DNN Wochenbriefing (KW19)

Hamburg:

Die Hansestadt hat gewählt. Und wie. Angetreten waren die beiden verbliebenen Regierungsparteien SDP und FORUM, sowie die oppositionelle I:L. Alle drei Parteien kamen gleich auf 33,33%. Die I:L würde es wahrscheinlich ein gerecht verteiltes Wahlergebnis nennen. Doch auch wie nach der letzten Wahl, in der die SDP noch mit weitem Vorsprung gewann, muss das alles nichts heißen. Hamburg hat ein chronisches Problem damit, errungene Mandate auch dauerhaft zu besetzen. Ob die tatsächlichen Machtverhältnisse in der Bürgerschaft allerdings auch exakt gleich verteilt sind, wie das Wahlergebnis, wird daher erst mit der Zeit zu bewerten sein. Das macht auch den Regierungsanspruch noch undeutlich. Am Wahlabend und am frühen Morgen äußerte sich noch niemand zu möglicher Regierungsbildung oder auch nur zum Wahlergebnis allgemein. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass die SDP versuchen wird, das Amt des Ersten Bürgermeisters zu halten. Doch auch die I:L zeigte sich in der Vergangenheit immer durchaus gewillt und motiviert, in Regierungsverantwortung zu kommen.


Thüringen:

Ganz so kompliziert wie in Hamburg wird die Regierungsbildung in Thüringen nicht. Nachdem durch Korrektur ein Fehler in der Landtagswahl aufgedeckt wurde, ist im Thüringer Landtag die Opposition nicht nur nicht mehr aktiv, sondern auch faktisch nicht vorhanden. Die Allianz kann mit 100% und ohne Opposition regieren und machen was sie will. Der Genosse Staatsratsvorsitzende wäre stolz.


NRW:

In NRW läuft die politische Tagesarbeit wieder an. Nach mehreren Anfragen der erst kürzlich zurückgetretenen Fraktionsvorsitzenden Kuliychevych (CDSU) zu den Themen Familienpolitik und Wirtschaftspolitik, steht aktuell ein Gesetzentwurf über eine Ausbildungsumlage zur Abstimmung. Angesichts der anstehenden Landtagswahl in zwei Wochen geht es langsam in den Endspurt der Landesregierung über.


Bayern:

Von der anfänglichen Motivation in Bayern infolge der Regierungsbildung ist aktuell weder bei der Regierung noch bei der Opposition viel zu spüren. Das Kabinett ist vereidigt und noch bevor der erste Gesetzentwurf der Landesregierung eingebracht wurde, sind die Staatsminister Dornberg und von Hohenelmen-Lützburg (beide CDSU) schon wieder zurückgetreten und haben die Partei verlassen. Zu den Hintergründen ist wenig bis nichts bekannt; Anhaltspunkte für Unstimmigkeiten zwischen den Koalitionären gab es bisher nicht. Doch weder wurden die fehlenden Posten durch eine Personalrochade neu besetzt, noch die Bundesratsdelegation entsandt, die Büros in Berlin stehen aktuell noch leer. Die einzige wirkliche Konstante ist der bald anlaufende sechste (!) Wahlgang insgesamt für die Besetzung des Vizepräsidentenamtes des Landtages, welche Landtagspräsidentin Ashfahdi (SDP) mit beinahe stoisch ruhiger Konsequenz durchexerziert. Doch nicht nur die Staatsregierung zeigt Ermüdungserscheinungen, auch die Opposition bringt weder eigene Entwürfe ein, noch Anfragen. Von der angekündigten neuen Regierungsarbeit ist bisher genausowenig zu sehen wie von der angekündigten konstruktiven Opposition.


Bund:

Die Bundesregierung arbeitet ihr Programm ab. Doch von der großen Motivationswelle wie noch in der 15. Legislaturperiode ist auch nicht viel geblieben. Womöglich liegt das an einer gewissen Sicherheit, denn die Opposition im Bundestag macht bisher auch keine großen Anstalten, sich ihr in den Weg zu stellen. Einige Debatten laufen eher wie reine Formalitäten. Das ist schade, befeuert doch gerade eine aktive Plenardebatte auch den öffentlichen Diskurs. Gesehen hat man das zuletzt ausgerechnet bei einem Antrag der oppositionellen CDSU auf Wiedereinsetzung der Wehrpflicht, ein wahrer Dauerbrenner. Doch das ist vielleicht ein Grundkonzept; wenn die Öffentlichkeit gelangweilt wird, hat irgendwer bestimmt für alle Fälle noch einen Antrag auf Tempolimit oder Atomkraftwerke im Schreibtisch.


Bundesversammlung:

Das Volk hat gewählt. In der 14. Bundesversammlung konnte sich Bundespräsident Merz eine zweite Amtszeit sichern. Einziger Gegenkandidat war der ehemalige Staatsminister aus Bayern, Georg Dornberg. Er unterlag dem Amtsinhaber mit 19 zu 69%.

Die erneute Vereidigung des Staatsoberhauptes ist für heute Nachmittag angesetzt.


Oberstes Gericht:

Der Bundesrat ringt weiterhin um eine Neubesetzung der Richterposten am Obersten Gericht. Zumindest im Bundestag konnte sich zuletzt die bisherige Richterin Simone Langenfeld gegen Herausforderin Lea-Sofie Kieser durchsetzen. Im Bundesrat ist der Wahlausgang noch nicht so klar. Auch in den vergangenen dritten Wahlgängen weder Himmelreich, noch Goldhammer oder Amtsinhaberin Christ-Mazur durchsetzen, was brisanter- oder auch frustranerweise nicht an fehlenden Mehrheiten sondern an fehlenden Stimmabgaben vor allem Bayerns und NRWs liegt. Das ist schade, weil es auch nicht erahnen lässt, wie eine Lösung aussehen könnte. Im vierten Wahlgang enthielten sich sowohl Hamburg als auch NRW im zweiten Posten, wobei nicht weiter klar ist, welche Argumente gegen insbesondere die als juristisch erfahren geltende bisherige Präsidentin des OG, Christ-Mazur sprechen. Dazu äußerten sich beide Landesregierungen bis dato nicht. Im ersten Posten sprachen sich beide Länder für Goldhammer aus. Sollte Thüringen weiterhin Goldhammer unterstützen, wie im dritten Wahlgang, wäre er als Richter sicher. Die Unterstützung der Regierung Friedrich für den ehemaligen I:L-Politiker kam überraschend, wurde später jedoch verteidigt. Umso überraschender wäre es, wenn es hier zu einem Umschwung käme. Bayern stimmte bisher - mangels Delegation - für niemanden. Sollte sich auch im vierten Wahlgang keiner der Kandidaten durchsetzen können, so wären die Länder sicher gut beraten, sich zu beraten. So langsam kommt da auch der laienhafte Beobachter nicht mehr mit.

    Kommentare