Pressemitteilung - Statement von Bundespräsidentschaftskandidatin Barley zu ihrer Kandidatur
Bundespräsidentschaftskandidatin Katja Barley, aktuell noch bayerische Landtagsabgeordnete, veröffentlichte am Nachmittag eine Pressemitteilung zu den Hintergründen ihrer Kandidatur:
ZitatAlles anzeigenMeine sehr verehrten Damen und Herren,
werte Pressevertreterinnen und Pressevertreter,
meine lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger,
in Anbetracht der Tatsache, dass ich mich für das protokollarisch höchste Amt in unserem Staat bewerbe, halte ich es für das einzig Richtige, die Hintergründe und Motive meinerseits mit Ihnen zu teilen.
Es ist mir eine große Ehre, dass ich die Möglichkeit habe mich für dieses Amt zur Wahl zu stellen und ich bin sehr dankbar, dass der Bundesversammlung eine Wahlmöglichkeit gegeben ist. Noch in der vergangenen Bundesversammlung, bei der Herr Dr. Merz als Bundespräsident bestätigt wurde, war das nicht der Fall. Damals oblag den Wahlberechtigten nur die Entscheidung zwischen zwei Kandidaten.
Mit drei demokratischen Kandidaten haben wir in dieser Bundesversammlung zwar noch nicht das volle Potenzial ausgeschöpft, doch ich bin zuversichtlich, dass der Aufwärts-Trend in Zukunft anhält. Es braucht in der Demokratie den Streit um die besten Ideen - auch im neutralen Rahmen des Bundespräsidenten-Amt.
Ich bin der Ansicht, dass sowohl Frau von Lotterleben als auch Herr Bundeskanzler a.D. Augstein geeignete Bewerber für das Amt als Staatschefin oder Staatschef sind. Beide zeichnen sich durch ein tiefgreifendes demokratisches Verständnis und Erfahrung in hohen politischen Ämtern aus.
Ich glaube zugleich, dass auch ich einen ausgereiften Plan habe, wie meine mögliche Amtszeit als Bundespräsidentin aussehen würde. In den vergangenen Wochen hat das Amt leider unter der Abwesenheit von Herrn Dr. Merz gelitten, doch bin ich fest davon überzeugt, dass diese Zeit vorbei ist. Ich möchte mich trotz allem für die geleistete Arbeit bei ihm bedanken und ihm alles Gute für die Zukunft zu wünschen.
Lassen Sie mich erläutern, weshalb ich der Überzeugung bin, dass ich eine Bundespräsidentin wäre. Wie Sie sicherlich wissen, bin ich Demokratin mit Herzblut. Wir alle sollten unglaublich dankbar dafür sein, dass wir in einem freien System aufwachsen, geschützt durch unseren Rechtsstaat und getragen von der Idee der Gleichheit und gegenseitigen Solidarität. Doch wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, ist uns bewusst, dass wir diese Dankbarkeit nicht immer aufbringen und nur selten zeigen. Wir schätzen es nicht ausreichend wert, welches Glück wir haben. Deshalb wird mein Fokus in einer möglichen Amtszeit der Kern unseres Staates sein: unsere Demokratie. Wir müssen diese Demokratie fit für die Zukunft machen und zugleich ihre Grundfesten sichern. Die Bedrohung von links wie von rechts wird nicht geringer. Im Gegenteil: Jeder Tag, der vergeht, an dem wir nichts tun oder nicht wissen, was wir tun sollen, um unsere Demokratie zu verteidigen, ist ein Tag, der unsere Freiheit gefährdet. Die einzige Möglichkeit, die uns bleibt, ist das aktive Engagement für unsere Ideen und Werte. Ich bin mir sicher, dass unser System mit jedem zusätzlichen Menschen, der sich dessen Bedeutung gewiss wird, ein kleines bisschen verbessert wird.
Meine Damen und Herren,
eine Bundespräsident oder eine Bundespräsidentin dient nicht bloß der Erledigung von Formalien. Es ist wichtig, Präsenz zu zeigen, auch im kleineren Rahmen.
Ich will, dass unsere Staatschefin oder unser Staatschef den Kontakt zu den einfachen Menschen sucht, denn die sind es, die sie oder er zu vertreten hat. Er oder sie muss ein Gespür dafür entwickeln, wie es den Menschen in diesem Land geht, welche Sorgen und Nöte sie teilen und warum es so fragil um unsere Demokratie steht. Doch was können wir gegen die Gefahr für unsere Demokratie tun? Wie können wir deutlich machen, dass die Demokratie das Wichtigste ist, was wir haben? Wie können wir die Menschen begreifen machen, dass es keine Lösung darstellt, die Feinde der Demokratie zu wählen? Ich habe Sorge. Ernsthafte Sorge, dass die Menschen in diesem Land vergessen, worauf ihr Wohlstand, ihre Freiheit, ihr Glück basiert. Dass sie es leichtfertig aufs Spiel setzen, weil die Populisten und Hetzer alles dafür tun, die Menschen davon zu überzeugen, dass es die Demokratie ist, die ihnen Probleme bereitet. Aber dem ist nicht so. Keine Frage, Demokratie ist anstrengend. Doch ist es nicht die Anstrengung, die dieses lange ersehnte politische System ausmacht? Wir sollten bei all den alltäglichen Herausforderungen nicht das Große Ganze aus den Augen verlieren. Demokratie entsteht jeden Tag, dort wo wir vorleben, wie sie funktioniert. Sie entsteht im Kleinen. In den Familien, Freundesgruppen, Vereinen, Kommunen. Wir müssen dazu zurückfinden, unsere Demokratie von unten abzusichern, denn "Demokratie von oben" scheitert zwangsläufig, wenn die Menschen nicht mehr an das System glauben.
Meine Damen und Herren,
ich habe Sie gefragt, was wir gegen die zunehmende Bedrohung unserer Demokratie tun können.
Es mag simpel klingen, aber es ist wahr: Reden: jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Wir müssen diskutieren, überzeugen, verstehen. Respekt für die Menschen wird mit Respekt für unsere Idee belohnt. Die Idee, dass jeder frei, gleich und selbstbestimmt ist. Dass niemand allein gelassen wird, der in Not ist. Dass die Unabhängigkeit der Judikative die Grundlage unseres Rechtsstaats ist. Dass Freiheit auch Verantwortung bedeutet. Und, dass Verantwortung diese Freiheit ermöglicht.
Mein erklärtes Ziel ist es, diese Leidenschaft für die Demokratie mit ins Amt zu nehmen. Dafür hoffe ich auf die Unterstützung der Bundesversammlung.
Ich bedanke mich für die Möglichkeit, diese Vorstellung mit Ihnen allen teilen zu dürfen. Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an meine Pressestelle.
Herzlichen Dank.