3 Welche Kapizitäten an Intensivbetten und Beatmungsgeräten können bei Bedarf geschaffen werden?


    3.4 Welche Auslastung der Intensivbetten sieht die Staatsregierung als "kritische Grenze" an?



    4. Berücksichtigt die Staatsregierung die Anzahl der positiven Tests relativ zur Anzahl der durchgeführten Tests?


    4.1 Wenn ja, inwiefern?


    4.2 Wenn nein, warum nicht?


    4.3 Wie hat sich das Verhältnis von positiven Tests zur Anzahl der durchgeführten Tests von Mitte bis Ende März bis zum Zeitpunkt der Anfrage verändert und welche Schlussfolgerungen zieht die Staatsregierung daraus?



    5. Welche Maßnahmen trifft die Staatsregierung zur Erforschung der von der Corona-Pandemie ausgehenden Gefahr?


    5.1 Untersucht die Staatsregierung Abwasserproben? Wenn ja, aus welchem Zeitraum und welche Ergebnisse lassen sich hieraus ableiten?


    5.2 Wenn nein, plant die Staatsregierungen Abwasserproben zu untersuchen? Wenn ja, aus welchem Zeitraum und welche Ergebnisse erwartet sich die Staatsregierung hiervon? Wenn nein, warum nicht?


    5.3 Plant die Staatsregierung die Durchführung repräsentativer Studien zur Untersuchung der Durchseuchungsquote und Ermittlung der Letalitätszahl? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Ergebnisse erwartet die Staatsregierung.



    2. Am 03. September 2020 beantwortete die Staatsregierung die Anfrage des Antragstellers fristgerecht in folgender Art und Weise:


    1. Die Staatsregierung macht diese von Fallzahlen und Ansteckungsrisiken abhängig. Gemeinsam mit Experten wird dann erörtert, ob weitere Lockerungen sinnvoll wären.


    1.1 Wir beziehen die Fallzahlen des RKI.


    1.2 je mehr Fälle wir haben, desto höher ist das Infektionsrisiko für die bayerischen Bürgerinnen und Bürger.



    2. Langfristig gilt es natürlich die Pandemie zu überstehen und einen Impfstoff zu entwickeln. Auch die Wirtschaft muss die Krise so gut es geht überstehen.



    3. Ja, durch unsere Corona-Politik sind diese aber nicht ausgelastet.


    3.1 Wir beobachten die Auslastung der Intensivbetten. Sollte diese zu einem kritischen Auslastungspunkt kommen wird die Staatsregierung reagieren und weitere schaffen.


    3.2 Aktuell sind 70%(2.300) der gesamten 4.200 Intensivbetten belegt. 35 davon durch Corona-Patienten. Regionale Infos finden Sie hier.


    3.3 Dies muss im Ernstfall genau geprüft und evaluiert werden. Hierbei werden wir mit dem Bund und anderen Ländern zusammenarbeiten.


    3.4 Wenn die Auslastung mehr als 85% beträgt.



    4. Ja


    4.1. Wir sehen, dass die Zahl der Infizierten durch viele Test gering gehalten werden kann.


    4.3 Wir sehen, dass wir durch die vielen Tests, auch symptomlose Infizierte erfassen können. Grundsätzlich geht der prozentuale Anteil von positiven Test zur Anzahl der durchgeführten Tests natürlich nach unten, dennoch können wir einen größeren Anteil der Infizierten dadurch erfassen. Schlussendlich möchten wir an unseren Maßnahmen festhalten und sehen die Massentests positiv.



    5. Keine


    5.1 Nein


    5.2 Nein, die TU München untersuchte bereits Abwasserproben in 6 verschiedenen bayerischen Städten. Ergebnisse stehen noch aus.


    5.3 Aktuell nicht, wir werden dies aber erörtern und evtl. in betracht ziehen.



    3. Daraufhin richtete der Antragsteller zu 1. am 05. September 2020 folgende Nachfragen an die Staatsregierung:


    Zu 1.


    Die Staatsregierung mache Lockerungen von Fallzahlen und den Infektionsrisiken abhängig. In welche Relation setzt die Staatsregierung die Fallzahlen, um diese zur Bewertung der Infektionslage heranzuziehen? Welche Modalitäten beeinflusst das Infektionsrisiko und wie verhalten sich diese zu den bereits angesprochenen Fallzahlen?


    Zu 1.1


    Also bezieht die Staatsregierung, außer den (absoluten) Infektionszahlen keine andere Kennzahlen? Das verwundert. Unter 1) hat die Staatsregierung noch von einem Infektionsrisiko gesprochen. Wie soll dieses beurteilt werden, wenn lediglich Infektionszahlen herangezogen werden?


    Zu 1.2


    Da die Staatsregierung bislang nur von Infektionszahlen spricht: Ist es die ernsthafte Absicht der Staatsregierung, dem Landtag zu erklären, alleine die Fallzahlen seien relevant, insbes. mit Blick auf die immer noch drastischen Grundrechtseinschränkungen?



    Zu 2.


    Also sollen die Maßnahmen aufrecht erhalten werden bis ein Impfstoff entwickelt wurde?



    Zu 3.


    Wie kommt die Staatsregierung zu der Annahme, die Intensivbetten seien wegen der Politik der Staatsregierung nicht ausgelastet?


    Zu 3.1


    Die Staatsregierung teilt mit, sie würde die Auslastung der medizinischen Infrastruktur bei der Bewertung über die Maßnahmen berücksichtigen. Nach eigenen Angaben sind 4200 Betten vorhanden, von welchen lediglich 35 durch Corona-Patienten erkrankt sind. Das entspricht 0,0084 % auf die Gesamtzahl der Intensivbetten gerechnet und 0,0184% der freien Betten. Inwiefern fließt diese Tatsache sowie die Beobachtung, dass die Schwere der Krankheiten offenbar rückläufig ist, in die Bewertung der Maßnahmen ein?


    Zu 3.3


    Die Staatsregierung spricht also davon im Bedarfsfalle neue Betten zu schaffen, kann die aktivierbaren Kapazitäten aber nicht benennen?


    Zu 3.4


    Die Auslastung von was? Der vorhandenen Betten in - oder exklusive der aktivierbaren Kapazitäten?



    Zu 4.1


    Die Staatsregierung missversteht die Frage offenbar. Es geht um die Aussagekraft der Infektionszahlen im Verhältnis zur Anzahl der durchgeführten Tests. Was eine Teststrategie leisten kann, war nicht Gegenstand der Frage. Inwiefern wird also berücksichtigt, dass sich die Anzahl der positiven Tests durch eine höhere Anzahl von Testungen insgesamt erhöht, ohne dass damit eine andere infektionsschutzrechtliche Bewertung einhergehen muss?



    Zu 5.


    Warum nicht? Ist sich die Staatsregierung nicht bewusst darüber, dass der Geber einer infektionsschutzrechtlichen Verordnung eine Gefahrenprognose anstellen muss und hierzu zwingend belastbares Material bedarf? Wie rechtfertigt es die Staatsregierung vor diesem Hintergrund, sich Gefahrerforschungsmaßnahmen zu verschließen?


    Zu 5.1


    Warum nicht?



    4. Am 05. September 2020 wies der Antragsgegner zu 1. die Nachfragen des Antragstellers zu 1. mit der Begründung zurück, dass die Nachfrage „nicht fristgerecht“ eingereicht worden und folglich zurückzuweisen sei.


    II.


    1. Am 05. September 2020 stellte der Antragsgegner zu 1. um 22:43 Uhr fest, dass der Antragsgegner zu 2. die mit der Drucksache III/00 bezeichnete Geschäftsordnung angenommen habe. Im Abstimmungsprotokoll ist einsehbar, dass 11 Abgeordnete den Antrag auf Übernahme der Geschäftsordnung annahmen, 2 Abgeordnete diesen ablehnten und sich ein Abgeordneter seiner Stimme enthielt.

    2. Die Antragsteller wenden sich gegen § 33 Abs. 1 BayLTGeschO, die das Einreichen von Nachfragen regelt:


    (1) Nachfragen sind binnen 24 Stunden nach Beantwortung der Anfrage möglich.


    III.


    Die Antragsteller begehren mit diesem Organstreitverfahren die Feststellung, dass sie durch die angegriffenen Rechtsakte in ihren parlamentarischen Informationsrechten als Abgeordnete verletzt worden seien.


    1. Die Anträge seien zulässig.

    (a) Die Antragsteller seien parteifähig und antragsbefugt, da sich die Antragsteller gegen einen Beschluss des Landtages wehren, der Statusrechte tangiert, die den einzelnen Abgeordneten zugeordnet seien.

    (b) Der Antragsgegenstand zu 2., also der Beschluss einer Geschäftsordnung durch den Antragsgegner zu 2., sei rechtserheblich und somit im Organstreit kontrollfähig. Ein Vorrang der Normenkontrolle sei hier auszuschließen.


    2. Die Anträge seien auch begründet, da die Rechte der Antragsteller aus Art. 13 Abs. 2 BV verletzt worden seien.

    (a) Jedem Abgeordneten stehe auf Grund Art. 13 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 BV ein umfassendes Statusrecht als Abgeordneter zu, was auch ein parlamentarisches Fragerecht einschließe. Dieses Fragerecht bilde die Grundlage, auf der Abgeordnete ihren Repräsentationsauftrag als gewählte Volksvertreter ausüben.

    (b) Das Fragerecht werde mithin durch das Demokratieprinzip gerechtfertigt, weshalb es allein durch gleichwertige, kollidierende Verfassungsgüter eingeschränkt werden dürfe. Als tragender Pfeiler der Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland sei somit im Zweifel über die Gewichtung mehrerer Verfassungsgüter eine abgeordnetenfreundliche Auslegung des Fragerechts geboten. Ausnahmen seien nur in außergewöhnlichen Situationen gerechtfertigt, und zwar im Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, bei Staatsgeheimnissen zum Schutze und Bestand der Bundesrepublik, auf Grund schutzwürdiger Interessen Dritter oder zum Schutze der Funktionsfähigkeit des Parlamentes. Dabei sei jedoch dringend zu berücksichtigen, dass widerstrebende Interessen stets im Einzelfall im Wege der praktischen Konkordanz ausgeglichen werden müssen.

    (c) Die Antragsteller bestreiten, dass der Beschluss einer Geschäftsordnung Betriebsvoraussetzung eines Parlamentes sei; der Landtag sei schließlich durch den Beschluss einer solchen Geschäftsordnung geschäfts- und somit arbeitsfähig. Ferner wird bestritten, dass eine Geschäftsordnung ohne verfassungsrechtliche Legitimation Statusrechte der Abgeordneten einschränken dürfe oder dass das hier gar der Fall sei. Die durch die Antragsgegner vorgebrachte Argumentation der zusätzlichen Belastung des Parlaments oder der Staatsregierung durch Nachfragen sei nicht haltbar. Die Befristung der Nachfragemöglichkeit sei somit illegitim und unzulässig.

    (d) Die Befristung der Möglichkeit, Nachfragen an die Staatsregierung zu richten, sei unangemessen. Die Regelung gelte ohne jegliche Ausnahme; dieser Umstand schränke das Fragerecht im Einzelfall in einer eklatanten Art und Weise ohne verfassungsrechtliche Rechtfertigung ein.


    IV.


    Die Antragsgegner verzichten auf eine Stellungnahme.


    B.


    Der Antrag ist zulässig.


    I.


    Das Oberste Gericht ist für diesen Antrag zuständig. Dem Obersten Gericht fallen gemäß § 20 Abs. 1 vDGB alle Aufgaben der Landesverfassungsgerichte zu. Dadurch dass es sich in dieser Sache um eine Verfassungsstreitigkeit zwischen den obersten Staatsorganen des Freistaates Bayern handelt, wird dem Obersten Gericht auf Grund von Art. 64 BV die Zuständigkeit in diesem Verfahren eingeräumt. Folglich werden hier die Verfahrensvorschriften des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VfGHG) angewandt.


    II.


    Der Rechtsweg zum Verfassungsgerichtshof ist gemäß Art. 64 BV, Art. 49 VfGHG eröffnet. Eine Verfassungsstreitigkeit im Sinn dieser Bestimmungen liegt vor. Die Beteiligten streiten über den Umfang der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Beantwortung parlamentarischer Anfragen. Dieser Streit bezieht sich auf Rechtspositionen, die sich unmittelbar aus der Bayerischen Verfassung ergeben (Art. 13 Abs. 2 Satz 1, Art. 16 a Abs. 1 und 2 Satz 1 BV).


    III.


    Sowohl die Antragsteller als auch die Antragsgegner verfügen über die für das Organstreitverfahren erforderliche Beteiligtenfähigkeit.


    1. Nach Art. 64 BV, Art. 49 VfGHG entscheidet der Verfassungsgerichtshof über Verfassungsstreitigkeiten zwischen den obersten Staatsorganen oder der in der Verfassung mit eigenen Rechten ausgestatteten Teilen eines Obersten Staatsorgans. Die Antragsteller können als einzelne Abgeordnete des Landtages Beteiligte eines Organstreitverfahrens sein (vgl. VerfGH vom 17. Februar 1998 VerfGHE 51, 34 <39 f.>; vom 6. Juni 2011 VerfGH 64, 70 <77 f.>).


    2. Auch die Antragsgegner sind in diesem Verfahren beteiligtenfähig. Dadurch dass sie durch in das Verhältnis zwischen den Antragstellern und der Staatsregierung im Bezug auf das parlamentarische Fragerecht eingreifen, sind sie ausnahmsweise in dieser Sache beteiligtenfähig.


    IV.


    Die Antragsteller sind antragsbefugt. Sie können sich auf die verfassungsrechtlichen Grundlagen in Art. 13 Abs. 2 Satz 1, Art. 16a Abs. 1 und 2 Satz 1 BV stützen.


    C.


    Der Antrag ist begründet.


    I.


    Das Oberste Gericht davon aus, dass Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BV das subjektive Recht eines jedes Abgeordneten gewährleistet, sich mit Fragen an die Exekutive zu wenden. Dieses Recht dient dazu, den Mitgliedern des Parlamentes die Informationen zu verschaffen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere zur Mitwirkung an der Gesetzgebung sowie zu einer wirksamen Kontrolle der Regierung und Verwaltung, benötigen. Des Weiteren gründet das parlamentarische Informationsrecht zusätzlich als Minderheitenrecht auf Art. 16a Abs. 1 und 2 Satz 1 BV. Mit diesem verfassungsrechtlich verbürgte Frage- und Informationsrecht der Abgeordneten korrespondiert grundsätzlich eine Antwortpflicht der Staatsregierung, die allerdings bestimmten Schranken unterliegt. Diese ergeben sich in erster Linie aus den Grundrechten der bayerischen Verfassung sowie sonstigen verfassungsrechtlichen Grundsätzen und können nicht für alle in Betracht kommenden Fälle abstrakt im Voraus bestimmt werden. Die Ablehnung, eine Frage überhaupt (materiell) zu beantworten, muss dabei die Ausnahme sein und bedarf besonderer Rechtfertigung. (VerfGH vom 17. Juli 2001 VerfGHE 54, 62 <73f.>; 144 <177ff.>; vom 20. März 2014 – Vf. 72-IVa-12 – Juris Rn. 68; st. Rspr.).


    1. Die verfahrensgegenständlichen Anfragen beziehen sich auf die „Strategie der Staatsregierung bezüglich der Corona-Pandemie“. Anlass der Anfrage war der Umgang der Staatsregierung mit der Corona-Pandemie und den damit verbundenen grundrechtseinschränkenden Maßnahmen. Diese Anfrage hatte den Zweck, die konkrete Strategie der Staatsregierung bezüglich der Corona-Pandemie in Erfahrung zu bringen und die Verhältnismäßigkeit der durch die Staatsregierung verhängten Maßnahmen zu prüfen.


    2. Für die Beurteilung, ob im Hinblick auf die verfahrengegenständlichen Anfragen eine Antwortpflicht bestanden hat. Eine Beschränkung der Antwortpflicht ergibt sich vor allem aus der Funktion des Fragerechts.

    (a) Es erfüllt keinen Selbstzweck, sondern hat das Ziel, die Arbeit der Abgeordneten zu erleichtern. Da es als Minderheitenrecht in erster Linie der Informationsgewinnung zum Zwecke der Kontrolle der Regierung dient, kann es sich nur auf Bereiche erstrecken, für die die Regierung verantwortlich hat. In diesem Sinne hat die Geschäftsordnung für den bayerischen Landtag das Fragerecht der Abgeordneten im Einzelnen ausgestaltet. Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 sind Anfragen nur zulässig bei Angelegenheiten, in denen die Staatsregierung unmittelbar und mittelbar zuständig ist. Damit knüpft die Geschäftsordnung an die Gliederung des Verwaltungsaufbaus in die unmittelbare Staatsverwaltung einerseits und die mittelbare Staatsverwaltung durch rechtsfähige Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts andererseits ein. (VerfGH vom 22. Mai 2014 – Vf. 53-IVa-13 – Rn. 33).

    (b) Der Verantwortungsbereich der Staatsregierung ist sowohl personell als auch sachlich abzugrenzen. Personell erstreckt er sich auf die Mitglieder der Staatsregierung und alle Personen, die der Aufsicht oder Weisungsbefugnis eines Mitglieds der Staatsregierung unterliegen. Sachlich wird jeder politische Bereich er- fasst, in dem die Staatsregierung oder eines ihrer Mitglieder in seinem Aufgabenbereich tätig geworden ist oder sich geäußert hat, sowie jeder Bereich, in dem die Regierung oder eines ihrer Mitglieder kraft rechtlicher Vorschriften tätig werden kann (VerfGHE 59, 144/179; Geck, Die Fragestunde im Deutschen Bundestag, 1986, S. 81 ff.; Gusy, ZRP 1998, 265/266; Poppenhäger, ThürVBl 2000, 121/124 f.).

    (c) Schwierig ist die Abgrenzung u. a. bei solchen Fragen, die zwar eindeutig in den personellen Verantwortungsbereich der Regierung fallen, bei denen aber zweifelhaft ist, ob der sachliche Verantwortungsbereich betroffen ist. Zu diesem Problemkreis gehören vor allem Fragen nach Äußerungen oder nach dem Verhalten von Mitgliedern der Regierung, soweit kein unmittelbarer Bezug zur Regierungstätigkeit gegeben ist. Im Hinblick auf politische Äußerungen ist von dem Grundsatz auszugehen, dass nicht danach unterschieden werden kann, ob das Regierungsmitglied in dieser Eigenschaft, als Parteiangehöriger oder als Privatperson Stellung bezieht. Politische Äußerungen, gleichgültig bei welcher Gelegenheit, in welchem Rahmen oder in welcher Eigenschaft sie getätigt wurden, können grundsätzlich Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage sein (vgl. Geck, a. a. O., S. 85 f.).


    3. Die Geschäftsordnung des bayerischen Landtages gestaltet das parlamentarische Fragerecht aus Art. 13 Abs. 2 Satz 1 und Art. 16a Abs. 1 und 2 Satz 2 BV aus. Dabei werden neben materiellen auch formale Festlegungen bezüglich des Umfangs der Anfrage und der Antwort der Anfrage getroffen.

    (a) Der Staatsregierung wird in § 32 der Geschäftsordnung des bayerischen Landtages auferlegt, Anfragen innerhalb von 72 Stunden vollumfänglich zu beantworten. Bei Verletzung dieser Auflagen sei das betroffene Mitglied der Staatsregierung durch den Präsidenten des bayerischen Landtages zu rügen.

    (b) Weiter sieht die Geschäftsordnung des bayerischen Landtages in § 33 die Möglichkeit der Nachfrage vor. Das Recht des Fragestellers zur Nachfrage wird dabei auf das Themengebiet der ursprünglichen Anfrage eingeschränkt; ferner wird dem Antragsteller eine Frist von ausnahmslos 24 Stunden auferlegt, um die Nachfrage an die Staatsregierung zu richten. Wird diese Frist nicht eingehalten, hat der Präsident des Landtages jene zurückzuweisen.


    II.


    Nach diesen Grundsätzen besteht bezüglich der Anfrage bezüglich der „Strategie der Staatsregierung bezüglich der Corona-Pandemie“ (Drs. III/01) eine Antwortpflicht der Staatsregierung, da die verfahrensgegenständlichen Anfragen Sachverhalte betreffen, die dem Verantwortungsbereich der Staatsregierung zuzurechnen sind.


    1. Die Antragsteller beziehen sich auf die Einschränkung von Grundrechten durch Rechtsverordnungen der Staatsregierung sowie die Strategie der Staatsregierung bezüglich der Corona-Pandemie, welche Grundlage für den Erlass ebendieser grundrechtseinschränkenden Rechtsverordnungen ist; somit steht außer Frage, dass der Verantwortungsbereich der Staatsregierung in personeller Hinsicht betroffen ist.


    2. Auch in materieller Hinsicht ist die Staatsregierung in dieser Sache zuständig und antwortpflichtig. Dadurch dass die Staatsregierung auf Grund von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Landtages weitreichende Grundrechtseingriffe erlassen hat, ist die materielle Zulässigkeit der Anfrage definitiv gegeben. Als Volksvertretung übt der Landtag eine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung aus; insbesondere gilt dies für den Schutz der Grundrechte der Bevölkerung. Diese Anfrage dient dazu, dem Kontrollauftrag des Landtages nachzukommen und die Grundlage der Grundrechtseingriffe ohne Zustimmung des Landtages zu hinterfragen. Dementsprechend ist eine Zuständigkeit der Staatsregierung in materieller Hinsicht zu bejahen.


    III.


    Die Befristung der Möglichkeit, Nachfragen zu stellen, auf 24 Stunden nach Beantwortung der Anfrage durch die Staatsregierung geht über den Gestaltungsspielraum des Antragstellers zu 2. bezüglich der Ausgestaltung des parlamentarischen Fragerechts aus Art. 13 Abs. 2 Satz 1 und Art. 16a Abs. 1 und 2 Satz 2 BV hinaus und verletzt somit die Rechte der Antragsteller.


    1. Die ausnahmslose zeitliche Befristung der Möglichkeit, Nachfragen an die Staatsregierung zu richten, auf 24 Stunden nach Beantwortung der Anfrage ist nicht ausreichend, um das parlamentarische Fragerecht der Abgeordneten aus Art. 13 Abs. 2 Satz 1 und Art. 16a Abs. 1 und 2 Satz 2 BV in ausreichender Art und Weise zu gewährleisten.


    2. Dadurch dass der Staatsregierung – dem Informationsschuldner – zur Beantwortung einer Anfrage nach § 32 der Geschäftsordnung des bayerischen Landtages 72 Stunden, nach § 32 Abs. 3 ausnahmsweise 144 Stunden Antwortfrist zustehen, während den Fragestellern nach § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung des bayerischen Landtages lediglich eine Nachfragefrist von ausnahmslos 24 Stunden eingeräumt wird, liegt hier ein unangemessenes Machtungleichgewicht zugunsten der Staatsregierung vor, da es den Abgeordneten möglich sein muss, innerhalb einer angemessenen Frist die Antworten der Staatsregierung zu evaluieren und darauf aufbauend angemessene Nachfragen an die Staatsregierung zu stellen. Bei einer ausnahmslosen Befristung der Frist aus § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung des bayerischen Landtages ist dies bei einer im Extremfalle sechsmal höheren Antwortfrist der Staatsregierung, die in dieser Zeit eine in 24 Stunden nicht auf angemessenem Niveau evaluierbare Antwort verfassen könnte, nicht zu rechtfertigen. Die Rechte der der Abgeordneten aus Art. 13 Abs. 2 Satz 1 und Art. 16a Abs. 1 und 2 Satz 2 BV werden somit in unangemessener Art und Weise durch § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung des bayerischen Landtages eingeschränkt. Das generelle Setzen einer Frist durch § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung des bayerischen Landtages ist im Übrigen nicht zu beanstanden. Anfragen dienen der Information der Abgeordneten in einem gewissen Sachverhalt; eine angemessene Frist, in der Nachfragen an die Staatsregierung erfolgen können, schränken dieses Recht nicht verfassungswidrig ein, wenn genügend Zeit zur Evaluierung der Antwort und zum Stellen sachgemäßer Nachfragen eingeräumt wird.


    D.


    Auf Grund dessen, dass das Bundesverfassungsgerichtsgesetz keine Verfahrensart in Angelegenheiten der Länderverfassungsgerichtshöfe vorsieht, ist diesem Verfahren das Registerzeichen für sonstige Verfahren zuzuordnen.


    Vizepräsident des Obersten Gerichts

  • Dr. Helmut Müller

    Hat den Titel des Themas von „3 BvE 2/20 — Dr. Heidbrink ./. Präsident des bayerischen Landtages“ zu „3 BvT 1/20 — Dr. Heidbrink ./. Präsident des bayerischen Landtages“ geändert.