Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages für die XXI. Wahlperiode

  • Geschäftsordnung des XXI. Deutschen Bundestages

    Der XX. Deutsche Bundestag hat sich durch Mehrheitsbeschluss vom 09. 04 .2024 gemäß Artikel 40 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland nachfolgende Geschäftsordnung für die Dauer der XX. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages gegeben:







    I. Wahl des Präsidenten und seines Stellvertreters





    § 1 Wahl des Präsidenten und der Stellvertreter

    1. Der Bundestag wählt in geheimer Wahl den Präsidenten und einen Stellvertreter für die Dauer der Wahlperiode.
    2. Gewählt ist, wer die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält. Ergibt sich im ersten Wahlgang keine Mehrheit, so können für einen zweiten Wahlgang neue Bewerber vorgeschlagen werden. Ergibt sich auch dann keine absolute Mehrheit, findet ein dritter Wahlgang statt. Bei nur einem Bewerber ist dieser gewählt, wenn er die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt. Bei mehreren Bewerbern kommen die beiden Bewerber mit den höchsten Stimmenzahlen in die engere Wahl; gewählt ist im folgenden Wahlgang, wer die meisten Stimmen auf sich vereinigt.
    3. Weitere Wahlgänge sind zulässig und gemäß des Verfahrens nach Absatz 2 Satz 3 und 4 abzuhalten. Werden nach erfolglosem Verfahren nach Absatz 2 neue Bewerber vorgeschlagen, ist neu in das Wahlverfahren gemäß Absatz 2 Satz 2 einzutreten.
    4. Auf Antrag von mindestens vier Mitgliedern des Bundestages oder einer Fraktion, die mindestens vier Mitglieder umfasst, kann ein konstruktives Misstrauensvotum gegen ein Präsidiumsmitglied beantragt werden. Es erfolgt keine Aussprache. Der vorgeschlagene Kandidat ersetzt das jeweilige Präsidiumsmitglied, wenn er die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält.









    II. Wahl des Bundeskanzlers





    § 2 Wahl des Bundeskanzlers





    Die Wahl des Bundeskanzlers (Artikel 63 des Grundgesetzes) erfolgt durch eine geheime Wahl und auf Vorschlag des Bundespräsidenten. Wird der Vorgeschlagene nicht im ersten Wahlgang gewählt, ist vor jedem weiterem Wahlgang eine dreitägige Kandidaturphase abzuhalten. Wahlvorschläge zu den Wahlgängen gemäß Artikel 63 Absatz 3 und 4 des Grundgesetzes sind durch eine Fraktion einzubringen. Die Wahl kann durch Zustimmung aller Fraktionen vor Ablauf der Kandidaturphase eingeleitet werden.









    III. Präsident und Präsidium





    § 3 Präsidium





    Der Präsident und der stellvertretende Präsident bilden das Präsidium.











    § 4 Aufgaben des Präsidenten

    1. Der Präsident vertritt den Bundestag und führt seine Geschäfte. Er wahrt die Würde und die Rechte des Bundestages, fördert seine Arbeiten, leitet die Verhandlungen gerecht und unparteiisch und wahrt die Ordnung im Hause. Er hat beratende Stimme in allen Ausschüssen.
    2. Dem Präsidenten steht das Hausrecht und die Polizeigewalt in allen der Verwaltung des Bundestages unterstehenden Gebäuden, Gebäudeteilen und Grundstücken zu.
    3. Ist der Präsident verhindert, vertritt ihn sein Stellvertreter in allen Angelegenheiten. Der Präsident gilt als verhindert, wenn er Anträge oder sonstige organisatorische Bundestagsangelegenheiten binnen 24 Stunden ab Eingang nicht oder nicht vollständig bearbeitet hat. Der Präsident kann dem Vizepräsidenten hiervon abweichend, im gemeinsamen Einvernehmen, weitere Aufgaben übertragen. Die Übertragung kann befristet werden.





    IV. Fraktionen





    § 5 Bildung der Fraktionen

    1. Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens zwei Mitgliedern des Bundestages, die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die auf Grund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen. Schließen sich Mitglieder des Bundestages abweichend von Satz 1 zusammen, bedarf die Anerkennung als Fraktion der Zustimmung des Bundestages.
    2. Die Bildung einer Fraktion, ihre Bezeichnung, die Namen der Vorsitzenden, Mitglieder und Gäste sind dem Präsidenten schriftlich mitzuteilen. Die Mitteilung hat öffentlich zu erfolgen. Satz 1 und 2 gilt für Änderung einer oder mehrerer dieser Angaben entsprechend.






    V. Die Mitglieder des Bundestages





    § 6 Rechte und Pflichten der Mitglieder des Bundestages

    1. Jedes Mitglied des Bundestages folgt bei Reden, Handlungen, Abstimmungen und Wahlen seiner Überzeugung und seinem Gewissen.
    2. Die Mitglieder des Bundestages sind verpflichtet, an den Beratungen und Abstimmungen des Bundestages teilzunehmen.









    VI. Tagesordnung, Einberufung, Leitung der Sitzung und Ordnungsmaßnahmen





    § 7 Öffentlichkeit





    Die Sitzungen des Bundestages sind öffentlich.









    § 8 Wortmeldung; zur Geschäftsordnung

    1. Jedes Mitglied des Bundestages kann sich zu jedem Beratungsgegenstand unaufgefordert zu Wort melden. Die Reihenfolge der Redner wird nicht bestimmt.
    2. Jedes Mitglied des Bundestages kann jederzeit einen Antrag zur Geschäftsordnung stellen und sich dazu äußern. Es bedarf keiner Worterteilung durch das Präsidium.


    § 9 Sach- und Ordnungsruf; Wortentziehung

    1. Der Präsident kann den Redner, der vom Verhandlungsgegenstand abschweift, zur Sache verweisen. Er kann Redner, wenn sie die Ordnung oder die Würde des Bundestages verletzen, mit Nennung des Namens zur Ordnung rufen. Der Ordnungsruf und der Anlass hierzu dürfen von den nachfolgenden Rednern nicht behandelt werden.
    2. Ist ein Mitglied des Bundestags während einer Rede dreimal zur Sache oder dreimal zur Ordnung gerufen und beim zweiten Male auf die Folgen eines dritten Rufes zur Sache oder zur Ordnung hingewiesen worden, so muss ihm der Präsident das Wort entziehen und darf es ihm in derselben Aussprache zum selben Verhandlungsgegenstand nicht wieder erteilen.


    § 10 Ausschluss von Mitgliedern des Bundestages und weitere Ordnungsmaßnahmen

    1. Wegen gröblicher Verletzung der Ordnung oder der Würde des Bundestages kann der Präsident ein Mitglied des Bundestages, auch ohne dass vorher ein Ordnungsruf ergangen ist, von allen Sitzungen des Bundestages ausschließen. Der Präsident muss bekanntgeben, für wie viele Sitzungstage das betroffene Mitglied ausgeschlossen wird und diese Entscheidung begründen. Ein Mitglied des Bundestages kann für bis zu drei Sitzungstage ausgeschlossen werden.
    2. Das betroffene Mitglied darf sich für die Dauer des Ausschlusses nicht im Bundestag äußern. Das Abstimmungsrecht des betroffenen Mitgliedes bleibt hiervon unberührt.
    3. Äußert sich ein nach Absatz 1 von der Sitzung ausgeschlossenes Mitglied entgegen Absatz 2 Satz 1 im Bundestag, so kann die Dauer des Ausschlusses um einen weiteren Sitzungstag verlängert werden, wenn es durch den Präsidenten auf die Folgen hingewiesen worden ist.
    4. Sitzungsteilnehmer, die nicht Mitglieder des Bundestages sind, und Zuhörer unterstehen der Ordnungsgewalt des Präsidenten.



    5. Wer auf den Tribünen Beifall oder Missbilligung äußert oder Ordnung und Anstand verletzt, kann auf Anordnung des Präsidenten sofort entfernt werden. Der Präsident kann die Tribüne wegen störender Unruhe räumen lassen.

    § 11 Einspruch gegen Ordnungsmaßnahmen





    Gegen den Ordnungsruf (§ 10) und den Sitzungsausschluss (§ 11) kann das betroffene Mitglied des Bundestages innerhalb von 24 Stunden schriftlich begründeten Einspruch einlegen. Der Bundestag entscheidet hierüber ohne Aussprache in einer 24-Stündigen geheimen Abstimmung mit absoluter Mehrheit. Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung.









    § 12 Unterbrechung der Sitzung





    Wenn im Bundestag störende Unruhe entsteht, die den Fortgang der Verhandlungen in Frage stellt, kann der Präsident die Sitzung auf bestimmte Zeit unterbrechen oder aufheben. Er kann die Sitzung für die Dauer von höchstens 24 Stunden unterbrechen. Die Sitzung darf zu einem Debattengegenstand höchstens ein Mal unterbrochen werden. Für die Dauer der Sitzungsunterbrechung ist die Frist für die Dauer der Debatte gehemmt.









    § 13 Herbeirufung eines Mitgliedes der Bundesregierung





    Auf Antrag einer Fraktion oder von zwei Mitgliedern des Bundestages kann der Bundestag im Rahmen einer 24-stündigen Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen die Herbeizitierung eines Mitglieds der Bundesregierung beschließen. Sofern die Mehrheit der Mitglieder des Bundestags die Herbeizitierung beantragt, ist keine Abstimmung erforderlich. Das Mitglied der Bundesregierung muss im Falle der beschlossenen Herbeizitierung seine Anwesenheit in der entsprechenden Debatte erkenntlich machen. Die Debatte zum Beratungsgegenstand ist ab dem Zeitpunkt des Beschlusses der Herbeizitierung und bis zur Anwesenheit des Mitglieds der Bundesregierung, längstens jedoch für die Dauer von 48 Stunden, zu unterbrechen. Folgt das Mitglied der Bundesregierung der Herbeizitierung nicht innerhalb von 48 Stunden, so ist die Bundesregierung durch den Präsidenten zu rügen. Der Bundeskanzler hat dazu eine Stellungnahme zum Sachverhalt abzugeben.






    § 14 Recht auf jederzeitiges Gehör





    Die Mitglieder der Bundesregierung und des Bundesrates sowie ihre Beauftragten müssen nach Artikel 43 Absatz 2 des Grundgesetzes auf ihr Verlangen jederzeit gehört werden, sie haben uneingeschränktes Rederecht in allen Debatten.





    § 15 Debatten

    1. Über in § 23 Absatz 1 genannte Vorlagen berät der Bundestag in einer Debatte, wenn diese Geschäftsordnung nichts anderes vorschreibt.
    2. Debatten dauern 72 Stunden.
    3. Auf Antrag von vier Mitgliedern des Bundestages oder von zwei Fraktionen wird die Debatte nach frühestens 24 Stunden beendet. Der Antrag ist durch den Präsidenten abzuweisen, wenn offensichtlich noch Redebedarf besteht. Unterstützen alle Fraktionen einen Antrag auf sofortige Abstimmung, so ist die Debatte abweichend von Satz 1 sofort zu beenden und die Abstimmung einzuleiten.
    4. Auf Antrag eines Mitgliedes des Bundestages oder einer Fraktion wird die Debatte um weitere 72 Stunden verlängert. Der Präsident kann die Debatte eigenmächtig um 72 Stunden verlängern, wenn offensichtlich noch Redebedarf besteht. Die Verlängerung einer Debatte, deren reguläres Ende in die letzten 7 Tage der Legislaturperiode fällt, bedarf abweichend von Satz 1 des Antrages von mindestens zwei Fraktionen oder vier Abgeordneten.
    5. Redebedarf im Sinne von Absatz 4 Satz 2 besteht nicht, wenn in den letzten 24 Stunden kein Beitrag in der entsprechenden Debatte veröffentlicht wurde.





    § 16 Abstimmungen; Wahlen

    1. Abstimmungen finden namentlich statt. Sie dauern 72 Stunden. Namentliche Abstimmungen über die Stärke eines Ausschusses, die Abkürzung der Fristen und die Überweisung an einen Ausschuss sind unzulässig.
    2. Auf Antrag von zwei Mitgliedern des Bundestages oder einer Fraktion kann der Bundestag von der namentlichen Abstimmung abweichen.
    3. Soweit nicht das Grundgesetz, ein Bundesgesetz oder diese Geschäftsordnung andere Vorschriften enthalten, entscheidet die einfache Mehrheit. Stimmengleichheit verneint die Frage.
    4. Wird durch das Grundgesetz, ein Bundesgesetz oder diese Geschäftsordnung für einen Beschluss oder eine Wahl eine bestimmte Mehrheit vorgeschrieben, stellt der Präsident ausdrücklich fest, dass die Zustimmung der erforderlichen Mehrheit vorliegt.
    5. Wahlen dauern 72 Stunden. Sie finden geheim statt. Vor Wahlen ist eine dreitägige Kandidaturphase einzuleiten, wenn das Grundgesetz, ein Bundesgesetz oder diese Geschäftsordnung nichts anderes vorschreibt. Die Wahl kann im Einklang aller Fraktionen vor Ablauf der Kandidaturphase eingeleitet werden.
    6. Das Ergebnis einer Abstimmung kann vor Ablauf der Zeit festgestellt werden, wenn eine unumstößliche Mehrheit vorzeitig erreicht wurde. Die Abstimmung bleibt weiterhin bis zum regulären Ende der Abstimmung offen.


    § 17 Beschlussfähigkeit





    Der Bundestag ist beschlussfähig, wenn bei einer Abstimmung oder Wahl mehr als die Hälfte seiner Mitglieder abgestimmt haben. Stellt der Präsident die Beschlussunfähigkeit fest, so ist die Abstimmung oder Wahl nach den Vorschriften des § 16 zu wiederholen.









    § 17a Befragung der Bundesregierung

    1. Auf Antrag einer Fraktion oder von zwei Mitgliedern des Bundestages findet eine Befragung der Bundesregierung statt. Befragungen dauern 72 Stunden. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, ab dem einer der Antragsteller eine Frage gestellt hat. Die Pflicht zur Beantwortung der Fragen und die Berechtigung von Nachfragen auf verspätet beantwortete Fragen bleibt vom Ablauf der Frist aus Satz 2 unberührt. Zwischen regulärem Ende der alten und Beginn einer neuen Fragestunde müssen mindestens 5 Tage liegen.
    2. Die Mitglieder des Bundestages können an die Bundesregierung Fragen von aktuellem Interesse im Rahmen ihrer Verantwortlichkeit stellen. Die Fragen können durch Bemerkungen eingeleitet werden. Sie müssen kurz gefasst sein und kurze Antworten ermöglichen. Zu jeder Frage ist eine Nachfrage durch den Fragesteller zulässig.
    3. Jedes Mitglied des Bundestages darf pro Fragestunde maximal zwei Mal gemäß Absatz 2 zum Fragesteller werden. Über die Unzulässigkeit einer Frage entscheidet der Präsident.
    4. An der Befragung nimmt mindestens ein Mitglied der Bundesregierung, welches von der Bundesregierung benannt wird, teil. Der Bundestag kann durch Beschluss mit absoluter Mehrheit ausdrücklich die Anwesenheit eines bestimmten Mitglieds der Bundesregierung verlangen. Sofern die Antragsteller auf das Verfahren gemäß Satz 2 verzichten, ist das teilnehmende Mitglied der Bundesregierung innerhalb von 48 Stunden nach Eingang des Antrags durch die Bundesregierung zu benennen.
    5. Zu Beginn der Befragung erhält ein Mitglied der Bundesregierung auf Verlangen das Wort zu einleitenden Ausführungen.





    VII. Ausschüsse





    § 18 Einsetzung von Ausschüssen

    1. Der Bundestag kann für einzelne Angelegenheiten Sonderausschüsse einsetzen. Die Einsetzung eines Sonderausschusses erfolgt auf Antrag eines Mitglieds des Bundestags oder einer Fraktion durch Beschluss des Bundestages mit absoluter Mehrheit. Die Gründung eines Ausschusses in der letzten Sitzungswoche ist unzulässig.
    2. Soweit das Grundgesetz oder Bundesgesetze die Einsetzung von Ausschüssen vorschreiben oder zulassen, richtet sich die Einsetzung und das Verfahren nach den Bestimmungen dieser Geschäftsordnung, es sei denn, dass im Grundgesetz, in den Bundesgesetzen oder in besonderen Geschäftsordnungen etwas anderes bestimmt ist.



    § 19 Mitglieder der Ausschüsse; Ausschussvorsitzender

    1. Der Bundestag bestimmt bei der Einsetzung die Zahl der ordentlichen Mitglieder des Ausschusses. Die Bemessung der Zahl hat die Mehrheitsverhältnisse widerzuspiegeln und andererseits die Aufgabenstellung und die Arbeitsfähigkeit des Ausschusses zu berücksichtigen. Jede Fraktion muss vertreten sein. Die Zahl der auf die Fraktionen entfallenden Sitze wird nach dem Verfahren der mathematischen Proportion (St. Lague/Schepers) berechnet.



    2. Die Ausschüsse bestimmen ihren Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden. Für den Vorsitz und den stellvertretenden Vorsitz sind die Fraktionen im Verhältnis ihrer Stärke zu berücksichtigen. Kommt es zu keiner Einigung im Einklang, findet eine geheime Wahl statt.





    § 20 Aufgaben der Ausschüsse





    Die Ausschüsse sind zu baldiger Erledigung der ihnen überwiesenen Aufgaben verpflichtet. Sie können zu Beratungsgegenständen Beschlussempfehlungen erarbeiten und diese dem Bundestag vorlegen. Ein Ausschuss ist beschlussfähig, wenn bei einer Abstimmung oder Wahl mehr als die Hälfte seiner Mitglieder abgestimmt haben.


    § 21 Herbeirufung eines Mitgliedes der Bundesregierung zu den Ausschusssitzungen


    Auf Antrag von zwei Mitgliedern des Ausschusses kann der Ausschuss im Rahmen einer 24-stündigen Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen die Herbeizititierung eines Mitglieds der Bundesregierung beschließen. Sofern die Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses die Herbeizitierung beantragt, ist keine Abstimmung erforderlich. Das Mitglied der Bundesregierung muss im Falle der beschlossenen Herbeizitierung seine Anwesenheit in der entsprechenden Debatte erkenntlich machen. Folgt das Mitglied der Bundesregierung der Herbeizitierung nicht innerhalb von 48 Stunden, so ist die Bundesregierung durch den Ausschussvorsitzenden zu rügen. Der Bundeskanzler hat dazu eine Stellungnahme zum Sachverhalt abzugeben.






    § 22 Auflösung





    Ein Sonderausschuss wird aufgelöst, wenn

    1. der Ausschuss dies beschließt,

    2. der Ausschuss die ihm überwiesenen Aufgaben vollumfänglich erledigt hat oder

    3. der Ausschuss seit sieben Tagen keine Aktivität zeigt.





    Der Präsident ist im Falle der Nr. 1 über die Auflösung des Ausschusses zu informieren. Im Falle der Nrn. 2 und 3 löst der Präsident den Ausschuss selbstständig auf.











    VIII. Vorlagen und ihre Behandlung





    § 23 Vorlagen

    1. Folgende Vorlagen können als Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt werden (selbständige Vorlagen):
      • a) Gesetzentwürfe,
      • b) Beschlussempfehlungen des Ausschusses nach Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuss),
      • c) Anträge auf Zurückweisung von Einsprüchen des Bundesrates,
      • d) Anträge,
      • e) Große Anfragen an die Bundesregierung und ihre Beantwortung oder
      • f) Rechtsverordnungen, soweit sie aufgrund gesetzlicher Grundlagen dem Bundestag zuzuleiten sind.
    2. Vorlagen zu Verhandlungsgegenständen sind (unselbständige Vorlagen):
      • a) Beschlussempfehlungen und Berichte der Ausschüsse,
      • b) Änderungsanträge,
      • c) Entschließungsanträge zu Gesetzentwürfen, Regierungserklärungen, Großen Anfragen und Rechtsverordnungen.
    3. Als Vorlagen im Sinne des § 76 gelten auch Kleine Anfragen; sie können nicht als Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung gesetzt werden.





    § 24 Vorlagen von Mitgliedern des Bundestages

    1. Vorlagen können von Mitgliedern des Bundestages beim Präsidium eingereicht werden. Sie können mit einer Begründung versehen werden.
    2. Gesetzentwürfe und Anträge sollen durch den Antragsteller in der entsprechenden Debatte mündlich begründet werden.



    3. Findet eine mündliche Begründung durch den Antragsteller oder andere Mitglieder der antragstellenden Fraktion nicht statt, so ist die vorzeitige Beendigung der Debatte unzulässig.


    § 25 Behandlung von Vorlagen; Überweisung an einen Sonderausschuss

    1. Über Vorlagen im Sinne des § 23 Absatz 1 Buchstaben a, b und d findet eine Debatte statt.
    2. Gesetzentwürfe können auf Antrag eines Mitgliedes des Bundestages oder einer Fraktion an einen Sonderausschuss übermittelt werden. Der Bundestag entscheidet hierüber durch Abstimmung ohne vorherige Aussprache. Der Antrag auf Überweisung eines Gesetzentwurfes an einen Sonderausschuss bedarf in der letzten Sitzungswoche der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages. Die Debatte zum Gesetzentwurf ist für die Dauer dieser Abstimmung zu unterbrechen.





    § 26 Änderungsanträge

    1. Änderungsanträge zum Debattengegenstand können während laufender Debatte gestellt werden.
    2. Über die Annahme eines Änderungsantrages entscheidet der Bundestag durch Abstimmung. Die Debatte zum Beratungsgegenstand ist ab dem Zeitpunkt der Einreichung des Änderungsantrages und bis zum Ende der Abstimmung darüber zu unterbrechen. Für die Dauer der Unterbrechung ist die Frist zum Ablauf der Debattenzeit gehemmt.
    3. Der Antragsteller des Erstentwurfs kann den Änderungsvorschlag jederzeit übernehmen; eine Abstimmung entfällt in diesem Fall. Satz 1 gilt nicht für Änderungsanträge, die Inhalte umfassen, die bereits per Abstimmung gemäß Absatz 2 durch eine Mehrheit des Bundestags geändert wurden.





    § 27 Gegenanträge

    1. Gegenanträge zum Debattengegenstand können während laufender Debatte gestellt werden. Sie sind gesondert zur Debatte zu stellen.
    2. Der ursprüngliche Debattengegenstand soll gemeinsam mit allen Gegenanträgen zur Abstimmung gestellt werden. Die Debatte der betroffenen Anträge und Gegenanträge ist abweichend von § 15 Absatz 2 so lange zu verlängern.
    3. Die Debatte zu Gegenanträgen ist in der letzten Sitzungswoche durch den Präsidenten abweichend von § 15 Absatz 2 vor Ablauf der regulären Debattendauer zu beenden, wenn eine Abstimmung zum Debattengegenstand ansonsten nicht fristgerecht vor Ablauf der Legislaturperiode erfolgen kann.


    § 28 Vermittlungsausschuss

    1. Auf Antrag von zwei Mitgliedern des Bundestages oder einer Fraktion kann der Bundestag beschließen, zu Gesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen (Artikel 77 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes, § 75 Absatz 1 Buchstabe d).
    2. Sieht der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses eine Änderung des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes vor, so wird hierüber ohne Aussprache abgestimmt.
    3. Die Mitglieder des Vermittlungsausschusses sind dem Präsidium schriftlich bekanntzugeben.





    § 29 Einspruch des Bundesrates





    Über den Antrag auf Zurückweisung eines Einspruchs des Bundesrates gegen ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz (Artikel 77 Absatz 4 des Grundgesetzes) wird ohne Begründung und Aussprache abgestimmt.









    § 30 Misstrauensantrag gegen den Bundeskanzler

    1. Der Bundestag kann auf Antrag gemäß Artikel 67 Absatz 1 des Grundgesetzes dem Bundeskanzler das Misstrauen aussprechen. Der Antrag ist von vier Mitgliedern des Bundestages oder zwei Fraktionen einzubringen und in der Weise zu stellen, dass dem Bundestag ein namentlich benannter Kandidat als Nachfolger zur Wahl vorgeschlagen wird. Anträge, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen, sind unzulässig.
    2. Ein Nachfolger ist, auch wenn mehrere Wahlvorschläge gemacht sind, in einem Wahlgang zu wählen. Er ist nur dann gewählt, wenn er die Stimmen der Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigt.
    3. Für den Zeitpunkt der Wahl gilt Artikel 67 Absatz 2 des Grundgesetzes.





    § 31 Vertrauensantrag des Bundeskanzlers

    1. Der Bundeskanzler kann gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes beantragen, ihm das Vertrauen auszusprechen; für den Zeitpunkt der Abstimmung über den Antrag gilt Artikel 68 Absatz 2 des Grundgesetzes.
    2. Findet der Antrag nicht die Zustimmung der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, kann der Bundestag binnen sieben Tagen auf Antrag von vier Mitgliedern des Bundestages oder von zwei Fraktionen gemäß § 97 Absatz 2 einen anderen Bundeskanzler wählen.





    § 32 Große Anfragen

    1. Große Anfragen an die Bundesregierung (§ 23 Absatz 1 Buchstabe e) sind dem Präsidenten einzureichen; sie müssen kurz und bestimmt gefasst sein und können mit einer kurzen Begründung und Vorbemerkung versehen werden. Sie dürfen keine unsachlichen Feststellungen oder Wertungen enthalten.
    2. Große Anfragen sind durch die Bundesregierung innerhalb von 5 Tagen schriftlich oder mündlich zu beantworten.
    3. Über Große Anfragen findet auf Verlangen von zwei Mitgliedern des Bundestages oder von einer Fraktion eine 72-stündige allgemeine Aussprache statt.
    4. Wird die Anfrage nicht fristgerecht beantwortet, so ist die Bundesregierung durch den Präsidenten zu rügen. Der Bundeskanzler hat dazu eine Stellungnahme zum Sachverhalt abzugeben. Die Pflicht zur Beantwortung der Anfrage bleibt vom Fristablauf unberührt.
    5. Nachfragen sind innerhalb von 48 Stunden nach Beantwortung der Anfrage gestattet. Sie dürfen keinen neuen Themenbereich umfassen. Nachfragen sind innerhalb von 72 Stunden durch die Bundesregierung zu beantworten. Ergeben sich infolge der Beantwortung der Nachfragen weitere Fragen, sind einmalig weitere Nachfragen innerhalb der Frist von 36 Stunden nach Beantwortung gestattet. Absatz 4 gilt für Nachfragen entsprechend.





    § 33 Kleine Anfragen

    1. In Kleinen Anfragen (§ 23 Absatz 3) kann von der Bundesregierung Auskunft über bestimmt bezeichnete Bereiche verlangt werden. Die Fragen sind dem Präsidenten einzureichen; sie dürfen keine unsachlichen Feststellungen oder Wertungen enthalten. Eine kurze Begründung und Vorbemerkung kann angefügt werden. Das zu befragende Mitglied der Bundesregierung ist namentlich zu benennen.
    2. Der Präsident fordert die Bundesregierung auf, die Fragen innerhalb von drei Tagen schriftlich zu beantworten; er kann diese Frist im Einvernehmen mit dem Fragesteller um weitere 3 Tage verlängern.
    3. Wird die Anfrage nicht fristgerecht beantwortet, so ist das befragte Mitglied der Bundesregierung durch den Präsidenten zu rügen. § 32 Absatz 4 Satz 2 und 3 gelten entsprechend.
    4. § 32 Absatz 5 gilt für Kleine Anfragen entsprechend.





    § 34 Aktuelle Stunden

    1. Aktuelle Stunden finden auf Antrag eines Mitgliedes des Bundestages oder einer Fraktion über ein bestimmt bezeichnetes Thema von allgemeinem akutem Interesse statt. Der Präsident kann den Antrag als unzulässig abweisen, wenn er den Beratungsgegenstand für offensichtlich nicht zulässig hält. Über den Einspruch gegen Abweisungen des Präsidenten entscheidet der Bundestag mit absoluter Mehrheit. Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung.
    2. Aktuelle Stunden dauern 72 Stunden. Sie sind auf Antrag eines Mitgliedes des Bundestages oder einer Fraktion um weitere 72 Stunden zu verlängern.





    IX. Vollzug der Beschlüsse des Bundestages





    § 35 Übersendung beschlossener Gesetze





    Der Präsident des Bundestages übersendet das beschlossene Gesetz unverzüglich und öffentlich einsehbar im Bereich für Übersendungen aus dem Bundestag dem Bundesrat (Artikel 77 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes).









    X. Beteiligung an verfassungsgerichtlichen Verfahren





    § 36 Verfahren





    1. Wird in einem Verfahren vor dem Obersten Gericht dem Bundestag Gelegenheit zur Äußerung gegeben, berät das Plenum für 72 Stunden darüber. Eine Verlängerung der Debattenzeit ist ausgeschlossen. Ist zwischen Debattenende und Ablauf der gerichtlich verfügten Stellungnahmefrist jedoch noch mindestens 120 Stunden Zeit, so wird die Debatte auf Antrag von vier Mitgliedern des Bundestages einmalig um 48 Stunden verlängert.
    2. Während der Debatte kann jedes Mitglied des Bundestages einen Stellungnahmeentwurf einreichen, verbunden mit dem gleichzeitigen Antrag, der Bundestag möge diesen als gemeinsame Stellungnahme beschließen und beim Obersten Gericht einreichen.
    3. Auf Antrag eines Abgeordneten während der Debattenzeit nach Absatz 1, kann der Bundestag zusätzlich zu einer Stellungnahme beschließen, dem Verfahren beizutreten, sofern dies im Einzelfall zulässig ist. Dem Antrag auf Verfahrensbeitritt muss gleichzeitig entnommen werden können, welcher Abgeordnete, Rechtsgelehrte oder sonstiger Dritte den Bundestag vor dem Obersten Gericht vertreten soll.

    § 37 Beschluss des Bundestages





    1. Der Bundestag beschließt nach Ablauf der Debatte in einer 48-stündigen Abstimmung über die eingebrachten Stellungnahmeentwürfe in einer gemeinsamen Abstimmung mit einfacher Mehrheit. Kann kein Entwurf eine Mehrheit auf sich vereinigen, sieht der Bundestag von einer Stellungnahme ab.
    2. Wurde ein Antrag nach § 36 Absatz 3 rechtzeitig und unter Nennung eines gerichtlichen Bundestagsvertreters gestellt, stimmt der Bundestag über diesen Antrag isoliert in einer eigenen Abstimmung mit einfacher Mehrheit ab.
    3. Ist ein Antrag nach Absatz 1 erfolgreich, hat der Bundestagspräsident dem Obersten Gericht unverzüglich die beschlossene Stellungnahme des Bundestages zuzuleiten.
    4. Ist ein Antrag nach Absatz 2 erfolgreich, hat der Bundestagspräsident dies dem Obersten Gericht unverzüglich mitzuteilen und diesem gleichzeitig den Vertreter des Bundestages zu nennen.






    XX. Abweichungen und Auslegung dieser Geschäftsordnung





    § 38 Abweichungen von dieser Geschäftsordnung





    Abweichungen von den Vorschriften dieser Geschäftsordnung können im einzelnen Fall mit Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder des Bundestages beschlossen werden, wenn die Bestimmungen des Grundgesetzes dem nicht entgegenstehen.









    § 39 Auslegung dieser Geschäftsordnung





    Während einer Sitzung des Bundestages auftretende Zweifel über die Auslegung dieser Geschäftsordnung entscheidet der Präsident für den Einzelfall. Der Präsident, ein Ausschuss, zwei Fraktionen oder vier Mitglieder des Bundestages können verlangen, dass die Auslegung dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt wird. Die Abstimmung hierüber findet für 24 Stunden und ohne vorherige Aussprache statt.

  • Toni Kamm

    Hat den Titel des Themas von „Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages für die XX. Wahlperiode“ zu „Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages für die XXI. Wahlperiode“ geändert.