[Aktuelle Stunde] XVIII/005 - Regierungserklärung

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,


    die Landtagsabgeordnete und Ministerpräsidentin Frau Dr. Ashfahdi hat eine Aktuelle Stunde zur Abgabe einer Regierungserklärung beantragt.



    Gemäß §25 Absatz 1 der GO dauert diese 72 Stunden, also bis zum Montag, dem 28.8.23, um 16:50.


    Das Wort hat die Ministerpräsidentin Dr. Samira Yasemin Ashfahdi .

  • Tritt an das Rednerpult.


    Sehr geehrter Herr Präsident,

    sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

    verehrte Gäste des hohen Hauses,


    ich stehe heute in Demut und voller Tatendrang vor Ihnen, um Ihnen die Pläne unserer Regierung für diese Legislaturperiode vorzustellen.

    Regieren bedeutet nicht nur Hände schütteln, Gesetze unterzeichnen und Eröffnungsbanner durchzuschneiden. Nicht erst heute wird uns allen bewusst, dass es um viel mehr geht, als nur um uns in NRW oder in Deutschland. Nachdem wir über eine sehr lange Periode mit Wohlstand und verhältnismäßiger Unbeschwertheit leben konnten, stehen wir vor einem Wandeln, nein sogar mehreren. Einem Wandel unserer äußeren Sicherheit; wenn wir die Zerstörung in der Ukraine, in Städten wie Molotschansk oder Kiew sehen. Ein Wandel unserer inneren Sicherheit bei Szenen wie in den Silvesternächten oder grausamen Beziehungstaten. Ein Klimawandel, auf den wir nicht vorbereitet sind. Ein Wandel unserer Gesellschaft, im Demokratischen wie auch im Demographischen.


    Meine Damen und Herren, wir haben Pläne und eine Vision für dieses Land. Wir werden uns dafür einsetzen, dass NRW ein sicheres Land wird. Und Sicherheit hat viele Facetten. Da wäre zuallererst die Sicherheit auf der Straße und die Bekämpfung von Kriminalität. Wir werden für eine personell und maschinell gut ausgestattete Polizei sorgen, einer Polizei, die nicht wegsieht und unsere Bürger tagtäglich beschützen kann. Eine Polizei, die das Vertrauen der Bürger auch verdient. Doch dieses Vertrauen darf nicht missbraucht werden, daher werden wir unabhängige Meldestellen einrichten, an die sich betroffene wenden können, sollten sie unverhältnismäßige Polizeigewalt oder anderweitige illegitime Taten erfahren haben. Sicherheit und Vertrauen kommt durch Transparenz.


    Der Klima- und Naturwandel wird nicht an NRW vorbeiziehen, insofern liegt ein weiterer Schwerpunkt auf nachhaltiger und ökologischer Sicherheit. Als einwohnerreichstes Bundesland ist es unsere Aufgabe, mit gutem Stil voranzugehen. Wir sehen Klima- und Naturschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es darf kein Gegeneinander geben sondern bedarf eines Miteinanders. Wir wollen uns gemeinsam das Ziel setzen, die Energieversorgung NRWs bis 2030 klimaneutral zu gestalten. Dieses Ziel erreichen wir durch technologieoffene Forschung und die Förderung innovativer Ideen. Wir wollen den ÖPNV insbesondere in den ländlichen Regionen ausbauen, damit er endlich eine realistische Alternative zum Auto darstellen kann. Wir wollen vermehrte Naturschutzgebiete ausweisen, insbesondere zum Artenschutz. Diese sollen attraktiv gestaltet werden, um Natur nicht nur zu erhalten, sondern auch allen Generationen erlebbar gemacht zu werden.


    Ein weiterer Grundpfeiler ist die finanzielle Sicherheit. Wir werden einen - für dieses Geschäftsjahr bisher nicht aufgestellten - Haushaltsplan verabschieden und werden alle staatlichen Ausgaben überprüfen. Ebenso die Sicherheit der gesundheitlichen Versorgung. Die Landarztquote in NRW war bislang ein Erfolg, doch bleibt sie noch hinter ihren Möglichkeiten zurück; wir werden die Landarztquote ausweiten und auch auf die pädiatrische Versorgung erweitern. In modernen Zeiten begegnen uns auch neue Herausforderungen, weshalb wir das Angebot an Therapieplätzen in der psychosozialen und der suchtmedizinischen Versorgung ausweiten. Drogenkriminalität ist wieder auf dem Vormarsch, doch nicht immer ist Strafe ein geeignetes Mittel; Hilfe kann viel wichtiger sein. Wir werden daher die Möglichkeit schaffen, dass bei simplen Besitz- bzw. de facto Konsumdelikten bei Annahme einer Entzugstherapie von der Strafverfolgung abgesehen werden kann. Das entlastet den Justizapparat und hilft den Betroffenen viel mehr.


    Meine Damen und Herren, unsere Pläne sind groß und unsere Ziele fest vor Augen.

    Ich bin zuversichtlich, dass diese Regierung gute Arbeit leisten wird. Dabei möchte ich ausdrücklich betonen, dass das Parlament die Legislative ist.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns über unsere Pläne beherzt und leidenschaftlich debattieren, lassen Sie uns die Bürger hautnah am Geschehen teilhaben lassen, tragen wir die Debatte und die dann hoffentlich positive Bilanz in die Mitte der Gesellschaft.


    Ich freue mich auf die anstehenden Aufgaben.


    Vielen Dank.

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  • meldet einen Redebeitrag an

    Nach dem Eingangsstatement der Antragstellerin eröffne ich nun die Redner*innenliste.

  • Setzt sich wieder auf die Regierungsbank, lässt sich von ihrer Assistentin ein Glas Apfelschorle bringen und holt einen Stift und Zettel raus, um sich Notizen zu der Erwiderung der opposition zu machen.

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  • meldet einen Redebeitrag an

    Ich möchte nochmals erinnern an das morgige verstreichen der geplanten Dauer der Aktuellen Stunde. ;)

  • Sehr geehrte Herr Präsident,


    ich bin mir nicht sicher ob meine Zustimmung dafür erforderlich ist, aber falls gewünscht stimme ich einer Verlängerung der aktuellen Stunde zu, damit die Kollegin der SDP ausreichend Zeit hat.

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  • Erhebt sich von ihrem Platz im Plenum und tritt - gekleidet in einem roten Hosenanzug - ans Redepult


    Sehr geehrter Herr Präsident,

    sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,


    zu Beginn möchte ich betonen, welches Privileg es für mich ist, bei einem solch wichtigen Beratungsgegenstand wie diesen, meine erste Rede als Abgeordnete halten zu dürfen. Auch möchte ich vorab der Frau Ministerpräsidentin und ihrem Kabinett zur Amtsübernahme gratulieren. Das demokratische Regierungssystem lebt von dem Wechsel der Gestaltenden.


    Doch kommen wir nun zum inhaltlichen. Zu Beginn des inhaltlichen Teils ihrer Regierungserklärung sagen sie "Wir werden uns dafür einsetzen, dass NRW ein sicheres Land wird". Damit schaffen sie ein Narrativ eines anarchistischen Bundeslandes und schüren damit ein zunehmendes Gefühl von Unsicherheit in unserer Bevölkerung. Schaut man sich die Kriminalstatistik aus dem Jahr 2022 an, muss leider konstatiert werden, dass nach dem Abklingen der Corona-Pandemie, die Anzahl der Kriminaldelikte insgesamt zugenommen haben. Und ja, das ist natürlich noch einmal bedauerlicher, wenn man bedenkt, dass dies der erste Anstieg in den vergangenen 7 Jahren bedeutet. Doch statt der richtigen Schlüsse zu ziehen, sagen Sie es liegt an Ausstattung und Personal. Und ja, natürlich ist es ein ehrenwertes Ziel unsere Sicherheitskräfte ausreichend auszustatten; personell und materiell. Aber wir müssen uns auch die Frage nach den psychosozialen Hintergründe bei den Personen, die ein Verbrechen begehen, stellen. Einseitige Aktionen reichen hierbei nicht aus. Dies führt mich aber gleich zu meinem nächsten Punkt. Den Wandel im Bereich der Bekämpfung von Rauschmitteldelikten. Ich begrüße diesen Wandel sehr. Denn Menschen, welche Drogen konsumieren, brauche Hilfe und keine Sanktionierungen. Wir müssen einen Raum und Anreiz schaffen, dass Menschen von ihrer Sucht loskommen. Doch auch hier muss sich dann natürlich verstärkt der Frage der Hintergründe für den Drogenkonsum stellen und wie wir hier als Bundesland gegensteuern können. Ich freue mich bereits sehr auf die inhaltliche Auseinandersetzung zu dieser Thematik, gerade auch und diesen Satz können Sie mir jetzt hoffentlich verzeihen, einige Kolleg*innen in diesem hohen Haus gewissen Konsummitteln ja auch nicht abgeneigt sind. Also lassen Sie uns dort zusammen ein Vorbild sein.

    Um beim Bereich der Innenpolitik zu bleiben, muss ich auch meine Zustimmung zur unabhängigen Beschwerdestelle für Polizeigewalt aussprechen. Ich bin überrascht, dass sich diese Regierungskonstellation dazu bekennt, dass von Teilen - ich betone Teilen - unserer Sicherheitskräfte ihre Rechte missbraucht werden. Ich hoffe nur, dass dieser unabhängigen Beschwerdestelle letzten Endes entsprechende Kompetenzen und eine professionelle Unabhängigkeit zu den Strukturen unseres Sicherheitsapparates eingeräumt werden.


    Herr Präsident,

    es ist erfreulich zu sehen, dass die Landesregierung die Folgen der Klimakrise erkennt, sicherlich auch ein Erfolg der Grünen/Piraten. Doch so leid es mir tut, am Ende fehlt mir die klimapolitische Vision. Der Ausbau des ÖPNV gerade in ländlichen Gebiete begrüße ich wirklich, doch, dass dieser unter einem Finanzierungsvorbehalt fällt, das ist es, was mich wieder betrübt. Es klingt wie ein Lippenbekenntnis, das am Ende der Legislaturperiode revidiert werden kann, alles im Geiste der Finanzierungsfrage. Ich setze deswegen große Hoffnung auf Frau Dr. Schmidt als Verkehrsministerin, dass sie sich in den Haushaltsberatungen mit der Forderung nach ausreichenden Finanzmitteln wird durchsetzen können. Der ÖPNV kann nämlich keine attraktive Alternative zum Auto sein, wenn die Taktung stündlich, der erste Bus morgens um neun und der Letzte abends um sechs fährt. Verspätungen und Ausfall mit inbegriffen.


    Frau Ministerpräsidentin,

    sie betonen in ihrer Regierungserklärung, dass sie die gesundheitliche Grundversorgung auf dem Land stärken wollen und betonen den Erfolg der Landärzt*innenquote in NRW, aber auch dass Korrektive erfolgen müssen, und damit haben Sie ja auch recht, aber auch hier sind sie - meines Empfinden nachs - eine Ausfahrt zu spät abgebogen. Wir brauchen doch generell mehr Mediziner*innen und dass dies durch einen Ausweitung des Landärzteprogrammes geschehen wird, das sehe ich nicht so. Wir müssen die Kapazitäten im Bereich der Ausbildung von Mediziner*innen an den Universitäten ausbauen. Und erlauben Sie mir die Anmerkung, nicht nur dort, nein auch im Lehramtsbereich. Wir sehen uns hier einer Herausforderung mit überregionaler Bedeutung, gehen wir diese beiden Wege nicht im Alleingang. Lassen Sie ihn uns zusammen mit den anderen Bundesländern gehen, denn mit Alleingängen verlieren nicht nur wir, sondern und dies ist noch wichtiger, die Menschen ohne ärztliche Versorgung, überarbeitetes medizinisches Personal und im Bildungsbereich die Schüler*innen und das schulische Personal.


    Und hier komme ich zu einem Punkt, der bei mir besonderes Bedauern verursacht. Sie haben in ihrem Koalitionsvertrag zwei Punkte geschrieben, der den Bereich der Bildungspolitik tangiert. Zum Punkt gendern werde ich an dieser Stelle nichts sagen, dafür gibt es bereits den entsprechenden Gesetzesentwurf, aber zu dem anderen sei gesagt wie sollen denn diese, mit Erlaubnis des Präsidentin zitiere ich aus ihrem Koalitionsvertrag, "

    modernisierte[n] Lehrpläne und innovative Lehrmethoden" aussehen? Tabletts für alle, wie unter Ministerpräsidentin Liebermann eingeführt, werden für diesen Anspruch nämlich nicht ausreichen.


    Herr Präsident,

    angesichts meiner Redezeit komme ich zum Schluss. Ich bin ja froh, dass die Ministerpräsidentin optimistisch ist. Und die Aktivität ihrer Landesregierung scheint diese ja auch zu betonen, aber verbrauchen sie bitte nicht ihre gesamte Energie beim Startvorgang. Die Legislaturperiode ist noch lang und die Herausforderungen, wie Sie selbst betonten, groß.


    Herzlichen Dank!



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    Alea Victoria Elisabeth Alexandra Galitzine

    Mitglied des Nordrhein-Westfälischen Landtages

    Mitglied der Sozialdemokratischen Partei

  • Bernd Hacke

    Hat das Thema geschlossen