DEBATTE | XXI/010: Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und Verbesserung der Pflege im Freistaat Bayern

  • AUSSPRACHE

    Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und Verbesserung der Pflege im Freistaat Bayern


    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    wir schreiten nun zur Aussprache über den Antrag "Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung und Verbesserung der Pflege im Freistaat Bayern" (Drs. XXI/010). Die Dauer der Aussprache beträgt - den Regularien unserer Geschäftsordnung entsprechend - zweiundsiebzig Stunden.

    Ich eröffne die Aussprache.

  • *tritt ans Pult*

    Sehr verehrte Damen und Herren,

    liebe Kollegen und Kolleginnen,


    Das was ich vorgeschlagen habe als Gesetz ist eine Maßnahme, die dringend benötigt wird für die bayrische Pflege. Diese Pflege ist in einem, man muss es fast sagen, schlimmen Zustand, sodass diese alsbald zusammenbräche, wenn man nicht sofort etwas unternähme. Aus diesem Grund habe ich dieses Gesetz angefertigt, um die Lücken der Pflege zu füllen, diese zu modernisieren und besser auf Krisen, wie eben Covid-19 vorzubereiten.


    Dieses Gesetz entstand nach meinem Besuch eines Pflegeheims in Starnberg. Ich habe dort in den Alltag reingeschaut und musste feststellen, dass die Pflege teils noch aus dem vergangen Jahrhundert ist, die Ausstattung unmenschlich ist und es einen riesigen Personalmangel gibt. Genau deshalb wollte ich die Pflege, für Patienten und für die Pflegekräfte, verbessern, modernisieren und reformieren.


    Dabei herrscht auch das Problem, dass die Pflege dem Markt zu sehr überlassen wurde. Deshalb greift durch dieses Gesetz der Freistaat ein, damit er Pflegeheime retten, verbessern und für zukünftige Generationen bereitmachen kann. Dabei hat der Markt lediglich die Pflicht, für die Pflegekräfte und Patienten, nicht für sich selber und für die Finanzen, zu sorgen. Dabei wird auch die Pflege aus dem eigenen Haus verbessert, welche immer im Schatten der anderen Pflegemöglichkeiten war. Diese Möglichkeit wird durch dieses Gesetz erheblich verbessert.


    *trinkt einen Schluck und kommt zum Ende*

    Ich bitte Sie für dieses Gesetz zu stimmen, da es einer, von künftigen wichtigen Schritten ist, damit die Pflege wieder das ist, was sie einmal war. Die Altenpflege für künftige Generationen ist immens wichtig und muss dringend umgesetzt werden. Danke.


    verlässt das Rednerpult

    Minister für Gesundheit und Pflege im Freistaat Bayern


    It‘s nice to be a Preiß, but it‘s higher, to be a Bayer!


    Mitglied der CDSU in Bayern


    Nur der FCB ❤️🤍❤️

    CDSU_-_2.png?ex=662dc2bf&is=662c713f&hm=eea3b58ce735054c8db5345a30ddf9e542d5b95d01834e12bf402e4658ee5cef&

    Einmal editiert, zuletzt von Olaf Laschet ()

  • Meldet Redebedarf an

  • Sehr geehrtes Präsidium,

    werte Kollegen Abgeordnete,

    Herr Laschet und Staatsregierung,


    zuallererst möchte ich Ihnen mein Amusement über diesen Antrag ausdrücken. Selten hallte in der Zentrale des Landesverbandes der Allianz derartiges Gelächter durch die Gänge, und auch zuhause, als ich meiner Ehefrau diesen Antrag zeigte, musste ich kurzzeitig befürchten, sie hätte gar einen hysterischen Anfall, ob des unkontrollierten Gelächters.


    Nun aber zum Inhalt:

    Schon relativ am Anfang beginnt der Murks. "Der Freistaat nimmt sich das Recht private Pflegeheime zu errichten" steht da, und ich frage mich ehrlich gesagt, was das genau heißen soll. Wieso sollte der Freistaat für Private bauen? Oder meinen Sie gar nicht privat? Was bedeutet dieser Passus? Auch stundenlanges Nachdenken darüber konnte nicht zur Klärung dessen meinerseits beitragen, und auch sämtliche Kollegen mit denen ich darüber Worte gewechselt habe, schüttelten nur ratlos ihre Köpfe.

    Zum nächsten Punkt. "Pflege des Marktes" schreiben Sie und schreiben dann im selben Atemzug - in übrigens wahrlich bemerkenswertem Deutsch, man fragt sich, ob die Staatsregierung nicht vorbildlich ein paar Migranten beschäftigt, um diesen die deutsche Sprache zu vermitteln - 7,5% der Gewinne - welcher Gewinne, das bleiben Sie schuldig zu sagen - müsse in die "Verbesserung der Pflege" investiert werden. Markt sieht irgendwie anders aus. Aber gut, da kann man ja unterschiedlicher Meinung sein. Der wahre Murks kommt noch, dieser hier ist im Vergleich eher als Halbmurks zu klassifizieren, weil man immerhin bruchstückhaft zu erkennen vermag, worauf der Antrag hinauswill.

    Jetzt kommt ein Burner. Artikel 3. Mit Schmunzeln nehme ich zur Kenntnis, dass laut der Staatsregierung offensichtlich Flüchtlinge keine Menschen sind, wirft man doch ausgerechnet meiner Partei regelmäßig Menschenverachtung vor, kommen Sie aber jetzt mit so einer Vollgranate daher. Und einen lustigen Punkt habe ich noch. Sie stellen - in Sachen Anspruch auf Pflege - nicht etwa auf Pflegebedürftigkeit ab, nein, Sie sprechen jedem Menschen - und jedem Flüchtling, offensichtlich muss ich die ja gesondert erwähnen - zu, er oder sie hätte ein Recht, gepflegt zu werden. Das steht doch gerade diametral Ihrer postulierten Intention einer Entlastung der Pflege gegenüber, nicht? Wenn ich mich vom einen auf den anderen Tag entscheiden würde, ich hätte jetzt gerne einen Pfleger, Ihr Antrag würde es möglich machen. O tempora, o mores!

    Warum Sie im darauffolgenden Absatz nur rekapitulieren, was man Allgemein unter Pflege versteht, das verstehe ich zwar nicht ganz, aber immerhin stellt dies nur eine Unnötigkeit und keine Blödsinnigkeit dar

    Frei nach Wilhelm Busch, dieses war der zweite Streich, doch der dritte folgt sogleich. Nämlich in Gestalt von Artikel 4. Im ersten Absatz sprechen Sie jedem Pflegebedürftigen ein Recht auf humanen Umgang zu. Das ist ja auch korrekt, müsste aber nicht extra im Gesetz verankert werden, wir haben ja schon etwa die EMRK und andere Dinge. Aber seis drum. Interessant wird ja das nächste Wort in der Aufzählung. Gerechtigkeit. Jetzt lassen sich natürlich stundenlange (rechts)philosophische Überlegungen anstellen, was genau denn Gerechtigkeit sei. Aber das erspare ich Ihnen lieber und sage es ganz einfach und auf gut Deutsch: Präzisieren Sie das bitte in Ihrem Antrag, sonst kennt sich keine Sau aus.

    Und nun zum Abschluss das grande finale: "Sobald für Pflegebedürftige nicht § 1 (2), §2 (3), § 3 (1) & (2) gilt, dürfen diese klagen." Was soll man darunter bitte verstehen? Wo dürfen Sie klagen? Und wen? Und mit welcher Klage? Und auf welcher Grundlage? Eine rei vindicatio auf Herausgabe eines Krankenbettes wäre ja ganz lustig. Aber mal ganz ehrlich, was soll dieser Quark? Bereits ein Erstsemester, ach, was rede ich denn, bereits ein Studieninteressierter der Rechtswissenschaften kann Ihnen diesen Passus von vorne bis hinten und kreuz und quer zerbröseln. Und auch der Absatz darunter. Abgesehen davon, dass es nicht das DSGVO heißt, sondern die, was wollen Sie mit dieser Formulierung bezwecken. Ja, natürlich darf man nicht ungehindert private Daten verbreiten. Dafür gibt es sogar schon gesetzliche Regelungen, stellen Sie sich vor. Wenn Sie da was ändern wollen, dann könnten Sie etwa im Strafrecht herummurksen, das geht aber meines Wissens nach nur auf Bundesebene. Im Übrigen stellt sich mir die Frage, was "höchst strafbar" ist. Und warum ist es denn nicht "tiefst strafbar"? Und was ist höchst? Ist es so hoch strafbar wie der Kölner Dom? Oder doch nur wie ein Bungalow? Fragen über Fragen.


    Was auch ein gutes Stichwort ist. Denn abschließend bleibt es mir nur über, Goethe zu zitieren: Da steh' ich nun ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor. Ich kenne mich mit diesem Antrag wirklich hinten und vorne nicht aus, nur eines habe ich kapiert: Ich habe selten in meinem Leben so einen Murks gesehen. Und der Tor bin nicht nur ich, sondern auch derjenige, der diesen Antrag verfasst hat.
    Im Übrigen möchte ich noch anregen, sich zukünftig zu entscheiden, ob das Gesetz jetzt in Artikel oder Paragraphen gegliedert werden soll, dann muss man sich da nicht auch noch extra anstrengen. Wäre auch anders schon hart an meiner Schmerzgrenze.


    Ich danke.

  • *antwortet*
    Also, um Ihre Fragen zu beantworten.


    Private Pflege ist in diesem Falle, die Pflegeheime, die vom Staat betrieben werden. Dabei gibt es keine Trennung zwischen Menschen, diese Pflege ist nur ein Teil der Pflege, die eben vom Staat, nicht vom Markt betrieben wird. Dies ist nur zum Schutze der Bedürftigen.


    Das Problem ist, dass viele Unternehmen, bzw. Arbeitgeber mehr aus der Pflege machen, als sie reinpumpen. Dieser Zusatz verhindert dies, sodass auch mehr in die Pflege gepumpt wird, sodass man sie selber verbessert. Und wie wäre Ihr Name dafür? Wie würden Sie diese Art drr Pflege bezeichnen?


    Jede Person, hat das Recht auf Pflege. Damit meine ich nicht die Altenpflege, aber stellen Sie sich vor, es gibt Menschen, die pflegebedürftig sind, wegen bestimmten Erkrankungen und Verletzungen und diese sind nicht die ganze Zeit im Spital sein können. Diese brauchen auch Pflege. Dass nur ältere Menschen Pflege benötigen, gehört sich nicht. Es ist ein Menschenrecht. Und ja, auch Flüchtlinge haben das Recht dazu. Oder denken Sie, dass es nicht gut sei?


    Gerechtigkeit ist hier gemeint, dass alle gleich und gerecht behandelt werden müssen. Das verhindert, dass Menschen anders behandelt werden und somit keine gleiche Pflege erhalten. Dies ist weder gerecht, noch gut.



    Kennen Sie nicht die Oberlandesgerichte? Oder allgemeine Gerichte? Wenn ja, beantwortet sich die Frage von sich selber. Und hier ist das „§“ Zeichen gleichzusetzen mit dem Artikel.


    Schlusswort: Wenn man über das Geschriebene nachdenkt und nicht schamlos Dinge vorwirft, die nicht der Realität entsprechen, dann kann man sich so etwas sparen.


    Dankeschön

    *verlässt Genervt das Pult*

    Minister für Gesundheit und Pflege im Freistaat Bayern


    It‘s nice to be a Preiß, but it‘s higher, to be a Bayer!


    Mitglied der CDSU in Bayern


    Nur der FCB ❤️🤍❤️

    CDSU_-_2.png?ex=662dc2bf&is=662c713f&hm=eea3b58ce735054c8db5345a30ddf9e542d5b95d01834e12bf402e4658ee5cef&

  • Herr Laschet,


    gestatten Sie mir diese Einlassung, aber Ihre Argumentation - sofern man sie als solche betiteln kann - ist regelrecht absurd. Aber wie Sie wollen. Dann gehen wir mal in medias res...


    Sie sagen, private Pflege ist solche, die vom Staat betrieben wird. Sie erkennen wohl selbst den Widerspruch in dieser Aussage, hoffe ich zumindest. Aber macht nichts. Dem Antrag tut dies keinen Abbruch, es handelt sich lediglich um eine äußerst eigenwillige Formulierung, gar Umdeutung der Realität. Aber sei's drum.

    Zum zweiten Punkt: Sie scheinen mich nicht ganz verstanden zu haben. Sie sprechen davon, dass private Unternehmen, welche Pflegeheime betreiben, Pflege anbieten, et cetera, dass diese Unternehmen ihr Geld nicht in die Pflegeeinrichtungen reinvestieren, um unter anderem die Qualität der Betreuung zu verbessern. Da gebe ich Ihnen ja Recht, das kann unter Umständen so sein, ich habe auch gar nichts Gegenteiliges gesagt. Das Problem ist nur, Ihr Antrag sieht aber wie folgt aus: "Jede Firma, welche sich um die Pflege anderer Menschen kümmert, muss sich auch um unterstehendes kümmern. Dabei muss 7,5% der Gewinne investiert werden, zur Verbesserung der Pflege" Hier besteht ein gravierendes Definitionsproblem vonseiten des Antrags. Welche Gewinne? Worin sollen diese investiert werden? Davon steht in Ihrem Antrag kein Wort. Es handelt sich somit nicht um - wie von Ihnen hier vorgespielt - aussagekräftige Worte, sondern vielmehr um Rumpfkörper solcher, um bloße Worthülsen. Gelinde und einfach gesagt: Art. 2 - oder Paragraph, so genau kennt man sich ja nicht aus - Abs. 3 UAbs. 1 bringt nix. Nada. Niente. Sie vollbringen hier wahrlich Erstaunliches, und schaffen alleine durch den Gesetzgebungsakt bereits totes Recht. Historisch!

    Ob Sie dieses jetzt als "Pflege des Marktes" bezeichnen oder nicht, das ist mehr oder weniger irrelevant, jedoch handelt es sich bei der Bezugnahme auf Marktwirtschaft um einen Anachronismus, ist Ihre Intention doch ein Eingreifen in eben diesen Markt. Siehe hierzu meine anfängliche, kurze Bemerkung zu "private Pflege".

    Jede Person hat das Recht auf Pflege sagen Sie. Und da gebe ich Ihnen Recht, ein jeder Pflegebedürftiger hat sich diese Pflege verdient und hat ein Recht darauf. Selbstverständlich. Darum ging es mir aber nicht, Sie sehen, ich stimme Ihnen zu, Sie reiten hier gegen Windmühlen an. Es geht vielmehr darum, dass Ihr Antrag auch Nichtpflegebedürftigen ein Recht auf Pflege einräumt. Das ist gelinde gesagt absurd. Und trägt nur negativ zum ohnehin bestehenden Mangel auf dem Bereich der Pflege(kräfte) bei. Angesichts dessen mutet der Titel des Antrags und muten Ihre Auslassungen geradezu zynisch an. Aber ich weiß, Zynismus ist es in realitas nicht, es handelt sich augenscheinlich um bloße Inkompetenz und Borniertheit.

    Und ja, ein pflegebedürftiger Flüchtling sollte auch Zugang zur Pflege haben. Ich hatte auch in meiner vorigen Wortmeldung nichts Gegenteiliges anklingen lassen. Meine Anmerkung - die ich an dieser Stelle dezidiert wiederhole - war lediglich, es sei doch äußerst menschenverachtend und es schieße auf gut Deutsch den Vogel ab, dass Ihr Antrag Flüchtlinge aus der Kategorie der Menschen exkludiert, wie klar aus Art. 3 Abs. 1 hervorgeht. Das ist schlicht und einfach bestürzend.

    Angesichts Ihres Kommentars, Gerechtigkeit sei, dass alle gleich und gerecht behandelt werden, will ich Sie an dieser Stelle einmal fragen, ob Sie mit dem sogenannten Zirkelschluss vertraut sind. Und wie bereits zuvor, ich will hier nicht groß (Rechts)philosophie betreiben, das würde den Rahmen dieser Debatte und vermutlich auch Ihre graue Masse sprengen, und bekräftige daher bloß meine Worte von vorher: Wenn in Ihrem Antrag "Gerechtigkeit" steht, dann könnte da auch genauso gut lorem ipsum stehen, es ist schlicht und ergreifend - und da wiederhole ich mich auch innerhalb dieser meiner Wortmeldung - eine Worthülse. Bringt nix. Hilft nix. Nützt nix.

    Und ja, ich kenne Oberlandesgerichte. Unter anderem war ich vor meinem Einstieg in die Politik als Strafverteidiger des Öfteren dort zugange. Aber die Crux an Ihrem Antrag ist ja, dass diese Oberlandesgerichte nichts davon sehen werden. "Klagen" kann man, laut Art. 4 Abs. 2. Klagen schön und gut, aber wen, wie, und wo? Das ist hier die Frage. Da steht nichts drin. Dass Sie im Antrag derartig schlampen, schlimm genug. Aber diese Schlamperei nun auch noch zu verkennen, das zeugt offenbar von einem Bewusstsein auf höherer Astralebene Ihrerseits. Auf Erden scheinen Sie jedenfalls nicht mehr zu wandeln.

    Im Übrigen frage ich mich noch immer, was "höchst strafbar" bedeuten soll. Und warum nicht tiefst? Wäre doch auch eine nette Formulierung.


    Abschließend möchte ich noch einmal festhalten, dass dieser Antrag wahrlich historisch ist. Noch nie - wage ich zu behaupten - wurde vom bayerischen Gesetzgeber derartig viel Wortgewalt und Umfang in derartig wenig Aussage und in derartig viel Absurdität investiert. Dieser Antrag ist daher vollumfänglich abzulehnen. Kommen Sie bitte wieder, wenn Sie etwas Sinnvolles zusammengeschrieben haben. Es gibt in Ihrem Ressort sicherlich viele im Bereich der Legistik kompetente Leute, setzen Sie sich mit denen, Ihren Untergebenen, mal in Verbindung. Bitte.


    Vielen Dank. Ich brauch' jetzt dringend einen Schnaps.

  • Fühlt sich bestätigt, ob der Stille vonseiten der Staatsregierung.

  • // Alles gut. Kann ja auch wer anderer, "Staatsregierung" sind ja mehrere. Retten kann man den Unfall ja ohnehin nicht mehr.