Heute vor 84 Jahren wurden in ganz Deutschland Synagogen und Gebetshäuser angezündet und geschändet, jüdische Geschäfte und Wohnungen geplündert, es gab zahlreiche Verhaftungen, mindestens 91 Menschen wurden ermordet. Diese Nacht war das offizielle Signal zum größten und schlimmsten Völkermord in der Geschichte der Menschheit.
Am 9. November 1989 wurde allerdings auch die von einem anderen Unrechtsregime errichtete Mauer endlich aufgebrochen. Aus diesem Grund ist dieses Datum für alle Deutschen auch ein Tag der Freude. Es darf aber niemals das Gedenken an den 9. November 1938 - an den staatlich organisierten Pogrom - verdrängen und schon gar nicht zu einem "Feiertag, 9. November" führen. Denn Volksfeststimmung mit Würstchenbuden und Bierzelten, die der Freude über die Niederreißung der Mauer angemessen wären, taugen nicht zum Gedenken an die Millionen von Toten des Naziterrors.
"Wehret den Anfängen" heißt es oft, wenn es um den Kampf gegen Rechtsextremismus geht. Doch wir sind längst über dieses Stadium hinaus. Was wir fast täglich erleben, hat nichts mehr mit "Anfängen" zu tun. Wir befinden uns bereits mittendrin im Kampf gegen Rechts.
Ich bin überzeugt, dass die Mehrheit in diesem Land Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit ablehnt. Aber diese Mehrheit darf nicht länger schweigen, sie darf nicht länger wegschauen, sie darf nicht länger die Vorgänge in unserem Land verharmlosen.
Wir als Gesellschaft müssen uns bedingungslos und wahrnehmbar mit allen Ausgeschlossenen, allen Diskriminierten und allen Opfern von rechter Rhetorik und Gewalt solidarisieren, denn nur so können wir sicherstellen, dass die Parole „Niemals vergessen – Niemals wieder!“ nicht einfach nur zu einer nichtssagenden Floskel verkümmert.
Wir als Gesellschaft sind nur so stark, wie es die Schwächsten in unserer Mitte sind. Daher ist es unsere gemeinsame Aufgabe mit aller entschiedenen Geschlossenheit sicherzustellen, dass Antisemitismus, Islamophobie, Xenophobie und sonstige ausgrenzenden Tendenzen keinen Platz in unserem Land haben und weder akzeptiert, noch toleriert werden.