[Debatte] Beschluss: "Gesetz zur Abschaffung der Kostenheranziehung für Pflege- und Heimkinder und zur Änderung weiterer Gesetze"

  • Verehrte Kollegen,

    der Deutsche Bundestag hat den folgenden Gesetzentwurf beschlossen und an unser Haus übersandt.

    Die Debatte dauert drei Tage.


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    Bundesrepublik Deutschland

    Die Bundeskanzlerin


    An die
    Präsidentin des Bundesrates
    Frau Ministerpräsidentin
    Dr. Samira Yasemin Ashfahdi





    Sehr geehrte Frau Präsidentin,



    hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf für das Gesetz zur Abschaffung der Kostenheranziehung für Pflege- und Heimkinder und zur Änderung weiterer Gesetze.


    Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.


    Mit freundlichen Grüßen

    Lara Lea Friedrich

    Bundeskanzlerin


    _______________________________________________________________________________________________________________________________________________




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    Drucksache BR/XXX



    Gesetzentwurf

    der Bundesregierung


    Gesetz zur Abschaffung der Kostenheranziehung für Pflege- und Heimkinder und zur Änderung weiterer Gesetze





    Gesetz zur Abschaffung der Kostenheranziehung für Pflege- und Heimkinder und zur Änderung weiterer Gesetze


    Vom ...


    Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats das folgende Gesetz beschlossen:

    Artikel 1

    Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch


    Das Achte Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe wird wie folgt geändert:

    (1) § 92 wird wie folgt gefasst:

    „(1) Zu den Kosten der in § 91 Absatz 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen sind Elternteile aus ihrem Einkommen nach Maßgabe der §§ 93 und 94 heranzuziehen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Absatz 2 genannten Leistungen herangezogen.


    (1a) Unabhängig von ihrem Einkommen sind nach Maßgabe von § 93 Absatz 1 Satz 3 und § 94 Absatz 3 heranzuziehen:

    1. Kinder und Jugendliche zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen,

    2. junge Volljährige zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 8 genannten Leistungen,

    3. Leistungsberechtigte nach § 19 zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 Nr. 2 genannten Leistungen,

    4. Elternteile zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 genannten Leistungen und vorläufigen Maßnahmen; leben sie mit dem jungen Menschen zusammen, so werden sie auch zu den Kosten der in § 91 Abs. 2 genannten Leistungen herangezogen.


    (2) Die Heranziehung erfolgt durch Erhebung eines Kostenbeitrags, der durch Leistungsbescheid festgesetzt wird; Elternteile werden getrennt herangezogen.


    (3) Ein Kostenbeitrag kann bei Eltern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Ohne vorherige Mitteilung kann ein Kostenbeitrag für den Zeitraum erhoben werden, in welchem der Träger der öffentlichen Jugendhilfe aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Pflichtigen fallen, an der Geltendmachung gehindert war. Entfallen diese Gründe, ist der Pflichtige unverzüglich zu unterrichten.


    (4) Ein Kostenbeitrag kann nur erhoben werden, soweit Unterhaltsansprüche vorrangig oder gleichrangig Berechtigter nicht geschmälert werden. Von der Heranziehung der Eltern ist abzusehen, wenn das Kind, die Jugendliche, die junge Volljährige oder die Leistungsberechtigte nach § 19 schwanger ist oder der junge Mensch oder die nach § 19 leistungsberechtigte Person ein leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.


    (5) Von der Heranziehung soll im Einzelfall ganz oder teilweise abgesehen werden, wenn sonst Ziel und Zweck der Leistung gefährdet würden oder sich aus der Heranziehung eine besondere Härte ergäbe. Von der Heranziehung kann abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der damit verbundene Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kostenbeitrag stehen wird.“


    (2) § 94 wird wie folgt gefasst:


    „(1) Die Kostenbeitragspflichtigen sind aus ihrem Einkommen in angemessenem Umfang zu den Kosten heranzuziehen. Die Kostenbeiträge dürfen die tatsächlichen Aufwendungen nicht überschreiten.


    (2) Für die Bestimmung des Umfangs sind bei jedem Elternteil die Höhe des nach § 93 ermittelten Einkommens und die Anzahl der Personen, die mindestens im gleichen Range wie der untergebrachte junge Mensch oder Leistungsberechtigte nach § 19 unterhaltsberechtigt sind, angemessen zu berücksichtigen.


    (3) Werden Leistungen über Tag und Nacht außerhalb des Elternhauses erbracht und bezieht einer der Elternteile Kindergeld für den jungen Menschen, so hat dieser unabhängig von einer Heranziehung nach Absatz 1 Satz 1 und 2 einen Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes zu zahlen. Zahlt der Elternteil den Kostenbeitrag nach Satz 1 nicht, so sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe insoweit berechtigt, das auf dieses Kind entfallende Kindergeld durch Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 74 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch zu nehmen. Bezieht der Elternteil Kindergeld nach § 1 Absatz 1 des Bundeskindergeldgesetzes, gilt Satz 2 entsprechend. Bezieht der junge Mensch das Kindergeld selbst, gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend. Die Heranziehung der Elternteile erfolgt nachrangig zu der Heranziehung der jungen Menschen zu einem Kostenbeitrag in Höhe des Kindergeldes.


    (4) Werden Leistungen über Tag und Nacht erbracht und hält sich der junge Mensch nicht nur im Rahmen von Umgangskontakten bei einem Kostenbeitragspflichtigen auf, so ist die tatsächliche Betreuungsleistung über Tag und Nacht auf den Kostenbeitrag anzurechnen.


    (5) Für die Festsetzung der Kostenbeiträge von Eltern werden nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums mit Zustimmung des Bundesrates bestimmt.“


    (3) § 95 Absatz 1 wird wie folgt gefasst:


    „(1) Hat eine in § 92 Absatz 1a genannte Person oder ein Ehegatte oder Lebenspartner des jungen Menschen oder Leistungsberechtigten nach § 19 für die Zeit, für die Jugendhilfe gewährt wird, einen Anspruch gegen einen anderen, so kann der Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Dies gilt unter der Maßgabe, dass der andere weder Leistungsträger im Sinne des § 12 des Ersten Buches noch eine in § 92 Absatz 1a genannte Person noch eine andere gegenüber dem jungen Menschen oder Leistungsberechtigten nach § 19 dem Grunde nach zum Unterhalt verpflichtete Person ist.“


    (4) In § 97a Absatz 1 Satz 2 werden die Wörter „Einkommens- und Vermögensverhältnisse“ durch das Wort „Einkommensverhältnisse“ ersetzt.

    Artikel 2

    Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch


    Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende wird wie folgt geändert:


    (1) § 11a Absatz 1 wird wie folgt geändert:


    Folgender Absatz 7 wird angefügt:


    „(7) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden. Satz 1 gilt nicht für eine Ausbildungsvergütung, auf die eine Schülerin oder ein Schüler einen Anspruch hat."


    (2) § 11b wird wie folgt geändert:


    a) Absatz 2 Satz 3 bis 6 wird aufgehoben.


    b) Nach Absatz 2a wird folgender Absatz 2b eingefügt:


    „(2b) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 der Betrag nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die


    1. eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,


    2. eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen,


    3. einem Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz nachgehen oder


    4. als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen außerhalb der in § 11a Absatz 7 genannten Zeiten erwerbstätig sind; dies gilt nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen auch bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats.


    Sofern die unter Satz 1 Nummer 1 bis 4 genannten Personen die in § 11a Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 bis 5 genannten Leistungen, Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch oder einen Unterhaltsbeitrag nach § 10 Absatz 2 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes erhalten, ist von diesen Leistungen für die Absetzbeträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag in Höhe von mindestens 100 Euro abzusetzen, wenn die Absetzung nicht bereits nach Satz 1 oder nach Absatz 2 Satz 1 erfolgt ist. Satz 2 gilt auch für Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr vollendet haben."


    c) Absatz 3 wird wie folgt geändert:


    aa) Satz 2 wird wie folgt gefasst:


    „Dieser beläuft sich 1. für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 520 Euro beträgt, auf 20 Prozent, 2. für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 520 Euro übersteigt und nicht mehr als 1.000 Euro beträgt, auf 30 Prozent und 3. für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 1.000 Euro übersteigt und nicht mehr als 1.200 Euro beträgt, auf 10 Prozent."


    bb) Folgender Satz wird angefügt:


    „In den Fällen des Absatzes 2b ist Satz 2 Nummer 1 nicht anzuwenden."


    Artikel 3

    Änderung der Arbeitslosengeld II // Sozialgeld-Verordnung


    Die Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung wird wie folgt geändert:


    § 1 Absatz 1 Nummer 12 wird wie folgt gefasst:


    „12. Geldgeschenke an Minderjährige anlässlich der Firmung, Kommunion, Konfirmation oder vergleichbarer religiöser Feste sowie anlässlich der Jugendweihe, soweit sie den Betrag von 3.100 Euro nicht überschreiten,"


    Artikel 4

    Inkrafttreten


    Dieses Gesetz tritt am 01. Januar 2024 in Kraft.


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  • Die Freie und Hansestadt Hamburg beantragt die Herbeizitierung des federführenden Bundesministers zwecks Antragsbegründung.

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    Mitglied des Deutschen Bundestages |12., 16., 20. und 21. Legislaturperiode |

    Vizepräsidentin des XX. Deutschen Bundestages

    Ehemalige Fraktionsvorsitzende der Internationalen Linke im Bundestag


    Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

    Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft

    Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Soziales, Kultur und Finanzen


    Generalsekretärin der I:L

    Ehemalige Parteivorsitzende der I:L



  • Informiert einen Saaldiener und ersucht den Bundesminister Gerold von Hohenelmen-Lützburg um dessen Erscheinen.

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  • Sehr geehrte Frau Bundesratspräsidentin,

    geschätzte Senatorin Löwenstein-Boum,


    mit dem Ihnen vorliegenden Gesetz sollen junge Menschen finanziell entlastet werden, die in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe oder in einer Pflegefamilie leben oder mit ihrem Kind in einer gemeinsamen Wohnform der Kinder- und Jugendhilfe betreut werden.


    Bisher müssen junge Menschen bis zu 25 Prozent ihres Einkommens aus Ausbildung oder anderen Tätigkeiten an das Jugendamt abgeben, wenn sie in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe oder in einer Pflegefamilie leben. Gleiches gilt für alleinerziehende Mütter und Väter, die mit ihrem Kind in einer gemeinsamen Wohnform der Kinder- und Jugendhilfe betreut werden.


    Um jungen Menschen den Start in eine selbstbestimmte und unabhängige Zukunft zu erleichtern, soll diese Kostenheranziehung in Zukunft wegfallen. Darauf zielt ein vom Bundesfamilienministerium vorgelegter Gesetzentwurf ab. Die Regelung sieht vor, dass auch Ehegattinnen und Ehegatten sowie Lebenspartnerinnen und Lebenspartner der jungen Menschen und Leistungsberechtigten von der Kostenbeitragspflicht befreit werden.


    Ich würde mich freuen, wenn wir diesen Antrag geschlossen über die Parteigrenzen beschließen können, denn es geht dabei wirklich um die gute Sache!


    Herzlichen Dank.

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    Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen

    Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen


  • Vielen Dank, Herr Bundesminister.


    Gibt es Nachfragen aus dem Plenum?

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