[Debatte] BR/061 | Antrag auf Entscheidung des Bundesrates über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit des "Bund Unabhängiger Wähler" (BUW)

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    Geschätzte Kolleg:innen,


    ich eröffne hiermit die Debatte über diesen Antrag auf Drs. BR/061, gemeinsam eingebracht vom Freistaat Bayern, vom Land Niedersachsen, vom Land Nordrhein-Westfalen und vom Freistaat Thüringen.


    Die Debattendauer beträgt drei Tage.


  • Ricarda Fährmann

    Hat den Titel des Themas von „[Debatte] BR/061 -“ zu „[Debatte] BR/061 | Antrag auf Entscheidung des Bundesrates über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit des "Bund Unabhängiger Wähler" (BUW)“ geändert.
  • Frau Präsidentin,

    Geschätzte Damen und Herren,

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,



    schon seit geraumer Zeit kursiert in Expertenkreisen, unter Politikern, Juristen und in der Öffentlichkeit die Frage, ob der Bund Unabhängiger Wähler eine Partei ist, die auf dem Boden des Grundgesetzes steht, die unsere grundlegenden Verfassungswerte akzeptiert, die tatsächlich keine Gefährdung für die freiheitliche demokratische Grundordnung in Deutschland darstellt. Das Thema wurde schon kontrovers diskutiert, auch in den Kreisen der Landesregierungen.


    Schon bei der Betrachtung der teils menschenlebenverachtenden, rassistischen und fremdenfeindlichen Ideologie des BUW sehen einige einen Verstoß gegen die Menschenwürdegarantie. Gleiches gilt für die immer wieder formulierten Ziele des BUW, eine Zweiklassengesellschaft aufgrund Herkunft und finanzieller Stärke etablieren zu wollen, die auf Ungleichberechtigung und Ungleichbehandlung beruht. Zweifel an der Akzeptanz des Demokratieprinzips bestehen ebenso, vordergründig finden diese ihren Ursprung in dem missglückten Putschversuch in Thüringen, wo BUW-Vorsitzender von Wildungen sich selbst zum Ministerpräsidenten einer "Parallelregierung" ernannte. Wiederentfacht ist diese Diskussion, als die Presse über eine undemokratische Binnenstruktur des BUW berichtete. Schließlich steht auch die Frage im Raum, ob und inwieweit der BUW das Rechtsstaatlichkeitsprinzip achtet. Verwiesen wird auch hier auf den missglückten Putschversuch, die behauptete Missachtung von Grundrechten und das Infragestellen des Gewaltmonopols des Staates.


    Die Forderungen, ein Parteiverbotsverfahren gegen den BUW anzustreben, sind vor allem nach dem Putschversuch in Thüringen vor rund zwei Monaten laut geworden. Auch wenn die BUW-Anhänger diesen nun immer wieder herunterzuspielen versuchen, so werteten führende Politiker dies als einen konkreten und akuten Angriff auf unsere freiheitliche demokratische Grundordnung. Aufgrund dieses Anlasses wurde schließlich intensiv geprüft, inwieweit ein solches Parteiverbotsverfahren notwendig und geboten wäre und ob ein solches Verfahren überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte. Diese Prüfung hat einiges an Zeit in Anspruch genommen, schließlich handelt es sich um eine Materie wesentlicher Komplexität. Ein Parteiverbot, das steht außer Frage, ist ein intensiver Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Parteienfreiheit - dennoch sieht das Grundgesetz ein solches Verfahren explizit vor, wenn die Sorge besteht, eine Partei könne die freiheitliche demokratische Grundordnung beeinträchtigen oder gar beseitigen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum NPD-Verbotsverfahren im Januar 2017 die Maßstäbe für ein solches Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG neu definiert. Nach den dort erarbeiteten Maßstäben hat nun die Prüfung erfolgt, ob ein BUW-Verbot Aussicht auf Erfolg hätte. Bereits zuvor hat man sich intensiv mit der Frage beschäftigt, ob ein solches Verbot wirklich notwendig ist. Das Parteiverbotsverfahren darf eben gerade nicht nur einer "Ausschaltung" des politischen Gegners dienen, es ist kein Weltanschauungsverbot, wie das Bundesverfassungsgericht damals treffend urteilte. Das Verbotsverfahren dient zum Schutz unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, unserer grundlegendsten Verfassungswerte und -Prinzipien.


    An diesen Maßstäben gemessen sind wir in der Ministerpräsidentenkonferenz und in Übereinstimmung mit den Landesregierungen und unserer Beraterinnen und Berater schließlich zu dem Entschluss gekommen, dass das Anstreben eines BUW-Verbots im Sinne des Schutzes der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geboten und notwendig ist. Man ist auch zu der Auffassung gekommen, gemessen an den Maßstäben des NPD-Verbotsverfahrens, dass ein solches Verfahren gegen den BUW auch Aussicht auf Erfolg hätte. Insbesondere sei auch die hinreichende Potentialität gegeben, woran es damals im NPD-Verfahren schließlich scheiterte. Der BUW ist in Bundes- und Landtag vertreten, erreicht zum Teil hohe, wenn auch stark schwankende Wahlergebnisse und hat schließlich, insbesondere in Thüringen, auch weitere politische Mitstreiter, die einer Zusammenarbeit offen gegenüberstehen. Die Reichweite des BUW wird schließlich auch dadurch belegt, dass immer wieder tausende Menschen den BUW-Veranstaltungen folgen und z.B. an entsprechenden Demonstrationen oder Kundgebungen teilnehmen. Insgesamt, so die Meinung der antragstellenden Länder, hat ein einzuleitendes Verbotsverfahren Erfolgsaussichten.


    Entsprechend hat man sich nun, auch nachdem jüngst große Zweifel an der demokratischen Organisation der Partei geäußert wurden, dazu entschieden, diesen Schritt zu gehen, in dem Wissen, dass er auf Kontroversen stoßen wird. Ein Parteiverbot ist immer ein schwerwiegender Eingriff in ein ebenso grundlegendes Prinzip unseres Grundgesetzes und es verbittet sich vor allem, ein solches Verbot im Sinne von parteipolitischen Spielchen anzustreben. Viel zu schwer wiegen die Folgen, die ein solches Verfahren nach sich ziehen kann. Es ist aber auch die Aufgabe aufrechter Demokraten, gerade dieses Grundgesetz mit seinen Prinzipien, die freiheitliche demokratische Grundordnung insbesondere, zu schützen und zu beschützen, sollte es Anzeichen geben, dass sie in Gefahr ist oder in Gefahr geraten könnte. Daher sind die Länder nun zu der übereinstimmenden Auffassung gekommen, ein Verbotsverfahren gegen den BUW vor dem Obersten Gericht anstreben zu wollen.


    Vielen Dank.

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    Anfragen können hier eingereicht werden.

  • applaudiert der Rede von Ministerpräsident Dr. Holler und tritt dann selbst ans Rednerpult, um nach der Abnahme ihres Mund-Nase-Schutzes etwas zu sagen.


    Sehr geehrtes Bundesratspräsidium,
    sehr geehrte Damen, Herren und Diverse,
    liebe Kolleg:innen,


    als Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen, dem zentralen Betätigungsfeld des sogenannten "Bundes Unabhängiger Wähler", komme ich nicht umhin, ein paar Worte zu diesem Antrag zu sagen.


    Zunächst bedanke ich mich bei Ministerpräsident Dr. Holler, dass er die Initiative für diesen Antrag übernommen hat, und dafür, dass er dafür gesorgt hat, dass wir diesen Antrag auf Einleitung eines solchen Verfahrens gemeinsam und geschlossen mit allen Ländern über den Bundesrat verabschieden können. Dieser Antrag ist ein wichtiger Schritt, hat sich doch jüngst deutlich gezeigt, wie demokratiefeindlich der "Bund unabhängiger Wähler" ist und wozu er im Stande ist, um auf eine Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung dieses Landes hinzuwirken.


    Die Staatsregierung des Freistaates Thüringen begrüßt diesen längst überfälligen Schritt, ein Parteiverbotsverfahren gegen den "Bund unabhängiger Wähler", kurz "BUW" einzuleiten, sind wir doch direkt von dieser rechtsextremen Partei betroffen. Diese Partei, die sich Anfang diesen Jahres gegründet hat, ist seit der zweiten Landtagswahl, zunächst als Listenvereinigung "Unabhängige Wählerliste", kurz "UWL", im Thüringer Landtag vertreten und hat sich stetig Radikalisiert. Die Partei fällt durch rassistische, ausländerfeindliche und monarchistische Parolen und Anträge und ein Reaktionäres Weltbild auf. Besonders erschreckend und gefährlich für die Demokratie wurde die Partei nach der fünften Landtagswahl in Thüringen, bei der es ihr gelang, mit 44% stärkste Kraft im Landtag zu werden. Die Partei sah sich durch den Wahlerfolg als rechtmäßige Regierungspartei, obwohl die demokratischen Parteien, das Forum und meine SDP, eine gemeinsame Staatsregierung bildeten. So kam es im April 2021 zu einem Putschversuch des BUW, nachdem die Staatsregierung zerbrochen war aber geschäftsführend im Amt blieb, bei dem sich der Parteivorsitzende Christian von Wildungen nach Meinungen absetzte und dort eine Gegenregierung ausrief. Nur durch die schnelle Reaktion der Staatsregierung und durch den Einsatz von großen Polizeiaufgeboten konnte ein erfolgreicher Putsch verhindert werden. Der Putschversuch ist maßgeblich dabei, den "BUW" als eine Bedrohung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ansehen zu können.


    Doch nicht nur der Putschversuch ist ein Indiz für die Verfassungsfeindlichkeit des BUW. Auch jüngste Berichte über die internen Parteistrukturen sind einschlägig. So soll es keine demokratische Struktur im "Bund unabhängiger Wähler" geben. Es soll den Berichten zufolge nie demokratische Wahlen oder Listenaufstellungen gegeben haben.


    Die Thüringer Staatsregierung hat sich in den letzten Wochen intensiv mit dem "BUW" und der Aufarbeitung des Putschversuches beschäftigt. Wir haben über eine Aufhebung der Immunität von Christian von Wildungen zum Zwecke der Strafverfolgung des Putschversuches ebenso beraten, wie über eine Wahlprüfungsbeschwerde oder andere Maßnahmen. Letztlich sehen wir aber in dieser Initiative des Verbotsverfahrens den größten Nutzen, um den künftigen Bestand der FDGO zu garantieren. Wir werden also bei der Abstimmung für diesen Antrag stimmen.


    Vielen Dank!

  • applaudiert beiden Reden und bewegt sich danach zum Rednerpult


    Geschätzte Frau Präsidentin,

    meine Damen und Herren,

    liebe Kolleginnen und Kollegen,


    es reicht. Der "Bund Unabhängiger Wähler", welcher aus der Liste UWL hervorging, ist eine Partei, die ganz offen und ohne jeglichen Scham, welcher einen aufrechten Demokraten sofort befallen würde, monarchistisch ist, das Grundgesetz in seiner gültigen Form ablehnt, Homosexualität als Krankheit betitelt und Homosexuelle gesellschaftlich benachteiligen will, die Todesstrafe befürwortet und Rechtsextremen eine politische Heimat bietet, welche sie in keinem Rechtsstaat finden sollten.


    Ich freue mich, dass die Ministerpräsidenten der Länder diesen Schritt gegangen sind. Stellvertretend für alle verfassungstreuen Bürgerinnen und Bürgern die sich tagtäglich Anfeindungen durch BUW-Mitglieder ausgesetzt sehen und mit dem Grundgesetz, einem modernen Demokratieverständnis und dem Wissen um die Notwendigkeit der Würde für alle Menschen im Rücken gegen die politische Ideologie der Partei argumentieren.

    Die nordrhein-westfälische Landesregierung unterstützt dieses Vorhaben aus all diesen Gründen. Als es im April zu einem Putschversuch in Thüringen kam, hatte ich persönlich Angst. Angst, dass es zu größeren gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen könnte, Angst dass Beamte zum Schutz unserer Demokratie verletzt werden könnten. Angst, dass in dem Bundesland, welches lange meine Heimat war, Chaos ausbrechen könnte. Und ich denke dass es vielen Deutschen an diesen Tagen so ging. Diese Situation hat die Bundesrepublik schockiert, und Auslöser war der "Bund Unabhängiger Wähler" und sein vermutlich, wenn man den Berichten verschiedener Medien Glauben schenken kann, nicht ein Mal gewählter Parteivorsitzender von Wildungen.


    Und die Partei organisiert sich, wie sie nach Außen hin wirkt. Undemokratisch. Die Freiheit der Parteien ist ein sehr hohes Gut, doch eine undemokratische Partei, eine Partei die in Sprache und Auftreten an die dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte erinnert, eine Partei die offen gegen das Grundgesetz hetzt, die missbraucht diese verfassungsmäßige Freiheit. Das dürfen wir nicht zulassen.


    Vielen Dank!

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    Träger des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland