Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
in den letzten Wochen ist Vertrauen und Würde verloren gegangen. Das trifft nicht nur das Amt des Bundespräsidenten oder der Bundespräsidentin, sondern es trifft die Politik insgesamt. Tugenden wie Anstand, Achtung und Respekt voreinander und miteinander haben schlicht an Bedeutung und Bewusstsein verloren. In einem beispiellosen Vorgang wurden demokratischen Prozessen die Legitimität entzogen. Noch nie in der Geschichte unseres Landes, wurde der Weg einer Anklage gegen das Staatsoberhaupt durch Bundesrat und Bundestag geebnet. Das Staatsoberhaupt unserer Bundesrepublik genießt hohes Ansehen, da es unser Land nach innen und nach außen repräsentiert. Bei der Ausgestaltung des Amtes, gibt es jedoch ethisch-moralische Ansprüche, an die man zwar nicht gebunden ist, die jedoch nach mancher Ansicht vorhanden sein sollten. Leider konnten wir in den vergangenen Wochen Zeugen davon werden, dass es Amtsinhaber gibt, die sich die Freiheit nehmen, diesen Ansprüchen vehement nicht gerecht werden zu wollen.
Es ist nun an der Zeit, das verloren gegangene Vertrauen in politische Institutionen und Vorgänge zurück zu bringen. Die Mitglieder der Bundesversammlung sind nun aufgerufen, ein Staatsoberhaupt zu wählen, bei dem sie sicher sein können, dass er oder sie dieses Vertrauen auch wieder zurückgewinnen kann. Nach intensiven Gesprächen mit meinen Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratischen Partei sind wir gemeinsam überein gekommen, dass ich mich der Bundesversammlung als Bundespräsidentschaftskandidat stelle. Ich bin für dieses Votum und den Zuspruch sehr dankbar.
Mit den Steinen, aus der eine Mauer um Anstand und Respekt gelegt wurden, möchte ich neue Brücken bauen. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass Glaube und Zuversicht in Entscheidungsträger zurückkehren kann. Ich möchte, gemeinsam mit allen, die auch dazu bereit sind, unsere Demokratie vor Anfeindungen jeglicher Art schützen. Diejenigen, die sich abgehängt fühlen, sollen neuen Optimismus spüren können. Wir leben gegenwärtig in einer Zeit, in der Isolation nicht nur eine leere Worthülse ist, sondern für viele Menschen greifbar wird. In der Abschottung vom gesellschaftlichen Leben werden die Themen "Häusliche Gewalt" und "Sexuelle Gewalt" immer intensiver. Ebenso steigt für viele Menschen die Ungewissheit, wie die berufliche Zukunft aussehen wird. Existenzängste für Unternehmer, Sorgen um Angehörige in den Familien. All das ist seit nunmehr einem Jahr ein ständiger Begleiter unseres Alltags. Ein Staatsoberhaupt ist kein Heilsbringer, dessen bin ich mir sehr bewusst. Aber er oder sie kann einen Beitrag dazu leisten, für Hoffnung, Zuversicht und Verständnis zu sorgen. Die Nöte und Sorgen der Menschen in unserem Land sind echt und keine Fiktion. Und wir müssen sie ernst nehmen.
Mit der Unterstützung der Bundesversammlung, möchte ich diesen Weg gemeinsam mit allen Menschen gehen, die dazu bereit sind. Für Vertrauen, für Respekt, für Achtung, für Deutschland und vor allem für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger.